Herzlichen Dank, Herr Kollege Dr. Birkner. Ich habe das Gefühl, dass der Begriff „staatlich gelenkte Hehlerei“ zumindest grenzwertig war.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Wort hat jetzt für die CDU-Fraktion der Kollege Dirk Toepffer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Birkner, vielen Dank für Ihre schwungvolle Rede. Manch einer hatte ja Angst, dass es hier langweilig wird. Ich habe Ihnen jedoch gern zugehört. Ich habe nicht in allen Punkten Ihre Meinung geteilt, aber es hat jedenfalls Spaß gemacht, Ihnen zuzuhören.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, im Namen der CDU-Fraktion gratuliere ich Ihnen recht herzlich zu Ihrer Wiederwahl und wünsche Ihnen eine erfolgreiche Regierungszeit.
Übrigens, Herr Birkner: Ich fand den Ministerpräsidenten, den ich ja schon ewig lange kenne, gestern keineswegs emotionslos. Ich habe ihn zuvor selten so voller Emotionen gesehen.
(Heiterkeit - Anja Piel [GRÜNE]: Wow, da wächst zusammen, was zusam- mengehört! Kinder, Kinder, Kinder! Das sind ja richtige Männerfreund- schaften geworden! - Weitere Zurufe)
Gleichwohl muss ich sagen, Herr Ministerpräsident: Aus Sicht meiner Fraktion hätten wir uns gewünscht, dass ein anderes Kabinettsmitglied diese Regierungserklärung abgibt. Aber sei’s drum. Ich räume ein, dass die Inhalte dieser Regierungserklärung dann wohl wenig anders ausgefallen wären. Das ist so in Großen Koalitionen.
Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, ist es mir wichtig, eines zu betonen: Die CDUFraktion trägt in diesem Kabinett nicht nur ihre eigenen fünf Minister, sondern sie trägt die gesamte Regierung, und sie trägt insbesondere diesen Ministerpräsidenten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die CDU-Fraktion mit ihren 50 Abgeordneten will den Erfolg dieser Koalition, den Erfolg dieser Regierung. Das ist unser Auftrag. Dafür setzen wir uns ein. Wir wollen unseren Teil dazu beitragen, dass die nächsten fünf Jahre gute Jahre für Niedersachsen werden.
Vor einer Großen Koalition muss man sich nicht unbedingt fürchten. Diese Furcht vor Großen Koalitionen ist ja so eine deutsche Urangst. Der Kollege Limburg wird sich vielleicht erinnern, dass wir im Jahr 2010 eine gemeinsame Ausschussreise gemacht haben, in die Schweiz.
Da wollten wir uns über direkte Volksbeteiligung und plebiszitäre Elemente informieren. Die Reise war sehr interessant, und ich habe da etwas kennengelernt, was ich so noch nicht kannte, nämlich die Konkordanzdemokratie - keine Konkurrenzdemokratie wie bei uns, wo die Parteien in einem Konkurrenzverhältnis stehen, sondern die Konkordanzdemokratie. Was ist das?
Die Schweizer Konkordanzdemokratie ist wie folgt ausgerichtet: Alle größeren Parteien senden proportional Mitglieder in die Regierung. Immer. Alle sind dabei. - Das funktioniert übrigens nur deshalb, weil das Parlament da auch mal gegen die Regierung vorgehen darf. Das würde ich mir manchmal auch hier wünschen.
(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der FDP - Helge Limburg [GRÜ- NE]: Sehr gut! - Dr. Stefan Birkner [FDP]: Wir stehen zur Verfügung!)
Das Schweizer Modell ist so eine Art ständige Große Koalition und funktioniert eigentlich permanent ewig und gut.
In Niedersachsen müssen wir sicherlich nicht so weit gehen. Aber, liebe Frau Piel, wir müssen auch nicht jede Große Koalition schlechtreden, und insbesondere sollte man das nicht machen, wenn man - wie Sie - selbst Gespräche zu einer Regierungsbeteiligung von vornherein völlig abgelehnt hat und nicht mal die Sondierungsgespräche führen wollte.
(Beifall bei der CDU - Anja Piel [GRÜNE]: Aber Herr Althusmann hat- te doch schon gesagt, mit wem er sprechen will und mit wem nicht, und er wollte doch gar nicht mit uns spre- chen!)
Natürlich ist diese GroKo nicht für die Ewigkeit gedacht. Aber damit sie am Ende funktionieren kann, muss eines gewährleistet sein: Es muss möglich sein, dass CDU und SPD diese Koalitionsregierung tragen und gleichzeitig deutlich machen, dass das Land von zwei durchaus unterschiedlichen Parteien regiert wird. Deswegen muss es auch erlaubt sein, dass Unterschiede im Parlament deutlich gemacht werden - und wo sonst soll das geschehen, wenn nicht hier an dieser Stelle? Und es muss geschehen, damit die Wähler am Ende dieser Legislaturperiode erneut an die Wahlurne treten, um einen neuen Regierungsauftrag zu erteilen.
An dieser Stelle vielleicht eine Bitte an die Vertreter der vierten Gewalt: Sie tragen in besonderer Weise Verantwortung. Nicht jeder Richtungsstreit ist ein Krach, und nicht jede Meinungsverschiedenheit ist eine Koalitionskrise. Wer die Dinge zuspitzt, erreicht vor allem eines: das Ende einer
Daher werden wir auch in Zukunft Situationen erleben, in denen die Redner dieser Koalition nicht an allen Stellen Beifall aus beiden Parteien erhalten werden. Das ist aber auch nicht weiter tragisch. Ich erinnere mich beispielsweise gern an die Debatten in der schwarz-gelben Koalition zum Mindestlohn.
Da waren wir durchaus unterschiedlicher Meinung - nicht wahr, Herr Bode? - und haben das hier auch deutlich gemacht. Die Koalition hat trotzdem gehalten, und es hat trotzdem zur Weiterbildung der Politik beigetragen. Das kann es also geben, keine Frage. Gleichwohl: Wir sollten hier auch weiter offen diskutieren.
Die CDU in Niedersachsen bringt aus den vergangenen Jahrzehnten reichlich Erfahrung mit, Erfahrung darin, wie man dieses Land gut und erfolgreich regiert. Mit diesem Selbstbewusstsein nehmen wir auch unsere Rolle in der Zusammenarbeit mit der SPD an.
Hier und da wird behauptet, dass es mit dieser GroKo gar keinen echten Politikwechsel in Niedersachsen geben werde. - Das haben Sie ja teilweise gemacht, Frau Piel.
(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Das hat der Ministerpräsident gesagt! Dem widerspreche ich ausdrücklich. (Dr. Stefan Birkner [FDP]: Aber das sieht er anders! - Anja Piel [GRÜNE]: Einigen Sie sich doch erst mal, was Sie sagen!)
Schon die Überschrift des Koalitionsvertrages ist eine deutliche Absage an ein bloßes „Weiter so!“. „Gemeinsam für ein modernes Niedersachsen - Für Innovation, Sicherheit und Zusammenhalt“: Das ist ein Motto, das auch für Aufbruch und Erneuerung steht. Es ist ein Motto, unter dem sich auch und gerade wir Christdemokraten gut versammeln können.
Die CDU in Niedersachsen ist selbstbewusst genug, um in einer Großen Koalition mit einem SPDMinisterpräsidenten einen inhaltlichen Führungsanspruch zu formulieren. Wir wollen, dass diese Große Koalition gelingt. Wir wollen die Chancen,
Deshalb sehen wir es auch sehr gelassen, wenn unser Ministerpräsident seine Partei zur dominierenden Kraft aufbauen will. Selbstbewusstes Auftreten ist gut, doch Übermut tut selten gut.
(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Herr Minis- terpräsident! - Christian Meyer [GRÜ- NE]: Für die CDU gilt das nie!)
Herr Ministerpräsident, ich möchte Sie als bekennenden Fußballfan an einen Satz von Franz Beckenbauer aus dem Juli 1990 erinnern. Der erklärte damals: Auf Jahre hinaus wird unsere Nationalmannschaft unschlagbar sein. - Wir alle wissen um die geringe Halbwertszeit dieses Satzes. 1992 reichte es nur noch zum zweiten Platz bei der Fußball-EM in Schweden. 1994 war bei der WM in den USA sogar schon im Viertelfinale Schluss. Deshalb: Für meine Partei, die CDU Niedersachsen, kann ich Ihnen, Herr Ministerpräsident, etwas zusagen: Auch wenn wir in einer Mannschaft spielen, den Wettbewerb um die Nummer eins auf dem Spielfeld nehmen wir gerne an.
Es ist in den vergangenen Tagen wiederholt öffentlich gefragt worden, wessen Handschrift dieser Koalitionsvertrag denn nun trägt. Beim Thema innere Sicherheit, liebe Frau Piel, ist diese Frage leicht zu beantworten. Sie haben das erkannt.