Protokoll der Sitzung vom 27.03.2019

Wir haben in diesem Falle schnell reagiert. Sie haben einfach ein Gesetz genommen und viele Länder zitiert. Warum haben Sie nicht Hessen genommen? Da haben die Grünen nämlich gegen ein Zweckentfremdungsgesetz gestimmt. Nur mal so der Hinweis!

Wenn Sie sagen, die Fristen seien zu lang, und die FDP sagt, das Ganze sei zu kurz, dann kann ich einfach sagen: Das nennt man einen Kompromiss, und ein Kompromiss ist kein Landesverrat.

Zum Kollegen Wirtz: Wir haben da auf Drucksachen reagiert und nicht auf Pressemitteilungen der AfD. Pressemitteilungen werden wir nicht zu unserer Handlungsmaxime machen, sondern das, was in Drucksachen steht.

(Zustimmung bei der SPD)

Eines muss allen klar sein: Es gibt nicht die Einzelmaßnahme, nicht die eine Gesetzesänderung, die für genug bezahlbaren Wohnraum sorgt. Wir müssen ganz viele Mosaiksteinchen zusammensetzen. Da werden wir viel zu tun haben. Das wird Sie in den nächsten Jahren weiterhin beschäftigen. Wir werden viele Regelungen anpacken müssen.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Adomat. - Schließlich spricht für die CDU-Fraktion Kollege Bäumer. Bitte sehr! Ich erteile Ihnen das Wort.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Landtag beschließt heute ein Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum. Niedersachsen reiht sich damit in die Liste der Bundesländer ein, die mit diesem Instru

ment einer weiteren Verknappung von Wohnraum gerade in Ballungsgebieten entgegenwirken wollen.

Das Zweckentfremdungsverbot ist damit ein Baustein einer aktiven Wohnungspolitik des Landes Niedersachsen. Aber wie ein Haus aus vielen Bausteinen besteht, so besteht auch die Wohnungspolitik aus vielen Bausteinen, die nur gemeinsam zum Erfolg führen können. Wenn man es durch diese Brille betrachtet, dann ist dieses Gesetz in der Tat ein kleiner Baustein. Aber auch das kommt auf die Betrachtungsweise an. Gerade auf den Inseln, an der Küste oder in Ballungsgebieten wie hier in Hannover kann dies Gesetz ein geeignetes Instrument sein, um zu verhindern, dass dem Markt weiterer Wohnraum entzogen wird.

Dabei muss klar sein, dass das Land nur den rechtlichen Rahmen zur Verfügung stellt. Gehandelt werden muss anschließend vor Ort. Jede Kommune, die dieses Gesetz nutzen will, muss in ihrem Gemeinderat oder Stadtrat eine Satzung beschließen. Erst dann wird das Gesetz seine Wirkung entfalten können.

„Die Satzung“

- so steht es im Gesetz -

„darf nur erlassen werden, wenn die Gemeinde dem Wohnraummangel nicht auf andere Weise mit wirtschaftlich und zeitlich vertretbaren Mitteln … abhelfen kann.“

Zudem ist die Satzung der Kommune auf fünf Jahre zu befristen.

Ein weiteres Instrument zur Entspannung der Situation auf dem Wohnungsmarkt ist in der Tat ein Wohnraumschutzgesetz. Auch dieses Gesetz soll hier im Landtag in der nächsten Zeit beschlossen werden.

Wir hätten - das hat mein Kollege Adomat vorhin richtigerweise erklärt - das auch gemeinsam machen können, lieber Kollege Meyer. Aber dann hätten wir eine Chance vertan. Denn dann hätte es länger gedauert, und dann hätten die Kommunen auf den Inseln nicht die Chance gehabt, schon für diese Saison eine Satzung zu beschließen. Dann wäre es wahrscheinlich Sommer oder Herbst geworden, und dann hätten wir eine komplette Feriensaison verpasst.

Wir haben uns für die andere Art und Weise entschieden. Wir haben gesagt: Wir ziehen das vor. Wir machen das schneller. Damit handeln wir. Das zeigt, dass dieses Land, dass diese Koalition

handlungsfähig ist, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Insofern kann ich dem Herrn Kollegen Meyer von den Grünen nur sagen: Warten Sie es doch einfach ab! Und hören Sie auf, in der Öffentlichkeit Unwahrheiten zu verbreiten, wie Sie das auch heute wieder getan haben!

Die Probleme, lieber Kollege, die wir haben, haben wir ja nicht erst seit gestern oder vorgestern. Wenn Sie hier behaupten, wir müssten etwas tun, und Sie mit dem Finger auf uns zeigen, dann zeigen, lieber Kollege, drei Finger auf Sie. Die Probleme, die Sie beschrieben haben - die Probleme der Menschen in der Schlachtindustrie -, haben wir nicht erst seit 2018 oder 2017. Die hat es auch schon davor gegeben. Sie haben einen Ansatz genommen. Aber Sie waren ja so frei, Ihre Kollegin Twesten aus Ihrer Fraktion zu verjagen, sodass Sie das Gesetz gar nicht mehr beschließen konnten.

(Lachen bei den GRÜNEN)

Insofern haben Sie an dieser Stelle Mist gemacht.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Hat da je- mand ein schlechtes Gewissen, Herr Kollege? - Christian Meyer [GRÜNE]: Ihr hättet sie ja nicht aufnehmen müs- sen!)

Ruhe, bitte!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben uns die Beschlussfassung zu diesem Gesetz nicht leicht gemacht. Ihr gingen eine umfangreiche Diskussion, eine große Anhörung und eine intensive Beratung mit dem GBD voraus. Ich darf mich an dieser Stelle bei Herrn Hederich für seine Arbeit bedanken, die er vermutlich, was Gesetze angeht, bei diesem Gesetzentwurf zum letzten Mal gemacht hat. Er wird ja in wenigen Monaten in den Ruhestand gehen. Deswegen an dieser Stelle schon einmal vielen Dank, dass Sie hier so intensiv Zeit investiert haben!

Trotzdem stellt das Gesetz, wenn es lokal angewendet wird, einen Eingriff in die Grundrechte dar, der sorgfältig abgewogen werden muss. Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben

wir großen Wert darauf gelegt, dass dieses Gesetz einen Bestandsschutz beinhaltet: Wenn der Wohnraum bereits vor dem 1. Januar 2019 zur Fremdenbeherbergung genutzt worden ist, dann liegt keine Zweckentfremdung vor. - Ich würde mir wünschen, dass diese Formulierung vor Ort bürgerfreundlich und praxisnah interpretiert wird. Das wird auch den Kommunen helfen.

Ich habe in der Anhörung übrigens sehr deutlich gemacht, dass wir dieses Gesetz auf Wunsch einzelner Kommunen auf den Weg gebracht haben. Aber die Kommune, die es anwenden will, muss eines wissen: Finanzielle Zuwendungen aus dem Landeshaushalt sind damit nicht verbunden. Wer großen Aufwand bei der Umsetzung seiner Satzung betreibt, wird die Kosten also aus dem eigenen Haushalt bezahlen müssen.

Sollte sich, meine sehr geehrten Damen und Herren, herausstellen, dass einzelne Begriffe in der Praxis zu Problemen führen, dann - das sage ich Ihnen schon an dieser Stelle zu - werden wir dieses Gesetz im Rahmen der Beratung über den Entwurf des Wohnraumschutzgesetzes wieder auf die Tagesordnung nehmen und dort zu Veränderungen kommen.

Uns ist klar - das sage ich sehr deutlich -, dass die Situation auf den angespannten Wohnungsmärkten nach der heutigen Beschlussfassung nicht morgen schon besser wird. Dafür wird es weitere Instrumente brauchen. Aber auch die sind bei dieser Koalition in Arbeit. Das Geld für sozialen Wohnungsbau wird in den nächsten Wochen zur Verfügung gestellt werden können. Die Bauordnung wird gerade in den Teilen überprüft, in denen bürokratische Formulierungen den privaten Wohnungsbau unnötig behindern. Und die Kommunen weisen neues Bauland aus, was den Druck auf bestehende Wohnungen abmildern wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieses Gesetz ist ein Schritt auf dem Weg zur Verbesserung der Situation. Er wird vermutlich vor allem auf den Inseln und in Ballungsgebieten zur Anwendung kommen. Aber genau aus diesem Grund wird dieses Gesetz heute in diesem Landtag beschlossen. Dafür danke ich Ihnen schon jetzt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Bäumer. - Jetzt möchte für die Landesregierung Herr Wohnungsbauminister Lies das Wort nehmen. Bitte!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal herzlichen Dank für die schnelle Beratung und die Möglichkeit, heute eine zügige Beschlussfassung durchzuführen.

Ich möchte das Zweckentfremdungsverbot gerne noch einmal einordnen. Dann komme ich auf einige der Punkte, die angesprochen wurden.

Über allem steht, wie wir uns in unserer Gesellschaft Wohnen und Leben vorstellen. Wohnen und Leben sind mehr als nur die Frage des Wohnraums. Wohnen und Leben haben viel damit zu tun, wie sich Städte entwickeln, wie sich Quartiere entwickeln und wie das Miteinander funktioniert. Diesen großen Ansatz mit allen Instrumenten im Rahmen der Städtebauförderung und der sozialen Integration mitzudenken, halte ich für ganz wichtig, sozusagen von obendrauf zu sehen: Wie sieht das eigentlich zukünftig aus?

Darunter gibt es eine Säule, die sich intensiv mit der Frage beschäftigt: Wie gestalten wir eigentlich das Thema Wohnen und Wohnraum? - Wir werden uns in den nächsten Wochen, wenn die Richtlinie auf dem Markt ist, sehr intensiv mit den Fragen beschäftigen: Gelingt es uns jetzt, über die Wohnraumförderung und die Instrumente weiteren bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und damit auch die angespannte Situation zu entlasten? Wie wirkt das eigentlich in den Städten, in denen ein großer Bedarf vorhanden ist? Wie wirkt das auch in den Mittelzentren oder Grundzentren, in denen wir ebenfalls Bedarf haben? Wie wirkt das in den Hochschulstädten, in denen wir eine besondere Nachfrage aufgrund der Studierenden haben?

Daneben gibt es weitere Instrumente, die wir uns ansehen müssen: die Rahmenbedingungen der NBauO. Wir haben das gerade gehört.

Die Frage ist aber auch: Wie gehen wir eigentlich damit um, wenn Wohnraum erstens nicht in der Form zur Verfügung gestellt wird, wie er eigentlich sein müsste, und zweitens wenn dieser Wohnraum der Vermietung entzogen wird? - Genau das ist der Weg, vor dem wir gerade stehen.

Deswegen, Herr Meyer, finde ich es schon erstaunlich, dass wir heute über etwas abstimmen,

was gar nicht den Kontext des Zweckentfremdungsverbots umfasst; denn dies beschließen wir heute hier.

Natürlich kümmern wir uns um das Thema Wohnraumschutzgesetz. Der Entwurf ist in der Abstimmung und wird nach der Sommerpause in den Landtag eingebracht. Sie erwecken den Eindruck, als würde das Gesetz nicht das erfüllen, was es soll. Doch, das macht es! Das Thema Zweckentfremdungsverbot ist selbst im Wohnraumschutzgesetz, wenn es darunter wäre, ein extra Bereich, den man sehr differenziert davon betrachten muss.

Deswegen war es richtig - dafür danke ich den Fraktionen sehr -, dass wir den Bitten der kommunalen Spitzenverbände gefolgt sind und das Zweckentfremdungsverbot vorgezogen haben. Danke dafür! Das ist eine richtige Entscheidung, die wir getroffen haben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Das ändert aber nichts an dem Wohnraumbedarf im Zusammenhang mit dem Wohnraumschutzgesetz. Ich finde es, gelinde gesagt, schon grenzwertig, wenn Sie davon sprechen, dass für uns regierungstragende Fraktionen von SPD und CDU, aber auch für die Landesregierung das Thema „menschenwürdiger Wohnraum“ keine Bedeutung hat. Selbstverständlich hat es eine extrem hohe Bedeutung. Genau deshalb bringen wir das Wohnraumschutzgesetz auf den Weg. Sie selbst waren doch in der Vergangenheit dabei, als wir die Rahmenbedingungen ohne ein solches Gesetz geschaffen haben. Selbstverständlich hat das einen hohen Stellenwert. Selbstverständlich wird diese Landesregierung mit den Fraktionen von CDU und SPD das auf den Weg bringen. Das steht für mich völlig außer Frage, meine Damen und Herren.

Deswegen ist es klug, sich auf das zu konzentrieren, was wir heute hier beschließen. Da ist dringender Handlungsbedarf vorhanden.

Ich habe gerade gesagt: Die Spitzenverbände haben uns gebeten, dies aus dem Wohnraumschutzgesetz herauszulösen und es vorzuziehen, damit der Handlungsrahmen auch sehr früh da ist. Wir können in den Ballungsräumen, in den Hochschulstädten, im Hamburger Umland und auf den Inseln Bereiche definieren, die einen besonderen Druck haben, weshalb wir handeln und reagieren müssen.