Protokoll der Sitzung vom 22.11.2016

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Aber was macht der Finanzminister? Er verweist auf die Schlussabrechnung des Haushalts, die im Jahr 2017 ansteht, und sagt, die Entscheidung werde tatsächlich erst dann zu treffen sein. Dann lässt er sich, ebenfalls in dem Artikel des WeserKurier, mit den Worten zitieren, man wisse nicht genau, wie hoch dieser Überschuss tatsächlich ausfallen werde.

Herr Finanzminister, das müssen Sie dem Hohen Haus, dem Landtag, noch einmal erklären; denn Sie suggerieren, dass in eineinhalb Monaten tatsächlich noch so viel passieren kann, dass diese Überschüsse zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht verplant werden können.

Ich frage mich: Wie können wir überhaupt so verantwortungslos - in Anführungsstriche gesetzt - sein und einen Haushalt für 2017 und sogar einen Haushalt für 2018 aufstellen, wenn die Steuerschätzung angeblich so unseriös oder zumindest so unsolide ist, und damit über zwei Jahre hinaus planen, meine Damen und Herren?

Ich stelle hierzu fest: Wenn Sie dem Landtag langfristige Ausgaben vorschlagen, die teilweise auch als Wahlgeschenke daherkommen, dann ist das möglich. Wenn es aber um Schuldenabbau geht, dann ist das nicht möglich.

Meine Damen und Herren, das ist unglaubwürdig. Deswegen: Sagen Sie doch dem Landtag gleich, dass Sie an Schuldenabbau kein Interesse haben.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Widerspruch bei der SPD)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir schlagen dem Landtag diesen Gesetzentwurf auch deshalb vor, weil wir von der FDP-Fraktion kein Vertrauen in Ihre Haushaltspolitik haben.

In 2015 ist nämlich etwas Ähnliches schon einmal passiert. Auch im Jahr 2015 hatten wir einen deutlich besseren Haushalt, hatten wir deutlich höhere Steuereinnahmen. Der Ursprungsplan war: 600 Millionen Euro an Nettokreditaufnahme. Davon sind dann 500 Millionen Euro in der allgemeinen Rücklage gelandet.

Es wäre also schon im Jahr 2015 möglich gewesen, den Haushalt auszugleichen. Auch damals haben Sie das nicht gemacht. Deswegen befürchten wir das Gleiche für das Jahr 2016. In Ihre Haushaltspolitik, sehr geehrter Herr Finanzminister, haben wir kein Vertrauen!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Für den geringen Sparwillen dieser Landesregierung gibt es ein gutes Beispiel, nämlich die Aufgabenkritik. Darauf werden wir am Donnerstag in der Mündlichen Anfrage zu sprechen kommen.

Die Aufgabenkritik ist wirklich von den Füßen auf den Kopf gestellt worden, wenn man so will. Im Koalitionsvertrag ist davon die Rede, dass vonseiten der rot-grünen Landesregierung eine Aufgabenkritik angestrebt wird. Ich zitiere hierzu aus dem Koalitionsvertrag: „Einsparungen durch Aufgabenkritik und Effizienzsteigerungen“ erzielen. „Zur Konsolidierung des Landeshaushalts ist im Zusammenhang mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine konsequente Aufgabenanalyse und -kritik erforderlich.“

Jetzt antworten Sie meiner Fraktion auf eine Kleine Anfrage, dass wir das mit der Haushaltskonsolidierung nur falsch verstanden hätten und dass die Aufgabenkritik doch gar nichts mit Haushaltskonsolidierung zu tun habe. Sie antworten:

„Notwendige Aufgabenanpassungen führen dabei, entgegen der Annahme des Fragestellers, nicht zu Kostenreduzierungen, sondern tendenziell zu Mehrausgaben.“

Meine Damen und Herren, daran sieht man, dass der Koalitionsvertrag, den Sie im Jahre 2013 auf

den Weg gebracht haben, wirklich nicht mehr ist als bedrucktes Papier, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Niedersachsen schneidet im Vergleich zu anderen Ländern deutlich schlechter ab. Andere Bundesländer erzielen mittlerweile Haushaltsüberschüsse, die sie in die Tilgung investieren. Sachsen wird im Jahre 2016 201 Million Euro Überschuss erzielen, Sachsen-Anhalt 82 Millionen Euro, Brandenburg 118 Millionen Euro, Bayern mehr als 1 Milliarde Euro. Sie allerdings tragen die rote Laterne. Sie sind im Club der Unsoliden, weil Niedersachsen mit NRW und Bremen hierbei das Schlussblicht bilden. Was für eine zweifelhafte Gesellschaft für dieses Land!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Noch viel schlimmer aber ist, dass diese Politik zutiefst unsozial ist.

(Jörg Bode [FDP]: Genau!)

Neue Schulden belasten die nächste Generation. Neue Schulden sind die Steuern von morgen. Gleichzeitig findet in diesem Land so wenig Unterricht statt wie lange nicht mehr. Gleichzeitig steigt die Anzahl der Schulabbrecher. Gleichzeitig steigt in Niedersachsen das Risiko für Kinder, arm zu werden. Gleichzeitig haben wir die geringste Investitionsquote aller Bundesländer. - Die Kombination aus unsolider Haushaltspolitik und falschen Prioritäten gefährdet die Zukunftsfähigkeit unseres Landes!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Sie können aus diesem Teufelskreis ausbrechen, indem Sie unserem Gesetzentwurf zustimmen - das wäre auf der Zeitschiene ohne Weiteres möglich -, sodass mit dem Doppelhaushalt im Dezember-Plenum auch unser Gesetz beschlossen werden kann. Damit würden wir für das Jahr 2016 tatsächlich auf die Schulden verzichten und erstmals in die Tilgung von Landesschulden einsteigen. Das wäre möglich. Sie müssen es nur wollen. Aber Sie wollen es offensichtlich nicht.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Grascha. - Das Wort hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nun Herr Kollege Heere.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe FDP,

(Jörg Bode [FDP]: Oh!)

Sie behaupten im Titel Ihres Gesetzentwurfes, wir berieten hier ein „Gesetz zum Einstieg in die Tilgung von Landeskrediten 2016“.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Sehr gute Botschaft!)

Spricht dieser Titel nun für Unwissenheit oder für bewusste Verdrehung der Tatsachen? Bitte nehmen Sie zur Kenntnis: Wir tilgen ständig Landeskredite.

(Christian Grascha [FDP]: Saldo, Herr Kollege! Das müssen doch auch Sie verstehen!)

Darin müssen wir nicht „einsteigen“. In 2013 wurden z. B. 6,5 Milliarden Euro getilgt und in 2014 7,7 Milliarden Euro. Jetzt kommt der Unterschied. Sie wurden allerdings, sicher anders, als Sie es wollen, nach Tilgung umgeschuldet.

(Christian Grascha [FDP]: Spiegel- fechterei!)

Und das ist auch richtig so! Gerade bei Nullzinsen bzw. sogar Negativzinsen ist ersatzlose Tilgung ein richtig schlechtes Geschäft. Das wollen wir nicht mitmachen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Nicht umsonst konnten wir in den vergangenen Jahren durch Umschuldung sehr viel Geld bei den Zinszahlungen einsparen. Mit den umgeschuldeten Mitteln konnten wir somit auch ohne nennenswert große Zinskosten beträchtliche Zukunftsinvestitionen leisten.

(Christian Grascha [FDP]: Herr Kolle- ge, Sie können doch die Überschrift des Gesetzes ändern!)

Ich zähle sie Ihnen gerne noch einmal auf, damit Sie sie auch richtig vor Augen haben: KitaAusbau - - -

Einen Moment, bitte, Herr Heere! Bevor Sie mit der Aufzählung beginnen: Herr Kollege Schönecke hat darum gebeten, eine Frage stellen zu dürfen.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Er hat doch gerade erst angefangen!)

Gerne.

Bitte, Herr Kollege Schönecke!

Herr Kollege Heere, Sie haben dem Haus eben erklärt, dass Sie jetzt für 0 % Zinsen Schulden aufnehmen könnten. Würden Sie dem Hohen Hause auch erklären, dass für die Schulden, die man jetzt tilgt, ganz andere Zinssätze zu zahlen sind?

(Zustimmung von Adrian Mohr [CDU])

Sehr geehrter Herr Kollege Schönecke, wenn Sie mir eben zugehört hätten, hätten Sie genau das gehört, nämlich: Die auslaufenden Schulden - nichts anderes wird ja getilgt - werden bei der Umschuldung durch Schulden ersetzt, für die kaum noch Zinsen zu zahlen sind. Genau das ist ja der Clou.

(Gudrun Pieper [CDU]: Das ist aber nicht Ihr Verdienst!)

Insofern macht es überhaupt keinen Sinn, diese Mittel jetzt einfach wegfallen zu lassen. Genau darauf gehe ich im Weiteren ein, und ich werde auch noch einmal darauf zurückkommen, dass Rot-Grün mit den Mitteln ohne beträchtliche Zinskosten Zukunftsinvestitionen getätigt hat, die sich sehen lassen können. Ich nenne ein paar: KitaAusbau und dritte Kraft in Krippen, also sehr wichtige bildungspolitische Weichenstellung, u. a. auch im Ganztagsbereich, in der Zukunftsoffensive Schule.

Ich möchte an der Stelle nochmals betonen, dass wir hierdurch eine langfristige gesellschaftliche Rendite erzielen. Wenn wir einfach das Geld wegfallen lassen, können wir diese Rendite nicht heben. Das ist etwas, worauf Ihre kurzsichtige Politik nicht eingeht. Sie gehen nicht darauf ein, dass wir, wenn wir jetzt in bestimmte Dinge, insbesondere in Bildung, investieren,

(Adrian Mohr [CDU]: Sie investieren doch gar nicht!)