der in unserem Umweltministerium unter Stefan Wenzel initiiert worden ist, liebe Kolleginnen und Kollegen. Aber ich nehme den Ball gerne noch einmal auf. Wir sollten das unbedingt noch weiter diskutieren.
Vielen Dank, Herr Kollege Onay. - Für die CDUFraktion hat sich nun der Kollege Sebastian Lechner gemeldet. Bitte sehr!
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Verehrter Herr Kollege Ahrends, es hilft uns allen bei dieser Debatte nicht, wenn wir Reden damit beginnen, dass wir erst einmal darstellen, wie schlimm alles werden könnte und welche gefährlichen und schrecklichen Herausforderungen uns drohen. Keiner von uns weiß, ob es so kommen wird; die Geschichte hat gelehrt, dass es meistens nicht so kommt.
Ich bin der FDP für ihren Beitrag dankbar, sodass wir heute darüber debattieren und uns konstruktiv überlegen können, wie wir uns in Europa mit einem Asylsystem den Herausforderungen stellen können, um ein System zu schaffen, das gerecht, human und konsequent ist. Das ist die Aufgabe heute.
Es ist klar - das kam als Konsens schon heraus -, dass der Status quo nicht gut ist. Wir haben die Verantwortung bei wenigen Ländern. Wir haben sehr unterschiedliche Systeme in den jeweiligen Staaten, auch in der Frage, wann Schutz anerkannt wird und welche Leistungen gewährt werden. Das führt dazu, dass Asylbewerber von einem Land zum anderen reisen und wir eine sogenannte Sekundärmigration haben.
Es gibt auch keine sicheren Wege, um legal nach Europa zu kommen, was immer wieder dazu führt, dass wir diese schrecklichen Szenen im Mittelmeer und bei der Hochseenotrettung haben.
Insofern müssen wir drei Antworten geben. Wir brauchen aus unserer Sicht eine Reform des Dublin-Abkommens. „Dublin“ wurde seinerzeit geschaffen, um klar zu ermitteln, welcher Staat zuständig ist, und zwar für das Asylverfahren und für die jeweiligen Leistungen. Wir brauchen ein System, in dem das klar und deutlich geregelt ist, ein System, was gerecht verteilt, was gerecht auf alle Köpfe verteilt.
Ich finde den Vorschlag der FDP gar nicht so schlecht. Wir brauchen ein System, in dem sich keiner der Verantwortung entziehen kann. Wir sollten diesbezüglich unserer Bundesregierung den Rücken stärken. Es kann nicht sein, dass sich die Verantwortung nur auf Einzelne konzentriert. Alle europäischen Länder müssen sich dieser Verantwortung stellen.
Es muss auch klar sein, dass der Staat, der zuständig ist, auch für das Asylverfahren und die Sozialleistungen verantwortlich ist. Das bedeutet im Umkehrschluss auch, dass ein Asylbewerber, der aus dem Staat, der zuständig ist, in ein anderes Land ausreist, dann dort keine Leistungen, bis auf Gesundheitsvorsorge, mehr in Anspruch nehmen kann. Der Asylbewerber kann dort auch keine Folgeasylanträge stellen. Diese ganzen Verfahren können nur in dem Staat durchgeführt, der zuständig ist.
Es bedarf auch anderer Überstellungsmechanismen. Wird in Deutschland jemand aufgegriffen, für den wir nicht zuständig sind, dann müssen wir denjenigen auch einfach und bürokratiearm in den zuständigen Staat überstellen können. Es geht aber nicht so, wie es derzeit im Dublin-Verfahren läuft, dass wir im Grunde genommen jemanden überstellen und dieser nach drei Tagen wieder bei uns zurück ist und der gesamte Überstellungsmechanismus, der schon einmal sechs Monate gedauert hat, von vorne beginnt. Wir brauchen klare und unbürokratische Überstellungsmechanismen.
Wir brauchen auch ein einheitliches Asylsystem, und zwar einen einheitlichen europäischen Asylantrag. Das ist eine wesentliche Voraussetzung. Das bedeutet, wenn ein Land eine Entscheidung trifft, dann ist diese Entscheidung bindend auch für die anderen Länder. Es muss einheitlich geklärt werden, wem Schutz gewährt wird und welche Leistungen zugestanden und wie die jeweiligen Asylbewerber untergebracht werden.
Dazu gehört aber auch ein einheitliches Rückführungsregime über die Rückführungsrichtlinie. Für die CDU ist es ein wichtiger Punkt, dass wir den sogenannten Vorbereitungsgewahrsam für Rückführungen in Europa so eindeutig regeln, dass wir ihn national nutzen können. Es kann nicht sein, dass die Hälfte der Rückführungen, die wir anstreben, dadurch abgebrochen wird, dass wir diejenigen nicht auffinden. Wir brauchen klare Regelungen, damit wir dieses Instrument in Deutschland und in Europa nutzen können.
Drittens ist es auch wichtig, dass wir uns in Europa für den Fall, dass Straftaten begangen werden, einigen - das muss klar sein -, bis zu welchem Straftatdelikt gleichzeitig der Aufenthaltstitel endet. Wir können uns als CDU beispielsweise sehr gut vorstellen, dass bei Straftaten gegen Polizisten oder bei Sexualdelikten ganz klar ist, dass der Aufenthaltstitel endet und rückgeführt werden muss.
Letzter Punkt: die sicheren Wege. Ich bin mit Ihnen völlig d’accord, dass wir so etwas ermöglichen müssen. In der Vergangenheit haben wir schon so etwas gehabt. Ich denke z. B. an die Kontingentflüchtlinge, wo wir genau diesen Mechanismus gezogen haben. Wir brauchen Möglichkeiten, legal, wie es die FDP in ihrem Antrag vorschlägt, an der Grenze Europas oder sogar schon in den Heimatländern Asyl zu beantragen, um dann legal zu uns kommen zu können. Aber der Zwilling der legalen Einreise ist natürlich die Vermeidung der illegalen Einreise. Insofern brauchen wir einen starken Grenzschutz und eine Stärkung von Frontex.
Ich würde mich freuen, wenn wir wirklich konstruktiv und unabhängig von jeder ideologischen Prägung versuchen, diesen Antrag gemeinsam, fraktionsübergreifend zu diskutieren. Vielleicht gelingt es uns am Ende, eine gemeinsame Initiative auf den Weg zu bringen. Das wäre gut. Wir brauchen
die Reform, wir müssen die Akzeptanz für unser Asylsystem stärken. Deswegen ist es eine sehr wohl löbliche Initiative.
Vielen Dank, Herr Kollege Lechner. - Zu einer Kurzintervention hat sich der Kollege Onay gemeldet. Bitte schön!
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will keine unnötige Schärfe in die Diskussion bringen, will aber auch den Eindruck vermeiden, dass wir uns hier in den Armen liegen. Wir haben hier schon ein paar Differenzen, die in der Debatte deutlich geworden sind.
Sie, sehr geehrter Herr Kollege Lechner, haben gerade die Leistungsstandards angesprochen, die man, wenn man in anderen Ländern Asyl beantragt hat, hier nicht in Anspruch nehmen kann. Dazu möchte ich noch einmal auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zu sprechen kommen und auf einen prägenden und für die Diskussion sehr wichtigen Satz hinweisen, nämlich dass das Existenzminimum migrationspolitisch nicht relativierbar ist. Ich denke, das gilt hier ausdrücklich.
Hier wird immer wieder konstruiert - ich möchte fast „Mär“ sagen -, dass Personen, wenn sie nicht angetroffen werden, erst abgeschoben werden können, wenn sie in Haft genommen werden, in welche Haft auch immer, Abschiebungsvorbereitungshaft oder sonst etwas.
Ich möchte nur noch einmal an die Asylpakete erinnern. Bei dem Asylpaket II war es die Große Koalition im Bund, die die Möglichkeit, den Termin für Abschiebungen anzukündigen, aufgehoben hat, unterbunden hat. Die Länder haben nun nicht mehr die Möglichkeit, die Abschiebung vorher terminlich anzukündigen.
Jetzt soll, wenn man nichts weiß und nicht zu Hause ist, nicht angetroffen wird, dies plötzlich diesen Personen zum Vorwurf gemacht werden, indem ihnen Untertauchen unterstellt wird.
Das halte ich doch für sehr konstruiert. Daraus dann noch eine Haft resultieren zu lassen, ist meines Erachtens rechtsstaatlich sehr, sehr fragwürdig.
Herr Kollege Onay, zum ersten Punkt. Es macht nur Sinn, Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten zu definieren, wenn sie auch konsequent gelebt werden. Es macht keinen Sinn, einen zuständigen Staat zu ermitteln, der dann für das Asylverfahren und die Sozialleistungen zuständig ist, gleichzeitig aber nicht festzulegen, dass derjenige, der dann in ein anderes Land ausreist, dort nicht die sozialen Leistungen ohne Einschränkungen in Anspruch nehmen kann.
Anderenfalls haben wir nämlich das Problem - das haben wir heute schon -, dass die Asylbewerber und auch viele der Antragstellenden sich den Staat aussuchen, von dem sie sich versprechen, die meisten Leistungen zu bekommen.
Wenn wir das europarechtlich klar nach Zuständigkeiten regeln, können wir aus meiner Sicht ein Abkommen schaffen, das klar die Zuständigkeiten aufzeigt und diese auch konsequent durchzieht. Ich kann mir nicht vorstellen, wie wir ansonsten Sekundärmigration in Europa vermeiden wollen.
Punkt 2: zu Ihrem Abschiebegewahrsam. Wir haben die Ankündigungsmöglichkeiten deswegen gestrichen, weil wir, wenn wir angekündigt haben, noch weniger angetroffen haben, wenn wir rückführen wollten.
Das ist auch logisch. Wenn ich erwarten muss, dass ich rückgeführt werde, und ich das nicht möchte, dann entziehe ich mich dieser Rückführung.
Wir müssen uns einfach einmal der Wahrheit stellen, dass wir eine Antwort brauchen, wie wir auf dieses Phänomen reagieren. Wir treffen heute zu wenige an. Ausreisegewahrsam kann für bestimmte Fälle eine gute Antwort sein.
Wir sind der Überzeugung, dass wir dieses Instrument brauchen, damit wir auch in der Rückführung konsequent vorgehen können.