Protokoll der Sitzung vom 25.10.2019

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon ganz viel Richtiges gesagt worden. Erst einmal vielen Dank für den historischen Vortrag, den wir hier gehört haben!

Wir haben das erste Mal im Jahr 2014 über die Hebammenversorgung geredet. Damals gab es einen relativ umfangreichen Antrag von Rot-Grün, dem wir meines Wissens alle zugestimmt haben. Die Maßnahmen, die da in Gang gesetzt wurden, finden sich weiter in den anderen Anträgen. Leseempfehlungen haben Sie schon eine ganze Menge dazu gekriegt. Ich kann Ihnen weiterhin den Antrag der FDP-Fraktion in der Drucksache 18/1065 vom Juni 2018 zur Lektüre empfehlen, den Susanne Schütz bei uns vertritt. Er ist wesentlich umfangreicher und ehrlicherweise auch wesentlich logischer und moderner als Ihr Antrag.

Zu den Versicherungsprämien hat die Kollegin Wernstedt etwas gesagt. Sie ignorieren völlig, dass es in dem Bereich eine Akademisierung geben wird. Sie wollen einen Ausbau. Sie wollen die Ausbildungskapazitäten steigern. Dabei stellen wir auf die Akademisierung um. Es gibt auch gar keine innovative Idee, wie man damit umgeht. Wir erhöhen Ausbildungskapazitäten. Was machen wir aber, wenn akademisiert werden muss?

Die Punkte „Zusammenarbeit mit den Kassen“ und „Haftpflichtprämie“ haben sich erledigt. Das andere wird in der Enquetekommission besprochen und ist übrigens auch schon besprochen worden. Wenn Sie sich da einbringen wollen, dann sagen Sie doch einfach, was Sie haben wollen, und legen uns nicht solch einen Antrag vor, der eine Situation von 2014 beschreibt und auch keine Besserung bringt, weil er einfach total retrospektiv ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Danke, Kollegin Bruns.

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor, sodass wir zur Ausschussüberweisung kommen können.

Federführend soll im Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung beraten werden. Mitberaten soll der Haushalts- und Finanzausschuss. Wer so entscheiden möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Das ist nicht der Fall. Gibt es Enthaltungen? - Das ist gleichfalls nicht der Fall.

Damit ist auch dieser Tagesordnungspunkt beendet.

Wir kommen zu dem

Tagesordnungspunkt 37: Erste Beratung: 30 Jahre Ende der Teilung Europas - Grenzen trennen. Natur verbindet. Grünes Band endlich vollenden - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 18/4822

Dieser Antrag wird von dem Kollegen Christian Meyer eingebracht.

Sehr geehrte Damen und Herren! In diesen Tagen vor 30 Jahren haben viele Menschen in ganz Europa Zivilcourage gezeigt - angefangen von der Entspannungspolitik von Willy Brandt über die OSZE-Menschenrechtsakte von Helsinki, über die Solidarnosc in Polen bis hin zur zivilen Gesellschaft in Ungarn. Sie haben die Trennung Europas, den Eisernen Vorhang, Mauern, Zäune und das überwunden, was uns in Europa getrennt hat.

Es gab den Eisernen Vorhang von Norwegen bis zur bulgarisch-türkischen Grenze, der Menschen eingesperrt hat, der Menschen an der Wahrnehmung ihrer Menschenrechte gehindert hat, der Reisefreiheit verhindert hat. Gerade das Engagement der Menschen in der ehemaligen DDR in Kirchengruppen, in Umweltgruppen, von Bürgerrechtlerinnen und Bürgerrechtlern hat es vor 30 Jahren geschafft, die Teilung Europas zu überwinden, diesen Todesstreifen zu zerstören und ihn für

Mensch und Tiere passierbar zu machen. Dem sollten wir mit diesem Antrag gedenken.

(Beifall bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Sehr gut!)

Die Bundesregierung hat 2009 eine neue Begrifflichkeit im Bundesnaturschutzgesetz eingeführt, nämlich das „Nationale Naturmonument“. Dabei geht es darum, nicht nur die Natur zu schützen.

(Unruhe)

Einen kleinen Moment, Herr Kollege Meyer! Bei der CDU ist im Moment ein bisschen viel Aufregung.

(Zuruf von der CDU: Zu Recht!)

Warum? Fanden Sie die Überwindung der innerdeutschen Grenze falsch? Das ist doch ein gemeinsames Projekt.

Ich freue mich, dass gestern, 30 Jahre nach der Überwindung des Todesstreifens, der Landtag unseres Nachbarlandes Sachsen-Anhalt mit den Stimmen von CDU, SPD und Grünen die an Niedersachsen anschließende Landesgrenze zum Nationalen Naturmonument gemacht hat. Nach Thüringen ist das Grüne Band jetzt auch in Sachsen-Anhalt vollständig und trägt dazu bei, dass wir ein Grünes Band in Europa bekommen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Darüber freuen wir uns sehr. Wir haben in Niedersachsen ja auch schon einen gemeinsamen Nationalpark. Niedersachsen hat nämlich die längste ehemals innerdeutsche Grenze aller Bundesländer mit - von Norden - Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Es gibt auch schon ein gemeinsames Sechs-LänderBiosphärenreservat, und wir beteiligen uns an der Elbtalaue. Wir haben den gemeinsamen Nationalpark Harz. Übrigens erst am 2. Oktober, einen Tag vor der Wiedervereinigung, wurde der Ostharz in der ehemaligen DDR zum Nationalpark gemacht. Der Westharz wurde es etwas später. 2006 wurde dann von der CDU/FDP-Regierung ein gemeinsamer Nationalpark Harz geschaffen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Sehr gut!)

Aber das Grüne Band ist noch nicht vollständig. Beispielsweise im Eichsfeld sind immer noch Be

reiche, zu denen auch Niedersachsen seinen Beitrag leisten könnte. Das wollen wir mit dem Antrag dokumentieren. Thüringen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg haben jetzt größtenteils ihre Beiträge geleistet. Zwei Drittel des Grünen Bandes sind jetzt als Nationales Naturmonument und Schutzgebiet ausgewiesen. Wir wollen, dass auch Niedersachsen dazu beiträgt und schaut, welche Flächen wir für dieses Grüne Band der Verbindung zu diesem europäischen Projekt beitragen können.

Deshalb fordern wir die Landesregierung in dem Antrag auf, zu prüfen, welche Flächen wir auf niedersächsischer Seite als Beitrag zum Grünen Band ausweisen können. Wir wollen auch den Erinnerungsort an die deutsche Teilung würdigen. Es geht auch um Kultur. Dafür gibt es auch viele Fördermittel des Bundes. Wir wollen zeigen, was Menschen damals getrennt hat, wie menschenverachtend eine Todeszone ist, wie schlecht Mauern sind, wie schlecht es ist, Flüchtlinge mit Selbstschussanlagen und Minen abzuwehren. All das lag damals in dem Todesstreifen. Deshalb wollen wir das zu einem lebendigen Band der Erinnerung machen, wo die Natur intakt ist, wo die Menschen aber auch etwas erleben können, wo sie nicht ausgeschlossen sind und nicht an Zäunen landen. Das wollen wir mit diesem Antrag voranbringen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir haben schon den gemeinsamen Nationalpark Harz mit Sachsen-Anhalt. Wir haben ein gemeinsames Biosphärenreservat an der Elbtalaue mit Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und

Sachsen-Anhalt. In Thüringen läuft gerade dieser Prozess, zu prüfen, ob man nicht auch ein gemeinsames länderübergreifendes Biosphärenreservat „Südharzer Gipskarstlandschaft“ mit den drei Ländern Sachsen-Anhalt, Thüringen und Niedersachsen voranbringen und schaffen kann. Dieses Kriterium ist ja auch für den Tourismus, für die Erholung wichtig.

Denn dies ist für den Artenschutz ein ganz wichtiges Projekt. Im Grünen Band gibt es 146 Lebensraumtypen. Zwei Drittel des Grünen Bandes in Deutschland stehen jetzt unter Schutz. Aber durch intensive Landnutzung und Bebauung ist mittlerweile ein Achtel der Fläche verloren gegangen. Deshalb wollen wir, dass auch auf unserer Seite jetzt keine Flächen zusätzlich verloren gehen, sondern wir wollen das als Erinnerungslandschaft. Das soll zeigen, wie brutal damals der Todesstreifen war, der Familien und Dörfer getrennt hat. Das soll

zeigen, was dies auch emotional bedeutet hat. Das soll aber auch zeigen, was das für eine Mahnung ist, wie sich die Natur dann entwickeln kann und wie sich diese Trennung sowohl auf den Menschen als auch auf die Natur auswirkt.

Deshalb würden wir uns freuen, wenn wir das ausführlich im Ausschuss beraten und vielleicht - wie in Sachsen-Anhalt - einen gemeinsamen Beschluss hinbekommen,

(Beifall bei den GRÜNEN)

zumindest von CDU, SPD, Grünen und FDP, sodass auch Niedersachsen 30 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs zum Grünen Band beiträgt.

(Beifall bei den GRÜNEN - Miriam Staudte [GRÜNE]: Sehr gut!)

Vielen Dank, Herr Meyer. - Das Wort erhält nun der Kollege Frank Oesterhelweg für die CDUFraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn ich in diesen Tagen bei mir in der Feldmark Richtung Osten schaue - ich wohne nur ca. 5 km Luftlinie von der ehemaligen innerdeutschen Grenze entfernt -, dann gehen natürlich die Gedanken 30 Jahre zurück in die Zeit, als man nicht so einfach beispielsweise zum Großen Fallstein fahren oder auf den Brocken wandern konnte. Natürlich erinnern sich zumindest die Älteren sehr gerne an diese Tage im November vor 30 Jahren, an den 9. November, zurück.

Ich erinnere mich besonders gerne zurück an den 18. November, morgens um 6 Uhr, als bei mir zu Hause in Hornburg Richtung Osterwieck die Grenze aufgemacht worden ist. Wer dabei war, der wird das nie vergessen, als er in die Gesichter der Menschen schaute.

Als überzeugter Christdemokrat muss ich auch sagen: Ich erinnere mich bei dieser Gelegenheit auch gerne an Helmut Kohl, der zwar nicht unbedingt viel für die Grenzöffnung, aber dann sehr viel für die Deutsche Einheit getan hat.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, heute verbindet dieser Bereich auf Tausenden von Kilometern. Er ist keine Trennung mehr. Das ist ein Grünes Band, das

von Ost nach West und von Nord nach Süd verbindet.

Im Zusammenhang mit Naturmonumenten sprechen Sie, Herr Kollege Meyer, beispielsweise davon, dass es dort eine einzigartige biologische Vielfalt gibt - richtig. Sie sprechen davon, dass auch Menschen diesen Raum beeinflussen - richtig. Sie sprechen auch davon, dass der Kulturwert neben dem Naturwert eine wichtige Rolle spielt.

Das Beispiel des Nationalparks Harz, in dem 6 000 ha Waldfläche jetzt kein Kohlenstoffspeicher, sondern Kohlenstoffemittent und auch kein Wasserspeicher mehr sind, zeigt uns, dass man, wenn es um Unterschutzstellungen und um entsprechende Regelwerke geht, sehr vorsichtig sein muss. Dazu möchte ich uns raten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben menschliche Einflüsse, Vielfalt und Kulturwert erwähnt; das ist richtig. Aber es gibt, meine Damen und Herren, nicht nur ein Grün. Das kann es auch beim Grünen Band nicht geben. Natürlich gibt es das Grün der Hecken, die Nistraum bieten. Natürlich gibt es das vielfältige Grün wirklich abwechslungsreicher Wegsäume. Und natürlich gibt es das mit bunten Tupfern versehene Grün wirklich naturbelassener Wiesen.

Aber ich sage als Landwirt auch ganz bewusst: Natürlich gibt es auch das Grün von Zuckerrübenäckern, die auch Lebensraum sind, beispielsweise für Niederwild. Natürlich gibt es das Grün von Getreidefeldern, in denen Lerchen und Kiebitze brüten.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Das will ja auch keiner verwehren!)