Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Polat, ich möchte zu Ihrem Beitrag zwei Anmerkungen machen.
Zum einen: Dass wir das Kompetenzwirrwarr kritisieren, das nach unserem Eindruck durchaus entstanden ist, liegt natürlich daran - Kollege Tonne sagte gerade, es ist komisch, dass wir uns darüber wundern, dass Sie umsetzen, was Sie vor der Wahl gesagt haben -, dass alles das, was Sie und insbesondere der Ministerpräsident hinsichtlich der Zuständigkeit von Frau Schröder-Köpf vor der Wahl gesagt haben, eben nicht umgesetzt worden ist.
Damit komme ich zu meinem zweiten Punkt - Frau Kollegin Polat, ich würde mich freuen, wenn Sie in der Erwiderung die Gelegenheit nehmen würden, darauf einzugehen -: Es ist unklar, was mit den Empfehlungen der Kommission passiert. Was passiert z. B. mit positiven Mehrheitsempfehlungen, die ja auch gegen die Interessen eines Migrantenverbandes gefasst werden könnten? Wie gehen die Ausschüsse damit um? Soll dieses Parlament darüber diskutieren, oder werden sie, wie es beispielsweise bei einer Anhörung der Fall ist, zur Kenntnis genommen und dann gelocht und abgeheftet, wenn man ihnen nicht folgen will? - Darauf müssen Sie eine Antwort gegeben, wenn Sie die Regeln ändern wollen. Ich bin gespannt darauf.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Nacke, ich muss mich wirklich wundern. Wie gesagt, wir diskutieren dieses Thema seit zehn Jahren. Seit zehn Jahren haben wir gemeinsam mit Rot-Grün dafür geworben, das Einstimmigkeitsprinzip aufzugeben, immer auch in Beratung mit dem GBD. Jetzt haben wir in Absatz 4 die Regelung getroffen, dass Empfehlungen mit der einfachen Mehrheit abgeben werden können.
Die Kommission kann eine Vertreterin oder einen Vertreter in den Fachausschuss entsenden. Diese können angehört werden. Wir können aber auch, wenn die Kommission keine Person entsenden will, ein Votum mit dem entsprechenden Protokoll abgeben, wie es auch bisher schon der Fall war.
Aber wir schaffen eben diese unwürdige Situation ab, dass sich 90 % der Kommissionsmitglieder für die doppelte Staatsbürgerschaft aussprechen und gleichwohl das Votum herausgeht, die Kommission
Meine sehr verehrten Damen und Herren, weitere Wortmeldungen im Rahmen der ersten Beratung zu diesem Antrag auf Änderung der Geschäftsordnung liegen nicht vor.
Bislang ist vorgesehen, den Ältestenrat als Geschäftsordnungsausschuss mit der Beratung zu beauftragen. Nun hat Herr Kollege Nacke auch um eine Mitberatung durch zwei weitere Ausschüsse gebeten.
Nach der Geschäftsordnung des Landtags haben wir jetzt zwei Möglichkeiten. Die eine ist, den Antrag an den Ältestenrat zu überweisen, der dann ja jederzeit die Möglichkeit hätte, von sich aus weitere Ausschüsse mitberatend heranzuziehen. Die andere ist, über einen geschäftsordnungsmäßigen Antrag auf Mitberatung abzustimmen. Ein solcher liegt aber nicht vor, sodass ich das Prozedere aufrufe.
Ich lasse zunächst darüber abstimmen, ob die Federführung der Beratung dieses Antrags zur Änderung der Geschäftsordnung beim Ältestenrat liegen soll. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen oder Enthaltungen? - Das war ein einstimmiger Beschluss.
Nach der Geschäftsordnung wäre jetzt ein abweichender Antrag auf Mitberatung hier im Plenum mehrheitlich zu entscheiden. Darf ich, Herr Kollege Nacke, beide beantragten Mitberatungen en bloc abstimmen lassen? - Ja.
Wer dem Antrag des Kollegen Jens Nacke zustimmen möchte, den Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen und den Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Migration mitberatend zu beteiligen, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist nicht streitig. Damit hat das Parlament mit deutlicher Mehrheit entschieden, dass das so passiert.
Damit kann ich die Beratung zum Tagesordnungspunkt 6 abschließen. Sowohl die federführende Beratung als auch die Mitberatung sind durch das Haus geregelt worden.
Tagesordnungspunkt 7: Erste Beratung: Ohne Steuererhöhungen runter vom Schuldenberg - Für einen sparsamen, nachhaltigen sowie generationen- und leistungsgerechten Staat - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 17/81
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf die Einbringung unseres Entschließungsantrags mit einem Zitat beginnen:
„Zurück zum Mythos der zu geringen Besteuerung der Reichen. Auch er verliert seine Ausstrahlung durch trockene Statistiken.... Das oberste Einkommensfünftel leistet 68 % aller Steuerzahlungen. Die unteren 50 % aller Einkommensteuerpflichtigen tragen hingegen gerade einmal 6,5 % und die untersten 20 % lediglich 0,1 % zum Steueraufkommen bei. Soll man das einen verteilungspolitischen Skandal nennen?“
Meine Damen und Herren, liebe Kollegen, dieses Zitat ist aus dem Jahr 2010. Es stammt aus dem Buch „Unterm Strich“. Sie werden es sich vielleicht denken: Der Autor dieses Buches ist Peer Steinbrück, der heutige SPD-Kanzlerkandidat.
Dazu ist mir in Vorbereitung meiner Rede nur das Zitat von Wolfgang Kubicki eingefallen, der auf dem letzten FDP-Bundesparteitag gesagt hat: „Peer Steinbrück ist schon ein armes Schwein“.
Meine Damen und Herren, es ist schon bitter, wenn man jetzt das Gegenteil der Überzeugung vortragen muss, die man noch vor drei Jahren vertreten hat - nur um Ruhe vor Sigmar Gabriel und Andrea Nahles zu haben. Aber das hat eben seinen Preis, und die Zeiten ändern sich.
Früher hat Peer Steinbrück für seine Arbeit 20 000 Euro bekommen. Jetzt muss er für seine Arbeit etwas abgeben: seine Überzeugung.
Offensichtlich macht er das aber bewusst. Denn wie wir am letzten Wochenende erfahren durften - in einem Interview nach dem SPD-Bundesparteitag vom Wochenende hat er das ja vollmundig erklärt -, garantiert er den Unternehmen in Deutschland, dass die Substanz nicht besteuert wird.
Für den Widerspruch zu dieser Aussage sorgt der ehemalige Peer Steinbrück aber sogar selbst. Er warnte nämlich schon früher vor der Unmöglichkeit der Trennung von privaten und betrieblichen Vermögen und nannte als Beispiel das Picasso-Bild, das man schnell vom Wohnzimmer in das Besuchszimmer des Betriebs hängen kann. Meine Damen und Herren, es gibt nur zwei Möglichkeiten, um diese Unmöglichkeit zu erklären: Entweder Peer Steinbrück als Kanzlerkandidat der SPD täuscht die Öffentlichkeit, oder - jetzt schaue ich einmal besonders in die Reihen der SPD - er täuscht seine eigene Partei, was aus deren Sicht wohl noch schlimmer wäre.
Wenn Umgehungstatbestände geschaffen und das betriebliche Vermögen entsprechend herausgenommen werden, dann bedeutet das nichts anderes, als dass Ihre Pläne für eine Vermögensteuer eine Luft- und Lachnummer sind und dass die Beträge, die Sie heute schon ausgeben, zumindest mit Wahlversprechen, überhaupt nicht hinterlegt sind. Sollte es aber bedeuten, dass Unternehmen am Ende doch in der Substanz besteuert werden, dann würde die Garantieerklärung von Peer Steinbrück nicht stimmen. Eine Möglichkeit dazwischen gibt es eben nicht. Offensichtlich findet hier also von vornherein eine Täuschung statt, meine Damen und Herren.
Wenn man in die anderen Steuerarten hineinblickt, wird man relativ schnell feststellen, dass die SPD ohnehin plant, die Substanz von Unternehmen zu besteuern. Schauen wir einmal die Gewerbesteuer an. Die SPD plant weiterhin, beispielsweise Mieten oder Leasingraten in die Besteuerungsgrundlage mit aufzunehmen. Da dies keine Gewinnbesteuerung ist, ist auch dies schon eine Bestandsbesteuerung.
Was ist mit der Erbschaftsteuer? Was ist mit der Vermögensteuer? - Wenn Sie alle Ausnahmetatbestände herausnehmen, wenn Sie Umgehungstatbestände schaffen, dann werden Sie niemals auf die Beträge kommen, mit denen Sie jetzt wieder im Bundestagswahlkampf um die Häuser ziehen und Wahlversprechen abgeben. Im Übrigen haben Sie ja auch die Wahl hier in Niedersachsen mit Wahlversprechen gewonnen, die durch diese Steuereinnahmen zu finanzieren sind.
Mein Eindruck ist mittlerweile: Die Steinbrück’sche Garantie ist wahrscheinlich genauso ernst gemeint wie das Versprechen von Stephan Weil vor der Niedersachsenwahl, Gorleben werde mit ihm als Ministerpräsident garantiert nicht als Endlager infrage kommen. - Das Ergebnis haben wir heute Morgen diskutiert, meine Damen und Herren.
Bei Ihren Plänen geht es immer wieder um die sogenannte Gerechtigkeit. Sie teilen das Land auf in Niedriglohnempfänger und Reiche, in Gut und Böse,
und Sie versuchen dann, mit einem Folterkatalog von Steuer- und Abgabenerhöhungen für Gerechtigkeit zu sorgen. Im Land wollen Sie die Förderabgabe erhöhen, die Wasserentnahmegebühr erhöhen, die Rohstoffförderabgabe einführen, die Grundsteuer erhöhen, die Grunderwerbsteuer erhöhen. Im Bund wollen Sie die Vermögensteuer wieder einführen, die Vermögensabgabe einführen, die Erbschaftsteuer erhöhen, die Einkommensteuer erhöhen, die Abgeltungssteuer erhöhen, die Gewerbesteuer erhöhen, die Umsatzsteuer erhöhen, das Ehegattensplitting abschaffen, Pflegeversicherungsbeiträge erhöhen, Rentenversicherungsbeiträge erhöhen, Krankenkassenbeiträge erhöhen, die Beitragsbemessungsgrenze erhöhen usw. Wer glaubt, dass am Ende nur die sogenannten Reichen von diesen Plänen betroffen sind, der glaubt auch an den Weihnachtsmann.
Sie begründen Ihre Steuer- und Abgabenerhöhungspläne stets damit, dass man einen handlungsfähigen Staat schaffen wolle. Bei Rekordeinnahmen des Staates wollen Sie den Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land weiter in die Tasche greifen.
Wir hingegen haben die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft im Blick. Die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft ist bei Ihren Plänen gefährdet. Der unternehmerische Mittelstand leidet darunter, der gesellschaftliche Mittelstand leidet darunter, Arbeitsplätze gehen verloren, Wohlstand geht verloren, und am Ende riskiert Rot-Grün mit diesen Plänen den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen!
Das Spannende an diesen Plänen ist: Sie haben bisher nirgendwo auf dieser Welt funktioniert. Schauen wir beispielsweise nach Frankreich. Frankreich hat die Steuern massiv erhöht und entsprechend einen sehr hohen Mindestlohn eingeführt. Das Ergebnis ist eine exorbitant hohe Jugendarbeitslosigkeit. Oder schauen wir einmal nach Großbritannien. Dort wurde im Jahr 2010 der Spitzensteuersatz von 40 % auf 50 % erhöht. In der Folge sind die Steuereinnahmen um über 50 % zurückgegangen. Das heißt, die Verschuldung wurde in der Folge massiv erhöht. Das nennen Sie gerecht: Jugendarbeitslosigkeit und Verschuldung? Für mich sind Jugendarbeitslosigkeit und Verschuldung sozialer Sprengstoff, der den gesellschaftlichen Zusammenhalt in diesem Land gefährdet.