Aus diesem Grund hat die Bundesregierung entschieden, das Bundes-Immissionsschutzgesetz an der Stelle zu ändern, um der Entscheidung in dieser Sache eine klare, handhabbare Richtschnur zu geben. Darum wird in dem Gesetzentwurf davon ausgegangen, dass ein Fahrverbot dann unverhältnismäßig ist, wenn die NO2-Werte der Messstation im Jahresmittel kleiner oder gleich 50 µg/m³ sind. Was im Gerichtsurteil bezüglich der Verhältnismäßigkeit und der Beurteilung durch die Städte steht, soll im Bundes-Immissionsschutzgesetz über diese Regelung verankert werden. Der Gesetzentwurf formuliert, dass die Unverhältnismäßigkeit eines Fahrverbots im zuvor beschriebenen Bereich in der Regel als gegeben anzusehen ist. Es bleibt also in die Entscheidungsgewalt der Gebietskörperschaften gestellt, ob sie Fahrverbote aussprechen, aber aufgrund der Änderung des BundesImmissionsschutzgesetzes können sie entscheiden, diese Maßnahme nicht zu verhängen.
Herr Bosse, lassen Sie mich an der Stelle auch den Hinweis geben, wie es an der Stelle weitergeht. In der ersten Januar-Sitzungswoche am 17. und 18. Januar soll es die erste Lesung geben. Für den 30. Januar 2019 ist eine öffentliche Anhörung im Umweltausschuss zum Gesetzentwurf geplant. Die zweite und dritte Lesung soll am 14. und 15. Februar 2019 erfolgen, sodass wir dann dazu am 15. März im Bundesrat - das Gesetz ist gegebenenfalls zustimmungspflichtig - die abschließende Beratung haben werden.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Herr Minister Lies, vor dem Hintergrund, dass Sie eben meine Frage nach den Ergebnissen Ihrer ersten internen Untersuchung Anfang dieses Jahres zur Messstelle in Oldenburg nicht beantwortet haben, ich aber dennoch eine Antwort erwarte, frage ich Sie konkret zur Messstation Oldenburg und zu den anderen erkannten Mängeln bzw. Sachverhalten, die nicht der EU-Luftqualitätsrichtlinie entsprechen: Was haben Sie dagegen unternommen, dass anders, als in Anhang 3 C vorgegeben, diese Messstation direkt unter einem Baum, nämlich unter einer Linde, steht?
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Bode, in Ergänzung: Das war das Ziel der Antwort. Es hat bis dahin keinen Hinweis darauf gegeben, dass diese Messstation nicht richtig aufgestellt ist. Auch über die Höhe von 1,47 m könnten wir lange streiten, ob das bedeutet, dass sie nicht richtig aufgestellt ist; denn bei einer Mindesthöhe von „1,5 Meter“ könnte man auch sagen, dass alles ab 1,45 m Höhe der Vorgabe entspricht. Ich glaube, das sollten wir uns ersparen. Deswegen lautet die Antwort auch, dass wir die Messstation 10 cm höher aufstellen. Das wird am Wert allerdings nichts ändern.
Ansonsten ist durchaus vorgesehen, dass auch unter Bäumen gemessen werden kann. Das haben wir auch an anderer Stelle. Das haben wir auch an der Friedrich-Ebert-Straße hier. Das lässt sich zum Teil gar nicht vermeiden, weil ein Standort unter einem Baum dem Raum entspricht, sodass man diesen Standort wählt. Auch das ist kein Ausschlusskriterium für den Messstandort. Das ist eine Sollbestimmung. Er soll nicht so gewählt werden, aber er kann genommen werden, wenn es die Gegebenheiten nicht anders zulassen.
Das heißt natürlich, dass man die Gesamtumstände einer Messung sehr genau berücksichtigen muss. Das muss man immer dazusagen, glaube ich. Die Messung in einer Straßenschlucht liefert
einen anderen Wert, als wenn rechts und links keine Häuser stünden. Trotzdem ist der Messpunkt richtig gewählt. Wenn dort ein Baum oder eine Allee ist, kann sich der Messpunkt anders darstellen, als wenn dort keine Bäume wären. Trotzdem ist der Messpunkt richtig gewählt.
Deswegen will ich noch einmal sagen: Wir stellen nicht den Messpunkt und auch nicht den Messwert infrage - und schon gar nicht die Arbeit der Kolleginnen und Kollegen, die das machen; manche Stationen stehen dort übrigens schon seit 20 Jahren -, sondern wir diskutieren - darauf sollten wir uns verständigen -, wie repräsentativ dieser Wert für die Frage für die Anwendung eines letzten Instruments im Luftreinhalteplan, nämlich eines Fahrverbots, ist. Darum geht es.
Für uns in Niedersachsen - das will ich noch einmal sagen - geht es darum, dass die Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes an der Stelle auch die Frage der Verhältnismäßigkeit klärt, weil wir in Niedersachsen keine grenzwertüberschreitenden Messwerte haben, die über 50 µg/m³ liegen, zumal wir an bestimmten Stellen sogar auf einem guten Pfad sind und aufzeigen können, dass wir Ende 2020 entweder dicht an der Einhaltung des Grenzwerts von 40 µg/m³ dran sind oder ihn sogar einhalten.
Vielen Dank. - Die zweite Zusatzfrage für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt Frau Kollegin Janssen-Kucz. Bitte!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Deutsche Umwelthilfe hat gestern das Ergebnis einer Messkampagne in Berlin vorgestellt, wo an jedem zweiten Ort - in der Nähe von Kindergärten, Schulen, Arztpraxen, aber auch Pflegeheimen - eine Überschreitung der Stickoxidgrenzwerte von 40 µg/m³ festgestellt wurde. Ich frage: Sind solche gesundheitsgefährdenden Werte an derart sensiblen Orten auch in Niedersachsen zu erwarten?
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Janssen-Kucz, die DUH hat ja auch in Niedersachsen gemessen, aber Grenzwertüberschreitungen nicht festgestellt. Das ist, glaube ich, für unser Bundesland und diese Frage wichtig.
Dann wurde in Berlin gemessen. Jetzt haben wir gerade sehr intensiv über die Frage diskutiert, wie sich z. B. ein Baum oder eine Straßenschlucht auswirkt. Wir messen zwei Werte, die repräsentativ und entscheidend sind: Wir messen erstens den Stundenmittelwert, der 200 µg/m³ 18-mal im Jahr überschreiten dürfte; beim 19. Mal wäre der auslösende Charakter gegeben. Zweitens messen wir den Jahresmittelwert, der 40 µg/m³ nicht überschreiten soll.
Man kann aber nicht vier Wochen lang messen und daraus einen Jahresmittelwert ableiten. Dass das keine Aussagefähigkeit hat, ist wohl uns allen klar. Das heißt, die Ableitung eines Jahresmittelwerts aus einer einmonatigen Messung ist seitens der DUH einfach unseriös. Ich finde, bei einem so wichtigen Thema kann es doch nur darum gehen, seriös vorzugehen. Das Vorgehen der DUH ist aber unseriös. Das ist der immer wieder gemachte Versuch, rein populistisch.
Wir machen das anders. Wir stellen nicht die Messwerte infrage, sondern messen kontinuierlich. Unsere Aussagen sind greifbar. Ich finde, darauf sollten wir uns beschränken, und nicht auf Institutionen Bezug nehmen, die es sich im Kern zum Ziel gesetzt haben, doch immer nur Fahrverbote zu erreichen und damit in die Öffentlichkeit zu kommen.
Vielen Dank, Herr Minister. - Nun stellt die nächste Zusatzfrage für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Kollege Schulz-Hendel. Bitte!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister Lies, vor dem Hintergrund, dass Sie hier verkündet haben, dem Gesundheitsschutz eine hohe Bedeutung beizumessen, gleichzeitig aber einräumen, nicht zu wissen,
ob weitere Städte von zu hohen Stickoxidwerten betroffen sind, frage ich Sie konkret: Gehen Sie davon aus, dass weitere Städte betroffen sind?
Und abgesehen von allen technischen Details - für die Menschen da draußen -: Wann können die Menschen in Niedersachsen konkret davon ausgehen, dass ausreichend verlässliche Messungen im ganzen Land durchgeführt werden?
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Schulz-Hendel, ich gehe davon aus, dass es keine Überschreitungen geben wird. Aber da diese Untersuchung noch nicht gänzlich abgeschlossen ist, kann ich kein gänzlich abgeschlossenes Ergebnis dazu liefern.
Ich schlage vor, Frau Kollegin Byl, wir behalten das Verfahren bei. Sie haben noch die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Nun antwortet Herr Minister Lies auf die Frage des Kollegen Schulz-Hendel.
Die HErmEliN-Studie bezieht sich zunächst einmal nicht überall auf Messungen. Sie bezieht sich darauf, Hotspots zu ermitteln. Deshalb ist es problematisch, dass die Zahlen dieser HErmEliN-Studie, die in Auftrag gegeben worden ist, als echte Werte betrachtet werden. Das ist überhaupt nicht so. Man kann mit den Zahlen der Studie nichts unmittelbar anfangen.
Man kann aus den Zahlen ableiten, ob es irgendwo höhere Belastungen bzw. irgendwo niedrigere Belastungen gibt. Man kann sozusagen Hotspots ermitteln. Und erst in diesen Hotspots kann man real messen und feststellen, ob es Überschreitungen gibt. Also, die Zahlen, die sich aus der HErmEliN-Studie ergeben, sind als Absolutwerte völlig
aussagelos - nicht dass sie missinterpretiert und derart genutzt werden! Man kann nur identifizieren, wo es in irgendeiner Form Besonderheiten gibt. So sind nun leider die Art der Berechnung und die Genauigkeit. Wir haben eine Diskussion über die HErmEliN-Studie und die Ergebnisse gehabt, sie ist nur noch nicht ganz abgeschlossen. Und ich gehe - gemäß all dem, was wir bisher haben - davon aus, dass wir an den Stellen, die möglicherweise Hotspots definieren, keine Hotspots haben, an denen der Wert über 40 µg/m3 liegt. Davon bin ich sehr überzeugt. - Aber bis die Studie nicht gänzlich abgeschlossen ist, geht es nicht.
Trotzdem - das war ja eine der Fragen, Herr Schulz-Hendel - kann man nicht flächendeckend im ganzen Land messen. Das funktioniert nicht. Dass wir jetzt sozusagen überall messen, wie die Deutsche Umwelthilfe oder wie Medien, und zwar mit Passivsammlern vier Wochen lang, woraus sie dann Jahresmittelwerte ableiten, ist auch kein gangbarerer Weg. Dass jeder an irgendeiner Stelle misst, ohne sich genau an einen formalen Standard der Messung zu halten, schafft übrigens wieder keine Aussagekraft.
Insofern, glaube ich, gehen wir vernünftig vor. Die Form der Identifikation der Messstandorte in Niedersachsen kennen wir, das ist belegbar. Die Kontinuität der Messung ist vor allem entscheidend, sodass man an der Messreihe auch sieht, ob die Werte besser werden.
Die Frage, die sich uns jetzt stellt und die wir vernünftig beantworten müssen - das halte ich auch für gerechtfertigt - ist eine, die komischerweise in all den Jahren nie eine besondere Rolle gespielt hat, nämlich die Frage der Repräsentativität. Warum hat sie keine Rolle gespielt? - Weil die letzte Konsequenz, dass möglicherweise in den Luftreinhalteplänen Fahrverbote angeordnet werden, 20 Jahre lang nicht zur Debatte stand. Wir haben immer nur festgestellt, ob wir besser werden, aber diese letzte Konsequenz haben wir erst durch die Klage. Deswegen beschäftigen wir uns jetzt mit dieser Frage, und zwar sehr intensiv und nicht nur hier, sondern auch in den Gremien in Berlin und auch gemeinsam mit dem Bundesumweltministerium und dem Bundesverkehrsministerium.
Sehr geehrter Herr Minister! Halten Sie den Grenzwert von 40 µg/m3 im Jahresmittel im Sinne des Schutzes der menschlichen Gesundheit für gerechtfertigt und erforderlich?
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Grenzwert ist gesetzt. Diesen Grenzwert werden wir einhalten müssen. Ich habe nicht vor, Zweifel daran zu säen, dass dieser Grenzwert Sinn macht. Die Frage, die sich stellt - das habe ich gerade versucht, zu erklären -, ist, welche unterschiedlichen Grenzwerte es gibt. Es gibt sozusagen den Alarmwert, wenn drei Stunden nacheinander 400 µg/m3 überschritten werden. Es gibt den Stundenmittelwert von 200 µg/m3, der maximal 18-mal im Jahr überschritten werden darf. Und es gibt den Jahresmittelwert von 40 µg/m3. Das sind die vorgegebenen Grenzwerte.
Unsere Aufgabe ist es, auch im Sinne des Gesundheitsschutzes sicherzustellen, dass sie eingehalten werden. Aber unsere Aufgabe ist es eben auch - das habe ich auch vorhin schon versucht, zu erklären -, deutlich zu machen, dass wir die Werte, die wir messen und die die Kontinuität der Messreihen sicherstellen, trotzdem im Hinblick auf die Repräsentativität für eine Entscheidung prüfen müssen. Deswegen begrüße ich es sehr - das will ich auch einmal sagen -, dass sich die Bundesregierung auf den Weg gemacht hat, das BundesImmissionsschutzgesetz dahin gehend zu ändern, dass Klarheit in der Frage der Verhältnismäßigkeit gegeben ist. Und da will ich auch sagen: Verhältnismäßigkeit heißt nicht, dass wir uns mit 44 µg/m3 zufrieden geben, sondern Verhältnismäßigkeit heißt: An dieser Stelle ist die Anordnung von Fahrverboten unverhältnismäßig, aber weiterhin wird konsequent daran gearbeitet, die Grenzwerte von 40 µg/m3 zu unterschreiten. Insofern stelle ich diesen Grenzwert auch nicht in Frage.
Vielen Dank. - Nun hat sich für die nächste Zusatzfrage Herr Kollege Hujahn, SPD-Fraktion, zu Wort gemeldet.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund, dass die Bundesregierung zur Stickstoffdioxidreduzierung 1 Milliarde Euro zusätzlich zur Verfügung stellen will, stelle ich die Frage, ob bekannt ist, wie das Geld aufgeteilt werden soll.
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werter Herr Kollege Hujahn! Bisher war von der Bundesregierung 1 Milliarde Euro für das Programm „Saubere Luft“ zur Verfügung gestellt worden. Das Programm „Saubere Luft“, das verschiedene Maßnahmen beinhaltet, wird jetzt auf 1,5 Milliarden Euro erhöht. Darüber hinaus sollen in einem weiteren Programm 430 Millionen Euro - so ergeben sich rund 2 Milliarden Euro - ganz gezielt für die Nachrüstung von kommunalen Fahrzeugen und von Handwerkerfahrzeugen - also leichten und mittelschweren Nutzfahrzeugen, die typischerweise im Stadtgebiet unterwegs sind - eingesetzt werden. Das ist erst einmal ein guter und wichtiger Schritt.
Ich will einmal an eine Forderung erinnern, die ich schon als Verkehrsminister eingebracht habe, aber auch als Umweltminister vertrete: Wenn wir wirklich wollen, dass sich dauerhaft etwas verändert, müssen wir auch die Mobilität verändern. Wenn wir davon sprechen, Mobilität zu verändern, meinen wir damit andere Antriebsarten, aber wir meinen damit auch, dass die Qualität der öffentlichen Mobilität weiter gesteigert werden muss.
Nicht ohne Grund haben wir schon damals in der Verkehrsministerkonferenz - übrigens in Wolfsburg - gesagt, was ich jetzt auch als Umweltminister sage: Genau genommen, braucht man dafür zehn Jahre lang jedes Jahr 5 Milliarden Euro. Denn wenn sich Pendlerströme und Pendlerbeziehungen verändern sollen, schafft man das nicht mit einem Einmalpakt, sondern es entstehen dauerhafte Mehrkosten, damit der entsprechende öffentliche Personennahverkehr gewährleistet werden kann.
Deswegen, glaube ich, ist das eine große Aufgabe. Wenn wir es ernst meinen mit dem Einhalten von Grenzwerten, wenn wir es ernst meinen mit mehr Gesundheitsschutz, dann bedeutet das auch lang