Protokoll der Sitzung vom 16.05.2019

„Das Land Niedersachsen ist hervorgegangen aus den Ländern Hannover, Oldenburg, Braunschweig und Schaumburg-Lippe.“

Wie wir also wissen, ist das Land Niedersachsen gewachsen aus verschiedenen Regionen, und jede dieser Regionen hat ihre Besonderheit. Eine Besonderheit des ehemaligen Landes Braunschweig ist, dass es dort bereits seit dem Jahr 1765 das Herzogliche Leihhaus Braunschweig und seit 1834 die Sparkasse beim Leihhaus, also die heutige Braunschweigische Landessparkasse (BLSK) , gibt.

Beide Einrichtungen sind über die Jahrhundertwenden in die Braunschweigische Staatsbank eingegangen, die zusammen mit der Niedersächsischen Landesbank - Girozentrale -, der Hannoverschen Landeskreditanstalt und der Niedersäch

sischen Wohnungskreditanstalt Stadtschaft im Jahre 1970 zur NORD/LB verschmolzen wurde. Die BLSK war und ist seitdem integraler Bestandteil der NORD/LB. Auch die Vereinigung der NORD/LB mit der Bremer Landesbank im Jahre 2017 hat daran nichts geändert.

Zum Beginn des Jahres 2008 wurde der Status der BLSK verändert und dadurch eine sogenannte teilrechtsfähige Anstalt in der Anstalt der NORD/LB. Seitdem hat die BLSK mehr Eigenständigkeit. Sie kann Geschäfte unter dem eigenen Namen abschließen, klagen und verklagt werden und hat mit einem Verwaltungsrat, dem u. a. die Hauptverwaltungsbeamten der Kommunen im Geschäftsgebiet der BLSK angehören, ein Gremium, das Einfluss auf die Geschicke der BLSK im Sinne der BLSK und der Kommunen nimmt. Diese Systemumstellung hat sich bewährt und die Wettbewerbsfähigkeit der BLSK in ihrem Geschäftsgebiet verbessert.

Meine Damen und Herren, diesem Hohen Hause ist bekannt, dass es die Situation der NORD/LB erforderlich macht, das Geschäftsmodell neu auszurichten und die Eigenkapitalbasis zu verbessern. Ziel dieser Maßnahmen ist eine Verbesserung der Eigenkapitalquoten, der Abbau von Non-Performing Loans und die Verbesserung des Ratings.

In meiner Funktion als Vertreter des größten Trägers der Bank war es mir ein besonderes Anliegen und eine besondere Verpflichtung, Risiken vom Land fernzuhalten und die Bank im Interesse des Landes Niedersachsen so auszurichten, dass sie dauerhaft tragfähig ist. Die Mitnahme von Privatinvestoren oder strategischen Investoren wie z. B. anderen Landesbanken - das habe ich hier schon einmal erläutert -, war leider nicht in dem Maße möglich, dass die uns vorgelegten Lösungsansätze und Angebote im Interesse des Landes gelegen hätten.

Parallel hat es neben dem Prozess zur Gewinnung privater Investoren fortlaufend einen Dialog mit Vertretern der Sparkassen-Finanzgruppe gegeben, die zum einen über die Sparkassenverbände in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und MecklenburgVorpommern Trägerrechte an der NORD/LB hält und zum anderen über den Haftungsverbund eine enge Beziehung zur NORD/LB hat.

Meine Damen und Herren, in der Sondersitzung dieses Hauses am 5. Februar 2019 habe ich darüber unterrichtet, dass die Kontrollausschüsse der Institutssicherungssysteme der Sparkassen-Finanzgruppe bezüglich der NORD/LB einen soge

nannten Stützungsfall festgestellt und der NORD/LB grundsätzlich zugesagt haben, sie mit Eigenkapital bis zur Höhe von 1,2 Milliarden Euro auszustatten.

Die Landesregierung hat am 1. Februar 2019 entschieden, in erster Linie den von der SparkassenFinanzgruppe aufgezeigten Weg einer nachhaltigen Ausrichtung der NORD/LB zu gehen und die Gespräche mit der Sparkassen-Finanzgruppe zu intensivieren. Ziel dieser Gespräche ist es immer noch, eine Stützungsvereinbarung zwischen der NORD/LB und der Sparkassen-Finanzgruppe abzuschließen.

Inhalt dieser sehr intensiven und teilweise auch kontroversen Gespräche war neben der Lastenteilung zwischen den einzelnen Trägergruppen, also den bisherigen Trägern der Bank und den zukünftigen Trägern aus der Sparkassen-Finanzgruppe, insbesondere auch das Geschäftsmodell und die Risikostruktur der Bank. Dabei spielte selbstverständlich auch die künftige Funktion der BLSK in der NORD/LB eine Rolle.

Zu einem Zeitpunkt, als es noch keine definitive Festlegung über die weitere Rolle der BLSK innerhalb der NORD/LB gab, wurde eine Dringliche Anfrage von der Fraktion der AfD - am 29. März 2019 - eingereicht. Im Rahmen dieser Anfrage habe ich dem damaligen Verhandlungsstand entsprechend geantwortet, dass über die „Art und Weise der Fortführung der BLSK die künftigen Träger der NORD/LB zu einem späteren Zeitpunkt“ entscheiden würden.

Eine Festlegung, dass die BLSK aus der NORD/LB herausgelöst wird oder dass es zu einer Kommunalisierung der BLSK kommt, hat es meinerseits nicht gegeben. Auch ist über eine größere Selbstständigkeit der BLSK im Rahmen der Festlegung des Geschäftsmodells der NORD/LB nicht berichtet worden, weil dieser Aspekt in den Verhandlungen keine besondere Rolle gespielt hat.

Vielmehr kann festgehalten werden - und das sehe ich durchaus positiv -, dass sich der Status der BLSK auf Basis der zwischen der SparkassenFinanzgruppe, der NORD/LB und ihren Trägern verhandelten Grundlagenvereinbarung nicht verändert. Im Gegenteil: Die BLSK wird weiter wichtiger Bestandteil der NORD/LB sein. Insoweit besteht hinsichtlich der BLSK aus Sicht der Landesregierung kein dringender Handlungsbedarf. An dieser Situation hat sich nichts geändert.

Ja, meine Damen und Herren - es ist mir wichtig, das hier zu betonen -, die Landesregierung steht zu ihrem Wort.

Die Gespräche mit der Sparkassen-Finanzgruppe haben jedoch gezeigt, dass es sinnvoll ist, den Trägern der Bank und den Kommunen hinsichtlich der BLSK einen breiten Entscheidungsspielraum an die Hand zu geben. Deshalb habe ich bei den Verhandlungen über den noch abzuschließenden neuen Staatsvertrag zur NORD/LB, der Ihnen am 1. Mai 2019 übersandt wurde, Wert darauf gelegt, Regelungen aufzunehmen, die eine rechtssichere Übertragung der BLSK auf niedersächsische Kommunen, Zweckverbände oder sonstige kommunale Träger oder Sparkassen möglich machen. Ob, wann und in welcher Form das geschieht - durch Übertragung der Aktiva und Passiva oder durch vorherige Verselbständigung -, kann dabei offen bleiben. Das würde von den Trägern der NORD/LB und der dann aufnehmenden Institution zu entscheiden sein. Bedingung für das Herauslösen der BLSK ist, dass dies kosten- und ergebnisneutral für die NORD/LB vollzogen werden kann.

Die Landesregierung hat diesbezüglich also ihre Hausaufgaben gemacht.

Wie ich ebenfalls in der Sitzung des Landtages am 29. März 2019 erwähnt hatte, verfügt die BLSK nicht über eigene Querschnittsfunktionen wie z. B. IT, Rechnungslegung, Risikocontrolling oder Personalwesen. ln der BLSK gibt es keine Eigenkapitalposition. Folglich erstellt die BLSK auch keine eigene Bilanz, und sie verfügt nicht über eine eigene Banklizenz. Um die BLSK aus der NORD/LB herauslösen zu können, müssten die fehlenden Querschnittsbereiche geschaffen und die Betriebsgenehmigung, also eine Banklizenz, eingeholt werden. Alternativ könnte die BLSK auf eine Anstalt oder einen anderen Träger übertragen werden, der bereits über die notwendigen Betriebsrechte und eine Lizenz verfügt.

Meine Damen und Herren, wie erwähnt, lässt der jetzt zur Unterrichtung in diesem Hause vorgelegte Staatsvertrag genau diese Optionen zu. Und ich begrüße es, dass die Hauptverwaltungsbeamten der Kommunen im Braunschweiger Land ihr deutliches Interesse an einer Herauslösung der BLSK geäußert haben und zur Verfügung zu stehen. Ich gehe davon aus, dass die Kommunen ein Konzept erarbeiten werden, wie sie die Trägerschaft an einer kommunalisierten BLSK übernehmen können und wie sie die dazu notwendige Finanzierung der

damit einhergehenden Kosten und Kapitalanforderungen bereitstellen können.

Meine Damen und Herren, dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wie folgt:

Zu 1. Wie steht die Landesregierung zu den oben genannten drei Forderungen der Region Braunschweig?

Wie bereits im Vorspann erwähnt, bin ich gerne zu Gesprächen mit Vertretern der Kommunen des ehemaligen Landes Braunschweig bereit. Auch stehe ich unmittelbaren Veränderungen des bisherigen Modells der Zusammenarbeit mit der NORD/LB offen gegenüber. Bedingung ist jedoch, dass durch Veränderungen keine höhere Komplexität und keine höheren Kosten für die NORD/LB entstehen dürfen. Außerdem müssen bankaufsichtsrechtliche Vorgaben eingehalten werden. Zudem habe ich immer deutlich gemacht, dass die notwendige Kapitalausstattung der BLSK nicht vom Land geleistet werden kann; denn um die NORD/LB zukunftssicher neu aufzustellen, unternehmen die bisherigen Träger bereits große Anstrengungen.

Sollten die Hauptverwaltungsbeamten der Region Braunschweig konkrete Vorstellungen entwickeln, wie die zukünftige Trägerstruktur der BLSK aussehen könnte und wer die notwendige Kapitalausstattung der BLSK sowie den zusätzlichen Aufwand durch eine Herauslösung trägt, bin ich für Verhandlungen offen.

In der BLSK als Konzerneinheit der NORD/LB wird - wie im gesamten Konzern - nach Optimierungspotenzial gesucht. Wie Herr Bürkle und ich in verschiedenen Unterrichtungen im Haushaltsausschuss dargestellt haben, verfügt die NORD/LB - ausgenommen die Schiffsfinanzierungen - über gesunde Geschäftsbereiche, zu der selbstverständlich auch die BLSK gehört. Dennoch werden alle Geschäftsbereiche auf den Prüfstand zur Erreichung der für eine Kapitalisierung notwendigen ehrgeizigen betriebswirtschaftlichen Ziele gestellt werden müssen; dafür werden große Anstrengungen unternommen werden müssen. Aufgrund der bereits vorgenommenen Optimierungen in der BLSK ist derzeit aber nicht davon auszugehen, dass es zu Filialschließungen kommen wird. Solche Fragen werden nach dem Statut der BLSK ohnehin auch weiterhin unter Mitwirkung des Verwaltungsrates der BLSK entschieden.

Zu 2. Wie lautet die Definition des neuen Geschäftsmodells der NORD/LB in den Unterlagen, die der EU-Kommission und der Aufsicht übersandt wurden, in Bezug auf die Braunschweigische Landessparkasse im Wortlaut?

Meine Damen und Herren, der EU-Kommission und der Finanzdienstleistungsaufsicht sind Unterlagen in Form von Schaubildern und Tabellen übermittelt worden, aus denen sich die Funktion der BLSK ablesen lässt. Eine verbale Beschreibung gibt es in diesem Zusammenhang weder zum Geschäftsmodell der NORD/LB noch zu dem der BLSK. Das Schaubild zum Geschäftsmodell der NORD/LB ist den Mitgliedern des Haushaltsausschusses am 3. Mai 2019 vorgestellt worden.

Zu 3. Wie ist der Zeitplan für anstehende Gespräche und Entscheidungen zur Zukunft der BLSK und der NORD/LB derzeit definiert (Termine, an- stehende Gespräche, Entscheidungen und betei- ligte Personen bitte konkret benennen)?

In einem Gespräch im Juni 2019, zu dem ich die Hauptverwaltungsbeamten eingeladen habe, werden die Regelungen des neuen Staatsvertrags erläutert und mit den Hauptverwaltungsbeamten ihre Anliegen erörtert. Konkrete Verhandlungen können erst dann geführt werden, wenn seitens der Kommunen ein schlüssiges Konzept vorgelegt worden ist.

Weiterhin ist von Bedeutung, dass der neue Staatsvertrag über die NORD/LB verabschiedet wird. Hierzu ist eine Entscheidung der Parlamente Mecklenburg-Vorpommerns, SachsenAnhalts und Niedersachsens notwendig. Die weiteren Gespräche werden dann, nachdem die veränderte Trägerstruktur der NORD/LB vollzogen wurde, sicherlich im Kreise der NORD/LB und ihrer Träger mit den kommunalen Hauptverwaltungsbeamten geführt werden. Inwieweit z. B. das niedersächsische Innenministerium einzubeziehen ist, bleibt abzuwarten; das kann derzeit noch nicht beurteilt werden.

So weit meine Antworten. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister Hilbers. - Die erste Zusatzfrage für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt Herr Kollege Wenzel. Bitte, Herr Kollege!

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrter Finanzminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich frage Sie, Herr Finanzminister: Wie viel Eigenkapital bindet das Geschäft der Braunschweigischen Landessparkasse kalkulatorisch in der Bilanz der NORD/LB?

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Vielen Dank. - Es antwortet Herr Finanzminister Hilbers.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Eigenkapital der NORD/LB steht zunächst einmal für alle Geschäftsbereiche zur Verfügung. Man muss die risikogewichteten Aktiva suchen, auf denen eine entsprechende Bindung liegt. Das hängt auch von den Geschäften der BLSK zum jeweiligen Zeitpunkt ab.

Das kann ich Ihnen heute aus dem Stand nicht dezidiert beantworten. Wenn Sie das wünschen, kann ich gerne nachliefern, wie viele RWAs das Geschäft der BLSK bindet. Entscheidend ist aber, wie viele risikogewichtete Aktiva auf diese Kapitalquote wirken.

Es macht einen Unterschied bezüglich des Eigenkapitalbedarfs, ob man eine Bank separat darstellt oder ob das Eigenkapital, das sich in der Bank befindet, für die einzelnen Geschäftsbereiche zur Risikodeckung herangezogen werden kann.

Vielen Dank, Herr Minister. - Die erste Zusatzfrage für die FDP-Fraktion stellt nun Herr Kollege Grascha. Bitte!

(Unruhe)

- Ich darf alle anderen im Plenarsaal um Aufmerksamkeit bitten und darum, das Gemurmel einzustellen.

Bitte, Herr Grascha!

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich frage die Landesregierung vor dem Hintergrund, dass ein Stellenabbau im Umfang von rund 2 500 Stellen für die gesamte NORD/LB ge

plant ist, ob sie es ausschließen kann, dass die BLSK von diesem Stellenabbau betroffen ist.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. - Herr Minister Hilbers!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Grascha, ich habe eben in meiner Antwort klargemacht, dass in vielen Bereichen, in der gesamten Bank Optimierungen durchgeführt werden. Davon können keine Geschäftsbereiche ausgenommen werden.

Vielen Dank. - Die erste Zusatzfrage für die CDUFraktion stellt nun Herr Kollege Dr. Siemer.

Herr Minister, vielen Dank für die Ausführungen. Ist eine Veränderung des Geschäftsmodells der Braunschweigischen Landessparkasse innerhalb der NORD/LB uneingeschränkt möglich? Oder müssen dabei bankaufsichtsrechtliche Vorschriften und Hürden beachtet werden?