Ich habe den Hinweis zur Sachlichkeit aufgenommen. In diesem Zusammenhang ist mir der Newsletter von Herrn Seefried gestern für die CDU-Mitglieder in Niedersachsen aufgefallen. Ich vermute, auch Sie sind CDU-Mitglied; er müsste auch bei Ihnen eingegangen sein.
Die Frage ist: Teilen Sie die Einschätzung, dass Herr Boris Pistorius hinsichtlich der Anker-Frage naiv und mit sich selbst beschäftigt ist?
Zunächst einmal frage ich mich, ob ich tatsächlich eine Zwischenfrage ernst nehmen soll, in der Sie die Vermutung äußern, dass ich Mitglied der CDU
bin. Falls Sie es noch nicht begriffen haben: Ich bin Vorsitzender dieser Fraktion! Das beleidigt mich schon ein Stück weit.
Ich kann Ihnen eines sagen: Ich halte Minister Pistorius nicht für naiv. Ich halte ihn für einen guten Innenminister. Ich habe ihn in den letzten Wochen als einen exzellenten Gesprächspartner auch zu dem Thema der Ankerzentren kennengelernt. Dies zu Ihrer Information!
Ich fahre jetzt fort. Der Minister hat hier erklärt, es sei jetzt an Herrn Seehofer, darzulegen, wie diese Ankerzentren aussehen sollen. Ich habe hier gesagt: Das akzeptieren wir. - Das heißt für diese CDU-Fraktion aber keinesfalls, dass wir mit einem Denkverbot belegt sind. Wir sind sehr selbstbewusste Parlamentarier. Wir tragen diese Regierung, aber wir sind nicht Teil dieser Regierung. Deswegen werden wir auch künftig eigene Anstöße in die Diskussion einbringen, ohne sie zuvor mit einzelnen Häusern abzustimmen. Das ist unser Demokratieverständnis. So sollte Parlamentarismus funktionieren.
Ich würde mich freuen, wenn wir mal inhaltlich über dieses Papier diskutieren würden. Lesen Sie es doch einmal durch! Darin steht ja kein Teufelszeug. Der Minister hat mir im persönlichen Gespräch zu Recht gesagt: Vieles, was in dem Papier steht, wird in Niedersachsen bereits praktiziert. - Es ist selbst unter Rot-Grün zum Teil bereits praktiziert worden.
Das ist kein Teufelszeug. Und alles, was da steht, ist nicht in Stein gemeißelt, sondern kann hier diskutiert werden.
Ich sage Ihnen abschließend Folgendes - denn Sie hatten nicht ganz verstanden, warum wir uns auch für diese CSU einsetzen und mit Herrn Seehofer sprechen -: Wir sind nicht nur Teil der Europäischen Union, sondern auch Teil einer Union zwischen CDU und CSU.
Diese Union zwischen CDU und CSU ist uns sehr wichtig. Ohne diese Union von CDU und CSU werden wir die anstehenden Probleme gerade in
Europa nicht lösen. Deswegen werden wir uns auch mit Vorschlägen aus Bayern in Zukunft vernünftig befassen und sie sachlich diskutieren.
Vielen Dank, Herr Kollege Toepffer. - Jetzt ist die Fraktion der AfD an der Reihe, die Vorsitzende, Frau Dana Guth. Bitte sehr, Frau Kollegin!
Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! „CSU-Machtpolitik gefährdet Europa - Trägt Althusmann die Regierungskrise von Berlin nach Hannover?“ - Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Grünen, hatten Sie es nicht eine Nummer kleiner?
Eine Partei, die nur in einem einzigen Bundesland existent ist, gefährdet ganz Europa? „Angstmache“ nennt Herr Pistorius das gerne. Lassen Sie es! Das kommt hier nicht gut an. So ist es aber immer: Wenn sich irgendjemand erlaubt, auch nur ansatzweise konservative Werte zu vertreten, löst das bei Ihnen offenbar Reflexe aus.
Dabei können Sie doch völlig unbesorgt sein. Die Ankündigungen der CSU kamen von Horst Seehofer, seines Zeichen Innen- und Heimatminister der Bundesrepublik Deutschland. Jeder politisch Interessierte weiß, dass die seit 2015 nahezu inflationär eingesetzten Ultimaten von Herrn Seehofer gegen Frau Merkel die Halbwertzeit einer Kugel Eis in der prallen Sonne haben.
Was hat Herr Seehofer eigentlich konkret verbrochen? Er hat angekündigt, die aktuell gültige Gesetzeslage, die seit nunmehr drei Jahren weder unsere Kanzlerin noch sonst jemanden in Regierungsverantwortung oder in der Opposition - mit Ausnahme der AfD - interessiert, umzusetzen. - Das ist ja furchtbar! Ein Politiker beabsichtigt, sich an geltendes Recht zu halten, ein Innenminister kümmert sich um die inneren Angelegenheiten seines Landes, und ein Heimatminister macht sich Gedanken um die Menschen, die hier ihre Heimat haben. - Sie haben recht: Das ist ein Sakrileg. - Ihre nahezu wahnhafte Vorstellung, die ganze Welt
müsse in Deutschland aufgenommen, gerettet und versorgt werden, darf nicht in Zweifel gezogen werden. - Das ist rechts, populistisch und auch irgendwie 1933.
Ich sage es Ihnen trotzdem noch einmal: Atmen Sie durch, und lehnen Sie sich zurück! Werfen Sie einen Blick in Ihren Kalender. 14. Oktober 2018! Klingelt‘s? - Genau: Landtagswahl in Bayern, die AfD auf dem besten Weg, zweitstärkste Kraft zu werden, und die CSU vor dem sicheren Verlust ihrer absoluten Mehrheit. Ja, meine Damen und Herren, das genügt schon einmal, um sich auf die Werte zu besinnen, die einem jahrzehntelang satte Mehrheiten und das Vertrauen des Wählers beschert haben.
Im Übrigen gibt es keinen Grund zum Hyperventilieren. Horst „Ich drohe und rudere dann zurück“ Seehofer hat sich ja bereits wieder brav auf seinen Platz zurückgezogen und der Kanzlerin die geforderte 14-Tage-Frist zur Herbeiführung einer europäischen Lösung eingeräumt. Frau Merkel kann jetzt in zwei Wochen das regeln, was sie in drei Jahren nicht geschafft hat oder gar nicht schaffen wollte. Ihr „Wir schaffen das“ war ja immer nur der Hinweis an den deutschen Steuerzahler: Ihr schafft das schon. - Oder zwischenzeitlich: Ihr habt das zu schaffen.
Könnte es an dem in den nächsten Tagen stattfindenden EU-Ratstreffen liegen und den angestrebten Änderungen der Dublin-Verordnung dahin gehend, dass nicht mehr das Ersteintrittsland für das Asylverfahren zuständig ist, sondern das Land, welches sich der Asylsuchende wünscht? Und ist es nicht die Tatsache, dass allein die Behauptung, Bindungen an dieses Land zu haben, ausreichen soll, dass diesem Wunsch entsprochen wird? In welchem Land besteht die Wahrscheinlichkeit, dass bereits Verwandte oder Bekannte dort leben? In Ungarn, Polen oder Tschechien? Oder vielleicht doch in Deutschland, das in den letzten Jahren mehr als 1,5 Millionen Migranten aufgenommen hat?
Damit platzt der Vorschlag von Herrn Seehofer wie eine Seifenblase. Aber das Wahlkampfgetöse war es wert.
Und nun zu unserem Bundesland: Jetzt trägt auch noch Herr Althusmann die Regierungskrise nach Niedersachsen. Warum jetzt genau? Weil er sich in einem HAZ-Interview positiv über die Ansätze von Herrn Seehofer geäußert hat und sich damit gegen die Position von Frau Merkel gestellt hat? - Das stimmt natürlich. Wenn man Frau Merkel, der Iko
ne der links-rot-grünen Migrationsverherrlicher, widerspricht, bringt man auch schnell den Zwangsehepartner SPD gegen sich auf. Und die Fraktion der Grünen, die nur allzu gern weiter mit der SPD dafür gesorgt hätte, dass Niedersachsen bunt und multikulti wird, nimmt die Gelegenheit zum Sticheln sehr gern wahr.
Sehr geehrter Herr Minister Althusmann, es ist interessant, zu sehen, dass Sie wenigstens bei öffentlichkeitswirksamen Medien wie bei einem Zeitungsinterview noch oder wieder ansatzweise so etwas wie konservative Positionen vertreten. Ihre Basis hat längst begriffen, dass die CDU ihre Werte ausgehöhlt und dem links-grünen Mainstream geopfert hat.
Eine Regierungskrise, in der die Kanzlerin einer einst konservativen Partei die lautstärkste und schnellste Unterstützung von den Grünen bekommt, beweist nur einmal mehr, wer hier Brüder und Schwestern im Geiste sind.
Sehr verehrte Abgeordnete von den Grünen, seien Sie unbesorgt: Eine Regierungskrise in Niedersachsen ist mit Sicherheit nicht zu befürchten. Zu schön sind die Ministersessel. Zu einfach ist es, ohne kleinliche Streitigkeiten mit der Opposition stattdessen mit einer satten Übermacht etwas durchsetzen zu können. Bei Streitthemen hat man sich gegenseitig bis zur Untätigkeit gelähmt. Und auf den Abgeordnetensesseln überwiegt die Angst um die Wiederwahl noch immer den politischen Idealismus.
Niedersachsen ist doch ein beschauliches kleines Königreich mit einem König, einem Hofmarschall und einem Zeremonienmeister.
Und wie wir jetzt in diesem Plenum erleben durften, hat sich sogar schon jemand als Hofnarr beworben. Eine beschauliche, traute Runde! Nein, eine regierungsgefährdende Krise ist hier wahrlich nicht in Sicht.
Vielen Dank, Frau Guth. - Jetzt ist Herr Kollege Dr. Birkner, FDP-Fraktion, an der Reihe. Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bewältigung des Zustroms von Flüchtlingen ist sicher eine der zentralen Aufgaben nicht nur der Innenpolitik, sondern auch der Europapolitik.
Im innenpolitischen Bereich ist für uns, denke ich, entscheidend, dass es schnelle Verfahren und Entscheidungen gibt, die rechtsstaatlichen Standards genügen. Das ist für die Schutzsuchenden wichtig, damit sie wissen, woran sie sind. Es ist auch für die Verwaltung wichtig, damit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wissen, wie sie weiter mit diesen Menschen umgehen können, umgehen dürfen und umgehen müssen. Aber es ist auch und insbesondere, denke ich, für das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Staat wichtig, der unter Beweis stellen muss, dass er auch in komplexen, herausfordernden Situationen in der Lage ist, schnell und effektiv den Rechtsstaat anzuwenden, umzusetzen und auch durchzusetzen.
An dieser Stelle müssen wir, meine Damen und Herren, feststellen, dass es offensichtlich unter der Verantwortung von CDU-Innenministern in Berlin über Jahre hinweg zu haarsträubenden Versäumnissen bei der Bearbeitung entsprechender Anträge gekommen ist. Schließlich sollen im BAMF in größerer Anzahl Bescheide rechtswidrig erteilt worden sein.
Zentrale Aufgabe ist es aus unserer Sicht zunächst einmal, diese Versäumnisse konsequent aufzuklären, gegebenenfalls auch durch einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, wie es Herr Innenminister Pistorius für die Landesregierung ebenfalls unterstützt hat und wie es auch die FDPBundestagsfraktion fordert.
Noch wichtiger ist es aber, schleunigst zu einer rechtssicheren Organisation und Bearbeitung der Verfahren zu kommen, also festzustellen, wer ein Bleiberecht hat, und festzustellen, wer kein Bleiberecht hat und das Land wieder verlassen muss.
Meine Damen und Herren, da es sich bei diesem Thema unter vielen Gesichtspunkten um ein zentrales Thema für die Gesellschaft, für die politische Landschaft und insbesondere für die Innenpolitik handelt, ist es wichtig, dass die Regierungen auf allen Ebenen ihrer Verantwortung diesbezüglich gerecht werden und sich daran beteiligen, Lösungen zu finden, und zwar schnell, pragmatisch und zielstrebig.
Was wir derzeit aber erleben, ist das Gegenteil - sowohl in Berlin als auch in Hannover. In Berlin erleben wir einen CSU-Bundesinnenminister, der der Bundeskanzlerin ein Ultimatum stellt und, wie ich meine und wir meinen, anhand nebensächlicher Fragestellungen von dem eigenen Versagen bei der Bearbeitung von Verfahren ablenken will.