Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der Grünen resultiert entweder aus einer beachtlichen Ahnungslosigkeit hinsichtlich der tatsächlichen Verhältnisse oder aus reinem Populismus. In jedem Fall gefährdet er aber maßgebliche Prinzipien unserer Demokratie
Ahnungslosigkeit lässt sich jedenfalls der Begründung des Gesetzentwurfs entnehmen. Hier heißt es, der Wahlrechtsausschluss, der jetzt gilt, richte sich gegen Behinderte. Das ist so nicht richtig. Er betrifft überhaupt nicht sämtliche Behinderte, sondern bloß eine ganz kleine, eng umrissene Gruppe, nämlich die Gruppe derer - das klang teilweise schon nebenbei an -, bei denen eine Betreuung für sämtliche Angelegenheiten eingerichtet wurde.
Im Regelfall wird eine Betreuung aber auf einzelne Aufgabenkreise begrenzt. Die hiervon betroffenen Personen sind - unabhängig von ihrer Behinderung - selbstverständlich nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen. Durch die Einschaltung der örtlich zuständigen Betreuungsbehörde, die Einholung eines medizinischen Gutachtens und eine Anhörung durch den zuständigen Betreuungsrichter ist nach unserer Rechtslage gewährleistet, dass lediglich in den Bereichen eine Betreuung bestellt wird, in denen wirklich eine Betreuung nötig ist, und es nicht pauschal zu einer Betreuung in sämtlichen Angelegenheiten kommt.
Ich sage Ihnen das aus meiner Erfahrung als Betreuungsrichter, als der ich an zwei unterschiedlichen Amtsgerichten gearbeitet habe. Eine solche Entscheidung macht sich kein Betreuungsgericht leicht. Auf einer fundierten sachlichen Grundlage wird lediglich in den Angelegenheiten eine Betreuung bestellt, in denen sie wirklich unabdingbar notwendig ist.
Die unabdingbare Notwendigkeit einer Betreuung in sämtlichen Angelegenheiten liegt vor, wenn die betroffene Person in höchstem - ich wiederhole: in höchstem - Maße körperlich und geistig eingeschränkt und keinesfalls mehr dazu in der Lage ist, ihren Willen frei zu bilden.
Der geltende Ausschluss vom Wahlrecht betrifft also nicht pauschal Menschen mit Behinderungen, sondern lediglich Personen, die naturgemäß keinerlei Interesse an der Ausübung eines Wahlrechts haben,
zumal sie weder die Bedeutung einer Wahl umreißen noch sich eine politische Meinung aneignen bzw. bilden können.
Bei dieser Sachlage von einer menschenrechtswidrigen Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen zu sprechen, ist nichts anderes als reiner Populismus.
Damit nicht genug: Der Gesetzentwurf der Grünen gefährdet sogar elementare Grundsätze der Demokratie. Wie bereits skizziert, ist der vom Wahlrechtsausschluss betroffene Personenkreis üblicherweise nicht in der Lage, sich einen politischen Willen zu bilden. Das bedeutet, er ist in hohem Maße beeinflussbar, sei es aus dem persönlichen Umfeld, sei es aus dem Bereich der Pfleger.
Hinzu kommt, dass die betroffenen Personen infolge ihrer körperlichen Einschränkungen ohnehin auf eine Briefwahl angewiesen sind und bei der Bewältigung der Briefwahl in vielfältiger Hinsicht die Unterstützung einer weiteren Person benötigen, z. B. beim Falten des Stimmzettels, beim Einstecken des Stimmzettels in einen Briefumschlag oder - solche Fälle gibt es; ich habe sie in der Praxis selber mitbekommen - durch das Führen ihrer Hand beim Ausfüllen des Stimmzettels. Dass dies mit den Grundsätzen einer freien und geheimen Wahl keinesfalls mehr vereinbar ist, erfordert in
Um das abschließend zu betonen: Wir wollen niemanden von der Teilhabe an der Demokratie ausschließen. Im Gegenteil, wir von der AfD sind es, die nachdrücklich für mehr Demokratie eintreten.
Aber eine funktionierende Demokratie braucht die Einhaltung elementarer demokratischer Grundsätze, zu denen der Grundsatz der freien und geheimen Wahl gehört. Und eine funktionierende Demokratie braucht Wähler, die wenigstens in der Lage sind, mit einem gewissen Grundverständnis einen Stimmzettel auszufüllen. Sie braucht Wähler, die wenigstens ansatzweise dazu in der Lage sind, sich eine politische Meinung zu bilden, und nicht bloß deshalb eine bestimmte Partei wählen, weil ihr persönliches Umfeld dies möchte.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin schon sehr überrascht davon, dass die Auseinandersetzung mit diesem sehr schwierigen und sehr sensiblen Thema jetzt offensichtlich in eine vorgefasste Meinung umgelenkt werden soll, dass eine Partei in diesem Parlament die ganze betroffene Personengruppe einschätzen zu können glaubt.
Ich weiß, Sie sind noch nicht lange Teil dieses Parlamentes. Aber die Idee war, das durch die Anhörung wirklicher Experten zu klären. Das würde ich schon noch sehr gerne abwarten.
Die Frage, was Populismus beim Einsatz für Menschen mit Behinderungen ist, ist, glaube ich, nicht von Ihnen zu klären.
Eventuell ist nicht ganz deutlich geworden, wie ich das gemeint habe. Es geht hier überhaupt nicht um den Ausschluss von Menschen mit Behinderungen. Es geht bloß um die Wahrung der Grundprinzipien der Demokratie.
Noch einmal: Ich meine, durch langjährige Erfahrung als Betreuungsrichter schon ungefähr einschätzen zu können, wie es an Betreuungsgerichten läuft. Betreuung in sämtlichen Angelegenheiten habe ich höchst selten - ich glaube, in einem oder zwei Fällen - bestellt und nie einfach so, sondern nur unter Ausschöpfung sämtlicher sachlich fundierter Grundlagen. Das heißt, das sind wirklich Extremfälle. Das sind Personen, die kein Interesse mehr haben zu wählen. Wenn die wählen, dann wählen andere Personen für sie, dann wählt das persönliche Umfeld.
Das kann ich aus eigener Erfahrung sagen. Ich kann - im Gegensatz zu manch anderem in diesem Parlament - auf eine reiche Berufserfahrung zurückblicken und habe damit Ahnung davon.
Noch einmal: Es ist Populismus, wenn Sie sagen, Sie wollen hier die Rechte von Behinderten stärken. Es geht hier nicht um die Rechte der Behinderten; denn die allermeisten Behinderten
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zwei Sachen möchte ich gerne direkt an Herrn Emden richten. Dafür brauche ich keine Kurzintervention.
Erstens. 10 000 Leute sind in Niedersachsen unter Betreuung. Sie haben pauschal gesagt, die hätten sowieso alle kein Interesse und könnten nicht wählen, ohne überhaupt über die Einzelfälle zu reden. Das geht gar nicht. Da brauchen wir auch nicht über Populismus zu reden.
Zweitens. Sie haben den Abgeordneten hier erst einmal erzählt, dass Sie eine reichere Lebens- und Berufserfahrung hätten als alle anderen. Ich war fast 45, als ich in den Landtag eingezogen bin. Ich habe einige Jahre gearbeitet, und es gibt Kollegen, die länger gearbeitet haben. Da kommt man mit solchen Dingen auch nicht weiter.
Ich würde gerne mit folgenden Worten starten: Nicht über uns, sondern mit uns! Das ist schon vielfach gesagt worden, das war auch immer wieder Thema im Sozialausschuss: Es soll nichts über uns entschieden werden, sondern wir möchten überall mit dabei sein.