Protokoll der Sitzung vom 15.05.2014

Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass der Haftbefehl direkt nach dem Gespräch zwischen dem Staatssekretär und dem Beschuldigten erlassen worden ist, stelle ich die Frage, ob der Staatssekretär in dem Gespräch mit dem Beschuldigten den Eindruck vermittelt hat, dass ein solcher Haftbefehl beantragt bzw. kurzfristig zu erwarten sei.

Vielen Dank. - Es antwortet Frau Ministerin Niewisch-Lennartz. Bitte!

Wenn ich Ihre Frage so verstehen soll, dass der Staatssekretär die Staatsanwaltschaft aufgefordert habe, nun einen Haftbefehl zu beantragen, so ist das nicht der Fall gewesen.

(Zurufe von der FDP: Das war nicht die Frage!)

Er hat mitgeteilt, dass der Beschuldigte absprachewidrig nicht um 14 Uhr erschienen ist. Bei dieser Gelegenheit hat die - - -

(Zuruf von der FDP: Hat er dem Be- schuldigten angedeutet, dass so et- was im Raum stehen könnte?)

- Nein. Ach so, dann habe ich die Frage falsch verstanden. Er hat dem Beschuldigten nichts dergleichen mitgeteilt. Es ist ja gar nicht zu einem Gespräch in der Sache gekommen. Der Herr Staatssekretär hat ihm ein Gespräch über die Vorwürfe angeboten. Darüber wollte der Beschuldigte mit dem Staatssekretär erst dann sprechen, wenn er Rechtsrat bei seinem Rechtsanwalt gesucht hat.

Um es ganz eindeutig zu sagen: Der Herr Staatssekretär hat dem Beschuldigten keinen Haftbefehl angedroht oder selbigen in Aussicht gestellt.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Die letzte Zusatzfrage für die FDPFraktion stellt nun Herr Kollege Dr. Birkner. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin, vor dem Hintergrund, dass Sie die Frage 2 unserer Dringlichen Anfrage sehr oberflächlich beantwortet haben - Sie haben lediglich darauf hingewiesen, dass seitens des MJ punktuell Berichte angefordert worden seien -, die Frage aber lautete: „Welche Hinweise oder Anweisungen gab es aus welchem Ministerium zu welchem Zeitpunkt an welchen ermittelnden Beamten?“, bitte ich Sie, diese Frage noch einmal zu beantworten, ausdrücklich und konkret, gerade in Bezug auf das MJ. Wer hat wann welche Berichte mit welchem Inhalt von wem angefordert? - Ich bitte Sie, die Frage in diesem Sinne tatsächlich zu beantworten.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank. - Bitte, Frau Ministerin Niewisch-Lennartz!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gab zwei konkrete Berichtsanforderungen. Alle anderen Berichte sind unmittelbar und unaufgefordert von der Staatsanwaltschaft Verden an das Justizministerium gelangt; auf die kann sich Ihre

Anfrage nicht beziehen. Es gab zum einen eine Berichtsaufforderung hinsichtlich des Ergebnisses der Durchsuchung der Diensträume des Beschuldigten und seiner Privaträume. Zum anderen gab es einen Berichtsauftrag zur Vorbereitung der heutigen Plenarsitzung.

(Zuruf von der FDP: Wann?)

- Das kann ich Ihnen nicht sagen.

(Mechthild Ross-Luttmann [CDU]: Kann das per Protokoll nachgereicht werden?)

- Das kann ich gerne nachreichen. Das können wir aus unseren Akten sehr schnell herleiten.

(Mechthild Ross-Luttmann [CDU]: Danke sehr!)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Die nächste Zusatzfrage für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt Herr Kollege Onay. Bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich frage die Landesregierung, warum der Staatssekretär das Gespräch mit dem beschuldigten Richter bzw. Mitarbeiter geführt hat und nicht beispielsweise der Präsident des Landesjustizprüfungsamtes.

(Zuruf von der CDU: Das hat sie doch gesagt!)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Bitte, Frau Ministerin!

Der Staatssekretär hat das Gespräch geführt, weil der Präsident des Landesjustizprüfungsamts und auch sein Stellvertreter keine Personalhoheit haben. Dieser Teil der Leitungsfunktion liegt also weder bei dem Präsidenten noch bei seinem Vertreter. Deswegen und wegen der Bedeutung der Sache wurde dieses Gespräch durch den Staatssekretär geführt.

(Beifall bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Warum nicht durch einen Abteilungsleiter im MJ? Warum durch den Staatssekretär?)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Herr Kollege Dürr, die FDP hat ihr Kontingent ausgeschöpft.

(Christian Dürr [FDP]: Die Frage des Kollegen Onay ist nicht richtig beant- wortet worden!)

Die nächste Zusatzfrage für die CDU-Fraktion stellt Herr Kollege Adasch. Bitte!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund, dass die Durchsuchungen bereits am 26. März stattgefunden haben und dann bereits Gespräche mit dem Staatssekretär stattgefunden haben, stellt sich uns die Frage, warum der Haftbefehl erst am späten Nachmittag des 27. März ergangen ist. Man hätte hier möglicherweise die Flucht nach Italien verhindern können.

(Andrea Schröder-Ehlers [SPD]: Den- ken Sie einmal darüber nach! - Unruhe)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Es antwortet ausschließlich die Frau Ministerin. Bitte!

Diese Entscheidung ist durch die Staatsanwaltschaft getroffen worden, weil sie meinte, dass zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen erfüllt waren, um mit Erfolg einen Haftbefehl beantragen zu können.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Die letzte Zusatzfrage für die CDU-Fraktion stellt Herr Kollege Winkelmann. Bitte!

Frau Präsidentin! Frau Ministerin, Sie haben eben auf die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft verwiesen. Aber vor dem Hintergrund, dass es sich hier nicht um irgendein Ermittlungsverfahren handelte, vor dem Hintergrund, dass bereits am 20. März und am 23. März aufgrund von SMSAngeboten des Beschuldigten an Referendare eindeutige Sachbeweise dafür vorlagen, welche Qualität dieses Verfahren erreicht hatte, und vor dem Hintergrund - - -

Nein, Herr Kollege Winkelmann, einen weiteren „Hintergrund“ lasse ich nicht zu. Sie stellen jetzt die Frage.

Anknüpfend an Ihre Ausführungen von vorhin, dass Staatssekretär Scheibel am 24. März unterrichtet worden sei,

(Jürgen Krogmann [SPD]: Das Präsi- dium wird verhohnepipelt!)

frage ich Sie: Ist es nicht als deutliche Panne zu werten, dass nicht, anknüpfend an diese Erkenntnis des Staatssekretärs am 24. März, dafür Sorge getragen wurde, dass die Justiz gleich so arbeitet, dass der Beschuldigte am 27. März - nach dem Gespräch in den Diensträumen von Herrn Scheibel - hätte festgenommen werden können? - Dann hätten wir nicht, weil er jetzt in Italien sitzt, warten müssen, bis irgendwann einmal Aufklärung hier in Niedersachsen möglich ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank. - Bitte, Frau Ministerin!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Staatsanwaltschaft ist ganz offensichtlich davon ausgegangen, dass der festgestellte SMS-Verkehr für einen Haftbefehl und für eine Anklageerhebung nicht ausreichen würde. Mehr möchte ich dazu nicht sagen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD - Zuruf von der CDU: Das ist aber dünn!)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor, sodass ich die Befragung zu Punkt a schließe.

Ich rufe auf Punkt

b) Vertuscht die Landesregierung Ermittlungspannen im Fall Edathy? - Anfrage der Fraktion der CDU - Drs. 17/1510

Zur Einbringung der Frage erteile ich das Wort Frau Kollegin Ross-Luttmann. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich verlese die Dringliche Anfrage der Fraktion der CDU.

Die Vorgänge um den ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy beschäftigen die bundesweite Öffentlichkeit seit Februar 2014. Die Ermittlungen gegen Sebastian Edathy werden von der Staatsanwaltschaft Hannover geführt. Die niedersächsische Justizministerin und der Justizstaatssekretär haben in dieser Sache den Rechtsausschuss des Landtages unterrichtet. Die Justizministerin, der Celler Generalstaatsanwalt, Dr. Lüttig, und der Leitende Oberstaatsanwalt, Dr. Fröhlich, wurden im März 2014 vom Innenausschuss des Deutschen Bundestages befragt.

Laut der Onlineausgabe der Zeitung Die Welt vom 9. Mai 2014 soll Sebastian Edathy zum Zeitpunkt der Hausdurchsuchungen am 10. Februar 2014 noch Bundestagsabgeordneter gewesen sein. Hausdurchsuchungen bei Bundestagsabgeordneten sind wegen deren Immunität nur in strengen Grenzen möglich und verlangen eine vorherige Information des Bundestags über die Aufnahme von Ermittlungen. Ein solcher Brief der ermittelnden Staatsanwaltschaft Hannover erreichte den Bundestag jedoch erst am 12. Februar 2014, und das unverschlossen.