Protokoll der Sitzung vom 01.03.2018

Hier müssen wir gestalten. Deshalb wird die Niedersächsische Landesregierung dem Thema Digitalisierung ein Höchstmaß an Priorität beimessen. Das funktioniert nicht mit einem Nebeneinander aller denkbaren Arbeitszirkel, Institute, Kompetenzzentren oder Gesprächsebenen, sondern wir brauchen hier eine Gesamtstrategie. Das muss im Übrigen auch auf Bundesebene Einzug halten. Auch wenn Frau Zypries bisher ein Digitalministerium abgelehnt hat, bleibt festzuhalten - das hat im Übrigen eine Anfrage der Grünen ergeben -, dass auf Bundesebene über 244 Facharbeitskreise, Referate und sonstige Ebenen der Bundesregierung mit dem Thema Digitalisierung befasst sind.

Es fehlt in Deutschland an einer klaren Koordinierungs- und Steuerungsfunktion, und deshalb ist es richtig und wichtig, dass die Landesregierung einen eigenen Staatssekretär mit einer eigenen Stabsstelle eingerichtet hat, die über die Ressortgrenzen des MW hinaus in engster Kooperation und Partnerschaft mit allen Häusern dieser Landesregierung zukünftig die Fragestellungen der Digitalisierung zusammenführt, koordiniert, weiterentwickelt, vermittelt, Vorschläge macht, Vorschläge der Ministerien aufgreift und diese dann in ein Gesamtkonzept gießt.

Der Ausbau der digitalen Infrastruktur und des Breitbandnetzes ist hier beispielhaft ebenso zu nennen wie die strategische Ausrichtung der Digitalisierung im Land und die Unterstützung der Wirtschaft durch Förderungsmaßnahmen und Beratungsleistungen im Bereich der Digitalisierung.

Vor diesem Hintergrund sind die Stärkung der bisherigen Aufgaben - wie Breitbandausbau und Breitbandförderung - und der neuen Aufgaben im Bereich der Digitalisierung - Stichworte: Infrastruktur, Strategie, Masterplan, Koordinierung, Beratung, digitale Lösungen im Bereich des Verkehrs, im Bereich der Medizin, im Bereich der Bildung, im Bereich aller denkbaren Produktionsprozesse - wichtig. Das alles mit Blick auf unser Land Niedersachsen mit insgesamt neun zusätzlichen Stellen zu koordinieren, halte ich für sachgerecht, für fachgerecht, für notwendig und für angemessen. Genau deshalb entsprechen diese neuen Stellen dem § 6 der Landeshaushaltsordnung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister Althusmann. - Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Jörn Schepelmann. Bitte!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Herr Dr. Althusmann, vor dem Hintergrund Ihres gestrigen Grußwortes beim GVN, in dem Sie zu Recht das Thema Entbürokratisierung angesprochen haben, frage ich Sie, wie viele Stellen im Ministerium zurzeit mit dieser wichtigen Aufgabe befasst sind, wie viele Stellen Sie planen zusätzlich zu schaffen und wie Sie das in Relation zur Bedeutung dieses Themas beurteilen.

Vielen Dank, Herr Kollege. - Es antwortet für die Landesregierung Herr Wirtschaftsminister Althusmann. Bitte!

(Zuruf von Christian Meyer [GRÜNE])

- Herr Kollege Meyer, jetzt antwortet der Herr Minister!

Vielen Dank. - Ich habe vollumfänglich und sehr grundsätzlich im Ausschuss durch meinen Staatssekretär Dr. Berend Lindner berichten lassen. Der Haushaltsausschuss hat alle Informationen zu dieser Fragestellung erhalten.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Das hat der CDU aber nicht gereicht! Warum fragt dann die CDU? - Heiterkeit)

Die Frage bleibt aber dennoch vollkommen berechtigt, weil Sie inzwischen wegen dieser Stellen - ich beziehe mich jetzt auf das Wirtschaftsministerium - für die Entbürokratisierung, das Beteiligungsmanagement und die Digitalisierung einen Popanz aufbauen, indem Sie in der Öffentlichkeit den Eindruck erwecken, als sei das alles unnötig und herausgeschmissenes Geld. Ich sage Ihnen: Langfristig wird sich die Lösung genau dieser Fragen der Entbürokratisierung, des Beteiligungsmanagements und der Digitalisierung für unser Land auszahlen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Die Schaffung dieser Stellen wird sich letztendlich bewähren. Das ist richtig investiertes Geld. Es handelt sich hierbei nicht um einen Griff im Sinne der von Ihnen so kritisierten Selbstbedienungsmentalität. Insofern bin ich dem Abgeordneten sehr dankbar, dass ich noch einmal in Gänze darstellen kann, wo wir heute stehen und wo wir in den nächsten Jahren hinwollen.

Herr Meyer, ich versuche, es kurz zu machen: Bisher sind im Referat 17 bei mir im Wirtschaftsministerium eine einzige Sachbearbeiterin im ehemals höheren Dienst und eine Assistenzkraft im ehemals mittleren Dienst mit insgesamt 0,15 Vollzeiteinheiten mit den Grundsätzen des Bürokratieabbaus betraut. Mit 0,15 Vollzeiteinheiten beschäftigen sie sich mit der Kernfrage der mittelständischen Industrie, des Mittelstandes in Niedersachsen auch mit Blick auf Deutschland; denn es geht

auch um Dokumentationspflichten nach bundesdeutscher Gesetzgebung. Mit 0,15 Vollzeiteinheiten setzt man sich bisher mit diesem Thema auseinander und stellt sich die Frage, ob es gelingen kann, unseren Mittelstand in den nächsten Jahren von Bürokratiekosten - 43 Milliarden Euro jährlich - zu entlasten.

Deshalb ist es im Zuge der Aushandlung des Koalitionsvertrages mit der SPD eine richtige Entscheidung gewesen, sich gemeinsam darüber zu verständigen, dass wir dieser Aufgabe zukünftig eine höhere Priorität beimessen wollen. Wir werden im MW diesem wichtigen Thema zwei zusätzliche Stellen zuordnen.

Meine Damen und Herren, noch einmal: Ihre Kritik an zwei zusätzlichen Stellen bei der Kärrneraufgabe Entbürokratisierung in unserem Land Niedersachsen ist aus meiner Sicht völlig unberechtigt. Sie entbehrt jeder Grundlage. Ich danke dem Abgeordneten, dass er uns diese Gelegenheit gibt, das noch einmal darzustellen.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Denn es geht letztendlich darum, dass wir Verwaltungsvorgänge in Niedersachsen beschleunigen wollen, dass wir die Ressourcen zielgerichtet einsetzen wollen - auch mit Blick auf den demografischen Wandel - und dass wir insbesondere die gesetzlichen und administrativen Hemmnisse für kleine und mittelständische Unternehmen und Existenzgründer sowie - in der Industrie - auch für Zuwendungsempfänger identifizieren wollen und Vorschläge erarbeiten wollen, um diese abzubauen.

Nur ein kleines Beispiel: Die Energiegesetzgebung im Zusammenhang mit EEG führt zum Teil zu sehr schwierigen Situationen bei der Bemessung, wer tatsächlich einen Anspruch auf eine entsprechende Entlastung hat. Wenn man z. B. eine Kantine in einem energieintensiven Betrieb einrichtet, muss inzwischen berücksichtigt werden, ob diese Kantine öffentlich oder nur für Mitarbeiter dieses Unternehmens zugänglich ist. Wenn das nicht getrennt werden kann, muss in einem atemberaubenden bürokratischen Antragsprozess nachgewiesen werden, ob man diese zusätzliche Entlastung tatsächlich zu Recht beantragt hat oder sie zurückzahlen muss.

Meine Damen und Herren, das ist nur ein kleines Beispiel dafür, wie wir inzwischen immer mehr bürokratische Antragslasten auf unsere Industrie,

aber insbesondere auch auf unsere mittelständischen Unternehmen übertragen. Diese müssen inzwischen zusätzliche Mitarbeiter einstellen, um die Dokumentationspflichten überhaupt noch erfüllen zu können. Das sind Bürokratiekosten, die zulasten des wirtschaftlichen Wohlstands und zulasten unserer Betriebe gehen. Dieses Geld wäre an anderer Stelle viel besser eingesetzt.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Insofern brauchen wir ein wenig mehr Personal im Bereich des Bürokratieabbaus, der Identifizierung, der Dokumentation und der Überprüfung gesetzlicher Rahmenbedingungen und um Initiativen in Richtung des Bundes zu starten, auch was die EUGesetzgebung betrifft. Das sind genau die richtigen Leute, um in Zukunft Vorschläge zu erarbeiten, wie wir von den viel zu hohen Bürokratiekosten in Niedersachsen und von einer Überbürokratisierung wegkommen, die unserer mittelständischen Wirtschaft inzwischen die Luft abschneidet.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister Althusmann. - Die nächste Zusatzfrage stellt der Abgeordnete Christian Fühner. Bitte!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch meine Frage geht in Richtung des Wirtschaftsministers Althusmann und bezieht sich auf das wichtige Thema der Planungsbeschleunigung. Dazu stellt sich mir die Frage: Wie viele Stellen sind dafür aktuell vorgesehen? Wie viele Stellen wollen Sie hierfür einsetzen? Außerdem die Frage: Welche Wichtigkeit messen Sie diesem Thema der Planungsbeschleunigung im Verhältnis zu den Stellen bei, die geschaffen werden?

Vielen Dank.

Vielen Dank, Herr Kollege. - Es antwortet für die Landesregierung Herr Minister Althusmann.

(Unruhe)

- Ich darf um Ruhe im Plenarsaal bitten! - Herr Kollege Lechner!

(Anhaltende Unruhe)

Einen Moment noch, Herr Minister! Wir fahren erst fort, wenn Ruhe eingekehrt ist. - Bitte!

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Zu der Frage, wie viele Stellen derzeit mit dem Thema Planungsbeschleunigung befasst sind, möchte ich einmal die derzeitige Situation schildern.

Ich glaube, wir alle wollen gemeinsam die Infrastruktur des Landes so schnell wie möglich voranbringen. Das betrifft unsere großen Verkehrsmagistralen A 20, A 26, A 39 sowie den Ausbau der A 1 und A 7.

Seit 2010 gibt es Vorschläge der Verkehrsministerkonferenz zur Planungsbeschleunigung. In der Zusammenfassung der Ergebnisse der Beratungen dieser Konferenzen kommen zahlreiche Experten zu der Auffassung: Na ja, dem Grunde nach gibt es schon eine Menge Vorschläge, aber deren Umsetzung kriegen wir nicht so richtig hin!

Dazu sage ich sehr kritisch - ich weiß nicht, ob ich die Messlatte zu hoch lege -: Das ist die Frage, ob es uns in den nächsten Jahren nicht zwingend gelingen sollte, bei Planungen schneller zu werden. Wir müssen uns das selbstkritisch fragen; denn zwischen Planungsbeginn und Planfeststellungsbeschluss liegen Zeiträume von zehn, 15 oder 20 Jahren. Außerdem schreibt die europäische Gesetzgebung quasi vor, dass ständig nach dem neuesten Stand der Wissenschaft neu beurteilt werden muss, ob ein Planfeststellungsbeschluss beklagt werden kann oder nicht. Schließlich können sich in dieser Zeit neue Entwicklungen ergeben haben.

All das führt natürlich zu immensen Planungsverzögerungen. Ich habe das gestern im Zusammenhang mit einer anderen Debatte gesagt: Vielleicht muss man mal ernsthaft darüber nachdenken, einen Zeitpunkt für die Beurteilung von Planfeststellungsbeschlüssen festzulegen. Wir sind in Deutschland zu langsam, was die Planung großer Infrastrukturprojekte betrifft.

(Zustimmung von Laura Rebuschat [CDU] und von Jörg Bode [FDP] - An- ja Piel [GRÜNE]: Frenetischer Beifall! - Unruhe - Glocke der Präsidentin)

- Vereinzelt Beifall, vielen Dank!

Im Moment wird die Aufgabe der Planungsbeschleunigung in einer Stabsstelle mit einem Stellenanteil von 0,2 Vollzeiteinheiten wahrgenommen. Auch das ist wieder vor dem Hintergrund „riesiger Stellenvermehrungen“ und der „Selbstbedienung des Wirtschaftsministeriums und anderer Ministerien“ zu sehen. Zukünftig soll diese Aufgabe, für die derzeit 0,2 Stellen zur Verfügung stehen, im Fachbereich des Referats 43 angesiedelt werden. Mit ganzen zwei zusätzlichen Stellen wollen wir die dringend notwendige Planungsbeschleunigung in Niedersachsen endlich voranbringen.

(Beifall bei der CDU - Dr. Stefan Birk- ner [FDP]: Nicht einmal zwei Stellen aus dem gesamten Personalbestand des MW konnten gestrichen werden? Immer nur obendrauf!)

Meine Damen und Herren, was daran unverhältnismäßig sein soll, kann ich nicht erkennen.

(Beifall bei der CDU)

Wir werden die Planungs- und Bauprozesse in Niedersachsen intensiv überprüfen. Wir werden die zuständigen Landesbehörden angemessen ausstatten müssen. Ich bin dem Finanzminister und den Koalitionsfraktionen ausgesprochen dankbar, dass sie die Ansätze für Dienstleistungen durch Außenstehende angehoben haben. So können wir hierbei schneller werden. Wir werden prüfen, ob der Rechtsweg am Ende auf eine Instanz verkürzt werden kann. Wir werden prüfen, ob das Verbandsklagerecht, wie es bisher gestaltet ist, tatsächlich einer Planungsbeschleunigung dienlich ist.

Meine Damen und Herren, die Planungsbeschleunigung wird eines der wesentlichen Themen der kommenden viereinhalb Jahre sein. Ich bin sehr optimistisch, dass wir mit einem geringen zusätzlichen Personalaufwand auch hier eine ganze Menge mehr werden erreichen können.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. - Die nächste Zusatzfrage stellt der Abgeordnete Ulf Thiele. Bitte!