Protokoll der Sitzung vom 20.11.2019

(Vizepräsidentin Petra Emmerich- Kopatsch übernimmt den Vorsitz)

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: Welche Auswirkungen hat die Investition, die VW angekündigt hat, auf Emden, aber auch auf ganz Niedersachsen?

(Jörg Bode [FDP]: Bingo!)

Danke, Herr Kollege Bley. - Der Minister wird antworten.

Eine nahe liegende Frage und insofern erwartbar. In der Planungsrunde 68 des Konzernvorstands in der letzten Woche - ohne jetzt Details aus dem Aufsichtsrat zu verraten; das stand auch in der Presse - ist der Schwerpunkt der Investitionspla

nung sehr klar gesetzt worden. Der Schwerpunkt der Investitionen von VW liegt zukünftig auf der Elektrifizierung sowie der Digitalisierung der Fahrzeuge. VW wird jenseits der Strafzahlungssumme - ich weiß nicht, ob es andere Konzerne auf der Welt gibt, die das auch könnten -, die etwa 30 Milliarden Euro beträgt, im Planungszeitraum 2020 bis 2024 - das ist die deutliche Ankündigung für Deutschland und damit auch weltweit - knapp 60 Milliarden Euro in die Zukunftsthemen Elektrifizierung und Digitalisierung der Fahrzeuge investieren.

Für den Standort Emden sieht die Planung die Fertigung des elektrischen SUV ID.Next vor. Außerdem wird die künftige Produktion des ElektroPassats Aero dort stattfinden und deshalb dort entsprechend investiert.

Ich bin mir mit Ministerpräsident Stephan Weil eindeutig einig: Volkswagen geht mit der vorliegenden Planung den Weg der Elektromobilität in Richtung CO2-Neutralität und Klimaschutz sehr konsequent weiter. Durch die Verschärfung der CO2-Ziele war man ja auch gezwungen, den Transformationsprozess noch einmal zu beschleunigen.

VW ist es, denke ich, mit der Planungsrunde 68 auch mit Blick auf den Standort Emden eindrucksvoll gelungen, diese Maßnahmen auf den Weg zu bringen. Für die Region - das ist Teil der Überlegung und muss auch Teil der Überlegung mit Blick auf den Ostfrieslandplan sein - sind auf der einen Seite die Entwicklungen bei Enercon eine bittere Pille. Auf der anderen Seite - Tesla hat angekündigt, in Berlin bzw. Brandenburg 4 Milliarden Euro zu investieren; ich sage das mit aller Vorsicht und Zurückhaltung - investiert VW, der dann vermutlich weltgrößte Elektrofahrzeughersteller, wenn bis 2025 70 neue Modelle auf den Weg gebracht worden sind, in Niedersachsen - ich sage es noch einmal: Tesla investiert in Brandenburg womöglich 4 Milliarden Euro - über 16 Milliarden Euro, also das Vierfache von dem, was Tesla angeblich oder möglicherweise investiert.

Damit bekennt sich VW ausdrücklich zu seinen niedersächsischen Wurzeln. VW investiert in die Werke in Wolfsburg, Hannover, Braunschweig, Salzgitter, Osnabrück und Emden. Das ist eine gute Nachricht. Von daher bin ich sehr optimistisch, gerade mit Blick auf den Ostfrieslandplan, dass der Volkswagen-Konzern auch um seine Verpflichtung für die Menschen in der Region weiß.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. - Zu Wort gemeldet hat sich nun für die CDU-Fraktion der Kollege Karsten Heineking.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Haben sich in der Vergangenheit weitere Mitglieder der Landesregierung zu den Anbahnungsgesprächen mit Tesla eingelassen?

Danke sehr. - Herr Minister wird antworten.

Ja. Mein Vorgänger hat ausweislich von Presseberichten in Wilhelmshaven im Januar 2017, später auch als Umweltminister, ordnungsgemäß und völlig korrekt gehandelt. Die Nordwest-Zeitung vom August 2019 berichtete über eine Bewerbung für einen Standort in Niedersachsen. Ich denke, die damalige Bewerbung Wilhelmshavens und des JadeWeserPorts war auch mit Blick auf die noch steigerungsfähigen Importqualitäten aus regionaler Sicht nachvollziehbar. Der Abgeordnete Olaf Lies ist ja in dieser Region verhaftet und auch Vertreter dieser Region.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Wo ist der eigentlich?)

Der Ministerpräsident hat sich ebenso im Rahmen seiner Delegationsreise dazu geäußert. - Und wenn Sie fragen, wo Minister Olaf Lies jetzt ist, kann ich nur sagen: Es antwortet die Landesregierung. Im Fall dieser Anfrage habe ich die Verantwortung.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD - Dr. Stefan Birkner [FDP]: Alles gut! Ich habe mich nur gefragt, warum ihn Ostfriesland nicht interessiert!)

Vielen Dank, Herr Minister. - Für die AfD-Fraktion erhält jetzt der Abgeordnete Stefan Henze das Wort.

Herr Minister, aus welchen EU- und sonstigen Förderprogrammen haben Sie als Landesregierung Mittel zielgenau nach Ostfriesland geleitet?

Danke schön. - Herr Minister Althusmann antwortet Ihnen.

Wir haben das gesamte Förderspektrum der Förderkulisse der Europäischen Union ausgeschöpft: von ESF-Programmen über ELER- und EFREProgramme bis hin zu GRW-Förderprogrammen. Ich nannte vorhin eine Summe von bis zu 20 Millionen Euro in den letzten zwei Jahren. Wir haben die Investitionsfördervolumina im Rahmen unserer Programme in den letzten Jahren - im Übrigen schon seit 2010 - u. a. für die sogenannten Partnerbetriebe von Enercon eingesetzt. Diese Zuschüsse sind nicht mehr rückzahlungspflichtig, weil sie im Jahr 2017 sozusagen abschließend nicht mehr rückzahlbar waren. Ich habe eine Übersicht, eine Tabelle aller Förderzuschüsse, auch der, die die Partnerunternehmen von Enercon - Turmbau usw. - bekommen haben. Auch dort haben wir mit einzelbetrieblicher Investitionsförderung aus den verschiedenen Fördertöpfen unterstützt. Die gesamte Förderkulisse ist ausgeschöpft worden. Wenn Sie eine konkrete Aufstellung über die einzelnen Förderprogramme wünschen, können wir sie gerne nachliefern.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank. - Für die FDP-Fraktion bekommt nun der Kollege Hermann Grupe das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Da die Landesregierung vorgestern großräumig rote Gebiete ausgewiesen hat - dadurch drohen Einschränkungen bei der Düngung bis hin zu einer Mangelernährung der Pflanzen -, fürchten die Landwirte in Ostfriesland eine Anheizung des Höfesterbens. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: Welche Perspektiven bieten Sie den Landwirten in Ostfriesland für eine zukünftige Entwicklung, und wie wollen Sie harte Strukturbrüche in diesem Bereich verhindern?

(Beifall bei der FDP)

Danke sehr. - Unsere Landwirtschaftsministerin, Frau Otte-Kinast, antwortet.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch ich mache mir Sorgen um die Landwirtschaft in Ostfriesland. Das ist so. Deswegen kämpfe ich derzeit gemeinsam mit Olaf Lies für die Ausnahme des Grünlands von der Minus-20-%-Regelung. Wenn wir über Ostfriesland sprechen, sprechen wir von Milchviehhaltung und von grünen Weiden. Deswegen sind Touristen auch so gerne in Ostfriesland. Unser Kampf ist es derzeit, Berlin darin zu bestärken, die Ausnahme des Grünlands von der Minus-20-%-Regelung in Brüssel zu verhandeln. Denn kann können wir dort Brüche verhindern. Nur so geht es. Das ist derzeit meine Arbeit.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Herzlichen Dank. - Der Kollege Frank Henning erhält jetzt für die SPD-Fraktion das Wort.

Herr Minister, Sie haben ausgeführt, dass VW in Niedersachsen erhebliche Investitionen tätigt. Ich teile Ihre Auffassung: Das ist eine positive Nachricht. Aber was tun andererseits die Landesregierung und das von Ihnen geführte Wirtschaftsministerium, um den Transformationsprozess und den Strukturwandel in der Automobilindustrie zu fördern? Welche Maßnahmen haben Sie ergriffen, und wie helfen Sie insbesondere den Zulieferern und VW, diesen vermutlich mit einem Arbeitsplatzabbau verbundenen Strukturwandel am besten zu meistern?

Herr Henning, war das jetzt eine Drei-in-einsFrage?

Herr Abgeordneter, die Automobilindustrie steht bekanntlich vor dem tiefsten Umbruch ihrer Geschichte. Neue energie- und klimapolitische Rahmensetzungen stellen letztendlich wesentliche Parameter bisheriger Geschäftsmodelle bei Autoproduzenten und Zulieferern sehr stark infrage. Die Auswirkungen sind in Niedersachsen an zahlreichen Zulieferstandorten - auch jenseits der sechs Automobilstandorte von VW - spürbar.

Ich habe das an dieser Stelle schon einige Male gesagt: Ein elektromobiles Fahrzeug hat nur in etwa 40 % der Produktionstiefe eines klassischen Verbrenners, so wie wir ihn kennen. Von daher ist hier ein langfristiger Strukturwandel erkennbar, was die Mitarbeiterbedarfe und die Produktionstiefe betrifft. Zudem werden am Ende traditionelle Wettbewerbsstärken - nämlich die Motorenherstellung; das ist eine, wenn ich das so sagen darf, klassische technologische Stärke der deutschen Automobilindustrie - im Zuge dieser Elektromobilität und des damit in Zusammenhang stehenden starken Markteintritts neuer Wettbewerber in bisher nicht bekannter Weise auf den Prüfstand gestellt.

Man muss sich einmal auf der Zunge zergehen lassen, was gerade auf dem größten Markt der Automobilindustrie in China passiert: In China wird zukünftig die Produktion von Verbrennern sehr restriktiv behandelt, weil auch massiv auf Elektromobilität umgestellt werden soll. Dort verkauft VW derzeit noch über 4 Millionen Fahrzeuge. Am Ende wird die Produktion von Elektrofahrzeugen auf dem weltgrößten Automobilmarkt eine deutliche Veränderung für VW in diesem Produktionsgeschäft nach sich ziehen.

Wir sehen also: Die zum Teil gesetzlich, europarechtlich und klimapolitisch notwendige Veränderung in der Automobilindustrie hat weitreichende Folgen. Die Antwort darauf lautet: Elektromobilität, allerdings nach meiner Einschätzung eher technologieoffen, was die Frage rein elektrisch betrifft. Ich habe das vorhin so in einem Nebensatz gesagt. Ich sage mal - das ist gar nicht unbedeutsam -: Mild-Hybrid-Fahrzeuge - also die kleinen mit rückholbarer Energie aus Bremsprozessen -, Plug-inHybridmotoren und Elektromotoren rein elektrischer Art werden sicherlich ein Großteil der automobilen Zukunft - nicht nur bei VW, sondern bei BMW, AUDI und Mercedes ohnehin - in den nächsten Jahren sein.

Hinzu kommen die Fragen Digitalisierung, autonomes Fahren und Carsharing-Modelle. Ich war, wie Sie wissen, gerade mit einer UnternehmerDelegation in Ost-Afrika. In Ruanda habe ich mit dem Premierminister den ersten elektromobilen Golf auf den Weg gebracht. Auch in Afrika scheint das Thema Elektromobilproduktion bei einem sehr umfassenden großen Markt in den nächsten Jahren eine zunehmend große Rolle zu spielen.

Im Hinblick auf die bisher bewährten Wertschöpfungsketten und anerkannten Beschäftigungspotenziale wird sich also vieles verändern. Neben

dem Erhalt und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur werden sich die in diesem Sektor tätigen Unternehmen und Dienstleister einem massiven Strukturwandel und den damit einhergehenden Herausforderungen stellen müssen, um die Wettbewerbsfähigkeit zukünftig zu sichern. Wir haben Studien, die sich mit den Auswirkungen dieses Strukturwandels auf die Automobilwirtschaft, die traditionellen Hersteller und Zulieferbetriebe befassen. Dabei steht zumeist, in Abhängigkeit von den Szenarien, die Beschäftigungssituation in den betroffenen Unternehmen im Fokus.

Daher hat sich das Wirtschaftsministerium gemeinsam mit der Staatskanzlei dieses Strukturwandels in der niedersächsischen Automobilwirtschaft angenommen. Wir wollen diesen vorausschauend begleiten, gestalten, Innovationspotenziale niedersächsischer Unternehmen heben und damit Beschäftigung und Arbeitsplätze sichern. Deshalb habe ich gemeinsam mit der Staatskanzlei, mit Herrn Ministerpräsidenten Weil, mit der IG Metall und dem Verband der Metallindustriellen Niedersachsens im Frühjahr 2019 den Strategiedialog „Automobilwirtschaft in Niedersachsen“ auf den Weg gebracht, der schon nach zwei Jahren Ergebnisse liefern soll. Wer sich erinnert: BadenWürttemberg hat, glaube ich, sieben Jahre debattiert und diskutiert. Dazu, ob dabei etwas herausgekommen ist, will ich mich enthalten. Als wichtige industrielle Partner agieren dort auch Volkswagen und Continental. Der Strategiedialog hat dort zur Aufgabe, diese Systemtransformation - wie sie genannt wird - vorausschauend zu gestalten, Innovationspotenziale niedersächsischer Unternehmen zu nutzen und letztendlich die Stärke des Industriestandorts Niedersachsen auszubauen.

Wir haben diesen Strategiedialog im Jahr 2019 bereits einige Male in Arbeits- und Expertengruppen begleitet. Es gibt drei Innovatoren-Runden. Die haben jeweils zweimal getagt und einige Ideen entwickelt. Zwischenergebnisse werden in Kürze mit den Initiatoren des Strategiedialogs mit konkreten Handlungsempfehlungen, konkreten Projekten, konkreten Pilotvorhaben und konkreten möglichen Förderprogrammen zur Unterstützung dieses

Transformationsprozesses vorgestellt. Dem möchte ich nicht vorgreifen. Aber Sie sehen: Wir unterstützen u. a. mit dem Strategiedialog, aber natürlich auch mit allen Instrumentarien der Wirtschaftsförderung die Zulieferbetriebe, die möglicherweise von diesem Strukturwandel betroffen sind, mit entsprechenden Maßnahmen.

Ich kann auch nur sagen: Für innovative Antriebstechnologien, innovative Speicher- und Batterietechnologien und Unternehmen, die im weitesten Sinne in der Logistik und auch in der Automobilwirtschaft tätig sind, versuchen wir auch, mit zielgerichteten Innovationsförderprogrammen deren Strukturwandel zu unterstützen und zu flankieren, wo wir dies rechtlich können.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Kollegin Hillgriet Eilers hat sich für die FDP-Fraktion zu Wort gemeldet.

Danke, Frau Präsidentin. - Herr Minister, Sie haben die Wasserstofftechnologie erwähnt. Aber Sie haben nicht das sehr erfolgreiche Projekt „WASh2“ erwähnt, das in Ostfriesland umgesetzt wird. Welche Investitionen werden Sie tätigen, um die Wasserstoffprojekte und etwaige Elektrolyseure in Ostfriesland zu unterstützen?

(Beifall bei der FDP)

Herr Minister Althusmann!

Wir haben für den Haushalt 2020, wenn ich mich richtig erinnere, ein Mobilitätsprogramm von 5 Millionen Euro u. a. zur Nutzung dieses Programms auf den Weg gebracht. Wir haben inzwischen - das muss man auch einmal erwähnen - für Niedersachsen sehr erfolgreich den weltweit ersten Wasserstoffzug von Cuxhaven Richtung Buxtehude auf den Weg gebracht, dessen Probebetrieb absolut erfolgreich verlaufen ist. Inzwischen gibt es auch Anfragen von anderen Bundesländern, aber auch europäischen Ländern zu diesem von Alstom produzierten Zug, um ihn möglicherweise zukünftig im Schienenpersonennahverkehr einzusetzen.

Ich hatte vor Kurzem einen Verkehrsdialog mit Nordrhein-Westfalen, das auch an diesem Thema Wasserstoff interessiert ist. Da das eine gemeinsame Strategie der Landesregierung ist, wird sicherlich der Umweltminister Herr Kollege Lies auch im Rahmen seines Gesamtprogrammes, das er zum Thema Klimaschutz und nachhaltige Strate

gien zur Verfügung hat, das Thema Wasserstoffstrategie weiter fördern.