Protokoll der Sitzung vom 20.01.2016

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Man muss an dieser Stelle auch noch einmal erwähnen, dass Sie von CDU und FDP den Tierschutzplan, den Herr Lindemann auf den Weg gebracht hat, selbst unterstützt haben. Und jetzt benutzen Sie den Kampf gegen die Agrarwende zu parteipolitischen Abgrenzungs- und Profilierungszwecken. Das ist nicht redlich.

Jetzt sind Sie in der Opposition, und es gilt der Grundsatz: „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern? Wir sind in der Opposition, also sind wir dagegen!“ Sie versuchen, Reformen zu blockieren und zu verzögern. Damit erweisen Sie der Landwirtschaft, die sich tatsächlich in einer wirtschaftlich sehr schwierigen Situation befindet, einen Bärendienst.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Einige von Ihnen sind ja selbst Landwirte. Ich nehme es in den Gesprächen immer so wahr, dass auch Sie sich auf ihren Betrieben neu ausrichten, nämlich für mehr Tierwohl, z. B. mit mobilen Hühnerställen. Das alles ist Ihnen immer ein großes Anliegen.

Aber wenn Sie dann hier vorne am Pult stehen und Reden halten, geht es immer in eine ganz andere Richtung. Ich finde, dass Sie Ihren Berufskollegen gegenüber sehr unkollegial sind, da Sie sie instrumentalisieren und auf eine falsche Fährte setzen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Es ist sehr bezeichnend, dass die Interessengemeinschaft der Schweinehalter hier einen anderen Weg eingeschlagen hat, als sie sagte, wir wollen

diese Vereinbarung mit dem Ministerium. Diese Vereinbarung ist richtungsweisend und unparteiisch. Dass sich das Landvolk bei der ISN beschwert hat, dass sie mit dieser rot-grünen Landesregierung Verträge oder Vereinbarungen abschließt, ist nun wirklich keine ordentliche Verbandspolitik.

Der Wissenschaftliche Beirat Ihrer schwarz-roten Bundesregierung ist hier schon mehrfach genannt worden. Ich möchte an dieser Stelle auch sagen, dass er die Ringelschwanzprämie ausdrücklich begrüßt hat. Er ging sogar noch weiter und hat noch weitere tierwohlorientierte Prämien gefordert. Insofern sind wir da auf einem wirklich guten Weg.

Sie haben das Für und Wider des Ringelschwanzkupierens angesprochen. Dabei geht es nicht nur um diesen zwar schmerzhaften, aber relativ kurzen Eingriff, sondern auch quasi um die Systemfrage, nämlich darum, dass wir die Tiere nicht den Ställen anpassen wollen, sondern die Ställe und die Haltungsformen den Tieren. Das ist in den vergangenen Beratungen schon ausführlich dargestellt worden.

Wir sind auf einem guten Weg. Es ist auch gut, dass diese Landesregierung und dieser Minister den Tierschutzplan mit neuen Ideen wie der Ringelschwanzprämie flankieren, um das, was Sie, Herr Dammann-Tamke, gerade selbst eingefordert haben, auf den Weg zu bringen, nämlich Praxiserfahrung zu sammeln. Sie können sich doch nicht erst beschweren, dass alle diese Maßnahmen schlecht seien, und sich danach wundern, dass sich nicht so viele konventionelle Landwirte darauf bewerben. Ich glaube, es ist gut, dass wir Praxiserfahrungen sammeln. Insofern bin ich sehr zuversichtlich, dass der Tierschutzplan gut umgesetzt werden wird.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Staudte. - Es gibt zwei Kurzinterventionen auf Sie. Zunächst eine Kurzintervention des Kollegen Dammann-Tamke, CDUFraktion. Bitte!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Frau Kollegin Staudte, Sie haben mir offensichtlich nicht zugehört.

Fakt ist: Der Ringelschwanzprämie werden wir auch weiterhin widersprechen; denn eine Prämie, die gezahlt wird, wenn nur 70 % der Tiere unverletzt den Schlachthof erreichen - wenn 30 % der Tiere verletzt, verendet oder sonst was sind und niemand darauf achtet, was mit ihnen passiert ist, wird die Prämie trotzdem gezahlt -, setzt einen völlig falschen Anreiz. Deshalb lehnen wir sie kategorisch ab.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Miriam Staudte [GRÜNE]: Die ISN aber nicht!)

Was die Vereinbarung mit der ISN angeht, habe ich in meinen Ausführungen dargelegt, dass wir sie ausdrücklich begrüßen. Ich will Ihnen kurz sagen, weshalb wir sie begrüßen, nämlich weil darin folgende Kernpunkte aufgeführt sind:

Erstens. Schnellstmöglicher Verzicht auf kurative Eingriffe mit Ernsthaftigkeit und Überzeugung unterstützen! - Das unterstützen wir auch.

Zweitens. Das ML wird nur Maßnahmen umsetzen, die zu einer Verbesserung des Tierschutzes führen. - Das unterstützen wir auch. Aber ob die Ringelschwanzprämie zu einer Verbesserung führt? Da bin ich auf die Bilder gespannt, die wir dazu noch bekommen werden.

(Zustimmung bei der CDU)

Drittens - das ist der entscheidende Punkt -: Eine konzeptionelle und inhaltliche Fortschreibung der im Tierschutzplan definierten Ziele und - jetzt kommt es - Zeithorizonte erfolgt unter Berücksichtigung der Erkenntnisse der in diesem Papier behandelten Fördermaßnahmen. - Damit sind wir wieder am Anfang meiner Ausführungen. Am 10. April hat der Minister in seiner Pressemitteilung vollmundig verkündet, Ende 2016 ist Schluss mit der Praxis des Schwänzekupierens. - Es ist ein Erfolg, dass wir ihn von diesem Irrweg abgebracht haben - zugunsten des Tierschutzes!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank. - Nun hat Herr Kollege Grupe, FDPFraktion, das Wort zur Kurzintervention.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kollegin Frau Staudte, ich glaube, ich kann Ihnen eine große Sorge nehmen. Wenn Sie meinen, wir wollten

uns jetzt in der Agrarwende sonnen: Das ist nicht der Fall!

Was wir nach unserer festen Überzeugung brauchen, Frau Kollegin Staudte, ist eine dynamische Entwicklung in die Zukunft. Das bedeutet nicht, den Status quo zu betonieren, sondern wir brauchen Veränderung an allen Ecken und Enden. Wir brauchen einen dynamischen Diskurs mit der Gesellschaft und mit der Wissenschaft und eine in die Zukunft gewandte Entwicklung der Landwirtschaft. Eine rückwärtsgewandte Agrarwende brauchen wir aber nicht!

Die Agrarwende, die Sie verkünden, ist mit vielen Punkten besetzt, die wir aus guten Gründen ablehnen. Insofern brauchen Sie keine Sorge zu haben: Mit dieser Agrarwende wollen wir nicht das Geringste zu tun haben!

Sie haben die Vereinbarung mit der ISN angesprochen. Es stimmt - das will ich eingestehen -, wir hatten große Sorge. Die ISN hat in der Sache ja die gleichen Dinge wie wir kritisiert, aber in der Form noch viel massiver; dagegen waren wir Waisenknaben. Wir haben gedacht, dass die ISN das nie durchsetzen wird und dass der Minister so wie immer weitermacht. Ich habe ihm schon meinen Respekt bekundet. Er hat sich korrigiert. Er hat seine Position zu 100 % gewechselt.

Wir haben uns deswegen, wie es auch der Kollege Dammann-Tamke gesagt hat, in dieser Sache durchgesetzt. Das ist gut für das Tierwohl. Das ist gut für die Entwicklung der Landwirtschaft. Ich hoffe, Sie haben die Kraft, sich in anderen Punkten ähnlich zu korrigieren.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Grupe. - Frau Staudte antwortet auf die Kurzinterventionen. Bitte!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Zuerst zu Ihnen, Herr Dammann-Tamke. Pro intaktem Ringelschwanz werden 16 Euro bezahlt. Das bedeutet, jeder Landwirt hat ein sehr großes Interesse daran, dass 100 % seines Bestandes intakte Ringelschwänze haben. Schließlich bewegt sich der Erlös eines verkauften Mastschweins in fast derselben Größenordnung.

Was unterstellen Sie Ihren Berufskollegen? Dass sie in Kauf nehmen, dass so viele Ringelschwänze

sozusagen angeknabbert werden? - Das ist wirklich unredlich.

(Widerspruch bei der CDU - Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Was die Bilder angeht, die Sie immer wieder heraufbeschwören, hat man ja schon fast den Eindruck, Sie würden sich freuen, wenn solche Bilder entstünden.

(Anhaltende Unruhe)

Moment, bitte, Frau Kollegin! Ihre Redezeit wird angehalten. - Ich bitte Sie alle nochmals um etwas mehr Ruhe im Plenarsaal. - Bitte, Frau Kollegin!

Vielen Dank.

Nun noch zu Ihnen, Herr Grupe. Den Satz „Wir brauchen Veränderungen!“ habe ich in dieser Legislaturperiode gerade zum ersten Mal von Ihnen gehört. Insofern: Herzlichen Glückwunsch! Es wäre schön, wenn Sie das auch in Anträge umsetzen und nicht immer nur gegen Reformen arbeiten würden. Die Rolle rückwärts, von der Sie sprechen, haben in Bezug auf den Tierschutzplan eigentlich Sie gemacht.

Wenn Sie meinen, dem Minister schaden zu können, indem Sie fälschlicherweise behaupten, er sei zu 100 % umgekippt: Wenn das in diesem Antrag stehen würde, könnten Sie ihm doch eigentlich zustimmen. Warum lehnen Sie ihn dann eigentlich noch ab?

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Nun hat das Wort für die SPD-Fraktion Herr Kollege Siebels. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst bedanke ich mich für die sachliche Debatte zu diesem Thema. Ich habe die Wortbeiträge der Oppositionsfraktionen so interpretiert, dass sie heute dem Beschlussvorschlag, der im Ausschuss mit Mehrheit angenommen wurde, zustimmen wollen. Ich finde, das ist ein sehr positives Signal.

Ihre Redebeiträge kann ich allerdings inhaltlich nicht vollständig einordnen, wenn ich das einmal so vorsichtig formulieren darf.

Der Kollege Grupe hat wörtlich von einer „weitgehenden Übereinstimmung“ und davon gesprochen, dass sich der Minister revidiert habe. Gleichzeitig forderte er eine „dynamische Entwicklung in die Zukunft“. Meine Damen und Herren, das ist doch mal ein konkretes Schlagwort! So sollten wir es in Zukunft vielleicht halten.

Der Kollege Dammann-Tamke sieht große Erfolge aufseiten der Oppositionsfraktionen: Sie hätten einen Beitrag zu einer besseren Agrarpolitik in Niedersachsen geleistet. - Herr Dammann-Tamke, Sie dürfen nicht alles glauben, was Sie denken.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zurufe von der CDU)

Aber zurück zur Sache. Die Anträge der Oppositionsfraktionen befassten sich im Kern allesamt mit der sogenannten Ringelschwanzprämie. Ich kann Ihre Ausführungen zunächst in einem Punkt bestätigen: In der Tat haben wir im Ausschuss sehr sachliche und ausgiebige Diskussionen dazu geführt. Wir haben Anhörungen durchgeführt und uns fachlichen Rat geholt.

Ich glaube, das war auch die Ursache dafür, dass heute - ganz gleich, ob Sie unserem Beschlussvorschlag nun zustimmen oder ihn ablehnen - Übereinstimmung darüber bestehen dürfte, dass wir, wie Professor Blaha es im Rahmen der Anhörung formuliert hat, den Einstieg in den Ausstieg aus dem routinemäßigen Schweineschwanzkupieren wagen müssen. Das halte ich auch ausdrücklich für richtig.