Die Aufsicht und die Landesregierung müssen gerade angesichts der anstehenden EU-Wahlen deutlich machen, dass sie in Haltung und Handeln absolut unparteiisch sind und allein Recht und Gesetz verpflichtet sind. Eine Aufsicht, die auch nur den Anschein erweckt, dass sie interessengeleitet handelt, würde in Krisen dringend benötigte Autorität einbüßen und gäbe indirekt zu allem Überfluss rechtspopulistischen Demagogen Futter.
Meine Damen und Herren, daher müssen Mittel und Wege gefunden werden, um ein Modell für die Aufsicht vorzuschlagen, das mindestens 1,2 Milliarden Euro der stillen Gesellschafter und des sonstigen Nachrangkapitals zur Haftung heranzieht.
Meine Damen und Herren, wir reden über sehr viel Geld - viel mehr, als wir sonst in diesem Haus für einzelne Maßnahmen zur Verfügung stellen. Keinem anderen Unternehmen würde man eine solche Entwicklung durchgehen lassen. Deshalb müssen wir die Ursachen vollständig aufklären. Und ich meine tatsächlich vollständig!
Wenn es an der Unfähigkeit beteiligter Personen läge, wäre das schlimm, weil dann die Aufsichtsmaßnahmen versagt hätten. Wenn es möglicherweise kriminelle Handlungen gab, wäre das noch schlimmer. Aber auch dann wäre zu klären, warum die Regeln und Aufsichtsgremien versagt haben.
Es braucht eine Konzentration der Landesbanken, eine kompetente und konfliktbereite Besetzung des Aufsichtsrats, eine Abschaffung der vielen Beiräte, eine unverzügliche Offenlegung der stillen Gesellschafter, ein komplett neues Geschäftsmodell. Und das gehört hier auf den Tisch zur Entscheidung, Herr Hilbers! Das können nicht nur die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler erwarten, sondern insbesondere auch die Beschäftigten, die um ihren Job bangen. Denn eine Bank, die kein Geld verdient, sondern ständig frisches Steuergeld beansprucht, hat keine Zukunft. Das wissen alle.
Mit Blick auf den Finanzminister abschließend noch ein Zitat aus einem Interview des ehemaligen Oberbürgermeisters Hoffmann in der Braunschweiger Zeitung von heute. Auf eine Frage, ob die Verantwortlichen die Gefahr unterschätzt haben, lautet die Antwort:
„Unterschätzt? Uneingeschränkt ja. … Welche Risiken da jetzt noch schlummern, wissen wir erst in einigen Jahren.“
Vielen Dank, Herr Kollege. - Das Wort für die SPDFraktion hat nun Frau Abgeordnete Heiligenstadt. Bitte, Frau Kollegin!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben uns in den letzten Wochen und Monaten sehr intensiv mit der NORD/LB befasst. Ich möchte gleich zu Beginn sagen, dass sicherlich vielen der Beschäftigten bei der NORD/LB, vielen, die sich mit dem Prozess befasst haben, und auch vielen Abgeordneten der SPD-Fraktion quasi ein Stein vom Herzen gefallen ist, nachdem das Kabinett am Freitag eine gute Richtungsentscheidung getroffen hat.
Monate quälender Berichte in den Medien über die Situation in der NORD/LB mit zum Teil wilden Spekulationen über den Zustand der Bank - auf der Suche nach Lösungsalternativen - sind nun beendet. Dabei ist zuweilen auch ein falscher Eindruck über die NORD/LB entstanden. Lassen Sie mich daher, trotz zum Teil anderslautender Aussagen, deutlich feststellen: Die NORD/LB ist eine ordentliche Bank. Die NORD/LB ist in vielen Bereichen führend in Deutschland. So ist die Bank z. B. größter Agrarfinanzierer in Deutschland, mit die beste Bank beim Thema Finanzierung im Bereich regenerativer Energien. Sie ist aber auch eine der größten Banken in Deutschland im Bereich der Unternehmensfinanzierungen, insbesondere im Bereich des Mittelstandes und besonders hier in Norddeutschland.
Lassen Sie mich daher an dieser Stelle den Beschäftigten danken. Die Bank hat nämlich mehr als 6 000 Beschäftigte, die jeden Tag gute und qualitätsvolle Arbeit erbringen.
Diesen Beschäftigten nicht nur für ihre Arbeit zu danken, sondern auch für die Geduld, die sie in den letzten Wochen und Monaten während des Bieterverfahrens aufgebracht haben, ist, denke ich, am heutigen Tag auch wichtig. Es war sicherlich eine schwierige Situation für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wenn sie fast jeden Tag neue Schlagzeilen über ihr Institut lesen mussten.
Meine Damen und Herren, es ist gut, dass mit der Entscheidung des Kabinetts von Freitag und der Entscheidung des Aufsichtsrats am Samstag auch für die Beschäftigten nun die Richtung klar ist, auch wenn natürlich noch viele Details zu besprechen sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es bleibt aber dennoch die Feststellung, dass die Altlast der Schiffskredite derzeit die Stabilität des Gesamtgebildes NORD/LB infrage stellt. Diese Altlasten drücken umso mehr, als dass erhöhte Eigenkapitalanforderungen der Bankenaufsicht infolge der Bankenkrise ebenfalls zugenommen haben. Und es ist bereits im letzten Jahr klar gewesen: Es besteht und bestand unabweisbar Handlungsbedarf.
Insofern, lieber Kollege Wenzel, widersprechen sich die unterschiedlichen Aussagen in den verschiedenen Diskussionen, in den Debatten in den letzten Monaten nämlich nicht. Man darf sie nur nicht einfach bruchstückhaft nebeneinanderstellen. Das ist unseriös.
Meine Damen und Herren, die Frage, wie sich die NORD/LB auf dieser Grundlage weiterentwickeln kann, und auch, in welche Richtung sie sich weiterentwickeln sollte, war Gegenstand schwieriger Verhandlungen, die übrigens auch in einem schwierigen Umfeld für die Finanzwirtschaft ganz allgemein in den letzten Monaten stattgefunden haben. Ich möchte an dieser Stelle dem Finanzminister Hilbers und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen Dank aussprechen. Sie haben in den letzten Monaten einen Großteil ihrer Zeit mit diesen schwierigen Verhandlungen zugebracht. Sie sind dabei sehr sorgsam, sehr umsichtig und auch mit der notwendigen Offenheit für alle Lösungswege umgegangen.
Ich sage aber auch dem Ministerpräsidenten Stephan Weil Dank, dem es ein wichtiges Anliegen war, eine gute Lösung für das Land, für die Bank, für die Beschäftigten, aber auch für den Finanzstandort Niedersachsen zu finden.
(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Dr. Stefan Birkner [FDP]: Das wäre ja sonst auch noch schöner!)
Meine Damen und Herren, alle kennen das Ergebnis des Bieterverfahrens. Es liegen bzw. lagen zum Ende des Verfahrens zwei Angebote auf dem Tisch. Einige diskutieren ja sogar drei Möglichkeiten für die NORD/LB und bezeichnen die Abwicklung der Bank auch als eine zusätzliche Lösungsmöglichkeit. Dazu komme ich später noch.
Das Kabinett hat sich für das Angebot des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes entschieden. Dieses Angebot, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist in der Tat in vielerlei Hinsicht vorzugswürdig. Zunächst möchte ich deutlich machen, dass das Sparkassenlager mit seinem Engagement ein hohes Verantwortungsbewusstsein bewiesen hat und dass wir uns auch ausdrücklich bei Präsident Schleweis für sein Engagement in den letzten Tagen und Wochen bedanken können.
Wenn wir uns diese Richtungsentscheidung anschauen, sehen wir, dass es nachhaltige und gravierende Veränderungen bei der NORD/LB geben wird. Das ist ziemlich sicher. Die NORD/LB soll wesentlich kleiner werden, und sie soll sich we
sentlich mehr auf regionale Fragen und regionale Geschäfte konzentrieren. Sie soll nach den vorliegenden Planungen aber auch robuster werden, sowohl was das Kapital als auch was die Renditeerwartung angeht.
Meine Damen und Herren, der Weg, der jetzt eingeschlagen wurde, ist der richtige Weg. Ich will auch begründen, warum. Die Landesinteressen sind mit dieser Entscheidung in mehrfacher Hinsicht gewahrt.
Zum Ersten erhalten wir eine Landesbank als Instrument zur Finanzierung des Mittelstandes in Norddeutschland.
Zum Zweiten ist es - bei allen zwangsläufigen Abstrichen - für die Arbeitsplätze und für die Beschäftigten unter den gegebenen Bedingungen mit Sicherheit die deutlich beste Lösung und damit auch eine richtige Lösung für einen großen Teil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Und es ist viertens eine Lösung, die sich auch für das Land als vermögenserhaltend realisieren lassen kann.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind mit dieser Richtungsentscheidung allerdings noch lange nicht am Ende des Gesamtprozesses. Viele weitere Gespräche wird es geben müssen. Viele weitere Gespräche und Entscheidungen wird auch dieses Haus zu treffen haben. Der zuständige Fachausschuss wird weiter zu beteiligen sein. Es werden Gespräche mit der Bankenaufsicht und der europäischen Wettbewerbskommission durch die Landesregierung geführt werden müssen. Mit der Richtungsentscheidung haben wir jetzt aber einen Weg, an dem die Landesregierung gemeinsam mit dem Partner, dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband, arbeiten und weitere Lösungsmöglichkeiten entwickeln kann.
Diese Richtungsentscheidung hat uns ein ganzes Stück näher gebracht zu der Aufgabe, ein solides Fundament für die NORD/LB zu finden und zu entwickeln und sie auch auf neue Beine zu stellen. Damit hat der öffentlich-rechtliche Bankensektor bewiesen, dass er in der Lage ist, kraftvoll zu agieren und entsprechende Entscheidungen zu treffen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die SPD-Fraktion hofft nun, dass der Finanzminister mit der Bankenaufsicht und der EU-Kommission
zügig Lösungen finden wird, die mit dem Beilhilferecht vereinbar sind und die auch aus bankenaufsichtsrechtlichen Gründen tragfähig sind. Für uns ist jedenfalls politisch wichtig, eine Lösung gefunden zu haben, die erstens wirtschaftlich gut ist, die zweitens den fiskalischen Interessen des Landes Niedersachsen gerecht wird und die drittens eine gute Zukunft, also ein tragfähiges und auch ein nachhaltiges Modell darstellt.
Es ist wichtig, dass zukünftige Lösungen dafür Sorge tragen, dass wir nicht in Kürze oder in absehbarer Zeit wieder in eine ähnliche Situation kommen, bei der wir erneut über die Zukunft der Bank reden müssen.
Natürlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, muss auch die Konsolidierung der Bank weiter vorangebracht werden. Es ist kein Geheimnis, dass die SPD-Fraktion schon von Anfang an immer der Lösung einer Konsolidierung im öffentlichrechtlichen Bankensektor sehr nahe gestanden und sie auch favorisiert hat.
Mit dieser Lösung könnte vielleicht sogar ein wichtiger Beitrag zur Strukturierung und Neuorientierung bei der Ausrichtung des öffentlich-rechtlichen Bankensektors geleistet werden - auch wenn das vielleicht noch Zukunftsmusik ist. Wenn wir bei der NORD/LB allerdings den Raum für Private Equities geöffnet hätten, würde zumindest der Weg der Restrukturierung eines öffentlichen Sektors für Niedersachsen für die Zukunft ausgeschlossen sein.
Meine Damen und Herren, das Investment muss sich allerdings auch lohnen. Es geht schließlich um die Sicherung von Landesvermögen. Die NORD/LB ist ein ganz wesentlicher Bestandteil des Landesvermögens, das zu schützen ist. Der Finanzminister hat ausgeführt, dass er plant, diese Lösung im Rahmen des Beteiligungsmanagements darzustellen. Das heißt, dass für die Kapitalisierung von 1,5 Milliarden Euro kein Steuergeld in die Hand genommen wird, sondern die Finanzierung im Rahmen des Beteiligungsmanagements über eine Beteiligungsgesellschaft geregelt werden soll. Diese Gesellschaft soll dann über Dividendenzahlungen - also über Einnahmen - sicherstellen, dass sich dieses Modell insgesamt trägt und nicht zu einer dauerhaften Belastung des Landeshaushalts führen wird. Die Finanzierungskosten sollen also durch Dividenden und weitere Einnahmen gedeckt werden.