Protokoll der Sitzung vom 19.04.2018

Meine Damen und Herren, damit wäre eigentlich alles gesagt und die Frage dieser Aktuellen Stunde beantwortet. Ich will trotzdem noch auf das eine oder andere eingehen.

Ich gebe zu Protokoll: Ich habe weder von Herrn Schünemann noch von einem anderen Mitglied der CDU-Fraktion einen Liebesbrief erhalten und lege auch keinen Wert darauf.

(Zurufe von der FDP: Was?)

Ich gebe zweitens zu Protokoll: Ja, ich habe in meinem Leben schon Liebesbriefe bekommen und auch schon welche geschrieben;

(Zurufe von der FDP: Oh!)

aber nicht im politischen Umfeld, meine Damen und Herren.

(Heiterkeit - Unruhe)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Liebesbriefe sollten Sie privat schreiben, und Sie sollten Briefe, die Sie gelesen haben, dann auch bitte richtig interpretieren, damit da keine Missverständnisse aufkommen.

Zum Gesetzentwurf. Wir haben eine Große Koalition, und wie in jeder Koalition gibt es vor der Erarbeitung eines Gesetzentwurfes innerkoalitionäre Abstimmungsgespräche. Das war unter SchwarzGelb nicht anders und unter Rot-Grün auch nicht. Jetzt gibt es einen Referentenentwurf, der, wie ich hoffe, bald - wie bald, werden wir in den nächsten Tagen entscheiden können - dem Kabinett zur Freigabe vorgelegt werden wird. Und dann werden wir so schnell es irgend geht beraten - das liegt dann aber an Ihnen, am Parlament -, und am Ende des Weges werden wir eine Entscheidung über dieses neue Gesetz treffen. Wann das sein wird, steht in den Sternen, aber auf jeden Fall - das ist das erklärte Ziel - noch 2018 - je schneller, desto besser.

Ich sage das sehr deutlich: Ziel ist es, vor Dezember 2018 einen Beschluss herbeizuführen. Ich bin sehr dafür, dass wir uns da beeilen, aber das sollte nicht auf Kosten der Sorgfalt gehen. Deswegen sind wir mit hohem Tempo, aber auch mit großer Sorgfalt dabei, diesen Referentenentwurf abzu

stimmen und dem Kabinett zur Entscheidung vorzulegen.

Zu allen inhaltlichen Fragestellungen ist hier schon einiges gesagt worden.

Herr Minister, lassen Sie eine Zwischenfrage von Herrn Dr. Birkner zu?

Immer gerne, Herr Dr. Birkner!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister, ich hatte gerade Sorge, dass Sie sagen, Sie wollen zu den inhaltlichen Dingen gar nicht mehr viel sagen. Vielleicht greife ich jetzt einem Punkt vor, den Sie gleich ansprechen wollten. Wir haben ja über die 74 Tage gesprochen, die sich, wenn ich das richtig sehe, auch im Koalitionsvertrag wiederfinden. Gibt es denn eigentlich aus der polizeilichen Praxis Wünsche nach 74 Tagen Präventivhaft, die da beabsichtigt sind?

Ich würde, wenn ich darf, gern noch eine zweite Frage anschließen: Beabsichtigen Sie denn, den Brief von Herrn Schünemann zu beantworten?

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Erstens. Es gibt sehr wohl aus den Kreisen der Polizei den Wunsch nach einer Präventivhaft, die länger ist als die bisher geltenden zehn Tage. Es sind sich aber auch weitgehend alle einig, dass eine unbegrenzte Regelung - wie in Bayern - von niemandem gewollt sein kann. Dazu wäre staatsrechtlich und verfassungsrechtlich einiges auszuführen. Ich teile diese Einschätzung.

74 Tage sind zugegebenermaßen viel, im Zweifel ist das aber immer noch besser als zu wenig - vor allen Dingen dann, wenn es durch drei richterliche Beschlüsse bestätigt werden muss. Ich gehe davon aus, dass das in der Praxis angesichts der Hürden, die schon aus verfassungsrechtlichen Gründen eingezogen werden müssen, kein Instrument ist, das in der täglichen Anwendung bei der Polizei zum Einsatz kommt, das aber eben zum Einsatz kommen kann.

Wir werden das sehr sorgfältig formulieren. Ich habe im Ausschuss nicht umsonst auf die Recht

sprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hingewiesen, genauso wie auf die Einschränkungen. Wir werden uns das sehr sorgfältig ansehen. Wir sind auch gespannt, wie das in anderen Bundesländern, wo ähnliche oder weitergehende Regelungen getroffen worden sind, im Falle einer möglichen justiziellen Überprüfung ausgeht. Wir machen hier unsere Hausaufgaben nach bestem Wissen und Gewissen, und dazu gehört auch, diese Vorschrift entsprechend sorgfältig auszuformulieren.

Zu Ihrer Frage, ob ich den Brief beantworten werde: Manche Briefe werden geschrieben, und sie erreichen einen sonst wo oder auch zu spät, und manche Briefe beantwortet man besser nicht sofort - das meine ich jetzt gar nicht bezogen auf Herrn Schünemann -, sondern lieber reflektiert. Manches Mal ist es besser, man denkt darüber nach, geht in sich und spricht mit dem Absender, und in der Regel - und das ist der bessere Weg - erübrigt sich dann eine schriftliche Antwort.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Pistorius. - Meine Damen und Herren, zu dieser Aktuellen Stunde gibt es keine weiteren Wortmeldungen, sodass wir übergehen können zu

Tagesordnungspunkt 21: Dringliche Anfragen

Es liegen drei Dringliche Anfragen vor. Die für die Behandlung Dringlicher Anfragen geltenden Geschäftsordnungsbestimmungen setze ich wie immer als allgemein bekannt voraus. Ich weise, wie üblich, besonders darauf hin, dass einleitende Bemerkungen zu den Zusatzfragen nicht zulässig sind. Um uns im Präsidium jeweils den Überblick zu erleichtern, bitte ich darum, dass Sie sich schriftlich zu Wort melden, wenn Sie eine Zusatzfrage stellen möchten.

Die erste Dringliche Anfrage lautet:

a) Ohne Schuldenbremse ins Haushaltsloch? - Anfrage der Fraktion der FDP - Drs. 18/675

Die Anfrage wird eingebracht vom Kollegen Grascha. Bitte sehr, Herr Grascha!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe die Dringliche Anfrage der FDP-Fraktion mit der Überschrift „Ohne Schuldenbremse ins Haushaltsloch?“ ein.

In der Koalitionsvereinbarung der rot-schwarzen Landesregierung heißt es - ich zitiere -:

„Von zentraler Bedeutung ist für uns eine verantwortungsvolle Finanzpolitik, die künftige Generationen nicht mit Schulden belastet und ihnen ein zukunftsfähiges Gemeinwesen hinterlässt. Deshalb verpflichten wir uns zu einem ausgeglichenen Haushalt ohne neue Schulden und zu nachhaltigen Investitionen. Die Umsetzung und Schrittfolge der im Koalitionsvertrag vereinbarten finanzwirksamen Maßnahmen stehen unter Finanzierungsvorbehalt.“

Vergleiche Koalitionsvereinbarung zwischen der SPD, Landesverband Niedersachsen, und der CDU in Niedersachsen, Zeilen 113 bis 118.

Der vom Landtag am 27. Februar 2018 beschlossene Nachtragshaushalt 2018 umfasst ein Volumen von 776 Millionen Euro und erhöht das Haushaltsvolumen auf 31,7 Milliarden Euro.

Bereits in der Medienberichterstattung vom 3. Februar 2018 werden erste Einschätzungen des Finanzministeriums bekannt, dass die Langzeitwirkungen der Mehrausgaben des Nachtragshaushalts - 99 neue Stellen in der Ministerialbürokratie, bei Polizei, in der Justiz, bei Schulen und die Abschaffung der Kindergartengebühren ab August dieses Jahres - zu Fehlbeträgen in den Jahren 2019 von 368 Millionen Euro, 2020 von 576 Millionen Euro und 2021 von 774 Millionen Euro führen. - Vergleiche Neue Osnabrücker Zeitung, 3. Februar 2018.

In einer Pressemitteilung des Finanzministeriums bekräftigte Finanzminister Hilbers, dass der Haushalt 2019 ohne neue Schulden aufgestellt werde.

Vor dem Hintergrund weiterer Vorhaben der Landesregierung, wie beispielsweise der Umsetzung der Digitalisierung oder Investitionen in Krankenhäuser und Hochschulen, geben die Haushaltsplanungen des Finanzministers in dieser Hinsicht Diskussionsbedarf. Laut einem Kabinettsbeschluss der Landesregierung zur Finanzplanung soll das Haushaltsvolumen bis 2022 auf bis zu 35 Milli

arden Euro anwachsen. In einem Eckwertepapier des Landeskabinetts vom 13. März 2018 ist die Rede von einem Minus im Landeshaushalt von 445 Millionen Euro im Jahr 2020 und von 598 Millionen Euro im Jahr 2021.

Die FDP-Fraktion brachte bereits am 20. Februar 2018 einen Gesetzentwurf zur Verankerung der grundgesetzlichen Schuldenbremse in der Landesverfassung in den Landtag ein. Nach Beratung der Verfahrensfragen im Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen am 4. April 2018 einigten sich die Fraktionen der FDP, der CDU und der SPD auf eine gemeinsame Beratung nach Einbringung eines Gesetzentwurfs der Landesregierung.

Finanzminister Hilbers arbeitet derzeit an der Umsetzung einer, wie es heißt, schlanken Regel - vergleiche Rundblick vom 4. Januar 2018. Entgegen den Absichten des Finanzministers und der Koalitionsvereinbarung der Landesregierung äußert sich der Ministerpräsident aktuell mit einer abweichenden Meinung zu Wort. Am 12. April 2018 äußerte er in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung:

„Vorderhand kommen wir mit der Regelung im Grundgesetz gut zurecht. Und wie eine Verfassungsänderung in Niedersachsen mit einem Mehrwert verbunden ist, werden wir zu erörtern haben“.

Ausnahmeregelungen für außergewöhnliche Notsituationen oder abweichende konjunkturelle Entwicklungen können anderenfalls nicht in Anspruch genommen werden.

Wir fragen deshalb die Landesregierung:

1. Welche Pläne verfolgt die Landesregierung zur Verankerung der grundgesetzlichen Schuldenbremse in der Landesverfassung?

2. In welchem Umfang gehen die im Aufstellungsverfahren zum Haushalsplanentwurf 2019 und der Mittelfristigen Planung 2018 bis 2022 angemeldeten Mittel der Ressorts über die geplanten Ansätze hinaus?

3. Welche Vorsorgemaßnahmen trifft die Landesregierung für Haushaltsrisiken?

Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Grascha. - Die Landesregierung wird antworten; ich denke, in Person des Herrn Finanzministers. Herr Hilbers, ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielen Dank für Ihre Fragen. Es scheint mir notwendig zu sein, dass ich hier noch einmal einiges klarstelle.