Protokoll der Sitzung vom 25.01.2018

Herr Kollege Limburg, Sie haben in ganz, ganz vielem, was Sie gesagt haben, recht. Diese Resolution ist eine sehr gute Resolution. Wir würden gern mit draufstehen. Das haben wir angeboten; das wurde aber abgelehnt.

Weil Sie meinen, Sie brechen sich einen Zacken aus der Krone, wenn die AfD mit auf dieser Resolution steht, nehmen wir unser Recht in Anspruch, einer Änderung der Tagesordnung zu widersprechen.

Wollen Sie das fünf Jahre so durchhalten? - Das ist nicht zielführend. Wir könnten gemeinsam ein starkes Signal aus dem Landtag senden, dass wir dieselbe Resolution Wort für Wort einstimmig unterstützen, weil wir uns in dieser Sache - in anderen Sachen vielleicht nicht - einig sind. Sie aber verhindern das. Das ist schade.

(Beifall bei der AfD)

Ebenfalls zur Geschäftsordnung hat nun das Wort Herr Dr. Birkner von der FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir unterstützen ausdrücklich das Begehren, diese Resolution auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung zu nehmen und über diesen Text zu debattieren und abzustimmen. Herr Kollege Limburg hat bereits die wesentlichen Punkte angesprochen. Wir sind in vielerlei Hinsicht betroffen, auch wenn es auf den ersten Blick so scheint, als ob das alles ganz weit weg wäre.

Wir sind betroffen, weil hier in Niedersachsen Auseinandersetzungen auf der Straße stattfinden. Wir werden durch Flüchtlinge betroffen sein. Wir sind aber auch aufgrund der Mitgliedschaft der Bundesrepublik Deutschland in der NATO betroffen.

Die NATO ist ein Verteidigungsbündnis, das sich auch als Bündnis zur Verteidigung des Rechts versteht. Aber was die Türkei macht, hat mit Rechtsstaatlichkeit nichts zu tun. Es hat auch nichts mit der Einhaltung des Völkerrechts und der Grundsätze der friedlichen Streitbeilegung zu tun, wenn ein Mitglied der NATO - unserer Verteidigungsgemeinschaft, die den Westen verteidigen soll und damit auch für westliche Werte steht - einen Angriff gegen einen benachbarten Staat führt. Das ist ein offensichtlicher Völkerrechtsbruch, zu dem wir als Landtag eine Meinung haben sollten.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Es gibt hier einiges zu diskutieren. Wir sind mit dem Text der Resolution - wir haben sie ja auch unterschrieben - einverstanden. Wir können uns aber vorstellen, dass wir an dem einen oder anderen Punkt noch deutlich weitergehen und dies in der Debatte auch anführen, z. B. dass die Angriffshandlungen unverzüglich einzustellen sind.

Wir teilen nicht die Auffassung der Bundesregierung, die sich sehr zurückhaltend äußert und sagt, das sei ein Grenzkonflikt, den man kritisch sehe. Das ist ein Völkerrechtsverstoß! Das ist ein Angriff auf einen benachbarten Staat! Da muss eine deutliche Sprache gefunden werden. Das sehen wir hier nicht.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Wir begrüßen auch - auch das betrifft uns -, dass hier Rüstungsexporte thematisiert werden. Auch da könnte ich mir eine schärfere Wortwahl vorstellen. In Berlin passiert ja kein Stopp von Rüstungsexporten, sondern das ist ein vorübergehendes Aussetzen. Man entscheidet halt im Moment einfach nicht. Ein starkes politisches Signal ist: Nein, wir wollen das nicht, wir lehnen es ab! - Das wäre das richtige Signal an dieser Stelle - und nicht das Verschieben in eine neue Legislaturperiode!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie ist auch wichtig, weil es um die gemeinsamen Werte geht, für die wir in der NATO, aber auch in Europa stehen: für Meinungsfreiheit, für Versammlungsfreiheit, für die Herrschaft des Rechts - alles Werte, die in der Türkei tagtäglich nicht durch die Türken, sondern durch das Erdogan-Regime mit den Füßen getreten werden. Auch deshalb haben wir guten Anlass, hier und heute Position zu beziehen.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

In Richtung AfD, Herr Kollege Wichmann - das hatten wir heute schon in ähnlicher Weise -: Sie sind ein bisschen empfindlich. Keiner hindert Sie daran, einer Resolution, die Sie für richtig halten, zuzustimmen. Dann tun Sie das doch einfach! Aber Sie können von niemandem erwarten - und Sie werden das auch nicht durch Ihr jetziges Verhalten einfordern, geschweige denn umsetzen können -, dass die anderen Fraktionen aus ihren eigenen Motivlagen etwas mit Ihnen zusammen machen oder auch nicht.

Sie können sich natürlich hier hinstellen und sagen: Ich finde es eigentlich richtig, aber weil es nicht mit uns beantragt ist, lassen wir es. - Das ist aber ein Stück weit Aufgabe von Politik und das ganz kleine Klein-Klein.

Wenn Sie meinen, dass es richtig ist, dann stimmen Sie zu und stellen Sie sich der politischen Debatte! Aber verkriechen Sie sich an dieser Stelle nicht hinter der Geschäftsordnung, wenn Sie sagen, es ist inhaltlich richtig! Das hat aus meiner Sicht mit einer vernünftigen, offenen politischen Auseinandersetzung nichts zu tun.

Sie werden niemanden dazu zwingen können, mit Ihnen zusammenzuarbeiten. Das werden wir - für die FDP-Fraktion kann ich das sagen - auch nicht tun.

(Starker Beifall bei der FDP, bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜ- NEN)

Das Wort hat nun für die SPD-Fraktion der Kollege Wiard Siebels, ebenfalls zur Geschäftsordnung.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es liegt der von Helge Limburg eingebrachte Antrag vor, die Tagesordnung an dieser Stelle zu erweitern. Ich will ganz deutlich machen, dass unsere Geschäftsordnung in diesem Punkt ganz eindeutig ist. In § 66 Abs. 1 Nr. 1 ist klar geregelt, dass Gegenstände, die nicht auf der Tagesordnung stehen, beraten werden, es sei denn - Herr Wichmann, das ist in der Tat korrekt -, dass eine Fraktion oder zehn Mitglieder des Landtags widersprechen. Das haben Sie soeben angekündigt. Herr Wichmann, das ist Ihr gutes Recht.

Es ist unser gutes Recht, für uns zu entscheiden - ich glaube, für die anderen Fraktionen gilt das sinngemäß ganz genauso -, mit wem wir welche Art inhaltlicher Anträge hier einbringen, Herr Wichmann. Wenn Sie damit nicht klarkommen und dann sozusagen aus reinem Trotz eine solche Behandlung hier verhindern wollen und werden, wie Sie es ja angekündigt haben, dann heißt das in diesem Fall, dass ein aktuelles Thema, das heute behandelt werden soll und von dem Sie selbst gesagt haben, dass es inhaltlich richtig und angemessen sei, heute nicht behandelt werden kann, sondern an die Ausschüsse oder in das nächste Plenum überwiesen werden muss. Herr Wichmann, das ist dann ganz allein der AfD-Fraktion zuzurechnen. Diese Verantwortung übernehmen Sie dann heute.

Vielen Dank.

(Starker Beifall bei der SPD, bei der CDU, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Ebenfalls zur Geschäftsordnung hat sich der CDUAbgeordnete Jens Nacke gemeldet.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch die CDU-Fraktion hält es für geboten, die Tagesordnung an diesem Punkt zu erweitern und heute über die Resolution zu sprechen, die von den Fraktionen SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP gemeinsam eingebracht wurde.

Der Syrien-Konflikt insgesamt hat die deutsche Politik schon massiv beschäftigt. Wir alle wissen doch sehr genau, dass sich Konflikte, die an diesem Ort oder an anderen Orten der Welt auftreten, sehr schnell und sehr unmittelbar auch auf die innenpolitischen Verhältnisse in unserem Land auswirken. Das haben wir sehr wohl auch in Niedersachsen zur Kenntnis genommen und in Niedersachsen erlebt.

Das gilt natürlich für die vielen Flüchtlinge, die Syrien aufgrund der schweren Konflikte verlassen mussten und weil sie an Leib, Leben und körperlicher Unversehrtheit bedroht worden sind.

Das gilt natürlich für die islamistischen Bewegungen, die den IS als Anlass gesehen haben, hier neu für sich aktiv zu werden, und mit denen wir uns auch hier im Landtag sehr intensiv auseinandergesetzt haben.

Das gilt natürlich für den Konflikt zwischen Kurden und Türken, der auf unseren Straßen stattfindet.

Mit dieser Resolution wollen wir daran appellieren, dass solche Meinungsverschiedenheiten in einem Staat wie der Bundesrepublik Deutschland ausgetauscht werden dürfen. Aber wir müssen den Anspruch haben, dass dies friedlich und auf der Basis unseres Rechtes, unserer Gesetze und unserer Meinungsfreiheit passiert und nicht so, wie andere sich das vorstellen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU, bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Deswegen wäre es gut und richtig, wenn der Niedersächsische Landtag hier möglichst zügig ein deutliches Zeichen setzen würde. Deswegen haben sich die vier Fraktionen entschieden, diese Resolution einzubringen.

Wir haben uns auch sehr bewusst dafür entschieden, dass die AfD an einer solchen Resolution als einbringende Fraktion nicht beteiligt werden kann. Ich kann Ihnen sagen, dass es einen Grundsatzbeschluss der CDU-Fraktion gibt, dass gemeinsame politische Initiativen mit der Fraktion der AfD nicht ergriffen werden. Dieser Grundsatzbeschluss

ist für uns gar nicht neu. Mit den Linken haben wir das genauso gehandhabt. Also fühlen Sie sich da jetzt nicht besonders ausgeschlossen! Es gab schon einmal ein Beispiel, bei dem wir das genauso gehandhabt haben. Das liegt einfach daran, dass wir erkennen, dass die politischen Linien und Überzeugungen der CDU mit den politischen Überzeugungen der AfD genauso wie mit den politischen Überzeugungen der Linken schlicht nicht in Einklang zu bringen sind. Deswegen kommen gemeinsame politische Initiativen für uns nicht in Betracht.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Die Abläufe in diesem Haus sind eindeutig. Es gibt die Möglichkeit, hier Dinge einzubringen. Das kann man gemeinsam tun. Das kann man als einzelne Fraktion tun. Auch als einzelner Abgeordneter hat man bestimmte Rechte, mit denen man hier Dinge zur Sprache bringen kann. Dann wird darüber nach bestimmten Regeln diskutiert. Die Regeln gibt uns die Geschäftsordnung vor.

Wir können heute den Antrag stellen, dass wir die Tagesordnung erweitern. Wenn Sie damit nicht einverstanden sind, dann passiert das eben nicht. Das ist Ihr gutes Recht. Aber es ist nicht Ihr Recht, über das hinaus, was Ihnen die Geschäftsordnung - also die parlamentarischen Regeln - als Rechte einräumt, etwas einzufordern, auch wenn Sie permanent den Eindruck erwecken wollen, Sie würden besonders benachteiligt. Das ist nicht der Fall. Dass wir keine gemeinsamen Anträge mit Ihnen stellen, ist ein Recht der CDU, und wir werden es ganz gewiss auch weiterhin wahrnehmen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU, bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der FDP - Wiard Siebels [SPD]: So ist es!)

Danke, Herr Nacke. - Zur Geschäftsordnung gibt es jetzt keine weiteren Wortmeldungen.

Ich habe den Beiträgen entnommen, dass die AfD einer Erweiterung der Tagesordnung nicht zustimmen wird.

(Klaus Wichmann [AfD] nickt)

- Dabei bleibt es offenbar.

Dann können wir den Antrag nicht beraten. Ich frage daher: Wird Ausschussüberweisung beantragt? - Dafür sind mindestens 20 Mitglieder des

Landtages notwendig. Wer also einer Ausschussüberweisung zustimmen möchte - - -

(Unruhe - Zuruf: Das wird nicht bean- tragt!)

- Ausschussüberweisung wird nicht beantragt?

(Anhaltende Unruhe)

- Anscheinend wird keine Überweisung beantragt. Dann können die Fraktionen überlegen, wie demnächst damit umzugehen ist.