Protokoll der Sitzung vom 18.04.2018

Damit kommen wir zu dem

Tagesordnungspunkt 12: Abschließende Beratung: Digitalisierung der Hauptverkehrsachsen - Antrag der Fraktion der AfD - Drs. 18/325 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung - Drs. 18/504

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag abzulehnen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir kommen jetzt zur Beratung. Es liegt eine Wortmeldung von Herrn Stefan Henze von der antragstellenden Fraktion vor.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mehrfach beschäftigte sich der Ausschuss schon mit dem Masterplan Digitalisierung. Sowohl die Regierungskoalition als auch die FDP lieferten leider halbgare Entwürfe. Das waren weder Masterpläne, noch können die gesetzten Ziele erreicht werden. Wir als AfD haben einen Vorschlag eingereicht, der wirklich konkrete Maßnahmen vorschlägt und trotzdem den Unternehmen die nötige wirtschaftliche Freiheit lässt.

Digitalisierung ist mehr, als Glasfaserkabel zu verlegen oder einfach nur Infrastruktur zu schaffen. Digitalisierung muss dort begonnen werden, wo sie wirklich gebraucht wird. Das ist entlang der Hauptverkehrsachsen, entlang der Fernverkehrsstraßen und der Eisenbahntrassen.

Immer größere Datenpakete werden von den Nutzern während der Fahrt abgefragt - ob für die Arbeit oder einfach nur, um sich einen Film anzuschauen. Dafür brauchen wir den Mobilfunk der vierten Generation: 4G oder auch LTE+ genannt.

Dem autonomen Fahren gehört die Zukunft. Dafür brauchen wir den Mobilfunk der fünften Generation, 5G. Dieser ermöglicht Latenzzeiten von unter 1 Millisekunde, die einzelne Fahrzeuge befähigt, miteinander zu kommunizieren. Eine solch niedrige Verzögerungszeit hat erhebliche Vorteile: wirkungsvolle Verringerung der Unfallzahlen, Einsparungen von bis zu 15 % der Betriebskosten von Fahrzeugflotten, Verhinderung von Staus, Reduzierung der Zahl der Ampeln, Optimierung des Verkehrsflusses sowie Warnung vor Gefahren, die nur der Fahrer davor sieht.

Wir sitzen durchschnittlich vier Jahre unseres Lebens hinter dem Steuer. Sollte man diese Zeit nicht optimieren? Wir stehen fast ein Jahr unseres Lebens im Stau. Muss das sein? Pendler in der Bahn können diese Zeit oft noch immer nicht für die Arbeit oder zur Kommunikation mit Freunden nutzen. Wieso nicht? - Die Antwort auf diese Frage lautet: Die Digitalisierung ist mangelhaft. Zu Hause haben wir alle einen Zugang zum Netz. Wie aber sieht es unterwegs aus? Wie sieht es während der Fahrt

aus? Sind wir für die Zukunft gerüstet? - Leider nein!

Fahrzeuge warnen einander, sie kommunizieren ohne Verzögerung und auch ohne direkte Sicht miteinander. Das ist die Zukunft. Diese Zukunft beginnt nicht erst in zehn Jahren. Schon in zwei Jahren brauchen wir ein funktionsfähiges 4G-Netz entlang der Hauptverkehrsachsen und zwei Jahre später ein 5G-Netz. Die Zeit läuft uns davon. Die Mobilfunkanbieter arbeiten schon daran. 5GConnectedMobility wird in Bayern in einem Feldversuch entlang von Autobahnen und Eisenbahnen erforscht.

Wo bleibt da Niedersachsen? - Hier wird noch über einen Masterplan Digitalisierung und Glasfaser diskutiert. Es tut mir leid, verehrte Kollegen, aber über Glasfaserkabel hätte man vor zehn Jahren diskutieren können. Vielleicht ist für viele von Ihnen das Internet noch immer Neuland. Für die Kanzlerin war das ja im Jahr 2013 nach eigener Ansage auch noch so. Heutzutage geht es vorrangig um geringe Ladezeiten, Latenzzeiten und die Synchronisation von Clouddiensten. Hier hilft Ihnen kein Glasfaserkabel weiter. Sie können nämlich Ihr Auto während der Fahrt nicht daran anschließen.

Der Antrag der AfD „Digitalisierung der Hauptverkehrsachsen“ setzt dort an, wo das Land wirklich zuständig ist - und nicht beim Ausbau eines parallelen Backbone-Netzes, über das die Mobilfunkanbieter übrigens schon verfügen. Trotzdem fordern Sie es in Ihren Anträgen. Unser Antrag setzt nicht bei irgendeiner Anbindung des letzten Bauernhofes mit Glasfaserkabel an. Dafür wäre übrigens möglicherweise eine andere Technologie besser geeignet. Unser Antrag setzt auch nicht bei irgendwelchen Verlegemethoden oder bei Standortentscheidungen an, wo die Mobilfunkausstatter und -anbieter viel kompetenter sind. Er setzt auch nicht bei irgendwelchen Digitalisierungsgipfeln an, bei denen wertvolle Zeit ungenutzt verstreicht. Nein, er setzt bei der Ausstattung von Zügen mit WLAN auf Basis von 4G und 5G an. Hierfür ist das Land zuständig, genauso wie für den Betrieb entlang der Autobahnen und Landstraßen sowie für die Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs.

Statt, wie von der Regierung vorgeschlagen, 1 Milliarde Euro für irgendetwas auszugeben, begnügen wir uns bei diesem ersten Projekt mit lediglich 25 Millionen Euro für Züge, Straßenbahnen und Busse. Zusätzlich möchten wir es den Betreibern der Autobahnen und der Hauptstrecken des

Schienenpersonennahverkehrs zur Pflicht machen, diese Strecken bis 2020 mit einem 4G-Netz und bis Mitte 2022 mit einem 5G-Netz auszustatten. Auch soll bei allen künftigen Ausschreibungen im Bereich des Schienenpersonennahverkehrs in Niedersachsen kostenfreies WLAN zur Bedingung gemacht werden.

Diese Vorschläge führen gewiss nicht dazu, dass überall sofort und immer flächendeckend ein 4G- oder 5G-Netz zur Verfügung steht. Aber brauchen wir das wirklich?

(Glocke der Präsidentin)

Man sollte irgendwo anfangen und nicht versuchen, das Rad neu zu erfinden. Wir müssen erst einmal dort beginnen, wo solche Netze wirklich nötig sind, nämlich bei den Hauptverkehrsachsen.

Unsere Vorschläge führen nicht dazu, dass der letzte Bauernhof über einen Glasfaseranschluss verfügen wird. Das wäre wahrscheinlich eine Überforderung des Breitbandanschlusses. Die Frage ist hierbei, ob wirklich jeder überhaupt einen solchen Anschluss haben will. Viele nutzen mittlerweile nur noch das Mobilfunknetz, selbst für ihre Heimrechner. Für Bauernhöfe ist das Internet über Mobilfunk längst wichtiger als ein Glasfaserkabel bis zum Ende des Feldes. Und für Inseln oder abgelegene Einzelhöfe ist der Richtfunk sehr viel effektiver als die Verlegung eines Glasfaserkabels.

Werte Kollegen, wir fordern Sie daher auf, unserem Antrag zuzustimmen. Er stellt eine wirkliche Lösung für die Probleme der Wirtschaft und der Bürger in Bezug auf die Digitalisierung dar. Weitere Jahre mit end- und ziellosen Debatten und Gipfeln werfen den Standort Niedersachsen im internationalen Vergleich immer weiter zurück. Nur Willenserklärungen à la Masterplan Digitalisierung - den Masterplan habe ich noch immer nicht gesehen - reichen nicht aus.

Kommen Sie langsam zum Schluss!

Dafür ist definitiv keine Zeit mehr.

Vielen Dank. Das war’s.

(Beifall bei der AfD)

Danke, Herr Henze. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich der Kollege Detlev Schulz-Hendel gemeldet.

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe AfD-Kollegen, Ihr Antrag enthält wenig technischen Sachverstand, benennt die falschen Adressaten, lässt einen vernünftigen und ganzheitlichen Ansatz vermissen und führt Selbstverständlichkeiten auf, die es schon längst gibt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wer meint, dass Antennen auf und Repeater in Zügen einen barrierefreien Zugang zum WLAN ermöglichen, hat nicht ganz verstanden, dass auf den Strecken oftmals kein ausreichender Netzempfang zur Verfügung steht. Da können die Wagenwände noch so dünn sein und die Zugdächer ganze Antennenwälder aufweisen: Mehr Daten lassen sich trotzdem nicht empfangen und senden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Frage, die sich am Ende stellt, ist nicht die der Möglichkeiten in den Zügen. Vielmehr geht es darum, ob überhaupt auf Netze zugegriffen werden kann. Der Zugang zum WLAN ist bereits jetzt eine Vorgabe bei Ausschreibungen der Landesnahverkehrsgesellschaft, zumindest im Rahmen der aktuellen Möglichkeiten. Damit hat sich Ihr Antrag auch an dieser Stelle erledigt. Er ist überholt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich frage mich auch, ob Sie mit Ihrem Antrag den Bahnverkehr in Niedersachsen komplett lahmlegen wollen. Sie wissen sicherlich schon, dass eine Umstellung kontinuierlich erfolgen muss, indem einzelne Fahrzeuge aus dem Verkehr genommen werden.

Grundsätzlich stellen Sie mit Ihrer Initiative aus meiner Sicht die falsche Frage. Wir brauchen nicht mehr Technik in den Zügen, sondern einen schnellen Ausbau der Netze. Ansprechpartner dafür ist aber der Bund bzw. die Bundesnetzagentur. Denn hier werden die Frequenzversteigerungen durchgeführt, auch die der fünften Mobilfunkgeneration, die für den Ausbau und für die Versorgung mit ausreichendem WLAN die Grundlage bildet. Nicht das Land besitzt also die Möglichkeit oder die Kompetenz, dem Bund Vorgaben zu machen. Da haben Sie etwas völlig falsch verstanden.

Alles in allem ist Ihr Antrag mangelhaft. Wir können ihm nicht folgen. Ich hätte mir, nachdem man Sie im Ausschuss sachlich, fundiert und ausführlich auf die Mängel Ihres Antrages hingewiesen hat, gewünscht, dass Sie ihn zurückgezogen hätten. Es fehlt nur noch, dass Sie fordern, dass die Bahnkunden demnächst Alu-Hüte aufsetzen. Vielleicht wird der Empfang dann ja besser. Das hätte dem Fass noch den Boden ausgeschlagen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Schulz-Hendel. - Für die SPDFraktion hat sich der Kollege Jörn Domeier zu dem Thema zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zuallererst - das ist für mich eine Regel der Höflichkeit - möchte ich mich bedanken, dass Sie hier ganz rechts von mir keinen ideologischen Antrag eingereicht haben. Ich glaube, das muss man leider schon erwähnen.

Ihr Antrag ist schon als Sachantrag zu werten. Ich glaube wirklich, dass es Ihnen um die Sache geht, dass Sie die Digitalisierung in unserem schönen Land voranbringen wollen. Leider - wirklich leider - muss ich an dieser Stelle beim besten Willen mit dem lobenden Part aufhören; denn Ihr Antrag ist nicht nur fehlerhaft - das haben wir gerade gehört -, sondern auch wirklich kontraproduktiv. Wenn wir Ihre n Antrag beschließen würden, dann würden wir beim Ausbau der digitalen Infrastruktur rückwärts gehen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir können uns aber wahrlich keine Rückschläge erlauben. Aus unserer Sicht ist die Fokussierung auf die Hauptverkehrsachsen nicht ausreichend. Die Menschen in unserem Land sind glücklicherweise nicht nur auf der A 2 oder im Zug unterwegs. Daher wollen wir mit dem eben genannten Masterplan Digitalisierung und eben mit einem Gesamtkonzept nicht dieses Klein-Klein Ihres Antrages unterstützen, sondern wollen die Digitalisierung ganzheitlich mit großen Schritten voranbringen. Um es ganz offen und ehrlich zu sagen: Wir als Land Niedersachsen können uns die Umsetzung Ihres Antrags einfach nicht leisten.

(Beifall bei der SPD)

Sie fordern, dass bis Mitte nächsten Jahres alle Züge der LNVG mit WLAN ausgestattet werden. Diese Forderung ist schön; sie klingt angenehm und modern. Aber Sie müssen den Menschen dann eben auch sagen, dass wir dann nicht genug Züge zur Verkehrsleistungserbringung haben. Umrüstungen kosten Zeit. Diese Zeit fehlt auf der Strecke. Wir wollen weniger Zugausfälle. Auch daher können wir Ihren Antrag nicht unterstützen.

WLAN in Zügen ist eben nicht so einfach zu machen wie WLAN zu Hause. Einen Router für den Heimbereich zu installieren oder ein Verfahren für rund 800 Menschen im Zug zu initiieren, das ist ein Unterschied.

Für die populistischen Zeitvorgaben, die in Ihrem Antrag stehen, auf die Sie eben aber gar nicht eingegangen sind, bekommen Sie vielleicht wirklich kurzfristigen Applaus. Sie ermöglichen aber keine sorgfältige Umsetzung. Das ist keine verlässliche Politik.

Sie wollen ferner bei zukünftigen Ausschreibungen im Schienenverkehr WLAN zur Bedingung zu machen. Alle Fachleute - mit Fachleuten sollten Sie gesprochen haben - sagen aber, dass solche Bedingungen ein K.-o.-Kriterium sind und dass wir mit ihnen weniger Angebote erhalten, dass damit also alles wesentlich schwieriger wird. Das hindert Sie nicht, solche Bedingungen zu fordern. Ihnen ist auch da der kurzfristige Applaus für freies WLAN in Zügen offensichtlich wichtiger.

Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Wenn Ihnen der notwendige Respekt vor Ihrem Mandat fehlt, sodass Sie inhaltlich solch falsche Anträge einreichen, dann haben Sie doch bitte wenigstens Respekt vor den Niedersachsen und versprechen ihnen nicht das Blaue vom Himmel!

(Beifall bei der SPD)

Sehr geehrte Damen und Herren, es wird Sie nicht überraschen, aber ich sagen es Ihnen: Sie müssen nicht alles können. Niemand erwartet, dass Sie einen Antrag einreichen, der alle Herausforderungen der Digitalisierung lösen kann. Aber Sie können es zum Wohle Niedersachsen wenigstens versuchen. Wenigstens bemühen können Sie sich bitte.

(Widerspruch bei der AfD)