Protokoll der Sitzung vom 22.08.2018

lehnen den deutschen Rechtsstaat vielfach ab. Ihre Stärke schöpfen sie dabei aus einem Zusammenhalt nach innen

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

und einer strikten Abgrenzung nach außen. So leben sie in ihrer eigenen Parallelwelt mitten unter uns. Sie haben ihre eigene Rechtsprechung. Probleme werden entweder durch gewalttätige Auseinandersetzungen der Clans untereinander oder durch einen eigenen islamischen Friedensrichter gelöst. Unsere Gesetze haben für die meisten Clanmitglieder, von denen ca. 50 bis 60 % polizeilich bekannt sind, keinerlei Bedeutung.

Prozesse gegen diese Mitglieder der Familienclans zu führen, ist für die Justiz ein Riesenproblem, da Zeugen eingeschüchtert, Polizisten und Staatsanwälte bedroht werden. So verwundert es wirklich nicht, dass viele Prozesse mit Bewährungsstrafen enden. Ein Richter, der 2012 eine lebenslange Haft gegen ein Clanmitglied ausgesprochen hat, lebt seitdem hinter Panzerglas in seiner Privatwohnung: Er hatte ernstzunehmende Morddrohungen erhalten. Viele Richter trauen sich von daher vermutlich nicht mehr, harte Strafen gegen diese Clanmitglieder auszusprechen. Drogenhandel, Körperverletzung und andere Straftaten werden mit Bewährungsstrafen belegt. Aber auch in den Gefängnissen geben die Clans den Ton an.

Ein weiteres Problem ist, dass Angehörige dieser Familien bewusst aus Straftaten herausgehalten werden, da man möchte, dass sich diese Familienmitglieder für den Polizeidienst bewerben. Sie werden von den Clans finanziell versorgt, haben ein sauberes Führungszeugnis und bewerben sich dann als Polizist.

Eine Anfrage der AfD-Fraktion hier im Niedersächsischen Landtag hat ergeben, dass Verwandtschaftsverhältnisse mit kriminellen Familienclans bei Polizeianwärtern nicht geprüft werden. Einschlägige Berichte z. B. aus der Polizeischule Berlin zeigen den hohen Andrang von Migranten für den Polizeiberuf. Es steht daher zu befürchten, dass unsere Polizeikräfte langfristig gezielt unterwandert werden sollen und mit den Familienclans zumindest in Teilen zusammengearbeitet wird.

Bereits 2013 war die Clankriminalität Gegenstand einer Anfrage hier im Landtag. Seitdem ist die Zahl der Straftaten der Clans von 600 auf fast 900 im letzten Jahr angestiegen, eine Zunahme um 40 %. Ja, es wurden jetzt zusätzliche Stellen geschaffen. Es wurden auch Razzien durchgeführt, mit der

GSG 9 im Einsatz - das muss man sich mal vorstellen!

Das begrüßen wir ausdrücklich. Aber wir müssen endlich mit aller Entschlossenheit handeln. Clanstrukturen müssen länderübergreifend aufgeklärt werden. Diese arbeiten mittlerweile flächendeckend, sogar im ländlichen Raum. Die Mitglieder müssen identifiziert werden. Zeugen, aber auch Staatsanwälte, Richter und Polizisten müssen wirksam geschützt werden. Strafen müssen entsprechend dem Gesetz in voller Höhe ohne Angst vor Repressalien ausgesprochen werden.

Unrechtmäßig erworbener Besitz muss - so wie in Berlin kürzlich geschehen - beschlagnahmt werden, wenn das Geld aus Straftaten stammt. Geldströme müssen unterbrochen und Konten eingefroren werden. Da, wo möglich, müssen kriminelle Intensivstraftäter abgeschoben werden, um die Bevölkerung wirksam zu schützen. Abschiebung kann auch hier Leben retten!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank. - Es folgt nun für die SPD-Fraktion Herr Kollege Watermann. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unternimmt die Landesregierung genug? - Ja. Die SPD-Fraktion steht voll zu unserer Polizei, zu den weiteren Sicherheitskräften und zur Justiz in Niedersachsen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Watermann. - Das Wort für die FDP-Fraktion hat nun Herr Kollege Dr. Genthe. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ganz so einfach möchte ich es mir an dieser Stelle jetzt doch nicht machen.

Richtig ist auf jeden Fall, dass Kriminalität durch Familienclans ein steigendes Problem in Deutschland und auch in Niedersachsen ist. Betroffen sind nicht nur Bremen, Berlin und Essen, sondern auch

ländlichere Bereiche, z. B. auch mein Wahlkreis, der Landkreis Diepholz, dort die Stadt Diepholz und die Stadt Syke. Dort geht es bis hin zu zerstochenen Autoreifen an Privatfahrzeugen von Polizisten.

Richtig ist auch, dass Politik lange Zeit nicht reagiert hat, jedenfalls nicht in angemessener Weise. Da spreche ich nicht von zwei oder vier Jahren, sondern das ist eher ein Problem von möglicherweise Jahrzehnten. Dieses Thema ist in der politischen Diskussion immer unangenehm, weil die Integrationsdebatte im Hintergrund sozusagen immer mitgeht. Hätte Politik an dieser Stelle schneller reagiert, dann wäre uns möglicherweise die eine oder andere AfD-Fraktion in unseren Parlamenten erspart geblieben.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Meine Damen und Herren, dabei bezieht sich die Diskussion nicht auf bestimmte Volksgruppen oder Glaubensgemeinschaften. Es geht um Kriminalität auf Basis familiärer Netzwerke. Insoweit gibt es durchaus auch Überschneidungen mit der russisch-eurasischen organisierten Kriminalität oder auch mit verschiedenen Rockerclubs, in Berlin sogar mit irgendwelchen Rappern.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

Richtig ist aber auch - und das ist ganz sicher -: Der von der AfD hier gerade prognostizierte Untergang des christlichen Abendlandes wird jedenfalls an dieser Stelle nicht stattfinden.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die FDP hat in der letzten Wahlperiode schon Konsequenzen aus diesen steigenden Zahlen angemahnt: sowohl bei der Polizei als auch bei der Justiz. Anfang dieses Jahres hat Nordrhein-Westfalen reagiert. Dort gibt es 1 135 neue Stellen in der Justiz. Es gibt vor Ort sogenannte Vor-Ort-Staatsanwälte, die sich ausschließlich mit der Problematik der Clans beschäftigen. Das ist dort sehr richtig, weil sich die Clans dort an bestimmten Orten konzentrieren. In Niedersachsen ist die Situation allerdings ein wenig anders.

Die Niedersächsische Landesregierung hat mit dem Landesrahmenkonzept zur Bekämpfung krimineller Clans den richtigen Schritt unternommen. Der Aufbau von Netzwerken, die Sensibilisierung

von Richtern und Staatsanwälten, die Fortbildung für die übrigens oft vergessenen Mitarbeiter der Justizvollzugsanstalten - das alles ist der richtige Weg.

Man kann aber auch noch deutlich mehr tun, z. B. eine zentrale gemeinsame Ermittlungsgruppe, bestehend aus Polizei, Zoll, Finanzbeamten, Veterinärbeamten, Gewerbeaufsicht und einiges mehr, etwa durch die Schaffung einer Schwerpunktstaatsanwaltschaft oder durch das Einsetzen von Vorprüfern bei den Polizeiinspektionen und bei den Polizeikommissariaten, die dann entsprechende Informationen auch weiterleiten. Die Clans müssen auf diese Art und Weise quasi durch alle damit befassten Behörden eingekreist werden. Die FDPFraktion - das kann ich hier ankündigen - wird Ihnen dazu noch ein ganz konkretes Konzept vorlegen.

Meine Damen und Herren, der Rechtsstaat gilt für alle. Das heißt, Parallelgesellschafen können und dürfen wir nicht dulden.

Die FDP plädiert immer für einen schlanken Staat, der sich auf seine Kernaufgaben konzentriert. Die Durchsetzung des Rechtsstaates ist eine solche Kernaufgabe, die im Rahmen der Gesetze, aber gleichsam auch durchaus robust bewältigt werden muss, d. h. im Bereich der Clankriminalität auch durch den niedrigschwelligen Einsatz von Spezialkräften, die nicht an dem Delikt, sondern an dem Täter orientiert sind. Aber Belehrungen - das zeigt auch das Vorgehen der schwarz-gelben Landesregierung in Nordrhein-Westfalen - braucht die FDP-Fraktion an dieser Stelle jedenfalls nicht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Genthe. - Für die CDU-Fraktion spricht nun Herr Kollege Adasch.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Clankriminalität ist ein Thema, das die Menschen nicht nur in Niedersachsen, sondern in ganz Deutschland beschäftigt. Die Bekämpfung krimineller Clanstrukturen stellt die niedersächsische Polizei und Justiz vor große Herausforderungen und ist Bestandteil einer landesweiten Schwerpunktsetzung. Die Clanstrukturen und die damit verbundenen kriminellen Handlungen der Clans sind in

Niedersachsen überregional und flächendeckend vorzufinden. Kennzeichnend für das Phänomen sind der hohe Abschottungsgrad dieser durch ethnische Zugehörigkeit und Familienstrukturen geprägten Gruppierungen, ihr hohes Mobilisierungs- und Aggressionspotenzial sowie die Ablehnung deutscher Gesetze und Normen.

Daher ist von einem großen Dunkelfeld auszugehen, weil Konflikte intern geregelt werden und Opfer und Zeugen mit einem hohen Bedrohungs- und Gefährdungspotenzial konfrontiert sind. Außer gegen Opfer und Zeugen richten sich Gewaltanwendungen und Morddrohungen der Clans auch gegen Polizei und Justiz, wie etwa die Ereignisse um den Sarstedter Ampelmord 2012/2013 zeigten.

Aufgrund der unterschiedlichen Erscheinungsformen der Clankriminalität und der Delikte in diesem Bereich kommt es auch zu sehr unterschiedlichen Einsatzlagen. Eine exakte zahlenmäßige Erhebung ist daher nicht möglich. Neben der Quantität stellt jedoch insbesondere die Qualität der Einsätze eine große Herausforderung dar. Schon kleine Anlässe wie Verkehrsunfälle und Verkehrskontrollen können sich schnell zu tumultartigen Einsatzlagen ausweiten, die viele Polizeibeamtinnen und -beamte binden.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, deshalb wurde in Niedersachsen der Nutzen einer intensiven Zusammenarbeit von Staatsanwaltschaft und Polizei bei der Verfolgung der organisierten Kriminalität schon vor einiger Zeit erkannt und in einem gemeinsamen Runderlass von MI und MJ vom 20. Mai 2016 näher ausgestaltet. Die Zahl der herausragenden Einsätze im Zusammenhang mit kriminellen Clans in Niedersachsen ist von 143 im Jahr 2016 auf 248 im Jahr 2017 angestiegen. Daran können wir sehen, dass unsere Polizei den Druck auf diese Ausprägung der organisierten Kriminalität bereits deutlich erhöht hat. Im Juli des vergangenen Jahres trat außerdem ein Bundesgesetz in Kraft, dass die strafrechtliche Vermögensabschöpfung erleichtert.

Zum 1. März 2018 wurde eine Landesrahmenkonzeption zur Bekämpfung krimineller Clanstrukturen in Niedersachsen unter Federführung des MI und Mitzeichnung des MJ in Kraft gesetzt. Diese dient der Intensivierung der Bekämpfung von Clankriminalität auf jeder Ebene, auch bereits deutlich unterhalb der OK-Schwelle oder der bandenmäßigen Begehungsweise. Darin ist seitens der Justiz vorgesehen, dass die Staatsanwaltschaften Ansprechpartner mit entsprechendem Lagehinter

grund- und Phänomenwissen zur Verfügung stellen. Diese sollen bei einschlägigen Einsatz- und Verfahrenslagen als behördeninterne Berater und Netzwerkplaner für die Zusammenarbeit mit der Polizei agieren.

Auch die Zusammenarbeit mit den Justizvollzugsanstalten wird in der Landesrahmenkonzeption thematisiert. Ziel ist die frühzeitige Erkennung von kriminellen Clanstrukturen innerhalb der Justizvollzugsanstalten und von Häftlingen mit Kontakt zu solchen Strukturen außerhalb der Anstalten.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, im ganzen Land Niedersachsen werden rechtsfreie Räume nicht geduldet. Wo sich kriminelle Strukturen erkennen lassen, geltende Gesetze ignoriert werden und das Recht in die eigenen Hände genommen wird, greift die Polizei konsequent durch. Dabei ist die Eingriffsschwelle niedrig, und rechtlich zulässige Maßnahmen werden konsequent ausgeschöpft. Es gilt die Null-Toleranz-Strategie. Die niedersächsische Polizei und Justiz werden dabei auch die gute Zusammenarbeit mit anderen Dienststellen auf Landes- und Bundesebene fortsetzen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Adasch. - Es folgt nun für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Kollege Onay. Bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn doch einmal eines klarstellen, weil in der Diskussion um Clankriminalität häufig der Eindruck erweckt wird, als sei das ein Tabu, an das man sich nicht oder erst neuerdings herantraut. Das ist mitnichten so.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich habe noch keinen Innenminister, keinen Polizeipräsidenten, keinen Menschen mit sicherheitspolitischer Verantwortung erlebt, der allen Ernstes Mord, Waffenbesitz oder Menschenhandel als folkloristisch oder als kulturelle Besonderheit abgetan und von deren Verfolgung abgesehen hätte, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der CDU und bei der FDP)