Auch eine Abwicklung über das sogenannte Single Resolution Board wäre zusätzlich mit dem Problem verbunden - Herr Fühner hat darauf hingewiesen -, dass wir die gesamte Federführung in dem Prozess abgeben würden. Dritte würden die NORD/LB abwickeln! Das Land Niedersachsen könnte nichts mehr dazu beitragen. Wollen wir uns wirklich diesen Kräften ausliefern, meine sehr verehrten Damen und Herren?
Insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Sparkassensicherungssystem und der Sicherungsfonds im Bereich des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes bei einer solchen Abwicklung ebenfalls gefährdet würden, würden viele kleine Sparkassen auch in Niedersachsen in eine deutliche Schieflage geraten. Auch das ist für uns ein Grund, uns mit dem Thema Abwicklung nicht intensiver zu beschäftigen: Das ist für uns nicht der richtige Weg.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Abwicklung der Bank wäre natürlich auch ein Ausverkauf von Know-how, ein Ausverkauf der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Herr Lilienthal, wenn Sie sich hier hinstellen und sagen: „5 000 Arbeitsplätze weg, abwickeln, tschüss!“, dann kann ich nur sagen: Das sagen Sie mal denen, die 500 m Luftlinie hinter uns arbeiten! Das sagen Sie ihnen mal direkt ins Gesicht!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich denke, dass damit deutlich wird, dass wir über Abwicklungsmöglichkeiten der Bank nicht länger nachdenken sollten. Ich halte Lösungsvorschläge in diese Richtung zum jetzigen Zeitpunkt für unverantwortlich.
Insofern war die jetzt vorgesehene Lösung mit der Einbindung des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes und der Ausrufung des sogenannten Stützungsfalls meiner Ansicht nach die vernünftigste und damit die verantwortungsvollste und im Übrigen auch die wirtschaftlichste Lösung, die wir finden konnten.
Niemand, meine sehr verehrten Damen und Herren, sagt, dass es sich hierbei um einen leichten Weg handelt. Niemand sagt, dass dieser Weg risikofrei ist, insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich die Bankenlandschaft insgesamt in Veränderung befindet. Aufgrund der niedrigen Zinsen und aufgrund der Entwicklung bei der Digitalisierung ist jegliches Handeln von Banken heutzutage risikobehaftet.
Aber unzählige Gutachterinnen und Gutachter, Beraterinnen und Berater, Expertinnen und Experten und auch behördliche Institutionen haben die im Rahmen des Rettungsplanes der Bank vorgeschlagenen Maßnahmen auf Herz und Nieren geprüft. Alle sind zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich um ein Investment des Landes Niedersachsen handelt, das Vermögen sichert, und dass jeder dritte private Investor genauso gehandelt hätte.
Ich hoffe, sehr geehrte Damen und Herren, dass sich die Annahmen, die wir den heutigen Entscheidungen zugrunde legen, tatsächlich realisieren lassen. Niemand ist heute in der Lage, das genau vorauszusehen. Allerdings waren und sind wir in der Lage, dies zumindest genau zu prüfen, und das ist in den letzten 18 Monaten tatsächlich sehr intensiv geschehen. Wir haben uns für die verantwortungsvollste, risikoärmste und wirtschaftlichste Variante für die Beschäftigten und den Wirtschafts- und Finanzstandort Niedersachsen entschieden.
Deshalb werden wir heute den vorliegenden Gesetzentwürfen zum Staatsvertrag und zur Ausrichtung der NORD/LB zustimmen. Aus diesem Grunde bitte ich auch die Opposition, diesen Vorschlägen zuzustimmen. Die SPD-Fraktion hat auch in Zeiten der Opposition Verantwortung übernommen und Entscheidungen dieser Art mitgetragen, weil es um das Land geht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich mit einem Zitat des ehemaligen Bundespräsidenten Walter Scheel enden: „Nichts geschieht ohne Risiko, aber ohne Risiko geschieht auch nichts.“
Vielen Dank, Frau Heiligenstadt. - Es gibt eine Kurzintervention zu Ihrem Beitrag. Herr Abgeordneter Lilienthal, bitte!
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Heiligenstadt, gerichtet an die Mitarbeiter der NORD/LB sage ich, was ich denke, weil ich es denke. Das hängt auch nicht davon ab, in welchem Rahmen ich spreche. Von daher habe ich überhaupt kein Problem damit, den Leuten zu sagen, wie ich die Welt sehe.
Aus meiner Sicht ist es nämlich so, dass nicht wir, sondern Sie diese Mitarbeiter in eine jahrelange Hängepartie schicken, die nach meinem Dafürhalten in einer Abwicklung endet - nur nicht heute. Das unterscheidet uns. Von daher erkenne auch ich die staatspolitische Verantwortung, die Sie hier bezeichnen, habe darauf aber eine andere Antwort als Sie.
Ich möchte auf das eingehen, was Sie zur Abwicklung gesagt haben. Sie haben gerade gesagt: Wenn das Single Resolution Board aktiv würde, würden wir uns diesen Kräften aussetzen. - Meine Güte, was ist denn das für ein Misstrauen gegenüber der Europäischen Union! Das ist ja unfassbar!
die Abwicklung von Banken und die mögliche Rettung von Banken - das steht auch noch dahinter; die Abwicklung ist ja gar nicht gesetzt - zu professionalisieren. Uns unterscheidet einfach nur, dass wir gegen den Finanzminister und sein Haus keinen Genieverdacht hegen, sondern uns durchaus vorstellen können, dass Leute, die das hauptberuflich und professionell machen - das Team von Frau König -, das besser machen als wir.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Sie hier sagen, dass Sie sagen, was Sie denken, dann unterscheidet Sie nichts von den allermeisten Abgeordneten in diesem Raum. Denn ich gehe davon aus, dass alle Abgeordneten an diesem Redepult das kundtun, was Sie denken, ihre Meinung.
Wenn Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, allerdings sagen, dass Ihnen die 5 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die zurzeit noch bei der NORD/LB beschäftigt sind, und die bis zu 2 500 oder 2 800 Arbeitsplätze, die wir, wenn wir die entsprechenden Rettungsmaßnahmen durchgeführt haben und das Strukturprogramm
„NORD/LB 2024“ Fuß fasst, erhalten können, egal sind - und das habe ich Ihrer Rede entnommen -, dann ernten Sie erheblichen Widerstand der SPDLandtagsfraktion und mit Sicherheit der ganzen Großen Koalition. Denn uns geht es um die Menschen in diesem Land.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Heiligenstadt, ich nehme an, dass Ihr Zitat von Walter Scheel nicht im Zusammenhang mit der NORD/LB
gefallen ist. Denn Walter Scheel meinte wahrscheinlich die persönliche Haftung. Aber Sie gehen ja hier ein Risiko ein, für das nicht Sie eine persönliche Haftung übernehmen, sondern für das die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler dieses Landes die Haftung übernehmen. Das ist der entscheidende Unterschied.
Wir erleben heute den vorläufigen Höhepunkt einer sehr langen Debatte und der sehr langen Geschichte vom Leiden der Norddeutschen Landesbank. Wir haben heute wieder erlebt, dass die Vertreter von CDU und SPD eine scheinbare Alternativlosigkeit der heutigen Entscheidung aufzeigen.
Ich hätte mir, Frau Kollegin Heiligenstadt, etwas mehr Zurückhaltung in Ihrem Wortbeitrag gewünscht. Denn bei all der Kritik, die ich zumindest am aktuellen Finanzminister, Herrn Hilbers, habe, was die Entscheidung angeht, müssen Sie sich doch den Vorwurf gefallen lassen, dass Sie in der letzten Legislaturperiode mit dem damaligen Duo Weil und Schneider gar nichts gemacht haben. Im Gegenteil, Sie haben eine Bremer Landesbank gerettet und den Bremern dafür noch über 200 Millionen Euro geschenkt, was definitiv ein zu hoher Kaufpreis war. Diesen Vorwurf müssen Sie sich gefallen lassen. Deswegen sollten Sie hier doch etwas zurückhaltender agieren.
Es geht bei der heutigen Entscheidung zunächst einmal darum, eine klare Sicht auf die Risiken zu haben. Für den Steuerzahler geht es insgesamt um ein Risiko in Höhe von 6,8 Milliarden Euro. Herr Kollege Fühner hat gerade gesagt: Wir finanzieren 1,5 Milliarden Euro, die Barmittel, die in die Bank fließen, über eine Beteiligungsgesellschaft. - In Wahrheit haftet dafür natürlich auch der niedersächsische Steuerzahler. Das heißt, es ist völlig irrelevant, ob dieses Geld über eine Gesellschaft aufgenommen wird oder über den Landeshaushalt. De facto reden wir über 1,5 Milliarden Euro Neuverschuldung in diesem Jahr. Es ist völlig egal, ob das über eine Gesellschaft oder über den Landeshaushalt passiert.
In diesem Zusammenhang redet auch der Finanzminister immer über sogenannte rentierliche Anlagen. Dann sagen Sie doch einmal, Herr Finanzminister, wie häufig die NORD/LB in den letzten zehn Jahren tatsächlich Ausschüttungen gemacht hat!
Nach meiner Informationen geschah das zweimal in den letzten zehn Jahren. Da von einer rentierlichen Anlage zu sprechen, halte ich wirklich für sehr sportlich.
Ich glaube, man muss tatsächlich Klartext reden. Man muss die Risiken klar benennen und darf sich hier nicht in Volksverdummung verirren.
Herr Finanzminister, Sie reden immer von den Geschichtsbüchern, in die Sie gerne eingehen wollen. Heute stellen wir fest: Trotz einer traumhaften Haushaltslage gehen Sie als derjenige in die Geschichtsbücher ein, der in diesem Jahr noch 1,5 Milliarden Euro neue Schulden gemacht hat.
Was ich ebenfalls sehr kritikwürdig finde an dem, was heute hier diskutiert wird, ist, dass das Land mit über 80 % die Hauptlast dieser Rettung der NORD/LB trägt. Das sieht auch der Landesrechnungshof so. Ich darf aus der Stellungnahme des Landrechnungshofs zitieren:
„Das Land beteiligt sich im Rahmen dieser Kapitalmaßnahme überproportional an der Übernahme von Risiken. Wir sehen zudem das weitere Risiko, dass im Zusammenhang mit einer Neustrukturierung der Bank und des öffentlich-rechtlichen Bankensektors die Erwartung nach weiterer Landesunterstützung bestehen könnte.“