Protokoll der Sitzung vom 27.06.2014

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verwirrung hat es im Justizministerium nicht gegeben. Dafür bestand auch überhaupt keine Veranlassung. In der Tat ist für Sicherungsverwahrte im Augenblick eine Fußfessel gesetzlich nicht vorgesehen. Sie wurde in dem Gesetz über die Sicherungsverwahrung, das dieses Haus hier verabschiedet hat, auch nicht vorgesehen.

Wenn Sie die Berichterstattungen in den Zeitungen der letzten Tage verfolgt haben, werden Sie gelesen haben, dass das Landgericht Göttingen gerade den Fall eines Raubes verhandelt. An diesem Raub war ein Straftäter beteiligt, der unter Führungsaufsicht steht und eine Fußfessel trug. Diese Tat wurde durch das Tragen der Fußfessel beklagenswerterweise nicht verhindert.

Man kann eine Fußfessel wirklich nur dann befürworten, wenn man dieses System bejaht. Ich meine: Wenn jemand Freigang bekommt, dann muss man darauf vertrauen, dass er während dieses Freigangs keine Straftaten begehen wird. Da gibt es nur ein Entweder-oder. Entweder vertraue ich darauf, dass er keine Straftaten begehen wird; dann bekommt er Freigang. Oder man hat dieses Vertrauen nicht, und dann darf er keinen Ausgang bekommen, auch nicht mit einer Fußfessel.

(Zustimmung bei der SPD)

Der Fall in Göttingen zeigt, dass eine Fußfessel im Zweifel eine Straftat gerade nicht verhindern kann.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Herr Kollege Adasch, Sie haben die Gelegenheit zu Ihrer zweiten Zusatzfrage.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Zusammenhang mit der Aufhebung der Immunität von Herrn Edathy haben Sie vorhin gemutmaßt, der Bundestagspräsident habe zu diesem Thema seine Meinung geändert. Wie können Sie diese Mutmaßung hier belegen?

(Zustimmung bei der CDU)

Frau Ministerin Niewisch-Lennartz, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundestagspräsident hat die nachfolgende Sitzung des Deutschen Bundestages mit der Mitteilung eröffnet, dass Herr Edathy mit Wirkung zum 7. Februar aus dem Deutschen Bundestag ausgeschieden ist. Das hat er selbst so vorgetragen. Also muss er wohl auch diese Auffassung vertreten haben.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Die nächste Zusatzfrage stellt der Kollege Marco Brunotte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Anbetracht der Tatsache, dass die Umstände des Vollzuges der Sicherungsverwahrung Thema der Diskussion und auch der Kritik sind, frage ich die Justizministerin: Welche Veränderungen am Verfahren der Sicherungsverwahrung hat sie seit Regierungsübernahme durchgeführt? Oder anders gefragt: Hat sie an dem System, das durch den Landtag beschlossen und unter dem damaligen Justizminister Busemann praktiziert wurde, etwas verändert?

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Frau Ministerin, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie Sie alle wissen, hat den Niedersächsischen Landtag unter der Ägide der neuen Justizministerin kein änderndes Gesetzgebungsvorhaben passiert. Es ist bei dem Gesetz geblieben, das die Vorgängerbesetzung des Niedersächsischen Landtags seinerzeit verabschiedet hat. Dieses Gesetz setzt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts weitgehend um. Wir haben nach Inkrafttreten dieses Gesetzes umfassende Konzepte für die therapeutische Behandlung von Sicherungsverwahrten entwickelt und wenden sie an sowohl innerhalb der Anstalt für Sicherungsverwahrte in Rosdorf als auch in den Sozialtherapieabteilungen, in denen sich Sicherungsverwahrte befinden.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Frau Kollegin RossLuttmann, bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ministerin, vor dem Hintergrund Ihrer eben getätigten Aussage, der Bundestagspräsident habe erklärt, der Herr Edathy sei am 6. Februar aus dem Bundestag ausgeschieden, möchte ich Sie davon in Kenntnis setzen, was der Protokollauszug des Bundestages besagt. Der besagt nämlich - ich zitiere wörtlich -:

„Der Kollege Sebastian Edathy hat mit Ablauf des 6. Februar 2014 auf seine Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag verzichtet.“

Ich frage Sie: Kennen Sie nicht den Unterschied zwischen der Erklärung eines Verzichts und dem Wirksamwerden des Verzichts?

(Beifall bei der CDU - Jens Nacke [CDU]: Dafür ist der Apparat zustän- dig! Damit habe ich nichts zu tun!)

Frau Justizministerin, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundestagspräsident hat alle Schritte unter

nommen, um umzusetzen, dass Herr Edathy mit Wirkung vom 7. Februar aus dem Deutschen Bundestag ausgeschieden ist. Schauen Sie in das Bundestagsbuch!

(Dirk Toepffer [CDU]: Das stimmt doch gar nicht! - Dr. Stephan Siemer [CDU]: Das ist falsch! Sie können nicht lesen! - Dirk Toepffer [CDU]: Ich habe das Protokoll hier! - Weitere Zu- rufe von der CDU)

- Doch, ich kann lesen.

Dort können Sie das selbst nachprüfen.

(Dirk Toepffer [CDU]: Das hier ist das Protokoll! - Weitere Zurufe)

Meine Damen und Herren, die nächste Frage stellt der Kollege Helge Limburg.

(Zuruf: Das dritte Mal?)

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Frage bezieht sich auf die öffentlichen Debatten rund um das Ermittlungsverfahren gegen Sebastian Edathy. Wer außer der CDU Niedersachsen hat eigentlich öffentlich gefordert, die Staatsanwaltschaft Hannover von den Ermittlungen zu entbinden? Ist Ihnen irgendjemand bekannt, der diese Forderung Seite an Seite mit der CDU erhebt?

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Frau Ministerin, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Doch, die gibt es. Es sind Herr Edathy und sein Anwalt.

(Jens Nacke [CDU]: Was? Das ist ja ein Ding! Endlich mal was Neues!)

Der Kollege Bley hat ebenfalls zwei Wortmeldungen abgegeben. Ich gehe davon aus, dass Sie zwei Fragen stellen. Bitte, Herr Kollege!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe zwei Fragen zum Fall Edathy.

Die erste Frage: Vor dem Hintergrund, dass sich die Landesregierung bei der Feststellung des Ausscheidens von Sebastian Edathy aus dem Bundestag auf spätere Stellungnahmen - insbesondere die erst Wochen später veröffentlichte Mitteilung im Bundesanzeiger - bezieht, frage ich die Landesregierung, ob die Staatsanwaltschaft diese bei ihrer Entscheidung kennen konnte.

Die zweite Frage: Wann und wie oft wurde die Justizministerin über die Ermittlungen gegen Edathy unterrichtet, und was hat sie dann im Einzelnen unternommen?

(Zustimmung von Jörg Hillmer [CDU])

Die Antwort gibt Frau Justizministerin NiewischLennartz. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wann ich von den Ermittlungen Kenntnis erhalten habe, habe ich nun wirklich hinreichend wiederholt und auch heute Morgen noch einmal dem Hohen Haus zur Kenntnis gegeben. Ich bitte um Verständnis, dass ich nunmehr darauf verweise.

Selbstverständlich konnte die Staatsanwaltschaft Hannover nicht den Bundesanzeiger lesen, der erst einige Tage - nicht etliche Wochen - später erschienen ist.

Die Staatsanwaltschaft Hannover hat den Antrag beim Amtsgericht aufgrund der eigenen Erklärung des Herrn Edathy gestellt, dass er sein Mandat beendet habe und Immunitätsschutz nicht mehr genieße.

(Mechthild Ross-Luttmann [CDU]: Kenntnis der Rechtsgrundlage erleich- tert die Rechtsfindung! Das lernt man schon im ersten Semester!)

Das hat sich ausweislich der Entscheidung des Landgerichts Hannover - jedenfalls nach dieser Entscheidung - als richtig erwiesen.

(Jens Nacke [CDU]: Wir wissen doch alle, dass das nicht stimmt!)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Frau SchröderEhlers, Sie haben die Gelegenheit zur Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Wie beurteilen Sie vor dem Hintergrund der Presseerklärung des Niedersächsischen Richterbundes vom Februar dieses Jahres,