Protokoll der Sitzung vom 10.12.2018

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, es ist richtig, dass wir alle hier noch einmal das Wort zu dieser Thematik ergreifen. Es wäre etwas seltsam, eine gemeinsam getragene Resolution auf den Weg zu bringen, indem man einfach nur abstimmt und dann den Beschluss weiterleitet.

Es ist auch etwas Besonderes: Wir haben uns im April hier schon einmal mit der Thematik befasst. Wir haben fraktionsübergreifend beschlossen, dass die Arbeit des Instituts für Wissensanalyse und Wissenssynthese (IWW) weiterfinanziert werden soll. Ein breiter Beschluss kam hier zustande, und es ist etwas schade, dass die Landesregierung die Vorlage bisher sozusagen noch nicht verwandeln konnte. Bisher gibt es keine Signale des Bundes, die Finanzierung fortzusetzen - weder von der Bundesumweltministerin noch von der Bundesforschungsministerin, die sich eigentlich auch zuständig fühlen könnte.

Sie wissen, wir Grüne haben einen Änderungsantrag zum Haushaltsplan eingebracht. Wir sagen: Gut, wenn der Bund hier nicht finanzieren will, müssen wir eben selbst finanzieren - zumindest vorfinanzieren -, um diese wichtige Arbeit des Instituts fortzusetzen.

Ich glaube, es gibt kein Thema, das nachfolgende Generationen so sehr interessieren wird, wie die Thematik des Umgangs mit dem Atommüll. Niedersachsen hat in dieser Hinsicht eine besondere Situation und auch eine besondere Verantwortung. Vielleicht sind wir in der Erkenntnis etwas weiter als viele andere Bundesländer. Deswegen müssen wir hierbei in die Bresche springen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Wir haben den Eindruck, dass das Auslaufenlassen der Aufarbeitung der Asse-Akten eigentlich nur eine Interpretation zulassen kann: Hier soll Herrschaftswissen bewahrt werden. Der Öffentlichkeit soll eben kein Zugriff auf die Daten und die Fakten ermöglicht werden. Blicken wir zurück! Immer nur die kritische Öffentlichkeit und die Verbände haben dafür gesorgt, dass es einen Zugewinn an Sicherheit gegeben hat, dass die Entwicklung und die Forschung weitergegangen sind. Das wird letztendlich verweigert. Es nützt uns nichts, wenn die Akten im Keller liegen. Wir brauchen auch den Zugriff.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Es folgt Kollege Bosse, SPD-Fraktion.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat ist es nicht allzu häufig der Fall, liebe Kollegin Staudte, dass wir einstimmige Beschlüsse fassen. Gerade bei einer Resolution ist es gut und richtig, denke ich, dass es einen einstimmigen Beschluss geben wird und Berlin deutlich gemacht wird, dass der Niedersächsische Landtag wirklich geschlossen dahintersteht, dass die Arbeit in Goslar fortgesetzt wird.

Einmalig war auch, dass wir aus dem AsseUntersuchungsausschuss heraus einen Beschluss aller Fraktionen gefasst haben. Insofern ist das jetzt auch meiner Meinung natürlich durchaus ein gewisses Herrschaftswissen, das man versucht, sich anzueignen.

Was den Endlagersuchprozess auf der Bundesebene anbelangt, wird mir angst und bange, wenn man derart mit Daten und Unterlagen umgeht und schon da versucht, einiges für sich zu behalten, anstatt diese Unterlagen transparent und breit für diejenigen, die daran ein Interesse haben, für die Öffentlichkeit und auch für diejenigen Geologen und Forscher zu öffnen, die Wissenswertes finden wollen und müssen.

Das soll an der Stelle nicht nur für die Asse gelten. Wir wollen noch etwas mehr. Wir wollen, dass dort weitergearbeitet wird, nämlich auch was die Vergangenheit von Schacht Konrad angeht, was die Vergangenheit von Gorleben angeht. Das soll wissenschaftlich aufbereitet werden, damit man einen schnellen Zugriff auf die Daten hat. Es treibt mir die Schweißperlen auf die Stirn, wenn ich daran denke, wie dieser Endlagersuchprozess professionell fortgeführt werden soll, wenn schon jetzt, wo er noch in den Kinderschuhen steckt, solche Dinge passieren.

Ich will auch daran erinnern, dass das eine Bundesaufgabe ist. Der Bund würde sich an der Stelle wahrscheinlich freuen, wenn wir uns das letzten Endes zu eigen machen und das Portmonee aufmachen. Das sollten wir an der Stelle nicht tun.

Letzten Endes ist es komplett absurd, wie der Bund an der Stelle agiert. Wir fordern Transparenz, insbesondere für Niedersachsen, für die Menschen, die interessiert sind, für die Geologen und für die Zukunft. Niedersachsen kann und muss ein großes Interesse daran haben, diesen Prozess intensiv zu begleiten.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Bosse. - Jetzt spricht für die CDU-Fraktion Kollege Oesterhelweg. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach unserem gemeinsamen Besuch in Goslar - ich schaue beispielsweise zu Herrn Wenzel - bei Herrn Dr. Eck und seinem Team haben wir am 18. April hier in diesem Hause eine Entschließung zur Fortsetzung der Arbeit des IWW in Goslar verabschiedet. Wir waren uns darüber im Klaren: Hier steht der Bund in der Verantwortung.

Wir legen ihm jetzt diese gemeinsam getragene Resolution zum Erhalt des Instituts für Wissensanalyse und Wissenssynthese in Goslar vor. Wir legen sie vor, weil die Bedeutung dieses Themas in Berlin offensichtlich noch nicht komplett erkannt worden ist. Ich sage das ausdrücklich auch vor dem Hintergrund, dass es dort wie auch hier im Lande eine Große Koalition gibt. Aber, meine Damen und Herren, wir haben hier niedersächsische und deutsche Interessen zu vertreten, und das tun wir auch dann, wenn es sich vielleicht auch in die Richtung eigener Parteifreunde bewegt.

Meine Damen und Herren, in Kürze: Worum geht es? - Es geht um die Archivierung der Asse-Akten. Es geht zusätzlich um die Archivierung der Akten aus Konrad, aus Gorleben und aus Morsleben. Und es geht um die Auswertung, die Erschließung und die Bereitstellung dieses dort vorhandenen Wissens, weil wir dieses Material für die Standortsuche und die Standortauswahl in Deutschland brauchen, meine Damen und Herren.

Angesichts der Brisanz des Themas geht es auch darum, dass wir informieren und Transparenz schaffen. Zusätzlich geht es darum, dass wir dieses exzellente wissenschaftliche Verfahren, um Daten aufzuarbeiten und zur Verfügung zu stellen, auch für andere Bereiche weiterentwickeln.

Meine Damen und Herren, der Bund ist in der Pflicht. Wir wollen das IWW erhalten, und wir wollen es in Goslar erhalten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herzlichen Dank, Herr Oesterhelweg. - Es spricht jetzt Kollege Wirtz für die AfD-Fraktion. Bitte!

Danke. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Montag, der 10. Dezember: Das IWW hat seine Arbeiten erledigt. Es wird zum 18. Dezember aufgelöst, also in acht Tagen. Nun kommen Sie mit einer Resolution daher. Die Auflösung steht fest, das Mobiliar ist verteilt, die letzten Angestellten sind im Ruhestand oder an ihrem Heimarbeitsplatz. Die Akten und die Daten waren leihweise überlassen. Sie gehen teilweise auf CD, teilweise im Original zurück an das LNA; denn es war ja, wie gesagt, nur eine Leihstellung.

In der letzten Sitzung des Umweltausschusses haben wir gehört und - bei einigen mit gespielter Empörung - zur Kenntnis nehmen müssen, dass Datensätze gelöscht worden sind. Dem ist nicht so. Es wurden nur Daten, die extern bereitgestellt worden waren, in Frankfurt gelöscht. Alle Daten, auf die es ankommt - das sind nun mal alle -, sind erhalten geblieben und werden ausgehändigt. Es ist nichts verloren gegangen, auch wenn einige Äußerungen in der Presse und von Politikern anders klangen.

Das IWW hat seine Arbeit damit beendet. Es will seine Arbeit aber natürlich fortsetzen. Denn, wie wir schon gehört haben, ist sie für unser Land und für die Problematik der Endlagerung von nuklearen Rückständen wichtig.

Aber was wollen wir heute eigentlich? - Im Grunde ist alles in Ordnung. Wenn Sie jetzt mit einer Resolution kommen - Herr Bratmann ist gerade zurückgekehrt; wir haben das in Braunschweig auch gehabt -, wenn die SPD Resolutionen erstellt, die sinnlos sind, weil sich das ganze Thema schon erledigt oder die Sachlage anders ist, dann können wir dieser Resolution natürlich gern zustimmen.

Aber was brauchen wir wirklich? - Wir brauchen einen Antrag, das IWW hier in unserem Land fortzuführen. Sich auf den Bund zurückziehen? - Das haben wir jetzt fast ein Jahr lang getan, und es ist nichts passiert. Nachdem der zuständige Minister 2018 hat fast komplett verstreichen lassen, wird er 2019 bestimmt dafür nutzen, das IWW wieder auf die Füße zu stellen, wie es sich gehört. Ich weiß nicht, was Sie wollen. Sollen wir das beantragen? - Dann stimmen Sie bestimmt gern zu.

(Heiterkeit bei der AfD)

Aber Sie sollten das mit etwas mehr als mit einer Resolution angehen und nicht kurz vor knapp mit einer Absichtserklärung kommen, die den Tatsachen schon längst nicht mehr entspricht.

Danke sehr.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Wirtz. - Jetzt ist die FDPFraktion mit dem Abgeordneten Björn Försterling an der Reihe. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Wirtz, es geht hier nicht ausschließ

lich darum, das IWW noch kurz vor Toresschluss zu retten. Ja, das hätte man mit Landesmitteln machen können. Aber es geht hier auch darum, den Bund in die Verantwortung zu nehmen. Der Bund ist derjenige, der die Verantwortung für die Asse hat. Deswegen muss er auch in Zukunft die Verantwortung für die Asse übernehmen.

(Beifall bei der FDP und bei der SPD)

Ebenso wie wir uns politisch dafür entschieden haben, eben nicht den Deckel über der Asse zu schließen, sondern die Abfälle zurückzuholen, darf man jetzt auch nicht den Deckel über den Akten schließen. Jeder, der im Untersuchungsausschuss mitgearbeitet hat, weiß: Da sind Dinge grundsätzlich falsch gelaufen. Das muss man der Nachwelt nach wie vor offen zeigen, und das muss auch zugänglich sein, damit sich die Fehler, die bei der Asse gemacht worden sind, bei jedem weiteren Endlagersuchprozess eben nicht wiederholen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das muss originäres niedersächsisches Interesse sein.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Der Antrag geht noch weiter. Es geht tatsächlich darum, einen solchen Aktenbestand für alle Endlagersuchprozesse, die gelaufen sind oder aktuell noch laufen, aufzubauen und damit auch eine Transparenz für die Bürgerinnen und Bürger zu schaffen. Auch das ist eine Lehre aus der Asse. Die fehlende Transparenz hat dazu geführt, dass dort gemacht worden ist, was man wollte, und nicht unbedingt das, was Sinn und Verstand gefordert hätten, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Deswegen darf man an dieser Stelle nicht stehen bleiben, sondern es wird Aufgabe des Niedersächsischen Landtages sein, den Bund in die Pflicht und in die Verantwortung zu nehmen, für laufende Endlagersuchprozesse ebenso wie für den Rückholungsprozess der Abfälle aus der Asse Transparenz herzustellen und insgesamt einzufordern, dass sich der Bund mehr der Verantwortung stellt, als er es zurzeit tut. Wenn man in den AsseProzess hineinschaut, stellt man fest, dass Vertreter der Bundesregierung seit etlichen Monaten nicht mehr an Sitzungen teilnehmen und man auf Bundesebene mit diesen Problemen am liebsten gar nichts mehr zu tun haben will. Aber wir dürfen es nicht zulassen, dass hier der Deckel so einfach über der Vergangenheit geschlossen wird.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Försterling. - Jetzt spricht Herr Minister Lies für die Landesregierung. Bitte sehr!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin allen Beteiligten sehr dankbar, weil ich glaube, dass die Resolution an dieser Stelle ein wichtiges Zeichen setzt und übrigens nicht zu spät kommt; denn das, was bisher geleistet wurde, ist auch weiterhin nutzbar. Es verschwindet nichts. Im Gegenteil, wir können weiter anknüpfen, und wir hoffen, dass die qualifizierten Beschäftigten, die im Institut tätig waren, zumindest zum Teil auch weiterhin diese Aufgabe mit übernehmen können.

Ich habe die Gelegenheit gehabt, mir in der letzten Woche ein Bild vor Ort in der Asse zu machen. Ich war vor einigen Jahren schon einmal dort. Es ist gerade zu Recht gesagt worden, dass es darum gehen muss, die Erfahrung, die man dort sammelt - das gilt auch für die anderen Endlager wie Konrad und Morsleben -, für Prozesse zu nutzen, die vor uns liegen.

Deswegen will ich an dieser Stelle noch einmal konstatieren, warum es so wichtig ist, dass der Bund in der Verantwortung ist. Nicht wir definieren nachher im Standortauswahlprozess die Rahmenbedingungen für die Entscheidung. Deswegen glaube ich, dass wir gut beraten wären, wenn das Institut ein Institut des Bundes wäre, weil die Ergebnisse dieses Institutes möglicherweise ein anderes Gewicht in der Bewertung hätten, als wenn wir sagen, es sei ein Landesinstitut, sozusagen aus Niedersachsen heraus gegründet, mit der festen Zielrichtung, Gründe zu finden, warum Dinge in Niedersachsen nicht gehen.

Ich finde, der Bund macht es sich zu einfach. Björn Försterling hat gerade zu Recht gesagt, dass der Bund jetzt nicht einmal mehr an den Sitzungen der Begleitgruppe teilnimmt, sondern sich daraus verabschiedet hat und sagt, das mache alles die BGE als Bundesgesellschaft für Endlagerung. Das geht nicht. Der Bund ist politisch in der Verantwortung und politisch in der Pflicht. Die zweitbeste Lösung wäre sicherlich, die BGE als Gesellschaft würde diese Aufgabe übernehmen. Das wäre aber nur die zweitbeste Lösung. Die beste Lösung wäre wirklich ein unabhängiges Institut, das vom Bund gefördert wird - ob aus dem BMBF oder dem BMU, wäre mir dabei völlig egal - und aus seiner Akzep

tanz als Bundesinstitut Daten liefert. Das halte ich für ganz wichtig. Deswegen, finde ich, ist es die richtige Entscheidung, dass wir jetzt noch einmal an den Bund appellieren.

Natürlich müssen wir überlegen, was es bedeutet, wenn der Bund nicht so weit kommt. Ich will einmal kurz zitieren, was die Antwort ist - ich glaube, an der Stelle geht es nicht um Parteipolitik, sondern es geht um die Frage, wer antwortet -: Ohne Zweifel ist es unverzichtbar, dass die Arbeitsergebnisse des IWW erhalten und den an der Aufgabe der Endlagerung radioaktiver Abfälle beteiligten Einrichtungen sowie der Öffentlichkeit weiterhin vollumfänglich zugänglich bleiben. Das ist die Botschaft des Bundes. Dann muss unsere Botschaft sein: Dann sorgt bitte auch dafür, dass das finanziert ist! Das ist nicht nur eine Erwartungshaltung. Ich glaube, darauf haben wir auch einen Anspruch, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei der FDP)