Das Zitat stammt von Stefanie von Berg, der Fachsprecherin für Schule, Berufsbildung, Inklusion und Religion der Grünen in der Hamburgischen Bürgerschaft.
Ich will Sie fragen, ob Sie zumindest zugestehen, dass man das im Kanon der norddeutschen Länder - Sie haben kritisiert, dass das abgesprochen wurde; ich halte es für selbstverständlich, dass man eine solche Entscheidung nicht auf den Weg bringt, ohne zumindest vorher einmal darüber zu reflektieren - und auch in der FDP und bei den Grünen ganz anders sehen kann, als Sie und Frau Piel es hier gerade dargestellt haben?
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Nacke, selbstverständlich kann man die Dinge anders sehen. Deshalb diskutieren wir hier ja. Selbstverständlich ist es auch möglich, innerhalb der FDP unterschiedliche Auffassungen zu haben.
Aber für die Fraktion im Niedersächsischen Landtag kann ich deutlich sagen, dass eine solche Aufladung, so wie Sie sie mit den Zitaten auch zum Ausdruck gebracht haben, also quasi den Reformationstag erst einmal als kirchlich-religiösen Anlass zu nehmen, ihm dann aber eine weltliche Funktion beizumessen, genau die Grenzen zwischen weltlichem und kirchlichem Tag vermischt.
Es geht hier um einen religiösen Feiertag. Dieser muss aus sich heraus in der Gesellschaft religiös breit getragen sein und darf nicht durch die Politik mit zusätzlichen Funktionen aufgeladen werden. Genau da sehe ich am Ende die unzulässige Vermengung zwischen staatlicher und religiöser Seite. Es ist eben gerade nicht Aufgabe des Staates zu sagen: Dieser Tag wird zum Tag des interreligiösen Dialogs genutzt. - Das ist Sache der Religionsgemeinschaften. Diese müssen sagen, wie sie diesen Tag gestalten wollen.
Genau diese Art und Weise der Diskussion hat hier der Ministerpräsident gebracht. Insofern bleiben wir selbstverständlich bei unserer Haltung und lehnen das ab.
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Birkner. - Nun hat das Wort für die Landesregierung Herr Ministerpräsident Weil. Bitte!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist jetzt die Schlussdebatte einer jahrelangen Diskussion über die Einführung eines neuen gesetzlichen Feiertages in Niedersachsen. Das ist keine Diskussion, die vor Kurzem begonnen hat.
Lassen Sie mich sagen: Ich habe Respekt vor jedem Argument, dass hier genannt wurde. Aber eines habe ich nicht verstanden. Es ist richtig: Ich habe als Spitzenkandidat meiner Partei im Wahlkampf zu einer allgemein interessierenden Frage meine Meinung gesagt. Jede Wählerin, jeder Wähler wusste, woran er in dieser Frage mit mir ist. Erfreulicherweise haben mich deswegen - oder
trotzdem - viele gewählt. Warum aber vor diesem Hintergrund einem solchen Politiker hinterher in der Demokratie ein Vorwurf daraus gemacht wird, dass er sich mit einem entsprechendem Mandat darum bemüht, seine Meinung dann im Rahmen des demokratischen Verfahrens tatsächlich vorzulegen und dafür zu werben, warum das falsch sein soll, verehrte Frau Piel, habe ich nicht verstanden. Das müssen Sie mir noch mal erläutern.
Was ist das Ergebnis der Diskussion? - Erstens: Es war eine sehr breite Debatte, auch weit über Verbände hinaus. Sie hat die Spalten auf den Leserbriefseiten in den Zeitungen gefüllt. Ich habe - das mache ich immer noch - viele Bürgerversammlungen durchgeführt. Es spielt überall eine Rolle. Es ist ein Thema von allgemeinem Interesse. Und das ist gut. Es ist auch eine gute Gelegenheit gewesen, sich selbst zu vergewissern. Das ist übrigens das Gegenteil von Hinterzimmerentscheidung.
Zweitens: Es ist in einem entscheidenden Punkt eine fast konsensuale Diskussion. Niedersachsen ist der Auffassung - wir sind in unserer überwältigenden Mehrheit der Meinung -: Niedersachsen braucht einen neuen Feiertag, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Das ist der eigentliche Kern der Diskussion, die uns heute zusammengeführt hat, und es ist gut, dass wir an dieser Stelle jetzt Nägel mit Köpfen machen. Ich bin dafür, dass Niedersachsen einen neuen gesetzlichen Feiertag bekommt.
Drittens: Es ist eine kontroverse Diskussion gewesen. Das ist ja, weiß Gott, nicht überraschend. Denn wir sind eine pluralistische Gesellschaft. Und dass man sich in dieser Frage zu 100 % einig wird - ja, wer hätte darauf denn wirklich wetten mögen? Wer hätte nicht geglaubt, dass es so kommt, wie es gekommen ist?
Es gibt eine lebhafte Diskussion pro und kontra Reformationstag, manchmal, wie ich finde - das gebe ich zu -, mit einer unnötigen Zuspitzung. Und dann gibt es eine Fülle von unterschiedlichen Alternativvorschlägen, von denen man aber wiede
rum nicht sagen kann, dass einer davon wirklich eine breite Zustimmung oder viel Gefolgschaft in der Gesellschaft gefunden hätte. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist das Ergebnis einer breiten öffentlichen Debatte.
Heute müssen wir entscheiden. Ich darf für die Landesregierung sagen: Unter dem Strich und in Respekt vor sämtlichen Argumente, die vorgetragen worden sind und die wir auch zur Kenntnis genommen haben, sehen wir uns in unserem Vorschlag bestätigt. Ich glaube, wir können schon sagen - mit allen Einschränkungen, die in einer pluralistischen Gesellschaft nun einmal geboten sind -: Der Reformationstag ist derjenige unter den unterschiedlichen Vorschlägen, von denen wir gehört haben, der am breitesten in der Gesellschaft verankert ist. Das kann man sagen, ohne zu weit zu greifen. Das ist das Ergebnis etlicher öffentlicher Veranstaltungen, bei denen die Bürgerinnen und Bürger gefragt wurden: Wie seht ihr das eigentlich? - Und das deckt sich auch mit meinen persönlichen Erfahrungen. Wie gesagt: Auf diesen vielen Bürgerversammlungen, die ich durchgeführt habe - immer mit einem sehr gemischten Publikum -, gab es niemals eine einhellige Diskussion. Aber am Ende gab es immer breite Unterstützung für den Vorschlag des Reformationstags.
Warum ist das so? Viele Menschen in unserem Land - ganz unabhängig davon, ob sie kirchlich gebunden sind oder nicht - sind sich durchaus bewusst, was mit dem Reformationstag verbunden wird. Mein Verständnis dieses Tages - damit erhebe ich keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit - ist sehr stark von dem Versöhnungsgottesdienst in der Michaeliskirche in Hildesheim im Reformationsjahr 2017 geprägt. Dort wurde nämlich von den Repräsentanten der großen christlichen Volkskirchen in beeindruckender Weise zum Ausdruck gebracht, was für ein Einschnitt die Reformation für alle war und bis heute ist, was man auf dem Weg seitdem richtig gemacht hat, aber auch was man falsch gemacht hat. Man hat sich gegenseitig für seine Fehler um Vergebung gebeten, aber auch das Gemeinsame sehr, sehr stark nach vorne gestellt - und das alles im Rahmen der Diskussion über die Reformation, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das ist mein Verständnis dieses Tages, und das halte ich für sehr modern und ganz und gar nicht nur kirchengeschichtlich geprägt.
Und dass die norddeutschen Länder untereinander schauen, wie das bei ihnen eigentlich diskutiert wird, ist das nicht eine Erwartung, die das Parlament auch an seine Regierung haben kann? Kann
es nicht erwarten, dass eine solche Abstimmung gesucht wird, selbstverständlich vorbehaltlich - wie wir übrigens ausdrücklich gesagt haben - der Entscheidung der Landesparlamente. Denn die parlamentarische Demokratie gilt in ganz Norddeutschland, nicht nur in Niedersachsen. Und wenn sich die Parlamente in Schleswig-Holstein und Hamburg dafür ausgesprochen haben, dann haben sie das, weiß Gott, nicht gemacht, um den Niedersachsen eine Freude zu machen, aber sie haben es in dem Bewusstsein gemacht, dass sich hierbei ein gemeinsamer norddeutscher Weg abzeichnet. Meine sehr verehrten Damen und Herren, was soll denn daran falsch sein? Man muss nicht für den Reformationstag sein, aber dass das ein Argument für den Reformationstag ist, liegt meines Erachtens auf der Hand.
Lassen Sie mich abschließend sagen: Ich bin der festen Überzeugung, es gibt gute Gründe, zuzustimmen. Es gibt gute Gründe, dass wir künftig den Reformationstag als gesetzlichen Feiertag in Niedersachsen haben werden. Und ich bin sehr sicher: Dieser Reformationstag wird viele Menschen miteinander verbinden. Und vor allem - das ist die gute Nachricht des heutigen Tages für die Niedersächsinnen und Niedersachsen -: Wir kriegen einen neuen gesetzlichen Feiertag. - Das wird uns viel Freude, viel Anerkennung im ganzen Land verschaffen.
Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. - Noch einmal um das Wort gebeten hat Herr Kollege Dr. Birkner nach § 71 Abs. 3 der Geschäftsordnung. Zwei Minuten, bitte!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Ministerpräsident! Dass es gut ankommt, Menschen einen freien Arbeitstag zu verschaffen, steht außer Frage und außer Zweifel. Ich finde, Sie haben gerade noch einmal schön die Art und Weise, wie Sie an diese Frage herangegangen sind und wie Sie denken, deutlich gemacht. Sie haben nämlich als Erstes gesagt: Das Wichtigste ist doch, dass wir uns einig sind - zumindest die große Mehrheit des Hauses; die FDPFraktion ausdrücklich nicht -, dass wir den Bürgern
einen zusätzlichen freien Tag geben, einen zusätzlichen Feiertag gewähren. Das ist Ihr Ausgangspunkt der Diskussion. Damit genügen Sie aber doch gerade nicht den Ansprüchen, die gegeben sein müssen, um einen Tag, der aus sich heraus eine so besondere religiöse oder gesellschaftliche Bedeutung haben muss, dass man ihn gemeinsam in der Gesellschaft begeht, zum Feiertag zu erklären.
Sie kommen vielmehr von der anderen Seite und sagen: Wir wollen einen freien Tag, und jetzt gucken wir mal, welcher es sein soll.
Das, meine Damen und Herren, wird, glaube ich, den Anforderungen an einen gesetzlichen, staatlich geschützten Feiertag nicht gerecht. Sie haben verschiedene Argumente angeführt, warum man den Reformationstag als Feiertag begehen sollte. Das kann man aber auch, wie es bisher der Fall ist, an einem kirchlichen Feiertag tun. Was spricht denn dagegen, all das, was Sie mit diesem Tag verbinden, in dem Rahmen, den das Gesetz jetzt schon hergibt, zu begehen? Dagegen spricht doch überhaupt nichts! Warum tun Sie es dann nicht einfach?
Stattdessen - und da komme ich wieder auf den Anfang zurück - haben Sie das im Wahlkampf benutzt; Sie haben, weil das so gut ankommt, ein tolles Wahlversprechen gemacht und damit im Wahlkampf für sich geworben. Damit haben Sie am Ende religiöse Angelegenheiten für Wahlkampfzwecke benutzt.
Diese Herangehensweise, die Art und Weise, wie Sie das Ganze angefangen haben - und ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie das eben noch einmal auf den Punkt gebracht haben -, wird, wie ich finde, den Anforderungen an die Sensibilität, die beim Umgang mit religiösen Angelegenheiten und Fragen zu wahren ist, nicht gerecht. Deshalb bleibt es auch dabei, dass wir als FDP-Fraktion diesen Gesetzentwurf ablehnen.
Vielen Dank, Herr Dr. Birkner. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, sodass ich die Beratung schließen kann.
Die Fraktionen haben sich im Ältestenrat darüber verständigt, dass zu Artikel 1 des Gesetzentwurfs, der die materielle Änderung enthält, in folgender Reihenfolge abgestimmt werden soll:
Zunächst soll über den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen abgestimmt werden, der bereits als Nr. 2 in der Beschlussempfehlung enthalten ist. Dazu wurde seitens der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beantragt, über die beiden in dem Änderungsantrag vorgeschlagenen Feiertage - den Internationalen Frauentag und den Europatag - jeweils einzeln abzustimmen.
Danach soll über den Änderungsantrag des Abgeordneten Calderone und 13 weiterer Mitglieder des Landtages, der die Einführung des Buß- und Bettages als Feiertag zum Ziel hat, abgestimmt werden.
Anschließend wird dann über den Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Liebetruth und zehn weiterer Mitglieder des Landtages, mit dem die Einführung des Tages des Grundgesetzes angestrebt wird, entschieden.
Zuletzt soll über den Gesetzentwurf der Landesregierung abgestimmt werden, der die Einführung des Reformationstages als Feiertag vorsieht. Dies ist zugleich der Inhalt der Nr. 1 der Beschlussempfehlung.
Wir kommen nun zur Einzelberatung bzw. Abstimmung zu den Nrn. 1 und 2 der Beschlussempfehlung. Ich rufe auf:
Artikel 1 Nr. 1 § 2 Abs. 1 bisheriger Satz 1. - Hierzu liegt vor ein Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 18/898 - Einfügung eines neuen Buchstabe d; Einführung des internationalen Frauentages am 8. März als Feiertag. Hierzu ist namentliche Abstimmung beantragt worden. Die notwendige Unterstützung ist gegeben.
Das Verfahren ist in § 84 Abs. 2 und 4 unserer Geschäftsordnung. Danach ruft ein Mitglied des Sitzungsvorstandes alle Mitglieder des Landtages in alphabetischer Reihenfolge mit ihrem Namen auf. Die Aufgerufenen geben ihre Stimme durch den Zuruf „Ja“, „Nein“ oder „Enthaltung“ ab. Wer dem Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Buchstaben d zustimmen möchte, ruft