Ich begrüße sehr, dass zumindest von der SPD Signale kommen, vielleicht noch den einen oder anderen Punkt einzufügen. Es ist richtig, dass wir uns auf die Tierschutzaspekte konzentriert haben. Das haben wir auch bewusst getan. Aber wir wären selbstverständlich damit einverstanden, wenn noch ergänzende Punkte kommen.
Herr Grupe hat es schon dargestellt: Der zentrale Systemfehler in diesem Bereich ist die Akkordarbeit. Wir haben dort diese langen Fließbänder, an denen gearbeitet und nach Stück bezahlt wird. Derjenige, der im Bereich der Betäubung und der Tötung langsam macht, ist mit dafür verantwortlich, dass die ganzen Kolleginnen und Kollegen am Ende des Fließbandes weniger Geld verdienen. Das ist das Kernproblem, das dazu führt, dass Betäubungen nicht richtig durchgeführt werden, dass nicht lange genug gewartet wird.
Wir haben das in unserem Antrag konkretisiert: Man muss kontrollieren, dass die Betäubung wirkt. Wenn man weiß, dass sie wirkt, muss man möglichst schnell den sogenannten Entblutungsschnitt durchführen. Und danach, vor der Weiterverarbeitung, braucht man auch noch einmal eine Wartezeit. Es gibt ja diese furchtbaren Internetvideos, in denen zu sehen ist, wie Schweine, die betäubt angeschnitten, aber noch nicht tot sind, lebendig in den Brühbädern zappeln, bevor sie irgendwann
Wir finden Ausmaße vor, die wir so nicht hinnehmen können. Es ist schon seltsam, dass Frau Klöckner ein Tierwohl-Label auf den Markt bringt, bei dem Mindestwartezeiten nur für einzelne Stufen vorgeschrieben sind. Wenn man aber weiß, dass das ein Problem ist, muss für alle Stufen gelten, dass Mindestzeiten eingehalten werden, und die Einhaltung muss auch kontrolliert werden.
Es geht um immens viele Tiere. Ich hatte es gestern schon gesagt: Laut Bundesregierung liegt die Fehlbetäubungsrate in Deutschland bei Schweinen bei 2 bis 8 Millionen und bei Rindern bei 150 000 bis 330 000. Damit müssen wir uns wirklich sehr intensiv befassen.
Bislang noch nicht angesprochen worden ist das, was wir in Punkt 6 unseres Antrags thematisieren: Auf welcher Ebene sollte die Kontrolle angesiedelt sein? Wir wollen, dass geprüft wird, ob die Aufgabenwahrnehmung der Überwachung nicht von der kommunalen Ebene auf die Landesebene rückübertragen werden kann. Man könnte künftig die Möglichkeiten der Rotation nutzen und eine größere Distanz zwischen den Kontrollierenden und den zu Kontrollierenden herstellen. Das ist uns ganz wichtig.
Ein weiterer Punkt unseres Antrags befasst sich mit den Sanktionen. Ich erinnere nur an die Vorkommnisse in Bad Iburg, Laatzen und Oldenburg. Wir haben den Eindruck, dass diese Fälle nur sehr schleppend bearbeitet werden, und befürchten, dass die Sanktionen am Ende im Sande verlaufen.
Deswegen haben wir in unserem Antrag ganz klar geschrieben: Wir wollen, dass die Sanktionen verschärft werden. Sie sollen eine Abschreckungswirkung haben. Dazu gehört meiner Meinung nach auch eine Gewinnabschöpfung.
Es kann nicht sein, dass man sich jahrzehntelang durch Tierschutzverstöße bereichert, es danach nur eine kleine Strafe gibt, aber man die Kohle behalten kann. So kann es nicht weitergehen!
Den Aspekt der baulichen Voraussetzungen hat Herr Grupe dargestellt. Aus Gründen der Prävention ist es sehr wichtig, die Führung der Tiere durch die Gänge so zu gestalten - auch mit Licht -, dass es zu möglichst wenig Stress kommt. Jeder weiß, dass eine Schlachtung nie ein völlig stressfreier Prozess ist. Man kann höchstens für sich die Konsequenz ziehen, kein Fleisch mehr zu essen. Aber solange geschlachtet wird, müssen dort optimale Bedingungen herrschen.
Am Ende unseres Antrages haben wir den Punkt der Videoüberwachung aufgenommen. Dieser Punkt findet sich auch in unserem Wahlprogramm. Videoüberwachung ist wichtig - aber durch die Kontrollbehörden und nicht durch die Betreiber selbst.
Vielen Dank, Frau Kollegin Staudte. - Für die AfDFraktion erhält nun die Kollegin Dana Guth das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Missstände in Schlachthöfen. Solange Menschen Fleisch essen möchten, so lange werden wir uns mit dem Problem und der Frage beschäftigen müssen, wie diese Tiere geschlachtet werden.
Die meisten Menschen in diesem Land sind sehr tierfreundlich. Es gibt Millionen von Haustieren, die geliebt, gepflegt und verwöhnt werden. Während für Hund und Katze oft nur das Beste gut genug ist - Spielzeug, Kleidung, medizinische Versorgung -, wird die Nutztierhaltung im Kopf ausgeblendet. Auch, dass das leckere Schnitzel einmal ein fühlendes Wesen war, wird gerne ignoriert.
Damit kein falscher Eindruck entsteht: In der Landwirtschaft hat sich in den letzten Jahren viel getan. Tierwohlaspekte spielen in der Haltung eine immer größere Rolle. Die meisten Landwirte sorgen für gute Haltungsbedingungen und leisten hervorragende Arbeit.
Die Probleme finden sich bei den Tiertransporten. Die Schlachthofskandale der letzten Monate haben deutliche Systemfehler offengelegt. Teilweise schlecht ausgebildete Mitarbeiter und schlimme Arbeitsbedingungen, mangelnde oder fehlerhafte Kontrollen und einige Betreiber, die sich offensicht
lich wenig um bestehende Gesetze und um Minimalanforderungen an Empathie für Mitmenschen und Tiere scheren, haben eine ganze Branche in Verruf gebracht. Unvorstellbares Tierleid und Arbeitsbedingungen, die eines zivilisierten Landes unwürdig sind, wurden dafür in Kauf genommen.
Haben wir ein strukturelles gesetzliches Problem? - Nein. All das hätte bei der Einhaltung der geltenden Rechtslage nicht passieren können. Geschehen ist es trotzdem.
Uns liegt ein Antrag vor, den ich persönlich für richtig gut halte. Ich hoffe, es stört die Kollegen von FDP und Grünen nicht, dass die AfD-Fraktion ihren Antrag gut findet; ansonsten können sie kurz nach vorne kommen und das äußern.
Der Forderungskatalog in dem vorgelegten Antrag ist umfangreich und sinnvoll. Ich möchte die Punkte nicht im Einzelnen aufführen. Jede einzelne dieser Maßnahmen ist zielführend. Die Elemente wie Verbesserung der Arbeitsbedingungen, Aus- und Weiterbildung, Kontrolle, aber auch Sanktionen sind unseres Erachtens der richtige Weg.
Es geht um Themen wie: „Kein Tier darf betäubungslos geschlachtet werden“. Das haben wir gerade ganz markig gehört. Das hat nach der gestrigen Entscheidung zwar eine gewisse Situationskomik, aber sei‘s drum!
Ich kann Ihnen sagen, woran die Umsetzung dieses wirklich guten Antrags scheitern wird: am Geld. Wir hatten bereits im Haushaltsentwurf für 2019 eine deutlich bessere Finanzausstattung für die Veterinärbehörden gefordert. Das wurde natürlich abgelehnt. So wird es nach einer umfangreichen Ausschussdebatte zu der Feststellung führen, dass all diese Maßnahmen sinnvoll wären, aber wer soll die bezahlen?
Mir fehlt ein einzige Punkt, den ich gerne in die Ausschussberatung einbringen würde: die Sensibilisierung unserer Bevölkerung. Solange der Ruf nach billigem Fleisch bestehen bleibt, solange Fleisch und Wurstwaren eine tägliche Selbstverständlichkeit bleiben, die in nicht unerheblichen Mengen auch weggeworfen werden, so lange wird sich das Problem nicht lösen. Solange nicht der Verbraucher durch sein Konsumverhalten eine Änderung der Bedingungen erzwingt, werden wir immer wieder mit Missständen zu kämpfen haben.
Wünschenswert wäre eine zusätzliche Aufklärungs- und Imagekampagne über das Leben und Sterben unserer Nutztiere. Erst wenn es dem Verbraucher wichtig ist, dass seine Bratwurst ein gu
Danke, Frau Kollegin Guth. - Für die CDU-Fraktion erhält nun der Kollege Helmut Dammann-Tamke das Wort. Bitte sehr!
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte eingangs feststellen, dass wir seitens der CDU-Fraktion sehr erfreut sind, dass wir bei dem Thema „Tierschutzbedingungen in unseren Schlachthöfen“ und hinsichtlich der Erreichung des Ziels eines maximalen Tierschutzes in unseren Schlachthöfen einen breiten Konsens über alle Fraktionen im Niedersächsischen Landtag haben. Mir ist wichtig, das ausdrücklich festzuhalten.
Der Entschließungsantrag, der bemerkenswerterweise von Grün und Gelb eingebracht wurde, hat viele Punkte aufgegriffen.
Niedersachsen steht in einer besonderen Verantwortung. Wir sind nicht nur das Agrarland Nummer eins, sondern aufgrund der Strukturen wird auch ein erheblicher Anteil der Nutztiere in der Bundesrepublik Deutschland bei uns in Niedersachsen geschlachtet.
Schauen wir einmal auf die Strukturen! Wir haben in Niedersachsen ca. 330 meldepflichtige Schlachthöfe. 50 von ihnen fallen in die Kategorie großer und mittlerer Schlachthof und 280 in die Kategorie kleiner, klein strukturierter, handwerklich strukturierter Betrieb.
Da zeigt sich gleich der erste Zielkonflikt, den Sie, liebe Kollegen von FDP und Grünen, in Ihrem Antrag aber auch nicht ausblenden. Auch Sie stellen die Forderung nach einer Sicherstellung des Erhalts mittlerer und kleiner Betriebe auf - insbesondere unter dem Stichwort „Transportwege“, das wir beim vorangegangenen Tagesordnungspunkt behandelt haben. Auch der Verbraucher möchte Regionalität und nicht lange Transportwege.
Allerdings müssen wir in unsere Überlegungen einbeziehen, dass die im letzten Vierteljahr durchgeführten Kontrollen - ausgelöst vom Ministerium unter Einbeziehung des LAVES und der Kreisvete
rinärbehörden - aufgezeigt haben, dass man hier nicht einfach sagen kann „kleine Betriebe - gute Bedingungen und keine Tierschutzverstöße; große Betriebe - Tierschutzverstöße“. Nein, das ist ausdrücklich nicht so!
Deshalb dürfen wir es uns in diesem Punkt nicht so einfach machen und das im Forderungskatalog ausblenden; denn, liebes traute Paar Grupe und Staudte,
(Miriam Staudte [GRÜNE] und Her- man Grupe [FDP] sitzen nebeneinan- der im Bereich der Fraktion der Grü- nen)
diese kleinen Strukturen, diese kurzen Wege sind gesellschaftlich akzeptiert und gewollt. Aber abgesehen davon, möchte ich auf keinen Fall das relativieren, was uns in Bad Iburg aufgezeigt wurde. Das war ein kollektives Versagen aller Beteiligten in den verschiedenen Produktionsstufen. Es war ein Versagen der Landwirte, die wussten, dass sie, wenn sie die verletzten und kranken Tiere auf den Transport bringen, einen Tierschutzverstoß begehen. Es war ein Versagen der an den Schlachthöfen kontrollierenden Veterinäre, die die Augen davor verschlossen haben. Und es war auch ein Versagen des Schlachthofbetreibers, der das nicht wahrgenommen hat oder nicht hat wahrnehmen wollen.
Damit will ich auch sagen: Ein System wie in Bad Iburg entsteht nicht innerhalb weniger Tage oder weniger Monate, sondern es entsteht über Jahre. Von daher ist es auch fahrlässig, hier eine einseitige politische Schuldzuweisung zu betreiben. Die Verantwortung für diesen Bereich war, was die Farbenlehre angeht, über die Jahre durchaus unterschiedlich.
„Die geforderte Videoüberwachung darf jedoch nicht zu einer Totalüberwachung führen und die Arbeitsbedingungen in den Schlachthöfen noch verschärfen.“
Also, was Videoüberwachung unmittelbar mit Arbeitsbedingungen zu tun, darüber können wir uns durchaus streiten. Fakt ist: Die Mitarbeiter in den Schlachthöfen, insbesondere die Mitarbeiter der Veterinärbehörden, legen Wert darauf, dass ihre persönlichen Rechte im Sinne des Datenschutzes gesichert sind. Deshalb hätten die Schlachthofbetreiber auch ein großes Problem damit, wenn wir verlangen würden, in den Schlachthöfen ein Sys
tem zu installieren, auf das man sich von außen aufschalten kann. Ich nenne in diesem Zusammenhang nur das Stichwort „Hacker“.
Die Akzeptanz sowohl bei den Schlachthofbetreibern als auch bei der Mitarbeiterschaft werden wir nur mit einem System bekommen, bei dem die kontrollierende Behörden bei einem Betriebsbesuch sagen können: Zeigen Sie mir mal bitte die Videosequenz, die Sie z. B. für den 3. Februar von 10 bis 12 Uhr hinterlegt haben! Das möchten wir stichprobenhaft sehen! Wie sind diese zwei Stunden abgelaufen? - Ein anderes System werden wir nicht installieren können, weil wir dafür nicht einmal die Akzeptanz der Mitarbeiterschaft in den Betrieben bekommen werden.