Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Attentat am Hauptbahnhof in Hannover - Stichwort „Safia S.“ -, der Schoduvel, der DIK in Hildesheim, der DIK in Hannover sowie die Ausreisewelle in Wolfsburg - und so weiter, und so fort - waren Anlass dafür, dass wir in der vergangenen Legislaturperiode gemeinsam mit den Kollegen der CDU einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss durchgesetzt haben. Was den Inhalt angeht, war das sogar mit einer Klage in Bückeburg verbunden.
Dieser Untersuchungsausschuss hat sich mit dem Umgang der Landesregierung sowie der Sicherheitsbehörden mit dem islamistischen Extremismus und Terrorismus in Niedersachsen befasst. Der Untersuchungsausschuss kam ja auch zu einem Ergebnis und hat erhebliche Defizite in der Arbeit und im Umgang mit dem Salafismus festgestellt, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Diese Ergebnisse sind im Abschlussbericht, der mit den Stimmen von CDU und FDP angenommen wurde, festgehalten worden. So wurde festgehalten, dass die damalige Landesregierung kein eigenes Handlungskonzept für den Umgang mit salafistischen Bestrebungen und zur Antiradikalisierung vorgelegt hat, gleichzeitig aber das vorgegebene Konzept der Vorgängerregierung aufgehoben hat.
Dieser Bericht stellt fest, dass die Arbeit der damaligen Landesregierung von einem grundsätzlichen Misstrauen gegenüber den Sicherheitsbehörden geprägt war, was zu der Forderung geführt hat, die Sicherheitsbehörden personell und technisch so auszustatten, dass sie den Salafismus und den Islamismus effektiv bekämpfen können.
Festgestellt worden ist auch, dass die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden in Niedersachsen nicht so funktioniert hat, wie sie hätte funktionieren müssen. Der lückenlose Informationsaustausch war nicht gewährleistet. Kommunikationswege unter den Sicherheitsbehörden waren nicht so etabliert, wie sie hätten etabliert sein müssen, um salafistische und terroristische Gefahren effektiv abwehren zu können.
Es wurde festgestellt, dass es im niedersächsischen Verfassungsschutz konkrete interne Vorschläge zur Verbesserung der personellen und der sächlichen Ausstattung gegeben hat, dass diese Vorschläge aber nicht weiterverfolgt und von der Präsidentin des Verfassungsschutzes auch nicht an die Leitung des Innenministeriums weitergege
Ferner fehlte es an einem konsequenten präventiven Ansatz, um Jugendliche vor einem weiteren Abgleiten in den Extremismus zu bewahren. Mit dem DIK Hannover ist man dann doch zumindest sehr zögerlich umgegangen. Es ist keine Ermittlungsgruppe eingesetzt worden, und auch die Prüfung eines Verbots war zumindest zum damaligen Zeitpunkt nicht oberste Priorität.
Schließlich ist festgestellt worden, dass eine systematische Internetauswertung bezüglich islamistischer Aktivitäten durch die Sicherheitsbehörden eben nicht in ausreichendem Maße gegeben war.
Meine Damen und Herren, all das sind Defizite, die die Landesregierung und die Sicherheitsbehörden mit Unterstützung der Landesregierung aus eigener Kompetenz und in eigener Verantwortung ohne Weiteres beheben könnten. Dies hätte bis heute auch schon längst passieren können und längst passieren müssen.
Umso verwunderlicher ist aus unserer Sicht, dass es aufseiten der CDU seit dem Regierungswechsel, bis zu dem die CDU in der letzten Legislaturperiode immer wieder sehr deutlich das Anliegen vorgebracht hat, diese Defizite abzustellen, in dieser Hinsicht doch erstaunlich ruhig geworden ist.
Bemerkenswert, meine Damen und Herren, ist auch, dass hier insbesondere Vertreter von der CDU sehr deutlich gemacht haben, dass sie gar kein Vertrauen mehr in die Präsidentin des Verfassungsschutzes hätten. Das ging bis hin zu konkreten Rücktrittsforderungen gegenüber dieser politischen Beamtin. Auch davon hört man nun aber nichts mehr. Da fragt man sich schon, welche Haltung die CDU heute zu diesen gemeinsam gefundenen Punkten einnimmt.
Für uns als FDP-Fraktion sind das weiterhin wichtige Punkte. Ich will ausdrücklich sagen: Wir haben begrüßt und erfreut zur Kenntnis genommen, dass die Verfassungsschutzpräsidentin nunmehr - leider sehr spät - angekündigt hat, den Verfassungsschutz neu aufstellen zu wollen. So heißt es zumindest in der dpa-Mitteilung, in der es erstaunlicherweise darum geht, dass man sagt: In den sozialen Medien passiert ganz viel. Darum müssen wir uns jetzt einmal kümmern. - Ich, Herr Minister,
hätte mir gewünscht, dass es, nachdem der Parlamentarische Untersuchungsausschuss seinen Abschlussbericht vorgestellt hat, nicht mehr als ein Jahr dauert, bis die Verfassungsschutzpräsidentin endlich auf die Idee kommt, dass hier Handlungsbedarf besteht. Dieser Handlungsbedarf bestand die ganze Zeit. Er ist offensichtlich. Diese Risiken und Gefahren, die Sie offensichtlich einzugehen bereit sind, müssen deutlich schneller abgebaut werden.
Meine Damen und Herren, das Tempo beim Abbau dieser Defizite muss deutlich erhöht werden. Aus unserer Sicht reicht es aber nicht einfach aus, nur einmal ein bisschen an der einen oder anderen Stellschraube zu drehen, sondern - und auch das ist in dem Abschlussbericht zum Parlamentarischen Untersuchungsausschuss festgehalten - es bedarf einer tiefergehenden Analyse der Sicherheitsarchitektur in Niedersachsen. Dabei geht es nicht nur um den Verfassungsschutz, sondern es geht auch um die Polizei. Wie ist sie insbesondere im Staatsschutz aufgestellt? Wie läuft die Zusammenarbeit zwischen Verfassungsschutz und polizeilichem Staatsschutz - und das auch auf allen Ebenen der Polizei -? Reicht das tatsächlich aus? Sind die Aufgaben richtig zugewiesen, und liegen auch die richtigen verfassungsschutzrechtlichen und polizeirechtlichen Instrumente vor?
Gerade vor dem Hintergrund - das sei auch an die Kollegen von der CDU gerichtet -, dass wir gemeinsam Defizite festgestellt und auch gemeinsam die Forderung erhoben haben, eine Regierungskommission einzusetzen mit dem Ziel, eine weitere Analyse und Untersuchung durchzuführen, ist es unseriös, jetzt einfach rauszugehen und zu sagen: Wir wollen den islamistischen Terrorismus durch ein neues Polizeigesetz bekämpfen, ohne diese Analyse vorher seriös erstellt zu haben. - Das ist wieder der zweite Schritt vor dem ersten.
Die politisch entscheidende Forderung ist: Wenn die CDU unter dem Gesichtspunkt der Trophäensammlung meint, sich im Bereich der inneren Sicherheit mit einem neuen scharfen Polizeigesetz und mit neuen Instrumenten brüsten zu können: Wir brauchen zunächst einmal eine vernünftige
Nur dann kann man es verantworten, noch weiter in Grundrechte einzugreifen. Man sollte nicht so oberflächlich und schneidig vorgehen, wie es hier beabsichtigt ist.
Die Antragstellerin FDP beklagt große Defizite und Versäumnisse in den Sicherheitsstrukturen. Wie bereits der Untersuchungsausschuss zur Terrorabwehr in Niedersachsen seinerzeit im September 2017 festgestellt hat, sind die Sicherheitsbehörden von der alten Landesregierung, bestehend aus SPD und Grünen, ausgebremst worden. So liest man dort.
Es wurden Kommunikationsdefizite festgestellt sowie ein organisatorisches Versagen bemängelt. Eine personelle und materielle Aufstockung der Sicherheitskräfte und eine verbesserte Zusammenarbeit aller beteiligten Sicherheitsbehörden wurden gefordert. Dennoch gibt es bis heute eine Reihe von Schwachstellen in der Abwehr einer möglichen islamistischen Terrorbedrohung in Niedersachsen.
Die Zahl der islamistischen Gefährder hat sich in den letzten Jahren verdreifacht. Anstatt nun aber das Übel bei der Wurzel zu packen, wurde darüber nachgedacht, die Definition des Begriffes „Gefährder“ zu verändern. Das ist jedoch Augenwischerei; denn das macht das Land nicht sicherer. Und das, meine Damen und Herren, macht die AfD nicht mit.
Das im Jahr 2015 in Hannover abgesagte Fußballländerspiel hätte allen mit erschreckender Deutlichkeit noch einmal zeigen sollen, wie dicht auch in Niedersachsen ein Anschlag durch islamistische Terroristen bevorstand. Auch der schreckliche Anschlag am Berliner Breitscheidplatz im Dezem
Die Gefahren des Salafismus wurden allerorten dramatisch unterschätzt, und so konnte nicht zuletzt durch die offenen deutschen Grenzen die Zahl der Salafisten in unserem Land ungehindert auf über 11 000 ansteigen.
Der Fall Safia S. - gerade angesprochen -, aber auch der des 16-jährigen Mohammed Hassan K., der den Anschlag auf das Fußballländerspiel hier in Hannover vorbereitet hat, führen uns dabei deutlich und exemplarisch vor, wie gefährlich der Salafismus ist. Die alte rot-grüne Landesregierung hat scheinbar sträflich unterschätzt, welche Gefahr von diesem Salafismus ausgeht.
Die personelle und technische Ausstattung der niedersächsischen Landesbehörden für eine effektive Präventionsarbeit im Bereich des islamistischen Extremismus und Terrorismus ist bis heute bei Weitem nicht ausreichend. Insbesondere Personal, das über Kenntnisse in der arabischen Sprache verfügt, aber auch Islamwissenschaftler, die den Behörden bei der Bekämpfung der Gefahren des Salafismus behilflich sind, fehlen immer noch.
Viel zu lange wurde weggesehen. Die wachsenden Gefahren wurden ignoriert. Vor diesem Hintergrund unterstützen wir natürlich die Einrichtung einer Regierungskommission, wie sie von der FDP-Fraktion in der vorliegenden Drucksache gefordert wird. Wir sehen aber keine Notwendigkeit, deswegen die Arbeit an dem neuen Polizeigesetz einzustellen oder gegebenenfalls aufzuschieben. Das eine muss das andere nicht ausschließen. Die Einrichtung einer Regierungskommission, die sich mit den Versäumnissen in den Sicherheitsstrukturen der Dienststellen Niedersachsens beschäftigt, ist für uns ein Schritt in die richtige Richtung, aber ebenso auch die Einführung des NPOG, um drohende Gefahren abzuwehren. Es ist besser, zwei Schritte in die richtige Richtung zu gehen als nur einen. Hoffentlich sind wir den Terroristen dadurch immer einen Schritt voraus.
Wer einen Tag der offenen Tür veranstaltet, muss auch bereit sein, die Rechnung dafür zu bezahlen. Eine Verdreifachung der Zahl der islamistischen Gefährder in Niedersachsen in nur drei Jahren sollte uns dabei als ein ernstes Alarmzeichen nachdenklich machen. Auch die AfD sieht hier einen dringenden Handlungsbedarf.
Aus diesem Grund unterstützen wir den vorliegenden Antrag zur Bildung einer Regierungskommission, und zwar ohne Aufschiebung oder Verhinderung des NPOG. Die Sicherheitsbehörden haben bei den Anhörungen deutlich gemacht, wie dringend sie ein neues Polizeigesetz brauchen. Das werden wir unterstützen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Dr. Birkner, das war jetzt die FDP-eigene Interpretation der Ergebnisse des 23. Untersuchungsausschusses, die Sie gerade vorgetragen haben.
Sie haben versucht, zu suggerieren, dass es konzeptionelle Mängel unserer Sicherheitsbehörden sind, die einer wirksamen Bekämpfung des islamistischen Terrorismus entgegenstehen.
Im Kern ist das nicht mehr als eine Resteverwertung - eine Resteverwertung Ihrer Wahlkampfstrategie aus dem vergangenen Landtagswahlkampf.