Protokoll der Sitzung vom 20.06.2013

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD - Reinhold Hilbers [CDU]: Sie haben ein gestörtes Verhältnis zu Eigentum!)

Ich finde, Sie sollten sich den Bericht noch einmal durchlesen, meine Damen und Herren. Das ist eine recht offene Analyse. Meine Interpretation ist, dass die schwarz-gelbe Landesregierung in diesem Bereich zu ihrer Regierungszeit eigentlich sehr wenig gemacht hat. Sie ist sehr spät auf den Trichter gekommen, mal eben 10 Millionen Euro

zur Verfügung zu stellen. Aber der Kollege Brunotte hat eben schon gesagt, dass das nur ein Tropfen auf dem heißen Stein ist.

Zu Ihren Forderungen nach Kooperationsverträgen: Auch dazu habe ich ein bisschen in der Historie geblättert. Das Problem ist, dass die ehemals gemeinnützigen Wohnungsunternehmen, nachdem sie vom Bundesfinanzminister - ich weiß gar nicht, welcher es gewesen ist; ich glaube, Stoltenberg - aus der Gemeinnützigkeitspflicht entlassen wurden, jetzt im Grunde nur noch aus kommunaleigenen Unternehmen und Grünen-nahen neuen Wohnungsgenossenschaften bestehen, die sich überhaupt diesen Problemmietern verpflichtet fühlen. Das ist vielleicht eine gute Idee, aber ob sie in die richtige Richtung geht, werden wir noch sehen.

Zu Ihrer Forderung unter Nr. 1: Natürlich arbeitet die Konzertierte Aktion auch unter der neuen Landesregierung und wird neue Vorschläge machen.

Ich muss auch noch etwas Positives zu Ihrem Antrag sagen. Denn unter Nr. 8 geht es um die Energiewende, die Sie ja eigentlich gar nicht wollen. Ich finde, die Empfehlung der Bauministerkonferenz ist richtig. Die von der CDU unter Nr. 8 erhobenen Forderungen zur Untermauerung der Energiewende sind allerdings von den Grünen abgeschrieben. Ich habe in den letzten Jahren jedenfalls nicht feststellen können, dass die CDU jemals den Ausbau dezentraler Energieversorgung im Gebäudebereich oder grundsätzlich nach vorne gebracht hätte.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Insofern, meine Damen und Herren, freue ich mich auf die Debatte im Ausschuss. Ich glaube auch, dass wir mit Blick auf die Herausforderungen bei der Wohnraumförderung etwas erreichen können. Ob das allerdings mit diesem Antrag möglich ist, wage ich zu bezweifeln.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Schremmer. - Für die CDU-Fraktion hat noch einmal Herr Kollege Matthiesen das Wort. Sie haben noch 32 Sekunden, Herr Kollege Matthiesen.

Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen und Kollegen! Der liebe Kollege Brunotte hat gerade den Schwerpunkt auf die staatliche Aufgabe gelegt, Wohnraum zu fördern. Das ist richtig. Wir brauchen massiv Wohnraumförderung.

Aber das Entscheidende leistet doch die private Wohnungswirtschaft, leisten doch die ehemaligen freigemeinnützigen Wohnungsunternehmen usw. Wir müssen sehr aufpassen, dass wir die Rahmenbedingungen in diesem Bereich vernünftig gestalten. Die Einführung einer Vermögensteuer, die Anhebung der Grundsteuer usw. schrecken ab. Schon die jetzt geltenden Abschreibungssätze sind zu niedrig angesetzt, um die Kosten, die jedes Jahr beim Mietwohnungsbau anfallen, zu decken. Auch auf der steuerlichen Seite muss etwas getan werden. Wer meint, dass das nicht nötig ist, der schafft es nicht, das ganze Thema noch stärker in Gang zu bringen.

Das wollte ich heute noch einmal festhalten. Wir werden uns darüber noch genau unterhalten. Aber der Schwerpunkt des Ganzen ist das, was die große deutsche Wohnungswirtschaft aus eigener Kraft leistet, ergänzt um die staatliche Förderung. Darauf müssen wir ganz stark achten.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank. - Für die Landesregierung hat nun Frau Sozialministerin Rundt das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Dr. Matthiesen, ich finde den Antrag, den Sie eingebracht haben, sehr gut. Sie haben offensichtlich die Koalitionsvereinbarung von Rot-Grün sehr genau gelesen.

Zunächst einmal: Wohnungspolitik ist ein Schwerpunkt der neuen Landesregierung hier in Niedersachsen. Was den Umgang mit den Wohnungsbaugesellschaften betrifft, kann ich nur sagen, dass wir in sehr guten Gesprächen miteinander sind. Wir sind uns auch darüber einig, dass Wohnraum für Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen bedarfsgerecht sein und vor allen Dingen bezahlbar bleiben muss. Das heißt, wir nehmen den Schutz der Mieterinnen und Mieter sehr ernst.

Die Mietgesetzgebung des Bundes hat diese Rechte ausgehöhlt - ausgerechnet zu einer Zeit, in der es für einkommensschwächere Haushalte schwer geworden ist, in den Städten bezahlbaren Wohnraum zu finden. Sie selbst, meine Damen und Herren von der Opposition, haben ja genau darauf hingewiesen. Deshalb treten wir für die Kappungsgrenzen bei Mieterhöhungen ein, gerade und auch bei Neuvermietungen. Wenn man jetzt das Umschwenken der Kanzlerin in dieser Frage sieht, dann kann man nur sagen: Geht doch! - Die Kommunen sollen darüber eigenverantwortlich - nach Bedarf - entscheiden können.

Für die Wohnraumförderung können wir in diesem und voraussichtlich im nächsten Jahr insgesamt rund 80 Millionen Euro aus den Kompensationsmitteln des Bundes zur Verfügung stellen. Während in meinem Redetext bis gestern noch stand „Für die Zeit nach 2014 müssen sich Bund und Länder noch einigen“, kann ich nun bestätigen: Die Einigung hat gestern stattgefunden. Es ist Herrn Finanzminister Peter-Jürgen Schneider in den Verhandlungen gelungen, dass nach Niedersachsen weiter Entflechtungsmittel fließen, und zwar bis zum Jahr 2019 jährlich ein Anteil von 39,86 Millionen Euro.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Diese Mittel wollen wir weiterhin im Wohnraumförderfonds bewirtschaften. Dafür werden zurzeit die nötigen Änderungen im Niedersächsischen Wohnraumfördergesetz vorbereitet. Bei der Förderung müssen wir natürlich die regionalen Unterschiede in Niedersachsen berücksichtigen: wachsende Bevölkerung und damit wachsende Wohnnachfrage in großen Städten sowie im Hamburger Umland und in anderen Regionen Bevölkerungsrückgang mit Wohnungsüberhängen und Leerständen. Das Ergebnis ist im Übrigen genau so vom Zensus bestätigt worden.

Das heißt erstens: Wir brauchen mehr preiswerte und bezahlbare Mietwohnungen in den Ballungsgebieten. Deswegen fördern wir den allgemeinen Mietwohnungsbau.

Zweitens. Wir brauchen mehr altersgerechte, barrierefreie Wohnungen. Mein Ziel ist, Menschen im Alter, Menschen mit Behinderungen, bei Pflegebedürftigkeit, aber auch bei demenzieller Erkrankung ein Leben in der vertrauten Umgebung zu ermöglichen.

Drittens. Wir brauchen eine qualitative Aufwertung des Wohnungsbestands. Deshalb fördern wir Modernisierungs- und Umbaumaßnahmen, und zwar sowohl im Mietwohnungsbau als auch beim selbstgenutzten Eigentum von Familien und von Menschen mit Behinderungen.

Viertens. Verantwortliche Wohnungspolitik bedeutet Klimaschutz. Deswegen fördern wir Baumaßnahmen zur Energieeinsparung in Wohngebäuden mit hoher Priorität. Wir haben das Energieeffizienzdarlehen gerade um 10 Millionen Euro auf 60 Millionen Euro aufgestockt und planen ab 2014 ein EFRE-Programm zur energetischen Sanierung mit EU-Mitteln für die Unterstützung der energetischen Sanierung.

Ich freue mich, dass Ihnen die Entwicklung der Städtebauförderung genauso wichtig ist wie uns. Städtebauförderung hat sich in den letzten Jahren als wirksames Mittel zur Strukturförderung erwiesen. Niedersachsen stellt allein in diesem Jahr insgesamt 62,7 Millionen Euro zur Verfügung.

Was uns belastet, ist die Tatsache, dass es beim Programm „Soziale Stadt - Investitionen im Quartier“ Schwierigkeiten gibt. Ich bedaure sehr, dass die Berliner Regierungskoalition gerade dieses Programm in den letzten Jahren ganz erheblich gekürzt hat und in seiner Bedeutung vollständig unterschätzt. Lieber Herr Dr. Matthiesen, liebe Oppositionsfraktionen, wenn Sie gemeinsam mit uns die Rücknahme dieser unvertretbaren Kürzungen befürworten und dafür eintreten, freue ich mich sehr.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Wir sind am Ende der Beratung.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Federführend soll der Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Migration, mitberatend der Ausschuss für Haushalt und Finanzen sein. Gleichzeitig liegt ein Antrag der CDU-Fraktion vor, dass der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr ebenfalls mitberaten soll. - Dazu sehe ich keinen Widerspruch. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich danke Ihnen. Dann haben Sie so beschlossen.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 45: Erste Beratung: Europäische Sauenhaltung auf neueste wissenschaftliche Erkenntnisse stellen - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 17/273

Zur Einbringung hat sich für die FDP-Fraktion Herr Kollege Grupe gemeldet. Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe sehr erfreut zur Kenntnis genommen, mit welcher Begeisterung Sie den Tagesordnungspunkt in die heutige Tagesordnung noch aufgenommen haben. Ich will versuchen, Sie möglichst zügig von den Vorzügen unseres Antrages zu überzeugen.

(Beifall bei der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, an Tagen wie diesen kann man sich sicherlich sehr gut vorstellen, dass es nicht nur in einem Parlamentsplenum wie hier darauf ankommt, dass keine dicke Luft herrscht, sondern eine gute Atmosphäre. Deswegen ist es sicherlich leicht vorstellbar, wie wichtig es ist, auch unseren Tieren ein vernünftiges Stallklima zur Verfügung zu stellen.

Eine tiergerechte Haltung von Nutztieren hat für große Teile unserer Gesellschaft einen sehr hohen Stellenwert bekommen. Das Tierwohl liegt sehr vielen Menschen am Herzen, und wir Landwirte begrüßen das sehr.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

- Ich versuche es wirklich kurz zu machen, wenn Sie einen Moment Geduld haben.

In den vergangenen Jahrzehnten wurden in vielen Haltungsformen nachhaltige Fortschritte für das Tierwohl erreicht. Im Rindviehbereich ist, glaube ich, allgemein anerkannt, dass die modernen Boxenlaufställe sehr beispielhaft für ein gesteigertes Tierwohl sind. Der Schweinesektor wird aber vielfach kritisch gesehen, meine Damen und Herren. Die öffentliche Diskussion wird aber leider oft nur mit Schlagworten wie „Massentierhaltung“ geführt. Eine differenzierte Betrachtung kommt oft zu kurz. Genau das soll dieser Antrag erreichen.

In Europa werden zurzeit 148 Millionen Schweine gehalten. Mit unserem Antrag wollen wir eine

nachhaltige Verbesserung der Haltungsformen in einem besonders sensiblen Bereich der Schweinehaltung erreichen, bei der Sauenhaltung und bei der Ferkelaufzucht nämlich - besonders sensibel deshalb, weil es hier sowohl um die tiergerechten Bedingungen für die Muttertiere als auch um den Lebensraum für die neugeborenen Ferkel geht.

Diese Anforderungen, meine Damen und Herren, sind teilweise sehr unterschiedlich, wenn nicht gar gegensätzlich, bis hin zu den Bedürfnissen der Sau nach einer ausreichenden Bewegungsfreiheit, was aber die Gefahr für die Ferkel erhöht, von der eigenen Mutter erdrückt zu werden - um ein besonders deutliches Beispiel zu erwähnen.

Auf dem Lehr- und Forschungsgut in Ruthe unterhält die Tierärztliche Hochschule Hannover eine hervorragende Einrichtung, die sich mit den Haltungsbedingungen für Nutztiere beschäftigt. Gerade auch für die Sauenhaltung werden hier unterschiedliche Systeme geprüft. Allerdings sind diese Anlagen in die Jahre gekommen. Das Stallgebäude aus dem Jahre 1995 beherbergt zurzeit etwa 90 Zuchtsauen.

Um in der aktuellen Diskussion um das Tierwohl belastbare Aussagen sowohl für die konventionelle wie auch für die ökologische Schweinehaltung zu erhalten, ist die Einrichtung eines neuen Forschungsstalles erforderlich. Es sollte eine transparente und erlebbare Bauart gewählt werden, um die Akzeptanz für eine moderne, fortschrittliche Tierhaltung auch in der Bevölkerung zu verbessern. Sowohl die Deutsche Agrarforschungsallianz DAFA als auch der Tierschutzbund haben sich für die Entwicklung neuer Haltungssysteme in Zusammenarbeit mit den Landwirten und auf Basis wissenschaftlicher Fakten ausgesprochen.

Für die niedersächsischen Landwirte, meine Damen und Herren, war die Sauenhaltung und Ferkelaufzucht in den letzten Jahren ein schwieriges Geschäft mit großenteils sehr unbefriedigenden Deckungsbeiträgen. Allein zwischen 2006 und 2012 hat mehr als die Hälfte der Betriebe die Sauenhaltung aufgegeben. Die Zahl sank von 6 200 auf weniger als 3 000 Betriebe, die Zahl der gehaltenen Zuchtsauen von 630 000 auf 540 000. Die durchschnittliche Sauenzahl stieg damit in diesem kurzen Zeitraum von etwa 100 auf 190 Sauen pro Betrieb. Ich sage das nicht, meine Damen und Herren, um etwa notwendige Verbesserungen in der Haltungsform infrage zu stellen, sondern um deutlich zu machen, dass Investitionen gerade im Tierhaltungsbereich natürlich Investitionen auf 20

bis 30 Jahre sind und dass die Landwirte, wenn solche Veränderungen notwendig und gewünscht sind, entsprechend solide Entscheidungsgrundlagen brauchen.

Meine Damen und Herren, verlässliche, anerkannte Grundlagen für Investitionen sind also die Voraussetzung, damit wir die Ziele, die diskutiert werden, erreichen können - sowohl fachlichwissenschaftlich fundiert, aber auch ganz besonders in der heutigen Diskussion -, also Haltungssysteme, die in der Gesellschaft als tiergerechte, ethisch akzeptierte Nutztierhaltungsformen anerkannt sind.

Ich bitte in diesem Sinne, unserem Antrag zuzustimmen, und möchte hier ergänzend feststellen, dass die FDP-Fraktion natürlich die Überweisung dieses Antrags in den Agrarausschuss zur federführenden Beratung beantragt.