Protokoll der Sitzung vom 27.02.2020

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag von Herrn Limburg auf Unterrichtung.

Herr Limburg, Sie sind mit unserer Geschäftsordnung vertraut. Einen solchen Antrag kennt die Geschäftsordnung nicht. Aber nach § 66 betreffend „Abweichung von der Tagesordnung“ kann der Landtag beschließen, dass Gegenstände neu auf die Tagesordnung genommen werden, es sei denn, dass eine Fraktion oder mindestens zehn Mitglieder des Landtags widersprechen.

(Wiard Siebels [SPD]: Das hat Herr Nacke getan!)

Das wurde angedeutet.

Sie wissen auch, Herr Kollege Limburg, dass dieser Antrag selbst dann, wenn er eine Mehrheit finden würde, nicht durchsetzbar ist. Ich habe bereits gestern darauf hingewiesen, dass Mitglieder der Landesregierung jederzeit das Recht haben, hier zu sprechen,

(Anja Piel [GRÜNE]: Das hat Herr Na- cke ja schon gesagt!)

aber dass das vom Landtag nicht erzwungen werden kann.

Nichtsdestotrotz möchte ich jetzt der Ordnung halber im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 abstimmen lassen.

Wer dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen, die Tagesordnung um den Punkt „Unterrichtung“ zu erweitern, folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Damit wurde dem von den Fraktionen widersprochen. Der Antrag auf Erweiterung der Tagesordnung wurde abgelehnt.

Nun erteile ich ebenfalls zur Geschäftsordnung Herrn Kollegen Grascha das Wort. Bitte, Herr Kollege!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es geht mir um die gestrige Beantwortung der Dringlichen Anfragen unter den Tagesordnungspunkten 17 b und 17 c.

Wir haben ja in diesen Tagen vielfach erlebt, dass der Wert des Parlamentarismus betont wurde. Zu diesem Wert gehört auch das Recht der Abgeordneten auf Informationen gegenüber der Regierung. Aus unserer Sicht sind die Antworten, die die Landesregierung hier gegeben hat, weder mit diesem

Anspruch vereinbar, noch sind sie mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben vereinbar.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Deswegen wollen wir der Landesregierung die Gelegenheit geben, noch im Laufe dieses Plenarabschnitts die Antworten zu korrigieren, damit sie verfassungskonform werden. Es gibt sehr strenge Anforderungen in Artikel 24 der Verfassung; aber beispielsweise auch der Artikel 25 ist berührt.

Wir wollen hier verfassungskonforme Antworten erhalten. Deswegen haben wir diese Anfragen in einem Brief an den Ministerpräsidenten noch einmal formuliert. Wir erwarten, dass diese Antworten noch im Laufe dieses Plenarabschnitts korrigiert werden.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Ebenfalls zur Geschäftsordnung erhält Herr Abgeordneter Lilienthal für die AfDFraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir schließen uns dem Antrag ausdrücklich an. Auch wir waren gestern bass erstaunt vor dem Hintergrund der Antworten gerade auf unsere Dringliche Anfrage 17 c, sind aber davon ausgegangen, dass das erschöpfende Antworten waren. Wir gehen auch davon aus, dass spätestens am Montag im Rahmen der Unterrichtung Zahlen genannt werden.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank.

Weitere Wortmeldungen zur Geschäftsordnung sehe ich nicht. Damit ist die Besprechung zu diesem Punkt beendet.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 27: Fragestunde

Die für die Fragestunde geltenden Regelungen unserer Geschäftsordnung setze ich als bekannt voraus.

Ich weise Sie, wie üblich, darauf hin, dass einleitende Bemerkungen zu den Zusatzfragen nicht zulässig sind.

Um dem Präsidium den Überblick zu erleichtern, bitte ich Sie, sich schriftlich zu Wort zu melden, wenn Sie eine Zusatzfrage stellen möchten.

Wir beginnen mit

a) Wie steht die Landesregierung zum Import pestizidhaltiger Nahrungsmittel? - Anfrage der Fraktion der AfD - Drs. 18/5859

Die Frage wird vorgetragen von der Fraktionsvorsitzenden Frau Guth. Bitte!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Am 17. Februar 2020 titelte die taz: „Ministerin Klöckner für Giftimporte“. Im Wesentlichen wird verlautbart, dass die Bundeslandwirtschaftsministerin fordere, Nahrungsmittel sollten auch dann in die EU importiert werden dürfen, wenn sie gefährliche, in der EU untersagte Pestizide enthielten. Statt des rigorosen Verbotes dieser Stoffe, welches in der Pestizidverordnung geregelt ist, fordert Frau Klöckner eine Grenzwertbestimmung per wissenschaftlichem Gutachten.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Wie positioniert sich die Niedersächsische Landesregierung in dieser Frage?

2. Wie begründet die Landesregierung gegenüber dem Verbraucher diesen Widerspruch zwischen der Pestizidverordnung und der Aussage der Bundeslandwirtschaftsministerin?

3. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um eine Benachteiligung einheimischer Landwirte auszuschließen?

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank. - Es antwortet Ihnen für die Landesregierung Frau Landwirtschaftsministerin OtteKinast. Bitte, Frau Ministerin!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Lebensmittel, die in Europa auf den Markt kommen, stammen zum Teil aus Drittländern, in denen andere klimatische Verhältnisse herrschen und andere Pflanzenkrankheiten oder Pflanzenschädlinge vorkommen als bei uns. Das kann dazu führen, dass es in Drittländern einen legalen Einsatz von bestimmten Pflanzenschutzmitteln gibt, deren Wirkstoffe in der EU nicht zugelassen worden sind oder für deren Wirkstoffe es in der EU keinen Rückstandshöchstgehalt gibt.

Bisher kann ein Lebensmittelunternehmer im Drittland in diesen Fällen vor dem Export eines mit Pflanzenschutzmitteln behandelten Erzeugnisses eine aktuelle Höchstgehaltsfestsetzung für die zum Export vorgesehene Wirkstofflebensmittelkombination beantragen. Von der EU wird dies in jedem Einzelfall nur genehmigt, wenn die beantragten Rückstandshöchstwerte nach Überprüfung auf die gesundheitliche Unbedenklichkeit, d. h. nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen, zu keiner Gefährdung führen können.

Für potenziell gesundheitsgefährdende, z. B. möglicherweise kanzerogene, Wirkstoffe sind nach Auskunft des zuständigen Bundesministeriums in Deutschland bisher noch keine Anträge auf sogenannte Importtoleranzen - d. h. die Festlegung von Rückstandsgehalten - bearbeitet worden.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage Nr. 1: Für die Landesregierung hat der Schutz der Gesundheit von Verbraucherinnen und Verbrauchern bei der Anwendung von Wirkstoffen zum Schutz von Pflanzen vor Schadorganismen absolute Priorität. Dabei wird kein Unterschied gemacht, ob die aus den Pflanzen hergestellten Lebensmittel und Futtermittel im Inland hergestellt

werden oder aus einem anderen EU-Mitgliedstaat bzw. aus einem Drittland stammen.

Insofern teilt die Landesregierung die Ausführungen in der Klarstellung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft auf seiner Homepage am Tag nach der Veröffentlichung des Artikels in der taz. Aus dieser Klarstellung wird deutlich, dass der Bund zusammen mit der EU nach einer wissenschaftlichen Bewertung durch nationale Experten und durch die europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde bei der Genehmigung von Anträgen für den Import vorher geprüft hat, dass die importierten Nahrungsmittel hinsichtlich der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln nicht unsere Gesundheit gefährden. Sofern Bedenken bestehen, wird dieser Import versagt.

Zu Frage Nr. 2: Ein Widerspruch wird seitens der Landesregierung mit den bisher praktizierten Genehmigungsverfahren nicht gesehen. Der Schutz der öffentlichen Gesundheit steht nicht zur Disposition, weder bei dem Verfahren zur Zulassung von Pflanzenschutzmitteln nach der EU-Pestizidverordnung Nr. 1107/2009 noch beim bisherigen Genehmigungsverfahren zur Festlegung von Rückstandshöchstgehalten von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen bei innerhalb wie auch außerhalb der Gemeinschaft erzeugten Lebens- und Futtermitteln nach der EU-Pestizidverordnung Nr. 396/2005. Anträge auf Genehmigung von sogenannten Importtoleranzen werden nicht nach Schema F abgearbeitet und sind auch kein Persilschein.

Zu Frage Nr. 3: Die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln richtet sich neben dem Schutz der öffentlichen Gesundheit auch nach den pflanzenbaulichen, d. h. unterschiedlichen landwirtschaftlichen, pflanzengesundheitlichen und ökologischen einschließlich klimatischen Bedingungen in den jeweiligen Erzeugerländern. Dazu wird die EU in verschiedene Zulassungs-, sprich: Klimazonen eingeteilt: Norden, Mitte und Süden. In der Folge stehen von einem Mitgliedstaat zugelassene Pflanzenschutzmittel nach vorheriger Genehmigung des enthaltenen Pflanzenschutzmittelwirkstoffs auf EU-Ebene nicht immer EU-weit, sondern nur für eine der Zulassungszonen und somit nicht uneingeschränkt in der ganzen EU zur Verfügung. Dies gilt bisher analog auch für im Ausland zulässige, nicht jedoch innerhalb der EU zugelassene Pflanzenschutzmittelwirkstoffe.

In Verbindung mit dem bisherigen Verfahren sind für die heimische Landwirtschaft keine Nachteile bekannt geworden. Solche werden auch seitens der Landesregierung nicht gesehen.

Vielen Dank.