Protokoll der Sitzung vom 16.05.2019

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Oetjen. - Für die SPD-Fraktion liegt eine Wortmeldung der Abgeordneten Dr. Dörte Liebetruth vor. Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Europa ist die Antwort! Jetzt wollen einige hier im Saal wissen, was denn die Fragen sind. Viele Fragen sind hier schon gestellt worden. Ich möchte gerne einige weitere Fragen aus Sicht der SPD-Fraktion nennen.

Was ist - zwar noch nicht perfekt, aber - die beste europäische Demokratie, die wir auf diesem Kontinent je hatten? - Die Europäische Union!

Wie können wir hier, in unserer niedersächsischen Heimat, den Frieden sichern? - Das ist mit einem starken Zusammenhalt Europas möglich. Es ist doch keine Selbstverständlichkeit, dass meine Generation, die Generation meiner Eltern keinen Krieg in Deutschland miterleben mussten - anders als die Generationen meiner Großeltern und Urgroßeltern dies miterlebt haben.

Wie können wir den Klimawandel am wirksamsten bekämpfen? - Mit Europa!

Wo können und müssen wir den Kampf um ein freies Internet ohne Uploadfilter gewinnen? - Das geht nur auf europäischer Ebene.

(Lachen und Zurufe von der AfD)

Wie können wir erreichen, dass alle jungen Menschen von den Chancen profitieren, die die Europäische Union schafft? - Mithilfe der Europäischen Union, wenn wir - wie wir das auch hier im Landtag diskutiert haben - dafür sorgen, dass alle jungen Menschen an Austauschprogrammen, an europäischen Jugendbegegnungen teilnehmen können.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Wie können wir in unserem Exportland Niedersachsen den Wohlstand und viele, viele Arbeitsplätze erhalten? - Dazu brauchen wir den gemeinsamen europäischen Binnenmarkt. 2018 gingen mehr als 66 % der niedersächsischen Exporte in andere EU-Staaten.

Wie können wir die Gestaltungsmacht der Politik zurückgewinnen, in Zeiten, in denen globale Finanzmärkte die Gestaltungsmacht von Politik einzelner Nationalstaaten aushebeln? - Das geht nur mit der Europäischen Union. Alleine schafft das kein Nationalstaat, auch nicht Deutschland.

(Beifall bei der SPD)

Wie können wir Steuer-Dumping beenden und dafür sorgen, dass das kleine Café um die Ecke nicht höhere Steuern zahlt als die riesige Kaffeekette? - Das geht nur mit Europa, genauer gesagt, wenn künftig endlich die Mehrheit der Staats- und Regierungschefs über Steuerfragen entscheidet und wenn wir das Europäische Parlament stärken.

Wie können wir einen armutsfesten Mindestlohn von 12 Euro in Deutschland durchsetzen? - Mit Europas Hilfe! Da ist mit der Europäischen Säule

sozialer Rechte ein Schritt in die richtige Richtung getan. Wir als SPD wollen, dass mehr Schritte in diese Richtung folgen.

(Beifall bei der SPD)

Was stärkt Europa in der Welt und liegt im ureigensten Interesse Niedersachsens und Deutschlands? - Ein starker europäischer Zusammenhalt!

Was können wir noch besser machen, noch sozialer, noch demokratischer, noch umweltfreundlicher gestalten, wenn wir alle gemeinsam daran arbeiten? - Europa ist die Antwort auf diese und viele, viele weitere Fragen.

(Zustimmung bei der SPD)

Als Sozialdemokratin kann ich Sie deswegen nur ganz herzlich einladen: Gehen Sie zur Europawahl! Machen Sie Europa stark, am 26. Mai 2019 und darüber hinaus!

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU, den GRÜNEN und der FDP)

Vielen Dank, Frau Dr. Liebetruth. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht der Abgeordnete Dragons Pancescu.

Sehr verehrte Frau Landtagsvizepräsidentin Janssen-Kucz! Sehr geehrte Damen und Herren! Fällt Europa in den Nationalismus zurück, oder begründet sich die Europäische Union kraftvoll neu? - Um diese Frage geht es bei der Europawahl im Mai 2019. Wir wollen Europas Rolle in der Welt stärken und die EU wieder handlungsfähiger machen. Ziel ist es, die Klimakrise zu bekämpfen, Europas Demokratie zu verteidigen und für sozialen Ausgleich innerhalb Europas zu sorgen.

Es stellt sich auch eine weitere Frage für Europa, die auch für uns in Niedersachsen gilt: Wollen wir ein demokratisches Europa mit einem starken Europaparlament, in dem Entscheidungen transparenter getroffen werden? Wollen wir Europa neu bauen, zusammen mit unseren Bündnispartnern, mit der Zivilgesellschaft und auch in einer Gemeinschaft mit den Gewerkschaften und vielen anderen Personen in der Breite der Gesellschaft, für ein soziales, ökologisches und demokratisches Europa?

Sehr geehrte Damen und Herren, Europa hat unmittelbaren Einfluss auf unser Leben. Europapolitik ist nicht zu unterschätzen. Wenn man sich Europa mit gutem Willen nähert, wird man mindestens so viel Spannendes und Interessantes entdecken wie auf Bundesebene und Landesebene auch. Grundlegende und existenzielle Fragen müssen und sollen auf europäischer Ebene verantwortungsvoll angegangen werden.

Meine Damen und Herren, summende Wildbienen und gesundes Essen, europaweite faire Bezahlung für gute Arbeit, Wahrung der Menschenrechte und Frieden statt Krieg sind keine Gründe, aus Europa, Deutschland oder Niedersachsen auszuwandern, sondern Gründe, warum alle Europäer stolz sein sollten.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)

Ich komme zum Schluss. Ich wünsche der Ministerin Birgit Honé kluge und gute europäische Entscheidungen im neuen Ministerium in der Osterstraße in Hannover. Lassen Sie uns bitte am 26. Mai zusammen wählen gehen und das neue Europa bauen!

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Pancescu. - Möchte Frau Honé für die Landesregierung sprechen? - Nein? - Gut, wir hatten ausreichend gute Debattenbeiträge.

Damit schließen wir die Aussprache zu der Fragestunde für diesen Tagungsabschnitt.

Wir kommen zu den nächsten Tagesordnungspunkten, die ich vereinbarungsgemäß zusammen aufrufe:

Tagesordnungspunkt 31: Erste (und abschließende) Beratung: Europas Zukunft mitgestalten und das Europäische Parlament stärken: Europawahlen am 26. Mai 2019 - Wählen gehen! - Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion der FDP - Drs. 18/3670

Tagesordnungspunkt 32: Erste Beratung: Niedersachsen und Europa zusammendenken - für eine Politik mit europäischem Weitblick! - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 18/3645

Tagesordnungspunkt 33: Erste Beratung: Junge Menschen fit machen für Europa! Europabildung in Niedersachsens Schulen stärken - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU - Drs. 18/3668

Zur Einbringung hat sich der Abgeordnete der SPD-Fraktion Christos Pantazis zu Wort gemeldet. Bitte, Herr Pantazis!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Heute in zehn Tagen ist Europawahl. Über 6 Millionen Bürgerinnen und Bürger Niedersachsens sind dazu aufgerufen, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen und die neue Zusammensetzung des Europäischen Parlaments für die kommenden fünf Jahre zu bestimmen. Uns allen ist bewusst: Diese Wahl ist anders, richtungsentscheidend, geht es doch um nichts weniger als die europäische Idee als solche. Dabei spielt mehr denn je ein starkes und handlungsfähiges Parlament eine bedeutende Rolle.

Aber was ist das für eine Idee? - Die Europäische Union hat innerhalb von nur einer Generation etwas geschafft, das wohl niemand in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Europa für möglich gehalten hätte. Aus erbitterten Feinden, die sich nicht nur einmal an Kriegsfronten gegenüberstanden, sind Freunde geworden. Damit ist die Europäische Union zu Recht Trägerin des Friedensnobelpreises.

Dieser Prozess der Integration war nicht konfliktfrei und manchmal holprig, aber es gab immer einen gemeinsamen Grundkonsens. Es herrschte Einigkeit über die immense Wichtigkeit der EU als Friedensprojekt, als Instrument der Aussöhnung, aber auch als Motor für die wirtschaftliche Entwicklung und den Wohlstand aller Mitgliedstaaten.

„Noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg war Europa so wichtig. Und doch war Europa noch nie in so großer Gefahr.“

Diese Worte des französischen Präsidenten bringen das Dilemma der Europäischen Union in ihrem derzeitigen Zustand auf eine griffige Formel.

In den letzten Monaten und Jahren mussten wir beobachten, dass über nationale Grenzen hinweg europaskeptische bis europafeindliche Kräfte erstarkt sind, die an diesem Grundkonsens rütteln und den Zusammenhalt infrage stellen. Als prominentestes Beispiel dafür lässt sich der Brexit anführen. Eine knappe Mehrheit entschied sich in einem Referendum dafür, den Zusammenhalt und die Idee der Europäischen Union zugunsten eines vermeintlichen Zuwachses an nationalstaatlicher Souveränität aufzugeben. Bis heute sind die Folgen des Brexits für die gesamte EU, aber auch für uns Niedersachsen und insbesondere für die Briten selbst völlig unkalkulierbar. Erstmals hat Europa damit in letzter Konsequenz vor Augen geführt bekommen, welchen verheerenden Einfluss ein europafeindlicher Populismus auf eine Nation und ihre Volkswirtschaft haben kann.

Vergleichbare Strömungen, die den Zusammenhalt in der Europäischen Union untergraben wollen, existieren mittlerweile in einem Großteil der Mitgliedstaaten. Die politischen Entwicklungen in Ungarn und Polen, aber auch in Italien sind in höchstem Maße alarmierend. Deswegen stehen wir hier im Niedersächsischen Landtag für den Zusammenhalt. Wir stehen für eine Vision von einem demokratischen, rechtsstaatlichen, friedlichen und vereinigten Europa. Wir stehen für die Fortsetzung des erfolgreichsten Friedensprojektes in der Menschheitsgeschichte.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Wir haben gerade darüber diskutiert: Die Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit können nicht im nationalstaatlichen Klein-Klein gefunden werden. In einer globalisierten, digitalisierten und immer stärker vernetzten Welt können internationale Konflikte sowie die damit verbundenen Migrationsbewegungen nur international angegangen werden. Kein Nationalstaat allein kann den Schutz des Weltklimas oder die gerechte Besteuerung von global agierenden Konzernen mit ihren hoch mobilen Kapitalströmen beeinflussen. Nur eine starke und handlungsfähige Europäische Union kann diesen Herausforderungen begegnen. Deswegen ist es wichtig, dass wir dem Europäischen Parlament den Rücken mit einer hohen Wahlbeteiligung stärken.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Allerdings lag diese in den Jahren 2004 und 2009 in Niedersachsen bei gerade einmal 40 %. 2014 hat sie sich deutlich erhöht: Mit 49,1 % lag sie sogar einen Prozentpunkt über dem Bundesdurchschnitt. Das ist aber kein Grund, sich auszuruhen; denn das bedeutet, dass 2014 auch nur jeder Zweite sein Wahlrecht genutzt hat.

Wir alle sind daher gefordert und entschlossen, uns dafür einzusetzen, dass die Demokratie und das Parlament durch eine hohe Wahlbeteiligung gestärkt werden. Gerade und erst recht im Hinblick auf die Bedeutung der diesjährigen Wahl ist es wichtig, sich entschieden für Europa einzusetzen.

Aus diesem Grund begrüßen wir ausdrücklich, dass sich das Land in dieser Frage klar positioniert. Die Neugründung des Ministeriums für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung hat ein klares Signal für Europa nach innen und nach außen gesetzt. Dazu hat das Land das Bündnis „Niedersachsen für Europa“ gemeinsam mit weiteren Initiatoren ins Leben gerufen. Die Anzahl und die gesellschaftliche Bandbreite der Bündnismitglieder sprechen für sich und zeigen, dass Völkerverständigung und internationale Zusammenarbeit im gesamten Land hochgehalten werden.