Protokoll der Sitzung vom 14.11.2018

Eine weitere Option, die jetzt schon besteht - ich habe es gesagt -, ist die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge. Kommunen können das jetzt schon machen, wie wir am Beispiel der Stadt Hannover sehen. Dort gibt es aber heftige Diskussionen - das werden Sie von Ihren FDP-Kollegen aus Hannover wissen -, wie man das haushaltstechnisch stemmt.

Diese Diskussionen gibt es auch in Bayern - dort waren wir kürzlich mit dem Innenausschuss zu Gast. Bayern hat eine ziemlich große Summe in den Haushalt eingestellt. Uns wurde aber auch deutlich gemacht, dass das auf keinen Fall reichen wird. Das ist die finanzielle Ebene, die auch betrachtet werden muss. Und mit Blick auf das Flächenland Niedersachsen weiß ich, ehrlich gesagt, nicht, wie man da herangehen will: Soll nach dem „Windhundprinzip“ verfahren werden - wer sich

zuerst meldet, erhält Mittel aus dem Topf -? Welche anderen Möglichkeiten gibt es?

Es wird auch ein stärkeres Anspruchsdenken geben, weil es dann nicht mehr um das eigene kommunale Geld geht, sondern um Landesmittel, die angefordert werden - also letztendlich um Steuergeld, wenn auch in anderen Bezügen. Wahrscheinlich werden dann üppigere Projekte angegangen werden. Das Anspruchsdenken von Personen vor Ort könnte sich also, wenn z. B. die Grundsteuer erhöht wird, verstärken.

In Ihrem Antrag, den Sie im Januar eingebracht haben, sehen Sie überhaupt keine Gegenfinanzierung vor. Sie fordern einfach nur die Streichung der Straßenausbaubeiträge. Das halte ich für schwierig. Sie haben das jetzt nachgereicht - ich habe gerade noch einmal bei Ihnen nachgefragt -: In Ihren Haushaltsanträgen sehen Sie eine Gegenfinanzierung vor. Warten wir mal ab, was da kommt, ob das überhaupt reicht.

Auch wir von der Grünen-Landtagsfraktion diskutieren, wie es in einem Flächenland so üblich ist, in unseren Kommunen und Wahlkreisen vor Ort darüber, wie es dort aussieht. Es ist schon darauf hingewiesen worden, dass es auch vor Ort zum Teil sehr unterschiedliche Meinungen gibt.

Die Diskussion hier im Landtag wird sicherlich weiter intensiv geführt werden, bis wir am Ende der Beratung Ihres Antrags zu einem Beschluss kommen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Onay. - Für die Landesregierung hat nun Herr Innenminister Pistorius das Wort. Bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir befassen uns in dieser Aktuellen Stunde mit einem Thema, das viele Menschen in Niedersachsen und auch in anderen Bundesländern, wie wir gehört haben, sehr beschäftigt, nämlich mit der Frage nach der Erhebung bzw. der Abschaffung von Straßenausbaubeiträgen.

Ich glaube, hier ist niemand im Saal, der die Nöte vieler Menschen in unserem Land in dieser Frage nicht nachvollziehen kann. Für manche stellen die erhobenen Beiträge eine enorme finanzielle Belas

tung dar, die schwer zu stemmen ist. Bei den Bürgerinnen und Bürgern herrschen natürlich auch Sorgen, wenn ihre Kommune eine Erneuerung des Straßenkörpers plant. Leider ist das auch die Folge von in den letzten Jahrzehnten aufgestauten Sanierungen in der Infrastruktur in nicht wenigen Kommunen.

Diese Sorgen nehmen wir als Landesregierung sehr ernst. Ich werde gleich auf die Möglichkeiten eingehen, die bestehen, um diese Belastungen abzufedern.

Zunächst will ich aber deutlich machen, warum eine komplette Abschaffung von Straßenausbaubeiträgen problematisch, nicht sinnvoll und übrigens auch nicht kommunalfreundlich ist. Diese Forderung klingt zunächst - wie so oft in solchen Fällen - wie eine einfache Lösung: Weg damit, und das Problem ist beseitigt! - So einfach ist es aber nicht.

Auch der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund hat bereits zu Recht deutlich darauf hingewiesen, dass die Abschaffung einen schweren Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung darstellt. Wir würden damit den Kommunen das Recht verwehren, sich Einkommensquellen für die Erfüllung ihrer Aufgaben zu erschließen. Das ist eine Gefahr für die gut funktionierende Infrastruktur, die wir in Niedersachsens Kommunen haben, weil den Kommunen für die Aufrechterhaltung dann künftig die Mittel aus einer eigenen Finanzierungsquelle fehlen würden.

Meine Damen und Herren, die Abgabenhoheit der Kommunen ist in ihrem Kernbereich verfassungsrechtlich geschützt. Das ist keine Spielwiese für politische Experimente. Das ergibt sich aus Artikel 28 des Grundgesetzes und aus Artikel 57 der Niedersächsischen Verfassung. Das NKAG gibt dabei den Rahmen vor, in dem sich die Kommunen die für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Mittel erschließen können. Dazu sind die Kommunen auch verpflichtet. § 111 NKomVG sieht ausdrücklich vor, dass sich die Gemeinden die erforderlichen Finanzmittel vorrangig aus speziellen Entgelten für die von ihnen erbrachten Leistungen und erst danach aus Steuern beschaffen müssen. Dies ist das geltende Recht, meine Damen und Herren, und es steht der ersatzlosen Streichung der Straßenausbaubeiträge ausdrücklich entgegen.

Bei einem Verbot der Beitragserhebung für die Kommunen würde zudem - auch das sei in Erinnerung gerufen, liebe Kolleginnen und Kollegen von

der FDP - das Konnexitätsprinzip gelten. Sie als FDP fordern eine ersatzlose Streichung,

(Christian Grascha [FDP]: Quatsch!)

gehen aber in keiner Weise auf die enorme finanzielle Mehrbelastung für das Land und auf Möglichkeiten der Gegenfinanzierung ein. Sie haben die Abschaffung auch in Ihrer eigenen Regierungszeit - übrigens aus guten Gründen - nicht durchgesetzt. Das ist, wenn ich das mal so sagen darf, typisches Oppositionsgebaren, ohne sachgerechte Lösungsansätze zu nennen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Straßenausbaubeitragsrecht ist für die niedersächsischen Kommunen bereits in der vergangenen Legislaturperiode flexibilisiert worden - wie ich finde, mit guten Ansätzen; sie haben die Möglichkeit, einmalige oder wiederkehrende Beiträge zu erheben oder, sofern sie ihnen zur Verfügung stehen, sonstige Finanzmittel dafür zu verwenden.

Wir bewegen uns dabei, meine Damen und Herren, innerhalb der Möglichkeiten, die das Bundesverfassungsgericht für rechtmäßig erklärt hat, und wir werden an diesen grundsätzlich festhalten. Das Bundesverfassungsgericht weist in seiner Entscheidung ausdrücklich darauf hin, dass der Ausbau von Straßen einen Sondervorteil für Grundstücks- und Wohnungseigentümer darstellt. - Ich betone: Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden; das ist keine Feststellung irgendeiner Landesregierung. - Durch den Straßenausbau wird schließlich der Wert - so das Bundesverfassungsgericht - ihrer Grundstücke und Wohnungen erhöht. Die Beiträge für die Straßenausbaukosten werden dabei nach den Vorteilen bemessen, die die Grundstücke aus der Verkehrslage ziehen.

Dennoch - das hatte ich bereits betont - wollen wir als Landesregierung Möglichkeiten prüfen, wie wir im NKAG die Belastungen von Anwohnerinnen und Anwohnern, die Straßenausbaubeiträge zahlen müssen, abmildern können. Erwägenswerte Lösungsansätze wären beispielsweise, im NKAG - das ist bereits angeklungen - großzügigere Stundungs- und Ratenzahlungsmöglichkeiten als bisher zuzulassen. Damit könnten einmalig hohe Belastungen für die Beitragspflichtigen vermieden werden. Damit einher geht die Überlegung einer Einführung eines moderateren Zinssatzes für die Inanspruchnahme der Zahlungserleichterung, und zwar in Abkehr vom hohen und starren Zinssatz der Abgabenordnung.

Klar ist, meine Damen und Herren - das ist die oberste Maxime -, dass wir die möglichen Umsetzungen beim NKAG in sehr enger Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden diskutieren werden. Und daran zeigt sich: Von einer „Mogelpackung“, wie es im Antrag heißt, kann keine Rede sein. Uns geht es um einen gerechten Interessenausgleich und nicht um Schwarz-Weiß-Lösungen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Wir wollen sowohl Erleichterungen für Beitragspflichtige umsetzen als auch den Kommunen die Finanzierung ihrer Aufgaben auch in Zukunft ermöglichen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Pistorius. - Nun erhält das Wort nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung Herr Kollege Oetjen. Sie haben zwei Minuten.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister, Sie haben gerade gesagt, wenn die Straßenausbaubeiträge abgeschafft würden, wäre die Sicherung der Infrastruktur nicht mehr gewährleistet. Ganz ehrlich: Sie selbst haben mir auf meine Anfrage geantwortet, dass in den niedersächsischen Kommunen zwischen in der Regel 30 Millionen Euro und in der Spitze sogar knapp 37 Millionen Euro eingenommen werden. Das zeigt doch, sehr geehrter Herr Minister, dass Ihre Behauptung an den Haaren herbeigezogen ist - und das gilt umso mehr, wenn, wie es die FDP vorschlägt, die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge aus dem Landeshaushalt mit 50 Millionen Euro ausgeglichen würde.

(Beifall bei der FDP)

Dass sich für die Bürgerinnen und Bürger eine Wertsteigerung ergibt, ist doch graue Theorie. Eine solche Wertsteigerung kann doch am Markt niemand tatsächlich erzielen. Das ist eine theoretische Wertsteigerung, von der die Bürgerinnen und Bürger überhaupt nichts haben.

Dem Kollegen Lynack möchte ich sagen: Die SPD in Nordrhein-Westfalen, in Hessen und in Bayern ist für die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge. Wenn es nach Ihnen geht, machen die gerade also

FDP-Klientelpolitik. Haben Sie eigentlich den Schuss noch gehört, verehrter Herr Kollege?

(Beifall bei der FDP - Zurufe von der SPD: Hey!)

Herr Kollege Oetjen, achten Sie ein bisschen auf Ihren Sprachgebrauch! Ich finde, im Landtag muss man keine Schüsse hören. Bitte, fahren Sie fort!

(Johanne Modder [SPD]: Der ist schon im Wahlkampf!)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich habe den Eindruck, dass der Kollege Lynack hier neben der Spur ist - wenn Ihnen das besser gefällt.

(Wiard Siebels [SPD]: Das ist auch nicht viel besser! - Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, uns wurde gerade vorgeworfen, unser Vorschlag sei nicht kommunalfreundlich. Das weise ich mit Entschiedenheit zurück; denn wir wollen Einnahmeverluste auf der kommunalen Ebene ja ausgleichen.

Unser Vorschlag ist bürgerfreundlich. Die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge ist bürgerfreundliche Politik. Das ist der richtige Weg, um die Bürgerinnen und Bürger zu entlasten, die davon über Gebühr belastet sind, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, sodass die Beratung des Antrags der FDP-Fraktion zur Aktuellen Stunde hiermit beendet ist.

Ich rufe auf

b) Der UN-Migrationspakt - alles ganz harmlos? - Antrag der Fraktion der AfD - Drs. 18/2073

Ich erteile nun dem Kollegen Wichmann, AfDFraktion, das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Rahmen der Vereinten Nationen soll Anfang De

zember ein völkerrechtlicher Vertrag geschlossen werden mit dem schönen deutschen Titel „Global Compact for Safe, Orderly and Regular Migration“. Da weiß natürlich jeder sofort, was gemeint ist.

Die Bundesregierung möchte gerne, dass wir der Meinung sind, dieser Global Compact sei ein eher harmloser völkerrechtlicher Vertrag, der zum einen überhaupt keine Rechtsbindung entfalte und zum anderen doch einer guten Sache diene.