Protokoll der Sitzung vom 16.12.2019

„Das Land beteiligt sich im Rahmen dieser Kapitalmaßnahme überproportional an der Übernahme von Risiken. Wir sehen zudem das weitere Risiko, dass im Zusammenhang mit einer Neustrukturierung der Bank und des öffentlich-rechtlichen Bankensektors die Erwartung nach weiterer Landesunterstützung bestehen könnte.“

Diese Befürchtung teile ich. Aus unserer Sicht handelt es sich bei dieser Bank um ein zu großes Risiko für zu wenig Zukunftsfähigkeit.

(Zustimmung bei der FDP)

Herr Kollege Grascha, lassen Sie eine Frage des Abgeordneten Thiele zu?

Bitte, Herr Thiele!

Frau Präsidentin, vielen Dank. Herr Grascha, danke, dass Sie die Frage zulassen.

Ich lasse jetzt einmal Ihre rhetorischen Klimmzüge zum Thema Neuverschuldung weg - das ist ja für alle erkennbar - und konzentriere mich auf den Landesrechnungshof. Sie haben gerade den Eindruck erweckt, der Landesrechnungshof habe sich in der Gesamtschau negativ zum jetzigen Vorschlag eingelassen.

Und nun die Frage, Herr Thiele!

Erinnere ich mich richtig, dass der Landesrechnungshof im Haushaltsausschuss unter dem Strich eine abwägende, positive Gesamtstellungnahme zu den Beschlüssen, die wir hier heute fassen wollen, abgegeben hat? Oder ist Ihre Position richtig, dass der Landesrechnungshof sich auf Kritik beschränkt hat? - Ich glaube, Sie kennen die Antwort.

Vielen Dank.

Darauf kann ich nur antworten, dass natürlich meine Position richtig ist.

(Beifall und Heiterkeit bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Wenn Sie sich noch einmal die Stellungnahme des Landesrechnungshofs vor Augen führen, dann werden Sie feststellen, dass viele kritische Punkte dabei sind, bei denen Risiken aus der Vergangenheit und für die Zukunft aufgezeigt werden, Herr Kollege Thiele.

(Ulf Thiele [CDU]: Darin stand etwas anderes! Das wissen Sie!)

Das ist der entscheidende Punkt. Der Landesrechnungshof hat nicht gesagt - - -

(Ulf Thiele [CDU] unterhält sich mit Jens Nacke [CDU])

- Haben Sie noch Interesse an der Antwort, Herr Kollege Thiele?

(Heiterkeit bei der FDP - Jörg Bode [FDP]: Nein, hat er nicht!)

Der Landesrechnungshof hat nicht gesagt, dass er dem Ganzen unter dem Strich positiv gegenübersteht, sondern es ist deutlich zum Ausdruck gekommen, dass er viele Dinge gar nicht beurteilen könne. Das ist doch auch logisch. Der Landesrechnungshof ist für andere Dinge da als für die Untersuchung und für die Darstellung der Möglichkeiten, für die das Finanzministerium und die NORD/LB ganze Heerscharen von Beratern hatten. Das war dem Landesrechnungshof natürlich nicht möglich.

Ich möchte aber noch auf einen weiteren Punkt zu sprechen kommen, nämlich auf das sogenannte neue Geschäftsmodell. Das neue Geschäftsmodell besteht darin, zu sagen: Wir machen alles so wie bisher, nur kleiner, außer Schiffsfinanzierung. - Man will etwas regionaler werden.

Die Reeder in Ostfriesland - Herr Kollege Thiele, die Problematik müsste Ihnen durchaus bekannt sein - aber sind doch Teil der klassischen regionalen Wirtschaft. Wenn hier aus der Schiffsfinanzierung ausgestiegen werden soll, dann fragt man sich doch mit Blick auf Ostfriesland, wo dabei die Regionalität bleibt. Wenn man das Geschäftsmodell regionaler ausrichten will, fragt man sich doch auch, wo die Abgrenzungen zu den Sparkassen sind. Aussagen hierzu vermisse ich komplett. Deswegen wird dieses neue Geschäftsmodell am Ende nicht tragen.

(Beifall bei der FDP)

Besonders fragwürdig aber finde ich die Zielzahlen, die in Richtung 2024 definiert werden. Da ist immer von einer 8-prozentigen Eigenkapitalrendite die Rede. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, darf ich Ihnen mal sagen, wie hoch im Jahr 2017 die Renditen vergleichbarer Banken ausgefallen sind? - Bei den Landesbanken hatten wir im Jahr 2017 eine durchschnittliche Eigenkapitalrendite von 3,7 %. Bei den Sparkassen hatten wir eine durchschnittliche Eigenkapitalrendite von 1,7 %, und bei anderen deutschen Großbanken hatten wir eine Eigenkapitalrendite von 2,5 %.

Noch spannender wird es bei der sogenannten Aufwandsertragsquote, der Cost-Income-Ratio. Für die Nichtfachleute: Je niedriger diese Quote ist, desto effizienter ist eine Bank. Hier wird für das Jahr 2024 eine Quote von 46 % angestrebt. Auch hierfür wieder ein paar Beispiele: Die europaweite Quote beträgt 58,9 % - das ist sehr, sehr weit weg von 45 %. In den letzten 21 Jahren bewegte sich die Cost-Income-Ratio bei allen deutschen Banken zwischen 65 und 73 %. Bei der Helaba, einer ver

gleichbaren Landesbank, betrug die Cost-IncomeRatio im Jahr 2018 78,3 %.

Sehr geehrter Herr Finanzminister Hilbers, wollen Sie uns wirklich weismachen, dass Sie in den nächsten fünf Jahren die NORD/LB zur erfolgreichsten Landesbank Europas machen wollen? - Das können Sie doch wirklich niemandem weismachen!

(Beifall bei der FDP und bei der AfD)

Sie verwandeln doch die Norddeutsche Landesbank in ein Potemkinsches Dorf, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wenn das zutreffen sollte, was Sie für das Jahr 2024 voraussagen, dann müssten wir uns ironischerweise überlegen, in diesem Jahr die Polizei und die Schule zu privatisieren und ab 2024 nur noch in Banken zu investieren und die Bankenlandschaft so effizient zu machen, wie Sie es mit der NORD/LB machen wollen. Das kann doch nicht sein, Herr Finanzminister.

(Beifall bei der FDP)

Wie geht es jetzt weiter? - Im Zusammenhang mit dem Staatsvertrag, den wir heute beschließen, lesen wir immer wieder davon, das Landesinteresse müsse hierbei im Mittelpunkt stehen. Ich frage mich bei diesem Geschäftsmodell: Wo ist denn das Landesinteresse? - Wenn sich diese Bank nach dem Landesinteresse verhalten würde, dann dürfte sie sich nicht so verhalten wie eine Geschäftsbank. Sie muss sich aber wie eine Geschäftsbank verhalten, um die Eigenkapitalvorschriften zu erfüllen.

Es fehlt also ein klares strategisches Ziel, und zwar aus Verantwortung gegenüber den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern, aber übrigens auch aus Verantwortung gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern; denn denen alle Jahre mal wieder Sand in die Augen zu streuen und zu sagen: „Jawohl, wir geben jetzt wieder Milliarden, und wir hoffen darauf, dass ein tragfähiges Geschäftsmodell entwickelt wird“, ist doch auch nicht mehr, als Sand in die Augen zu streuen. Wir sind es auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern schuldig, dass wir hier ein klares strategisches Ziel verfolgen.

Nach unserer Auffassung müssen wir daran arbeiten, in den nächsten Jahren die Braunschweigische Landessparkasse auszugliedern, und wir müssen daran arbeiten, dass der Rest der Norddeutschen Landesbank dann privatisiert wird oder in einer bundesweiten Landesbank aufgeht.

(Glocke der Präsidentin)

- Ich komme zum Schluss.

Herr Finanzminister, Sie haben am 13. Dezember der Neuen Osnabrücker Zeitung gesagt, dass Sie diesem Konzept einer Landesbank bundesweit offen gegenüberstünden. Sie haben dann davon gesprochen, dass Sie diese Entwicklung beobachten. Ich glaube, es reicht nicht aus, diese Entwicklung zu beobachten. Niedersachsen muss in dieser Frage endlich ein glasklarer Akteur werden und darf nicht nur beobachten, sondern muss klug handeln.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Grascha. Auch zu Ihrem Redebeitrag liegt eine Wortmeldung zu einer Kurzintervention vor. Frau Kollegin Heiligenstadt, bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Grascha, damit hier keine Legendenbildung entsteht, habe ich mich noch einmal zu einer Kurzintervention gemeldet.

Sie haben behauptet, dass das Risiko des Schiffsportfolios angeblich in der Zeit von 2013 bis 2017 durch den Erwerb der Bremer Landesbank entstanden sei. So in etwa haben Sie hier formuliert.

(Widerspruch von Christian Grascha [FDP])

- Wenn Sie das nicht so gemeint haben, dann hat sich meine Wortmeldung schon erledigt, dann ist ja alles gut und dann haben wir das hiermit klargestellt.

Ich wollte nur darauf hinweisen, dass wir im Moment alle in der Lage sind, in Akten seit dem Zeitraum 2003 zurückzublicken. Die Klumpenrisiken sind auch in der Zeit zwischen 2005 bis 2011 entstanden. Wir alle wissen, wer in dieser Zeit Regierungsverantwortung getragen hat. Von daher wäre es wohl unseriös, wenn Sie Zusammenhänge nur mit dem Kauf der Bremer Landesbank herstellen würden.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Heiligenstadt. - Kollege Grascha antwortet Ihnen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Heiligenstadt, ich habe das zwar nicht gesagt. Aber ich nutze trotzdem die Gelegenheit, hier meine Position und meinen Kritikpunkt deutlich zu machen.

Ich habe - das ist überall nachzulesen und wird mittlerweile sogar vom hiesigen Finanzminister zugestanden - den damaligen Kauf der Bremer Landesbank kritisiert. Ich rede dabei immer von einer „Rettung“, weil die Bremer Landesbank de facto zahlungsfähig und pleite war.

Die Bremer Landesbank wurde von der NORD/LB für einen Betrag von über 200 Millionen Euro gekauft. Für eine Bank, die pleite ist, für ein Wirtschaftsgut, das pleite ist, noch einen Kaufpreis von über 200 Millionen Euro zu zahlen, ist einfach nur unseriös und war der politische Deal einer damals rot-grünen Landesregierung hier in Hannover und einer rot-grünen Regierung in Bremen.

Das war reiner politischer Deal. Danach und davor haben Sie nichts gemacht, um die NORD/LB entsprechend neu aufzustellen. Beispielsweise war damals auch der Verkauf der HSH diskutiert worden. Dabei hat sich Hannover nicht eingebracht. Sie haben die Probleme der NORD/LB verschleppt. Diesen Vorwurf müssen Sie sich gefallen lassen.

(Beifall bei der FDP)