(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der CDU: Sehr gut! - Jo- hanne Modder [SPD]: Das ist schon mal ein guter Anfang!)
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der SPD: Oh! - Detlef Tan- ke [SPD]: Da sind die Menschen an- derer Auffassung!)
- Herr Tanke, Ihre Geschichtsvergessenheit überrascht mich. Es war Ludwig Erhard, der gesagt hat, wie es geht. „Wohlstand für alle“ - das war keine leere Phrase, sondern ein politisches Programm. Wir wollen soziale Gerechtigkeit nicht nur aus christlicher Überzeugung oder sozialem Empfinden. Wir wollen soziale Gerechtigkeit auch deshalb, weil soziale Marktwirtschaft nur dann funktioniert, wenn alle wissen, dass sich ihr Einsatz lohnt und sie an den Erfolgen dieser Wirtschaftsordnung teilhaben können.
Das, lieber Herr Tanke, weiß auch unsere Wirtschaft. Erfolgreiche Unternehmen verdienen nicht, obwohl sie gute Löhne zahlen. Erfolgreiche Unternehmen verdienen, weil sie gute Löhne zahlen.
Ad zwei: Auch wenn wir ständig an der Weiterentwicklung unserer Wirtschaftsordnung arbeiten, wissen wir, in puncto soziale Gerechtigkeit muss sich Deutschland nicht verstecken. Um unseren Wohlstand beneidet uns die Welt. In der Regel sind unsere Reichen nicht reicher als anderswo, aber in der Regel sind die, die nicht zu den Reichen zählen, keineswegs arm. Sie haben weniger
als die anderen, und so definieren wir in unserem Land ja auch den Armutsbegriff. Arm sind eben nicht die, die sich bestimmte Dinge nicht leisten können. Arm sind die, die weniger als 60 % des mittleren Einkommens aller anderen haben. Würden wir alle Einkommen verdoppeln, bliebe die Zahl der Armen nach dieser Statistik unverändert.
Dieses Verständnis von Armut mutet angesichts wirklicher Armut in weiten Teilen der Welt seltsam an.
Dies ist auch der Grund dafür, dass sich immer mehr wirkliche Arme auf den Weg machen, um dieses Land unter Einsatz ihres Lebens zu erreichen.
Ja, es gibt noch Ungerechtigkeiten in Deutschland. Frau Modder, da haben Sie recht. Das Lohngefälle zwischen Frauen und Männern ist ein Beispiel.
Aber: „Nein“ zu all denen, die behaupten, in unserem Land herrsche keine soziale Gerechtigkeit, und „nein“ zu all denen, die versuchen, soziales Unrecht flächendeckend herbeizureden.
Es war der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann, der am 1. Mai 2016 gewarnt hat. Er hat gewarnt, dass die soziale Spaltung den Gegnern der Demokratie nutze.
Ich sage Ihnen: Soziale Spaltung ist nicht nur Folge eines materiellen Ungleichgewichts. Sozial spalten tut auch derjenige, der den Menschen wider besseres Wissen suggeriert, dass sie zu den Benachteiligten einer Gesellschaft gehören, und der diese vermeintlich Benachteiligten gegen die vermeintlich Bevorzugten in Stellung bringt.
(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP - Johanne Modder [SPD]: Das sagen Sie mal den Benachteilig- ten!)
Das ist der Gedanke, der mich zu Ihrem Kanzlerkandidaten der SPD führt. Sie haben den Antrag zur Aktuellen Stunde gestellt.
Wissen Sie, wer wie Martin Schulz ständig eine angebliche soziale Unwucht der Gesellschaft beklagt, wer diese vermeintliche Unwucht zum bestimmenden Faktor seiner Politik macht, der spaltet diese Gesellschaft.
Frau Modder, das System - das ist ja derzeit Mode - gibt den Menschen das Gefühl von Benachteiligung und verspricht ihnen dann, diese Benachteiligung zu bekämpfen. So gewinnt man derzeit leider weltweit Wahlen. Mit seriöser Politik hat das wenig zu tun.
Ich frage Sie: Wie glaubwürdig ist denn ein Politiker, der in seinem Job so viel Geld verdient hat wie kein anderer seiner Kaste,
der als Parlamentspräsident ein üppiges steuerfreies Sitzungsgeld - selbst an Heiligabend! - von jährlich 111 000 Euro kassiert hat,
Wie glaubwürdig ist denn ein Politiker, der weitere Rentengeschenke verspricht, aber den Menschen verschweigt, dass sie diese Geschenke mit immer höheren Rentenbeiträgen selbst finanzieren müssen?
Und wie glaubwürdig ist ein Politiker, der die vermeintliche Armut beklagt, aber Steuersenkungen kategorisch ausschließt?
Meine Damen und Herren, der DGB muss weiter um soziale Gerechtigkeit kämpfen; das ist seine Aufgabe. Aber er sollte wissen, mit wem er diese Gerechtigkeit tatsächlich erreichen kann.
Dieses Land hat natürlich seine Probleme, aber es gibt keinen Grund, dieses Land und seine Gesellschaft schlechtzureden - auch dann nicht, wenn man unbedingt Kanzler dieses Landes werden will.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Johanne Modder [SPD]: Kein Wort zu guten Arbeitsbedingungen! Kein Wort zu den Arbeitsbedingungen der Frau- en! - Gegenruf von Jens Nacke [CDU]: Seid doch nicht so nervös!)
Vielen Dank, Herr Kollege Toepffer. - Jetzt hat für Bündnis 90/Die Grünen Herr Abgeordneter Thomas Schremmer das Wort.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der 1. Mai naht: „Wir sind viele. Wir sind eins.“ Das ist der Tag der Arbeit und der Tag der Gewerkschaften, und es ist nicht der Tag von Martin Schulz oder von Dirk Toepffer oder von mir.