Protokoll der Sitzung vom 21.06.2018

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Wir erinnern uns an das letzte Plenum. Mit diesen Ankerzentren sind faktisch Abschiebelager für geflüchtete Menschen gemeint. Diesen Plänen stellen wir uns entschlossen entgegen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wie viel CSU steckt eigentlich in der niedersächsischen CDU? Wie steht der stellvertretende Ministerpräsident zum Grundgesetz, wie zu Europa? Um welche Landtagswahl geht es hier eigentlich? Und steht uns in Niedersachsen womöglich auch eine Regierungskrise ins Haus, wenn die CDU weiterhin versucht, dem Koalitionspartner einen Richtungswechsel in der Migrationspolitik aufzudrücken?

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, wir haben in der letzten Legislaturperiode große Anstrengungen unternommen, um die Menschen, die vor allem 2015 und 2016 zu uns gekommen sind, unterzubringen, zu versorgen und die Grundlage für ihre Integration zu schaffen. Dazu hat maßgeblich auch das große ehrenamtliche Engagement der Menschen hier in Niedersachsen beigetragen. Niedersachsen hat angepackt, und ich finde, wir können heute mit Fug und Recht sagen: Niedersachsen hat das gut gemacht!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Inzwischen sind die Geflüchteten im Land angekommen, und aus ihnen sind Nachbarn geworden. Die Niedersachsen sorgen sich nicht in erster Linie darum, ob noch weitere Geflüchtete kommen, sondern sie sorgen sich um Themen wie steigende

Mieten, fehlende Kitaplätze und Altersarmut. Zumindest ich habe noch keine Demonstrationen vor dem Landtag gesehen, in der die Forderung nach Ankerzentren im Mittelpunkt gestanden hat. Für meine Fraktion kann ich sagen, dass uns auch noch keine E-Mail von Menschen erreicht hat, die sich solche Zentren wünschen.

Diese realen Sorgen stellen weder die CSU noch Teile der Niedersachsen-CDU in den Mittelpunkt. Auch bei Ihnen gibt es Pressemeldungen von Abgeordneten, die sagen, dass Boris Pistorius endlich in die Pflicht gehen muss. Welche Wahl auch immer die CDU mit diesem Populismus à la Bayern zu gewinnen glaubt - ihre politische Energie wäre besser investiert in Themen, die die Menschen in Niedersachsen wirklich beschäftigen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, Sie sind für Stabilität angetreten. Dafür sind Sie bei der Landtagswahl mit einer großen und beachtlichen Mehrheit wiedergewählt worden. Diese Stabilität bekommen Sie nur mit einem klaren Bekenntnis zu einer menschen- und europarechtsbasierten Migrationspolitik.

Sie, Herr Ministerpräsident, mit Ihrer SPD, in die ich großes Vertrauen setze, sind die stärkste Kraft in Niedersachsen. Machen Sie das auch in Ihrer Politik deutlich und weisen Sie den CDUPopulismus in die Schranken zurück! Lassen Sie sich nicht den bayerischen Wahlkampf nach Niedersachsen holen!

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Piel. - Es folgt jetzt die Fraktion der CDU, der Vorsitzende Dirk Toepffer. Bitte sehr, ich erteile Ihnen das Wort.

(Beifall bei der CDU)

Herr Präsident, kann jemand bitte das Redepult etwas höher fahren?

Herr Kollege, das können Sie mit dem Knopf rechts selbst machen.

(Zuruf: Das funktioniert nicht immer! - Helge Limburg [GRÜNE]: Herr Kolle- ge, manches müssen Sie selber ma- chen!)

Ich finde es nur unfair, dass es bei manchen automatisch funktioniert und dass andere das selber machen müssen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Piel, ich habe es verstanden: Es geht also um eine Regierungskrise in Hannover, um Ankerzentren, und es geht um die CSU. Ich frage Sie einfach mal: Wie viel Realitätsverweigerung steckt eigentlich in Niedersachsens Grünen,

(Beifall bei der CDU und bei der AfD)

wenn Sie hier ernsthaft behaupten, die CSU gefährde Europa? - Ich kann Ihnen sagen: Nicht CSU-Machtpolitik gefährdet Europa. Was Europa gefährdet, ist eine ungelöste Asylfrage in ganz Europa!

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der AfD - Helge Limburg [GRÜNE]: Und die lösen Sie? - Christian Meyer [GRÜNE]: Halten Sie zu Merkel oder zu Seehofer?)

- Lieber Herr Limburg, was glauben Sie denn, wie es zum Brexit gekommen ist? Haben Sie sich die Themen dieses Volksvotums mal angeguckt? Wissen Sie, warum die Forza Italia gewählt wird? Wissen Sie, warum sich die Ungarn Putin zuwenden? Und wissen Sie, warum sich die Polen mittlerweile von uns abwenden? - Weil es ungelöste Probleme in der Asylfrage europaweit gibt, die Sie ignorieren!

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der AfD - Zurufe von Helge Limburg [GRÜNE] und Christian Meyer [GRÜ- NE])

Herr Limburg, wenn mittlerweile selbst das liberale Schweden über extraterritoriale Identitätsfeststellungen nachdenkt, weil es die Einwanderung in das Land verhindern will, dann sehen Sie, dass man in ganz Europa darüber diskutiert. Und wenn sich der österreichische Bundeskanzler in Linz mit Herrn Söder trifft und eine Achse der Willigen bilden will, dann können Sie doch nicht sagen, dass es die CSU ist, die Europa zum Auseinanderbrechen bringt. Es ist die ungelöste Flüchtlingsfrage!

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der AfD - Helge Limburg [GRÜNE]: Es sind die Konservativen!)

Ich sage es Ihnen ganz offen: Ich stehe wie diese Fraktion hinter Angela Merkel. Wir alle waren der Meinung und sind noch heute der Meinung, dass es richtig war, 2015 aus humanitären Gründen die Grenzen zu öffnen, um die syrischen Flüchtlinge, die in Budapest festsaßen, hier in Deutschland aufzunehmen.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung von Johanne Modder [SPD])

Aber wir ignorieren nicht, dass es in Europa mittlerweile eine Auffassung gibt, dass dadurch Probleme entstanden sind, die bis heute nicht gelöst sind.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der AfD - Christian Meyer [GRÜ- NE]: Ist das Merkel? - Weitere Zurufe von den GRÜNEN - Unruhe)

Herr Kollege Toepffer, einen Moment, bitte! - Ich möchte darum bitten, dass hier Ruhe einkehrt. Emotionale Ausbrüche, Herr Limburg und andere, sind hier fehl am Platze.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Das gilt dann auch für den Redner!)

- Herr Meyer, das gilt auch für Sie!

Der Redner heißt Toepffer, und der redet jetzt. Bitte!

Vielen Dank. - Herr Limburg, es geht doch gar nicht darum, nationale Interessen gegen europäische Interessen zu stellen. Es geht hier darum, wie eine europäische Lösung aussehen soll. Auf diese europäische Lösung - das muss man einfach mal feststellen - warten die Menschen seit 2015. Deswegen brauchen wir jetzt langsam etwas Bewegung.

Wir sind dem Landesvorsitzenden der CDU dankbar, dass er zu dieser Bewegung beigetragen hat, indem er ein zweifaches Signal gegeben hat. Sie müssen sich sehr genau durchlesen, was er gesagt hat. Er hat ein zweifaches Signal ausgesandt.

Das eine lautet: Wir wollen jetzt endlich eine europaweite Lösung der Flüchtlingsfrage.

Das andere lautet: Ja, wir nehmen aber auch die Sorgen und Probleme ernst, die noch vorhanden sind, weil diese Lösung noch nicht gefunden ist.

Wir nehmen natürlich auch solche Bedenken und Anregungen aus der CSU ernst.

Herr Onay, ich fand es maßlos arrogant, wie Sie hier von der CSU als Regionalpartei reden. Ich kann dazu nur eines sagen: Die Umfragen der letzten Tage haben belegt, dass die CSU, würde sie bundesweit auftreten, bei 18 % wäre; dann wäre sie die Nummer zwei. Sie blieben mit 10 % die Vorletzten. Das sollten Sie sich mal vor Augen halten!

(Beifall bei der CDU und bei der AfD)

Nun zu den Ankerzentren: Es gibt eine Koalitionsvereinbarung auf der Bundesebene, in der steht, dass solche Ankerzentren eingerichtet werden sollen. Das haben SPD und CDU auf Bundesebene vereinbart. Seitdem - und nicht erst aktuell - streiten wir hier auf sachlicher Basis darüber, wie diese aussehen sollen.

(Lachen bei den GRÜNEN)

Im letzten Plenarabschnitt - lesen Sie es mal nach! - habe ich hier ebenso wie Herr Pistorius gestanden; er nach mir. Ich habe ganz klar gesagt: Wenn der Minister der Meinung ist, dass nun Herr Seehofer gefordert ist, um zu erklären - - -

(Belit Onay [GRÜNE] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

- Herr Onay, ja, gut!

Herr Onay möchte eine Zwischenfrage stellen. Sie wurde erlaubt. Bitte am Saalmikrofon!

Vielen Dank, Herr Toepffer, für die Möglichkeit, eine Zwischenfrage zu stellen.

Ich habe den Hinweis zur Sachlichkeit aufgenommen. In diesem Zusammenhang ist mir der Newsletter von Herrn Seefried gestern für die CDU-Mitglieder in Niedersachsen aufgefallen. Ich vermute, auch Sie sind CDU-Mitglied; er müsste auch bei Ihnen eingegangen sein.