Protokoll der Sitzung vom 25.10.2019

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Das will ja auch keiner verwehren!)

Natürlich gibt es auch das Grün von bewirtschafteten Weiden und Wiesen, die zahlreichen Kulturfolgern Brutraum und Nahrung bieten. Auch das, liebe Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/ Die Grünen, ist Grün. Das sollten wir nicht ganz vergessen.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben eben einmal nachgeschaut: Es gibt 404 Farbtöne im grünen Bereich. Wenn ich in Ihre Fraktion gucke, dann muss ich sagen, dass auch das ein sehr buntes Bild ist. Da sehe ich lindgrün. Da gibt es olivgrün, Frau Kollegin Byl; ich als Reservist bin begeistert.

(Heiterkeit)

Da gibt es sogar froschgrün und flaschengrün. Meine Damen und Herren, wenn ich in Richtung von Frau Staudte gucke: Das sieht mir sehr nach schwarz-grün aus. Auch sehr interessant!

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU - Miriam Staudte [GRÜNE]: Bei Herrn Meyer aber auch!)

Da ist also Bewegung drin, meine Damen und Herren.

Wenn wir über die Frage des Grünen Bandes sprechen, dann müssen wir daran denken: Das soll etwas Verbindendes sein und nicht mehr etwas Trennendes. Deswegen darf ich ganz ernsthaft darum bitten, auch die Flächeneigentümer, die Landnutzer, die Forstleute und die Landwirte einzubeziehen. Deswegen beantrage ich hier die Mitberatung durch den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Na klar!)

Meine Damen und Herren, wir sagen Ihnen eine konstruktive Beratung und Diskussion zu. Aber wir bestehen auch darauf, dass wir 30 Jahre nach der Grenzöffnung und nach der Überwindung eines totalitären Systems sehr genau aufpassen, dass wir mit enteignungsgleichen Eingriffen nicht wieder Erinnerungen an alte Zeiten wachrufen. Wir werden darauf achten, dass das Grüne Band weiter Menschen verbindet, und sagen Ihnen zu, dass wir das wirklich in aller Ruhe und Sachlichkeit beraten werden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Die FDP-Fraktion wird nun durch ihren Redner Horst Kortlang vertreten.

Verehrtes Präsidium! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Meine Damen, meine Herren! Zu dem Projekt „Grünes Band Eichsfeld-Werratal“, dessen erste Phase 2013 angelaufen ist, wurde von meiner Fraktion der Antrag in der Drucksache 17/180 mit dem Titel „Grünes Band Eichsfeld-Werratal - Naturschutz nur mit den Menschen“ eingebracht.

(Christian Grascha [FDP]: Sehr gut!)

Das waren wir. Herr Meyer, hören Sie zu! Auch wir waren schon auf diesem Pfad.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Längst!)

Ich möchte ergänzend darauf hinweisen, dass die Menschen auch bei der zweiten Phase mitgenommen werden sollten. Deshalb hatten wir diesen Antrag eingebracht. Schon in der damaligen Beratung im Umweltausschuss wurde die Möglichkeit der Ablehnung des Antrags angedeutet. Gleichwohl wurde dann ein Änderungsantrag eingebracht, der daraufhin in dem in der Drucksache 17/608 verkündeten Beschluss endete. Dieser Beschluss wurde ja auch in dieser Debatte und in dem Antrag zitiert. Schon damals wurde deutlich, dass es ein Auseinanderdriften der Vorstellungen gibt und dass die Vorstellungen der Städter zum Land hin mehr zum Tragen kommen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Vizepräsident des Landtags, der als Vorredner gesprochen hat, hat schon kundgetan: Landwirtschaftliche Flächen dienen nicht nur zur Produktion von Nahrungs- und Futtermitteln, sondern ihre Bewirtschaftung erhält die Kulturlandschaft zum Zwecke der Erholung der Bevölkerung und da insbesondere der städtischen Bevölkerung; sie hat einen großen Nutzen davon. Naturschutzgebiete hingegen dürfen in der Regel nicht von jedermann betreten werden.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, damals mit der SPD in der Regierung, bestand auf einer Änderung des Antrags. Die Ergänzung lautete damals - man konnte da schon einiges herauslesen -: „Naturschutz und Landwirtschaft“. Vielleicht sollte damit suggeriert werden, dass die Landwirte mit dieser Maßnahme von vornherein einverstanden waren.

Wir müssen uns aber vergegenwärtigen, dass sich die Flächen nicht ausschließlich im Besitz von Landwirten befinden. Die Befriedung in der ersten Phase hatte man erreicht, weil man gut die Hälfte der Flächen der Landwirte aus dem Projekt herausgenommen hatte und man nur dafür eine Zustimmung bekam.

In Ihrem jetzigen Antrag wollen Sie die Gemüter beschwichtigen und erwähnen die neue Schutzgebietskategorie „Nationales Naturmonument“ - das hört sich gut an -, in dem landwirtschaftliche Nutzung möglich bliebe. Das ist in Landschafts- und Naturschutzgebieten formal auch möglich, aber praktisch nicht wirklich umzusetzen; denn es gibt erhebliche Einschränkungen. Auch das wurde eben schon angesprochen. Das ist - nur um einmal einen Vergleich zu ziehen -, als würde man in Städten, in denen es eine Wohnbebauung gibt, Schutzgebiete schaffen und die Vermietung formal noch ermöglichen, aber mit der Einschränkung, nur

noch eine Marge von 50 % bis zu einem Viertel zu erzielen, also mit großen Einschränkungen.

Eines möchte ich jetzt noch sagen: Sie müssen aufpassen, dass Sie mit dem Grünen Band - wir sind ja nicht dagegen, aber wir haben ja gesagt: mit der Bevölkerung und mit den Landwirten - nicht neue Grenzen ziehen - das hat mein Vorredner auch schon gesagt -, und zwar zwischen Land- und Stadtbevölkerung.

(Beifall bei der FDP)

In der Stadt, meine Damen und Herren, wird konsumiert. Ressourcen wie Luft, Wasser, Nahrung, Energie und Rohstoffe kommen vom Land, insbesondere die ersten drei, und zukünftig auch die Energie, wie wir in vorherigen Besprechungen gehört haben. Wer stellt dafür sein Eigentum, also die Ländereien, zur Verfügung, und nimmt die Bewirtschaftungserschwernisse in Kauf? - Es sind wieder einmal die Landwirte!

Deshalb ist es notwendig, dass die Städter - und wir insgesamt - den Antrag zu diesem Punkt mit den Landwirten behandeln, mit den Besitzern im Gespräch bleiben und darauf drängen, dass wir das hinkriegen. Denn das, was Sie unter der Nr. 2 fordern, „ökologisch oder kulturell geeignete Flächen auf niedersächsischer Seite als Beitrag Niedersachsens als Naturschutzgebiet oder Naturdenkmal auszuweisen“, darf nicht - wie ich es vorhin schon formuliert habe - über die Köpfe hinweg geschehen.

Deshalb bin ich auf die Beratungen im Ausschuss gespannt. Wir verschließen uns also nicht der Sache, aber es geht nur mit vernünftigen Angeboten.

Danke schön fürs Zuhören.

(Beifall bei der FDP)

Danke schön, Herr Kortlang. - Für die AfD-Fraktion spricht nun der Abgeordnete Stefan Wirtz.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem Grünen Band bezeichnen wir die frühere Demarkationslinie zwischen den beiden großen Militärblöcken, die Europa jahrzehntelang getrennt hat. In der Phase der Abschreckung, des Gleichgewichts des Schreckens, der militärischen Hochrüstung war dies die tödliche Grenzlinie zwischen diesen beiden Blöcken - unüberwindbar für Menschen, für Tiere nicht ganz so

unerreichbar und unüberwindbar. Deshalb mussten wir nach der Wende vor gut 30 Jahren feststellen, dass sich sowohl in aktiv genutzten Truppenübungsplätzen auf beiden Seiten dieser Linie als auch im Grünen Band selber seltene Naturräume erhalten haben, seltene Arten, Pflanzen, Lebewesen, Tiere sich erhalten haben, die es sonst in unserer Kulturlandschaft kaum noch gibt. Das ist schützenswert. Deshalb wurde schon vor langer Zeit dieses Grüne Band unter Schutz gestellt. Heute liegt uns ein Antrag vor, mit dem dieser Schutz noch gesteigert werden soll.

Die Vorredner haben es schon erwähnt: In Friedenszeiten, in den Zeiten, die uns seit 30 Jahren zum Glück erhalten geblieben sind, in denen der Frieden durch den Wegfall der großen Militärblöcke erhalten wurde - übrigens von den Großmächten und nicht von der EU verursacht -, hat sich die Natur dort weitgehend erhalten können.

Aber es kam noch eine Nutzung hinzu: Es gab eine landwirtschaftliche Nutzung direkt in diesem Bereich - auf der niedersächsischen Seite natürlich etwas mehr, weil die Grenzanlagen vor allen Dingen auf der Seite der östlichen Bundesländer waren. In Thüringen und in Sachsen-Anhalt ist in der Hinsicht natürlich mehr Fläche unter Schutz geblieben bzw. konnte dort unter Schutz gestellt werden. In Niedersachsen ist der Anteil - das müssen wir prüfen - geringer geblieben.

Es muss dann auch Sinn machen, dort zusätzliche Flächen in das Grüne Band aufzunehmen. Bereiche, die landwirtschaftlich genutzt wurden, können jetzt nur an das Grüne Band angeschlossen werden, wenn sich dort tatsächlich auch erhaltenswerte Arten befinden. Wir haben es eben schon gehört: Es gibt verschiedene Arten von Grün. Die Farbenlehre hatten wir schon. Auch landwirtschaftlich genutzte Flächen bilden Rückzugsräume für Arten. Aber es sollte sinnvoll sein.

Diese Einzelheiten können wir allerdings getrost im Fachausschuss besprechen. Wir stimmen der Überweisung in diesen Ausschuss zu. Wir brauchen die Grundsatzdebatte hier nicht weiterzuführen und können die Debatte verkürzen. Dann können wir demnächst auch zur Abstimmung kommen.

Danke sehr.

(Beifall bei der AfD)

Danke sehr. - Für die SPD-Fraktion erhält nun das Wort der Kollege Axel Brammer.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! „30 Jahre Ende der Teilung Europas - Grenzen trennen. Natur verbindet. Grünes Band endlich vollenden“ ist eine schöne Überschrift für einen Antrag im Herbst 2019, 30 Jahre nach dem Mauerfall. Ich glaube, das ist auch der richtige Augenblick, zurückzuschauen und der damaligen Ereignisse zu gedenken.

Die in dem Antrag aufgestellten vier Forderungen werden allerdings größtenteils schon erfüllt. Zu dieser Auffassung kann man kommen, wenn man sich die Antworten auf eine entsprechende Anfrage der Abgeordneten Christian Meyer, Julia Willie Hamburg und Imke Byl vom 8. August dieses Jahres anschaut. Ob es dennoch Handlungsbedarf gibt, werden wir im Ausschuss klären.

Eines möchte ich hier richtigstellen. Herr Kortlang hat es eben schon gesagt: Wir haben am 25. September 2013 nicht - wie in der Begründung Ihres Antrags geschrieben - das Naturschutzgroßprojekt „Grünes Band Eichsfeld-Werratal“ beschlossen. Vielmehr haben wir seinerzeit einen Antrag der FDP geändert. In diesem Antrag wurde gefordert, am Ende das Projekt nur dann zu unterstützen, wenn die Zustimmung der Betroffenen gegeben ist. Wir haben es hinbekommen, dass das in Zusammenarbeit läuft. Hätten wir dem zugestimmt, hätte es ein Vetorecht gegeben. Dann wäre das Grüne Band aufgrund dieses Vetorechts der Betroffenen löchrig wie ein Schweizer Käse.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen, viel interessanter ist die politische Dimension dieses Antrages. Wie in Ihrem Antrag beschrieben, muss das Grüne Band auch als Zeichen der friedlichen Revolution für die Deutsche Einheit erhalten bleiben. Ja, es erinnert an die Konflikte zwischen Ost und West. Es ist letztendlich auch das Ergebnis des Kniefalls von Warschau am 7. Dezember 1970. Das Grüne Band zu erhalten und weiterzuentwickeln, kann und muss deshalb für uns alle nicht nur aus der Sicht des Naturschutzes eine Herzensangelegenheit sein. Hier wurde seinerzeit eine Chance genutzt. Es ist mit ca. 1 400 km Länge der längste Biotopverbund von Nord nach Süd durch die Bundesrepublik Deutschland. Die Flächen beherbergen zwischenzeitlich allein auf niedersächsischem Gebiet

ca. 340 Arten, die auf der Roten Liste stehen. Die Natur hat dieses Angebot dankend angenommen.

Und was ist mit den Menschen? - Für die Menschen in Ost und West ging ein jahrzehntealter Traum in Erfüllung: der Fall der innerdeutschen Grenze. Zur Wahrheit gehört aber auch: Es gab Wünsche, Träume, aber auch Begehrlichkeiten. Einige - vor allem in Ostdeutschland - haben mehr, vielleicht auch zu viel erwartet. Bei ihnen ist dann irgendwann eine gewisse Ernüchterung und Enttäuschung eingetreten. Sie fühlen sich zweifellos als Verlierer und werden jetzt von politischen Phrasendreschern verführt. Das macht sich bei Wahlen bemerkbar. Die Ergebnisse sitzen auf der rechten Seite der Parlamente. Was das bedeutet, haben wir in dieser Woche wieder ausführlich zu spüren bekommen. Aber ganz ehrlich: Das muss eine parlamentarische Demokratie aber aushalten.

Meine Damen und Herren, letztendlich ist das Grüne Band nicht nur ein Gewinn für Mensch und Natur, sondern es kann auch als Vorbild gesehen werden. Ich würde mir wünschen, dass sich die gesamte Weltbevölkerung ein Beispiel daran nähme. Weltweit wurden unzählige Gebiete durch Kriegshandlungen zerstört. Wenn wir sie offensichtlich nicht brauchen, können wir sie ja der Natur überlassen. Die kann damit umgehen. Das Grüne Band beweist das. Die Gelder für nicht benötigte Waffen können wir dann für den Klimaschutz und für soziale Belange einsetzen.

Meine Damen und Herren, ich bin mir bewusst: Das ist ein Traum. Anders als die Natur ist der Mensch nicht dazu fähig, weil sein Egoismus, seine Macht- und Raffgier und vieles andere entgegenstehen. Aber es gilt das Sprichwort: Die Hoffnung stirbt zuletzt!

In diesem Sinne: Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung von Horst Kortlang [FDP])