Protokoll der Sitzung vom 28.02.2019

Hier eine Quotenverteilung nach Größe und Wirtschaftsleistung der Länder zu fordern, ist lobenswert und unterstützenswert - keine Frage -, aber - wie ich befürchte - aufgrund der institutionellen Defizite, die auch Sie angesprochen haben, schlichtweg nicht durchsetzbar.

Realistischer scheint eher ein auf Anreize ausgerichtetes System zu sein, um Binnenwanderungen zu unterbinden. Auch da müssen wir uns schrittweise der Realität stellen.

Drittens, Zentren an den EU-Außengrenzen. Aus unserer Sicht ist es fraglich, ob solche Zentren an den Außengrenzen überhaupt nach EU-Vertrag eingerichtet und verwaltet werden können. Selbst wenn das möglich wäre, könnten sie nicht einfach eingerichtet werden. Mit allen Mitgliedstaaten müsste geklärt und vereinbart werden, dass die Entscheidungen dieser Zentren verbindlich sind und von allen, was die Verteilung betrifft, auch anerkannt werden.

Ihre vierte Forderung nach humanitären Schutzzonen liest sich gut, doch es ist die Frage, wie das beispielsweise in Failed States wie Libyen funktionieren soll. Wer konkret soll diese Schutzzonen einrichten und den Betrieb sicherstellen? Wie wollen Sie verhindern, dass diese offenen Schutzzonen - Zitat! - „überfüllt“ werden? Sie werden doch sicherlich nicht in Abrede stellen wollen, dass solche Einrichtungen einen Sogeffekt auf viele Schutzsuchende ausüben könnten.

Ich fasse daher zusammen: Sie erheben in Ihrem Antrag Forderungen, die nicht neu sind und - wie Sie vermutlich genau wissen - in Anbetracht der aktuellen Debatte nicht leicht umsetzbar sind. Deswegen müssten wir uns auch über eine institutionelle Reform der Europäischen Union unterhalten.

Viel interessanter finde ich aber das, was ich in Ihrem Antrag nicht lese. Ich will es medizinisch ausdrücken: Sie formulieren symptomatisch, nicht ideologisch. Wenn Sie jedoch die Symptome effektiv und langfristig bekämpfen wollen, dann müssen Sie zum tatsächlichen Kern der Migrationspolitik vorstoßen, nämlich zu der Bekämpfung von Fluchtursachen.

(Zustimmung bei der SPD)

Davon findet sich in Ihrem Antrag kein einziges Wort.

Der Entschließungsantrag ist innenpolitisch motiviert - dementsprechend auch die Beantragung, ihn im Innenausschuss zu beraten -, aber er bedarf auch einer europapolitischen und geostrategischen Ausrichtung. Deswegen beantragen wir hiermit die Mitberatung im Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten.

Lassen Sie uns daher insbesondere über eine neue europäische Afrikapolitik reden, wobei wir mit gezielten Fördermaßnahmen vor Ort Arbeitsplätze schaffen, damit junge Menschen eine Perspektive haben, ohne sich auf eine lebensgefährliche und illegale Reise zu begeben und dabei in die Hände von Menschenhändlern zu geraten. Der beste Weg zur Steuerung der Migration ist und bleibt die Entwicklungszusammenarbeit und Armutsbekämpfung.

Lassen Sie uns auch über europaweite soziale Standards, und zwar für alle Menschen reden, um Binnenmigration zu verringern. Gerade mit Blick auf den Fachkräftebedarf in Europa sollten wir auch über Einwanderungsregeln reden, die gezielt und bedarfsgerecht Zuwanderung ermöglichen, z. B. mittels einer Blauen Karte der EU. Darüber würde ich mich gern mit Ihnen für ein gemeinsames Signal nach Berlin und Brüssel einsetzen und daran auch sehr gerne beteiligen.

In diesem Sinne freue ich mich auf die Ausschussberatung und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Herzlichen Dank, Herr Dr. Pantazis. - Für die AfDFraktion hat sich nun der Kollege Ahrends gemeldet. Bitte sehr!

Herr Präsident, ich danke Ihnen. - Meine Damen und Herren! Bereits 1994 habe ich einen Vortrag über das Thema Migration an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg gehört. Schon damals hat der vortragende Oberstleutnant im Generalstab auf steigende Bevölkerungszahlen und eine zu erwartende Massenmigration aus Afrika hingewiesen.

Das Fazit seines Vortrages war jedoch keine kulturelle Bereicherung oder bunte Vielfalt, sondern das Ende seiner Ausführungen war eine mögliche Destabilisierung der inneren Sicherheit Europas. Die

EU muss sich daher gut überlegen, welche Wege sie zukünftig einschlagen will.

Meine Damen und Herren, jedes Jahr werden ca. 80 Millionen Menschen in den ärmsten Ländern dieser Welt geboren. Laut UN-Angaben werden bis 2050 in Afrika ca. 2,5 Milliarden Menschen leben, und im Nahen Osten noch mal ca. 750 Millionen. Wir reden also von fast 3,3 Milliarden Menschen, die den verständlichen Wunsch haben, ein besseres Leben führen zu können. Viele versprechen sich das eben in Europa. Wenn also nur 30 % dieser Menschen versuchen, nach Europa zu gelangen, reden wir von rund 1 Milliarde Menschen - meist aus einer völlig anderen Kultur, häufig mit einem völlig anderen Werteverständnis und einer anderen Religion. Das stellt Europa vor eine Mammutaufgabe der Integration.

Dass Integration vielfach nicht gelingt, sehen wir jetzt bereits in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und anderswo. 1 Milliarde Menschen - zum größten Teil mit islamischem Glauben -, die nach Europa kommen, werden Europa nachhaltig verändern. Es wird sicher nicht mehr das Europa sein, was sich heute einige Damen und Herren insbesondere von den Grünen unter einer bunten Multikulti-Gesellschaft vorstellen, sondern es wird dann stark islamisch geprägt sein.

Sie wollen Europa und Deutschland bunt und auch sicherlich frei. Sie vergessen dabei aber, dass viele der Menschen, die zu uns kommen, weder bunt noch frei als erstrebenswert erachten und auch Demokratie ablehnen. Schauen Sie sich einfach mal die salafistischen Tendenzen bei vielen zugewanderten Migranten an. Die Zahlen steigen.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Wir entscheiden heute für unsere Kinder und Enkel, wie das Land aussehen wird, in dem sie aufwachsen werden. Ja, auch die AfD wünscht sich eine gemeinsame Außenpolitik Europas. Doch wie sollte diese aussehen?

(Helge Limburg [GRÜNE]: Ich denke, Sie wollen eine Auflösung?)

Zunächst einmal ist das alles Entscheidende - das wurde vorhin schon gesagt -, dass die Fluchtursachen besser bekämpft werden. Das kann im Rahmen eines UN-Mandates militärisch geschehen. Besser ist eine humanitäre Hilfe vor Ort, die die Not der Menschen lindert, oder auch Entwicklungshilfe. Es sollte vor allen Dingen eine Hilfe zur Selbsthilfe sein.

Sicherheitszonen mit Asylzentren für die Menschen, die immer noch nach Europa kommen wollen, müssen unserer Meinung nach im Nahen Osten und in Afrika entstehen. Dort können sich Menschen mit Papieren um Asyl bemühen. Wer keine Papiere hat und nicht glaubhaft erklären kann, woher er kommt und wer er ist, darf keine Chance haben, illegal nach Europa einzureisen; denn wir müssen aus Sicherheitsgründen zu 100 % wissen, wer zu uns kommt.

Wer die Einreise mit dem Boot mit Hilfe von Schleppern versucht, muss, wenn er dann an der Zwölf-Meilen-Zone gerettet wurde, zurück nach Afrika. Nur so kann den Schleppern dauerhaft das Handwerk gelegt werden. Tunesien, Marokko und Ägypten sind übrigens sichere Länder, in denen Deutsche und andere Europäer sehr gerne Urlaub machen.

Europa braucht sichere Außengrenzen; denn nur so kann Freizügigkeit nach innen oder auch ein funktionierender Sozialstaat gelingen. Daher ist es wichtig, dass Europa die Grenzschutztruppe Frontex verstärkt. Dies soll leider erst 2027 geschehen - viel zu spät, wie wir meinen.

Innerhalb Europas ist es wichtig, die Sozialleistungen anzugleichen. Ansonsten werden die Menschen trotz eines möglichen Verteilungsschlüssels immer in das Land ziehen, das ihnen die höchsten Geldleistungen verspricht. Oftmals ist dies Deutschland. Auch muss überwiegend mit Sachleistungen für Asylbewerber gearbeitet werden; denn Bargeld ist das falsche Mittel. Geld erzeugt eine Sogwirkung.

Illegale Migration darf keine Chance haben. Ich erinnere daran, dass die Anerkennung der Migranten nach Artikel 16 a Abs. 2 des Grundgesetzes unterhalb von 1 % liegt. Daher muss die Rückführung beschleunigt werden. Die EU muss an einem Strang ziehen und konsequent zeigen, dass Europa bereit ist, Menschen in Not zu helfen und Entwicklung vor Ort zu fördern, dass wir aber keinesfalls bereit sind, das europäische Sozialsystem zu opfern.

Die Probleme Afrikas und des Nahen Ostens müssen in Afrika und im Nahen Osten gelöst werden und nicht in Europa. Ihrem Antrag können wir in dieser Form daher leider nicht zustimmen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD - Zuruf von der SPD: Gott sei Dank! - Weiterer Zuruf von der SPD: Das würde mich auch wundern!)

Vielen Dank, Herr Kollege Ahrends. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun der Kollege Onay. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bedanke mich zunächst einmal bei der FDP-Fraktion für diesen Antrag. Da kann man ganz gut noch mal ein paar aktuelle Punkte aufgreifen. Er passt ja auch ganz gut im Vorfeld der Europawahlen.

Ihr schreibt ja hier im Antrag, lieber Jan-Christoph Oetjen: „Der Landtag fordert die Landesregierung auf, sich gegenüber der Bundesregierung und der Europäischen Union...“ Ich hoffe, ab Mai gibt es kürzeren Weg für uns hier im Landtag einen kürzeren Weg.

Wir geben dir schon mal als Aufgabenzettel mit, ein paar Punkte im Europaparlament zu thematisieren. Das wird für dich allerdings nicht ganz einfach werden; das kann ich dir schon voraussagen. Es wird vermutlich ein Europaparlament mit sehr starker rechtspopulistischer Beteiligung werden. Da kannst du dir leider mehr solcher Reden wie die meines Vorredners anhören, und das in ganz unterschiedlichen Sprachen.

Aber unabhängig von dem Vorstoß will ich auch ein paar Sätze über die inhaltlichen Punkte sagen, die ihr hier aufgeführt habt.

Zum einen geht es um Frontex. Ich glaube, es wäre schwierig - um es einmal milde zu formulieren -, Frontex zu stärken, um die Seenotrettung voranzubringen. Ich glaube, es macht Sinn, die Seenotrettung auf europäischer Ebene selbst zu betreiben. Zumindest müsste man die Kriminalisierung der jetzt stattfindenden Seenotrettung einstellen.

Es müsste auch über Strukturen diskutiert werden. Es ist schon absurd, dass Italien beispielsweise Bundeswehrpatrouillenboote ins Niemandsland des Mittelmeeres verschifft, wo keine Hilfe stattfinden kann, sodass die Bundeswehr letztendlich ihre Patrouillenboote abzieht.

Aber Frontex an dieser Stelle zu stärken, macht den Bock zum Gärtner. Das kann hier nicht die Lösung sein. Die Frage ist doch: Was macht Frontex mit den Personen, die gerettet worden

sind? Werden sie nach Libyen zurückgebracht? - Ich glaube, ich brauche hier nicht auszuführen, wie schwierig die Situation dort ist. Versklavung, Vergewaltigung von Menschen und massive Gewalt in den Lagern, sind dort ein alltägliches Problem. - Das kann meines Erachtens nicht die Lösung sein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Damit komme ich auch schon zu einem weiteren Punkt, den Sie hier ansprechen, nämlich zu den Zentren oder humanitären Schutzzonen oder auch zu Massenlagern, wie es in Libyen der Fall ist. Das hast du ja in deiner Rede, lieber Jan-Christoph Oetjen, kurz angesprochen. In Griechenland, auf Lesbos, also auf europäischer Ebene, sehen wir gerade, wie schwierig solche Massenlager sind.

Ich glaube, solche Lager können und werden auch nicht die Lösung sein, um eine Weiterverteilung zu organisieren, weder hier noch jenseits europäischer Grenzen. Das macht noch einmal deutlich, was daran geknüpft sein wird, nämlich Deals mit Nicht-EU-Staaten wie beispielsweise der Türkei. All die Probleme, die damit zusammenhängen, sind hier aber auch schon angesprochen worden.

Darüber hinaus halte ich es ausdrücklich für richtig - das hat der Landtag in der letzten Legislaturperiode einstimmig gesagt -, das Dublin-System noch einmal maßgeblich zu überdenken.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zurufe von der CDU)

Dublin ist letztendlich gescheitert. Es braucht ein solidarisches System. Davon, wie schwierig es um diese Solidarität bestellt ist, konnten wir uns in der letzten Legislaturperiode in Brüssel selbst ein Bild machen, als die Europäische Kommission uns dargestellt hat, wie schwierig die Suche ist.

Ich bin ausdrücklich beispielsweise für eine Kontingentlösung, um sichere legale Einreisewege zu ermöglichen. Ich freue mich, dass es dazu schon mal Signale gegeben hat und man das mit Wohlwollen begleiten will. Unseren Antrag, sichere Einreisewege beispielsweise über ein niedersächsisches Kontingent zu ermöglichen, hat die Große Koalition - woran Sie sich sicherlich noch alle erinnern werden - in der letzten Plenarsitzung allerdings kurzerhand abgelehnt, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Der vom Kollegen Pantazis angesprochene Vorwurf, Sie würden die Fluchtursachen nicht ansprechen, wäre auch von mir gekommen, nicht als Vorwurf, aber zumindest als weiterer Punkt. Aber

die Große Koalition muss sich schon sagen lassen: Ihr wart es doch, die den Runden Tisch „Fluchtursachen“ hier in Niedersachsen eingestampft habt,

(Beifall bei den GRÜNEN)