Erstens. Es ist guter parlamentarischer Brauch, dass sich der Vorgänger im Parlament und in den Ausschüssen tunlichst zurückhält. Zweitens - das ist viel gravierender und in diesem Fall etwas, was Ihnen in einer Heftigkeit auf die Füße fällt, die Sie hier im Parlament wirklich erröten lassen sollte - ist diese Kontamination in Nordrhein-Westfalen im Rahmen des Nationalen Rückstandskontrollplans aufgedeckt worden.
Dabei hat man sich in der Bundesrepublik Deutschland dahin gehend geeinigt, dass jedes Bundesland im Sinne der Prävention und des Verbraucherschutzes eine gewisse Anzahl von Proben aus Lebensmitteln und Futtermitteln zieht, um die Sicherheit für die 80 Millionen Konsumenten sicherzustellen.
Herr Minister a. D. Meyer, Ihre Mitarbeiter aus dem LAVES haben Sie während Ihrer Amtszeit, während Ihrer Verantwortung für den Lebensmittelbereich und den Verbraucherschutz, regelmäßig darauf hingewiesen, dass das Land Niedersachsen seiner Verantwortung in Bezug auf umfängli
che Proben im Rahmen des Risikokontrollmanagements zahlenmäßig bei Weitem nicht nachkommt. Sie rufen hier und machen den Brandstifter.
Dabei haben Sie in Ihrer Verantwortungszeit die Lebensmittelsicherheit und den Verbraucherschutz fahrlässig vernachlässigt. Insofern sollten Sie sich in dieser Sache tunlichst zurückhalten.
Vielen Dank, Herr Kollege Dammann-Tamke. Der Begriff „Brandstifter“ ist nicht unbedingt parlamentarisch. Darüber streiten sich manchmal die Gelehrten. Aber ich denke, man kann auch treffende Reden halten, ohne diesen Begriff zu benutzen.
Meine Damen und Herren, aus dem Plenum liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich frage die Landesregierung, ob sie noch erwidern möchte. - Das ist nicht der Fall.
Meine Damen und Herren, dann ist der Komplex der Unterrichtung durch die Landwirtschaftsministerin abgeschlossen.
Tagesordnungspunkt 28: Erste Beratung: Einsetzung einer Enquetekommission „Sicherstellung der ambulanten und stationären medizinischen Versorgung in Niedersachsen - für eine qualitativ hochwertige und wohnortnahe medizinische Versorgung“ - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU - Drs. 18/2012
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Sicherstellung der ambulanten und stationären medizinischen Versorgung in Niedersachsen mit dem Ziel einer qualitativ hochwertigen und gleichzeitig wohnortnahen medizinischen Versorgung ist für uns alle eine gesamtgesellschaftli
che Aufgabe. Dieser Aufgabe müssen wir uns stellen. Dieser Aufgabe stellen wir uns, und diese Aufgabe wollen wir auch lösen. Dass dies nicht nur eine Aufgabe ist, mit der sich die Regierungsfraktionen beschäftigen, sondern auch die Opposition, wird an vielen Diskussionen hier in diesem Hause immer wieder deutlich.
Meine Damen und Herren, als Regierungsfraktionen bieten wir Ihnen ausdrücklich die Zusammenarbeit an. Wir sind der Auffassung, dass die Sicherstellung der ambulanten und stationären medizinischen Versorgung in Niedersachsen eine Aufgabe ist, die uns lange Jahre beschäftigen wird. Wir sind der Auffassung, dass die Diskussion breit angelegt werden muss, dass wir uns gemeinsam für die niedersächsische Bevölkerung für eine qualitativ hochwertige und wohnortnahe medizinische Versorgung einsetzen sollten und dabei auch bestehende Strukturen hinterfragen müssen. An dem Umfang unseres Auftrags, der sich neben der ambulanten und der stationären medizinischen Versorgung auch den Bereichen Notfallversorgung, Digitalisierung und Mobilität widmet, sehen Sie, dass das wahrlich keine kleine Aufgabe ist.
Wir stehen vor ständigen Veränderungsprozessen und damit vor großen Herausforderungen. Deswegen bietet sich aus unserer Sicht hier das Instrument einer Enquetekommission an. Die Enquetekommission bietet uns folgende Chancen: Die Akteure des Gesundheitswesens, die wir für diesen Prozess brauchen, können wir über diesen Weg in vorbildlicher Art und Weise einbinden. Viele Akteure haben nach Bekanntwerden unseres Antrages diesen begrüßt und ihr Interesse an einer Mitarbeit bekundet. Daher freue ich mich auch, dass einige Verbandsvertreter heute hier bei dieser Diskussion anwesend sind. Ich darf Sie ganz herzlich begrüßen.
Politik und Experten beraten auf Augenhöhe in einer Enquetekommission, wie die zukünftige Ausrichtung in diesem Thema ausgestaltet werden kann. Losgelöst von regionaler und fachspezifischer Betroffenheit wird externer Sachverstand in die Diskussion eingebracht. Um zu guten konzeptionellen Lösungen zu kommen, können die Ratschläge und Empfehlungen von Experten sehr hilfreich sein, wie es vergangene Enquetekommissionen bereits gezeigt haben.
Wir alle, liebe Kolleginnen und Kollegen, wissen, dass es insbesondere in ländlichen Gebieten immer schwieriger wird, frei gewordene Kassenarzt
sitze zu besetzen. 355 Hausarztsitze sind heute bereits nicht besetzt. Ambulante Notfallpraxen werden immer stärker zweckentfremdet und durch Hilfesuchende vor Ort in die Regelversorgung mit einbezogen. Daher steht für uns im Vordergrund der Enquetekommission die Erarbeitung von Lösungsansätzen im Gestaltungs- und Ermessensbereich des Landes Niedersachsen in unmittelbarer Zusammenarbeit mit den niedersächsischen Kommunen und den Leistungserbringern sowie den Kostenträgern. Landespolitische Spielräume zur sektorenübergreifenden Versorgung, die Gesundheitsregionen sowie die verstärkte Einrichtung kommunaler und privater medizinischer Versorgungszentren sollen in diesem Zusammenhang mit geprüft werden.
An dieser Aufzählung lässt sich unschwer erkennen, dass wir uns hier eindeutig im medizinischen Bereich schwerpunktmäßig auseinandersetzen wollen. Dass der Pflegebereich zum Thema Medizin natürlich dazugehört, ist unstrittig. Mit dem Thema Pflege haben wir uns bereits sehr intensiv im ersten Halbjahr dieses Jahres beschäftigt. Hierzu werden wir in Kontakt mit allen Beteiligten in der Pflege und natürlich auch in Zusammenarbeit mit der Ministerin weitere Vorschläge zur Verbesserung der Pflegesituation in Niedersachsen erarbeiten, und zwar parallel zur Enquetekommission. Wer sich intensiv mit den vorgelegten Arbeitsaufträgen auseinandersetzt, wird feststellen, dass bei der zeitlichen Vorgabe kein Raum für weitere umfangreiche Aufgabengebiete besteht. Wir wollen - das ist, glaube ich, im Interesse aller - noch in dieser Wahlperiode erarbeitete Ergebnisse umsetzen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Enquetekommission bietet eine wirkliche Chance, losgelöst von der Tagespolitik ein weitreichendes und von allen mitgetragenes Konzept zu entwickeln. Wir setzen dabei auf eine konsensuale Strategie, die Garant dafür ist, dass die erarbeiteten Konzepte nachhaltig und langfristig angelegt sind.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir laden Sie ein, mit uns gemeinsam an der Sicherung der medizinischen Versorgung als Kernelement der öffentlichen Daseinsvorsorge für die niedersächsischen Bürgerinnen und Bürger zu arbeiten. Wir würden uns freuen, wenn Sie unser Angebot annehmen.
Vielen Dank, Herr Kollege Meyer. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich Kollegin Meta Janssen-Kucz zu Wort gemeldet. Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit ich diesem Parlament angehöre, haben wir häufig mit breiter Mehrheit verschiedene Initiativen verabschiedet, um die medizinische Versorgung in Niedersachsen zu verbessern. Ich glaube, das macht auch deutlich, wie die Zusammenarbeit im Ausschuss für Soziales und Gesundheit ist. Wir haben Gesundheitsregionen eingeführt, verschiedene Förderprogramme und Pilotprojekte auf den Weg gebracht. Ich nenne noch einmal die Telemedizin sowie unter dem Stichwort „Mobilität“ das Patientenmobil, das die Menschen zum nächsten Facharzt und wieder zurückbringt. Wir haben den Aufbau der European Medical School in Oldenburg auf den Weg gebracht und mehr Studienplätze in der Medizin, aber auch in der klinischen Ausbildung geschaffen. Dazu kommt die Erhöhung der Investitionsmittel für unsere Krankenhäuser aus der rot-grünen Regierungszeit, was jetzt von Ihnen fortgeschrieben wird.
In den letzten Monaten haben wir auch verschiedene Gesetze, die das Gesundheitswesen in Niedersachsen weiterentwickeln werden, größtenteils gemeinsam auf den Weg gebracht. Dazu gehören auch das Bestattungsgesetz, das Krankenhausgesetz und das Gesetz zur Ausführung des Transplantationsgesetzes, das wir vorgestern verabschiedet haben. In allen diesen Gesetzen ging es darum, für mehr Qualität, Prävention und Kontrolle in unseren Krankenhäusern und damit für mehr Patientensicherheit und Vertrauen in unser Gesundheitssystem zu sorgen.
In allen unseren Beratungen haben wir jedoch immer wieder Grenzen aufgezeigt bekommen. Teilweise lag die Gesetzgebungskompetenz nicht beim Land, sondern beim Bund, oder wir waren - wie beim Sicherstellungsauftrag für die ärztliche Versorgung - nicht zuständig; denn die liegt bei der Kassenärztlichen Vereinigung, wie Frau Dr. Thela Wernstedt immer wieder betont.
Wir leiden aber seit Jahren unter der - wie ich finde - unsäglichen Bedarfsplanungsrichtlinie des Bundes, die es nahezu unmöglich macht, mehr niedergelassene Ärzte zu gewinnen. Das macht aus meiner Sicht deutlich, dass die Einsetzung einer Enquetekommission zur Sicherstellung der
ambulanten und stationären medizinischen Versorgung in Niedersachsen und damit für eine qualitativ hochwertige und wohnortnahe medizinische Versorgung ein richtig guter Weg ist, damit wir Lösungsansätze und Gestaltungsoptionen erarbeiten, die notwendig sind.
Meine Damen und Herren, das deutsche Gesundheitssystem gilt als eines der komplexesten weltweit. Wir haben wirklich eine Vielzahl von Einrichtungen, Strukturen, Akteuren, rechtlichen Rahmenbedingungen und Zuständigkeiten. Dazu kommen die regionalen Unterschiede, die wir im Flächenland Niedersachsen ganz deutlich spüren. Unsere Bürgerinnen und Bürger nutzen dieses Gesundheitssystem. Sie sind wirklich die größte Interessensgruppe. Wir müssen daher das System auf ihre Bedürfnisse einstellen.
Bei der Nutzung des Gesundheitssystems haben wir alle unsere eigenen Erfahrungen gemacht, und wir alle wissen, wo überall Handlungsbedarf besteht. Wer kennt das nicht? Den Samstagsabend in der Notaufnahme verbracht, auch etwas länger, anschließend noch im Dunkeln die nächste Notdienstapotheke in weiter Entfernung gesucht.
Es besteht also objektiv Handlungsbedarf, z. B. bei der Krankenhausstruktur und der -finanzierung, bei der medizinischen und pflegerischen Versorgung im ländlichen Raum, bei der Notfallversorgung, bei der Geburtshilfe oder auch bei den therapeutischen Berufen, allen voran den Psychotherapeuten. Außerdem müssen wir - das ist mir ganz wichtig; das habe ich immer wieder deutlich gemacht - viel mehr sektorenübergreifend denken und handeln.
Ich erinnere in diesem Kontext noch einmal an die unterschiedlichen Schlagzeilen der letzten Wochen und Monate: Pflegedienste nehmen keine Patienten mehr an, Krankenhäuser schließen, mangelnde Qualität bei bestimmten Operationen, pädiatrische Versorgung im Landkreis Goslar, die Kinderintensivstation an der MHH. Alles das macht deutlich, wie groß der Handlungsbedarf und -druck wirklich sind.
Insofern danken wir für das Angebot. Wie ich vorher schon gesagt habe, freuen wir uns auf eine grundsätzliche Debatte. Denn damit können wir
das Gesundheitssystem in Niedersachsen zukunftsfähig aufstellen, gerade vor dem Hintergrund der demografischen Kurve, die bei uns sehr ausgeprägt ist. Eine solche Diskussion haben wir in der Vergangenheit nämlich noch nicht geführt. Wir brauchen wirklich langfristig tragfähige Lösungen auf breiter Basis, und wir brauchen Lösungen, die die festgemauerten Sektorenbereiche aufbrechen. Daher begrüßen wir die Einsetzung der Enquetekommission auch unter einer breiten Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger, der Perspektiven der Ärzte, aber auch der Medizinstudenten und, und, und.
Meine Damen und Herren, die Enquetekommission bietet eine große Chance, Einzel-, also Partikularinteressen zu überwinden, die schon oft so manche Reformen erschwert haben.
Unseres Erachtens fehlt in der Aufgabenbeschreibung aber der Bereich Pflege. Lieber Kollege Volker Meyer, ich glaube, dass es nicht funktionieren wird, eine Enquetekommission zu haben und parallel im Ausschuss das Thema Pflege mit zu bearbeiten. Denn wir haben in der pflegerischen Versorgung ebenso große Herausforderungen wie in der medizinischen Versorgung: zu wenige Fachkräfte, schwierige Arbeitsbedingungen, unterdurchschnittliche Bezahlung. Wir können das eine nicht ohne das andere diskutieren. Fakt ist auch, dass die Pflege mit Sicherheit nicht noch zusätzliche Arbeit braucht. Wir brauchen an anderen Stellen auch Entlastungen; denn die Frauen und Männer in der Pflege arbeiten alle am Limit.
Pflege und Medizin bedingen sich gegenseitig und müssen deshalb wirklich zusammen gedacht werden. Das ist in der Debatte und Diskussion zum Sonderausschuss anlässlich der Krankenhausmorde ziemlich deutlich geworden. Gerade die Personalausstattung ist ein limitierender Faktor für die Patientensicherheit und gehört damit auch auf die Tagesordnung der Enquetekommission.
Zum Ende noch einmal: Ich finde es richtig, sich das Ziel zu setzen, bis Ende 2019 Ergebnisse und Lösungsansätze vorzulegen, damit sie auch in den nächsten Haushalt einfließen und wir dann zeitnah etwas umsetzen können. Aber bitte keine Schmalspur-Enquetekommission!
Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit in der Enquetekommission für eine bessere medizinische und pflegerische Versorgung in Niedersachsen und sind gerne dabei.
Vielen Dank, Frau Kollegin Janssen-Kucz. - Ich rufe jetzt für die Fraktion der FDP die Abgeordnete Sylvia Bruns auf. Frau Bruns, Sie haben das Wort.