Protokoll der Sitzung vom 12.05.2020

Immerhin versetzt uns dieser Überschuss jetzt in die Lage, für die Maßnahmen, die wir heute beschließen, keine zusätzlichen Kredite aufzunehmen, sondern zusätzlich ein Sondervermögen zu schaffen und weitere Sondervermögen besser auszustatten. Das ist, glaube ich, eine ganz wichtige Botschaft des heutigen Tages.

(Beifall bei der SPD)

400 Millionen Euro gehen zurück an den Wissenschaftsminister für den Bau der Universitätsklinika, die ja sozusagen bei dem ersten Nachtrag entliehen worden sind. Das hat mein Kollege Thiele schon ausgeführt. Und wir zahlen noch einmal 150 Millionen Euro zusätzlich in den Wirtschaftsförderfonds. Ich komme noch einmal darauf zurück. Aber der größte Teil, in einer Größenordnung von 480 Millionen Euro, soll erster Linie zur Einrichtung des Sondervermögens zur Bekämpfung Corona-bedingter Folgen eingesetzt werden. Wir haben damit insgesamt zusätzlich 1,4 Milliarden Euro aus dem Nachtragshaushalt, eine sehr große Summe, zuzüglich der Bürgschaften in der Größenordnung von 2 Milliarden Euro für die Bekämpfung der Corona-bedingten Folgen hier in Niedersachsen eingesetzt. Das wird uns bei den nächsten Haushaltsberatungen, in diesem Jahr und auch in den Folgejahren, sicherlich noch erheblich beschäftigen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Ich halte allerdings, anders als die Vorredner der Opposition, das Sondervermögen, das wir heute beschließen werden, für verfassungsfest. Von daher möchte ich ganz kurz auf die Kritik eingehen, die insbesondere von dem Kollegen Wenzel geäußert worden ist und die sicherlich auch der Kollege Grascha in seinem Beitrag entsprechend erwähnen wird. Ich bin der Meinung, wir schaffen mit dem Sondervermögen eine hohe Transparenz; denn wenn wir das Sondervermögen mit dem Nachtragshaushalt vergleichen, dann stellen wir fest, dass wir beim Nachtragshaushalt über drei Haushaltsstellen beschlossen haben, während wir beim Sondervermögen transparent, nach und nach, von der Landesregierung entsprechend unterrichtet werden und mithilfe des Finanzierungsplanes im Haushaltsausschuss die Planungen der Landesregierung zur Kenntnis bekommen werden.

Außerdem gewährleistet das Sondervermögen eine Überjährlichkeit. Wir wissen doch heute noch gar nicht, welche Finanzfolgen wir mit der CoronaPandemie noch zu bearbeiten haben. Das wird mit dem 31. Dezember 2020 nicht beendet sein. Wir

werden über das Haushaltsjahr, in dem wir uns im Moment befinden, hinaus noch weitere Finanzfolgen zu bearbeiten haben. Ich meine, dass auch das mit dem Sondervermögen gut gewährleistet ist. Dass wir die Tilgung aus dem Sondervermögen werden sicherstellen können, sei nur am Rande erwähnt.

Zur Bestimmtheit des Sondervermögensgesetzes. Ich halte das Sondervermögensgesetz für sehr bestimmt. Manchmal hilft ein Blick in andere Bundesländer, was sie zur Finanzierung der CoronaPandemiefolgen tun. Dort gibt es Sondervermögensgesetze, die nur den ersten Satz aus § 2 unseres Gesetzes beinhalten. Unser Gesetzentwurf enthält aber eine Auflistung weiterer Maßnahmen, insbesondere zur Finanzierung einschließlich der Tilgung. Das ist meiner Meinung nach derzeit an Konkretheit nicht zu überbieten; denn wir alle können nicht in die Glaskugel gucken. Aber das, was wir „Corona-bedingte Folgemaßnahmen“ nennen können, haben wir in diesem Sondervermögensgesetz niedergelegt. Deshalb halte ich, auch im Gegensatz zum Landesrechnungshof, dieses

Sondervermögensgesetz - so viel sei mir gestattet - für ausreichend konkret.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Ein weiterer Punkt, der immer wieder angeführt wird, betrifft das Thema Budgetrecht. Herr Kollege Wenzel hat es gerade wieder angesprochen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist einem Sondervermögensgesetz immanent, dass ein Teil aus dem Haushalt herausgenommen und in ein Sondervermögen hineingepackt wird. Es ist doch ganz klar, dass das natürlich immer eine Abwägung zwischen Budgetrecht und Zweckbestimmung bedingt. Das hat im Übrigen auch der Landesrechnungshof im Ausschuss zugestanden, und das hat auch der GBD zugestanden.

Wir haben uns, weil es gute Gründe gibt, das Ganze in einem Sondervermögensgesetz zu regeln, wie die Finanzierung im Übrigen auch in einigen anderen Bundesländern in Sondervermögensgesetzen geregelt wird, entschieden, die Coronabedingten Folgen in einem Sondervermögensgesetz zu regeln.

Das Budgetrecht ist in dem Sinne sehr unkonkret. Ich muss mir nur den ersten Nachtragshaushalt anschauen. Dort haben wir drei Haushaltsstellen für 1,4 Milliarden Euro geschaffen. Da soll mir jemand mal den Unterschied erklären! Beim Sondervermögen bekommen wir aufgelistet, für welche Maßnahme im Finanzierungsplan die Mittel im

Einzelnen eingesetzt werden, während das bei einer Titelgruppe im Haushaltsplan eher nicht der Fall ist. Insofern wird in dem Zusammenhang gerne mit etwas argumentiert, was in der gewünschten Konkretheit in einem Haushalt nicht immer abgebildet werden kann.

Sehr geehrter Herr Kollege Wenzel, wenn man über Verfassungsfestigkeit spricht, dann sollte man nicht einen Antrag stellen, der nicht verfassungsgemäß ist. Das wäre in Bezug auf ein Entscheidungsrecht des Haushaltsausschusses nämlich der Fall.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Der GBD hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das nicht verfassungsgemäß wäre. Insofern hilft die Einschränkung, dass das dann hier im Plenum gemacht werden soll, nicht. Denn eines hat uns geleitet, meine sehr verehrten Damen und Herren: Wir wollen Unternehmen und vielen anderen Strukturen und Einrichtungen in diesem Land helfen, wir wollen ihnen umfangreich helfen, und wir wollen ihnen schnell helfen. Alles das können wir mit dem Sondervermögensgesetz gewährleisten.

Natürlich wird auch noch ein Nachtragshaushalt kommen, und er ist auch erforderlich, wie der Ministerpräsident heute in der Regierungserklärung erwähnt hat. Damit werden wir uns im nächsten Plenarabschnitt sicherlich beschäftigen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Heiligenstadt. - Im Anschluss erhält das Wort der Kollege Christian Grascha für die FDP-Fraktion.

(Eine Mitarbeiterin und ein Mitarbeiter der Landtagsverwaltung desinfizieren das Redepult)

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Vor ungefähr sieben Wochen sind wir hier zusammengekommen und haben mit großer Mehrheit den ersten Nachtragshaushalt für das Jahr 2020 verabschiedet. Damals waren auch wir davon überzeugt, dass diese 1,4 Milliarden Euro aufgrund der Notsituation tatsächlich im Prinzip als Blankoscheck der Regierung zur Verfügung ge

stellt werden mussten. Das war damals der Notbetrieb.

Jetzt, sehr geehrter Herr Finanzminister, aber wollen Sie diesen Notbetrieb mit diesem Sondervermögen in den Normalbetrieb überführen. Eingeschränkte Parlamentsrechte werden so konserviert, und es wird eine maximale Neuverschuldung für das Land vorbereitet. Das halten wir nicht für notwendig, das ist aus unserer Sicht inakzeptabel, und deswegen lehnen wir dieses Sondervermögen ab.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Es ist jetzt schon mehrmals - auch in den Ausschussberatungen - und beispielsweise auch vom Landesrechnungshof gesagt worden, dass die Parlamentsrechte und die parlamentarische Kontrolle hier auf der Strecke bleiben. Das Budgetrecht ist die Kernkompetenz des Parlaments. Das auszuhöhlen, ist aus unserer Sicht eine sehr bedenkliche Entwicklung.

Schauen wir uns doch einmal an, warum das überhaupt so gemacht wird und wie das Sondervermögen begründet wird. Es wird gesagt, es gebe eine neue Aufgabe. Meine sehr geehrten Damen und Herren, in unserem Land gibt es dauernd neue Aufgaben. Ich erinnere nur an die Inklusion. Auch sie war eine neue Aufgabe, zumindest eine Aufgabe, die neu angegangen worden ist. Dafür wurde auch kein Sondervermögen gebildet - weil es zwar eine neue Aufgabe ist, aber eine Daueraufgabe.

Anders wiederum verhält es sich bei der Hochschulmedizin. Da handelt es sich um ein Bauprojekt mit feststehenden Finanzierungssäulen, das in ein paar Jahren hoffentlich abgeschlossen ist. Dafür ist ein Sondervermögen tatsächlich sinnvoll. Aber für neue Aufgaben, die Daueraufgaben sind, halten wir ein Sondervermögen nicht für sinnvoll.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Außerdem wird erklärt, dass ein Sondervermögen eine höhere Transparenz biete. Herr Kollege Thiele hat es auch gerade gesagt: Wir wüssten nach ein paar Jahren genau, wie viel diese CoronaPandemie gekostet habe. - Genau das ist eben nicht der Fall! Abgesehen von allen Abgrenzungsproblemen, die vor uns liegen, nehmen Sie doch nicht einmal die 800 Millionen Euro, die schon heute im Haushalt verteilt worden sind, und buchen sie in das Sondervermögen zurück. Das

heißt, diese 800 Millionen Euro fehlen später bei der Gesamtbetrachtung auf jeden Fall. „Transparenz“ ist also ein Scheinargument.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Ein weiteres Problem ist die Abgrenzung. Das ist übrigens schon in der Ausschussberatung deutlich geworden. Sie, Frau Heiligenstadt, und andere haben viele Vorschläge gemacht, wofür das Geld ausgegeben werden könnte. Es gibt einen breiten Fächer von Möglichkeiten, dieses Geld auszugeben. Eine Abgrenzung ist das definitiv nicht. Deswegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, gibt es keinen Grund, ein Sondervermögen einzurichten, es sei denn, man möchte das Parlament schwächen. Das aber, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, wäre verfassungswidrig.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Das Sondervermögensgesetz zielt auch auf die Verwendung der Überschüsse aus dem Jahr 2019. Hier tun Sie so, als habe Corona gar nicht stattgefunden. Politische Lieblingsprojekte werden unbeirrt weitergeführt oder neu aufgenommen. Ein vorsichtiger Kaufmann - so wurde in der Vergangenheit, also bisher, immer argumentiert - würde doch heute einen Überschuss aus der Vergangenheit auf die hohe Kante legen und sich auf eine absehbare Situation vorbereiten, in der die Einnahmen massiv einbrechen.

Und - das müssen wir leider auch feststellen - Sie umgehen mit diesem Sondervermögen und auch mit der Verwendung der Überschüsse aus dem Jahr 2019 die Schuldenbremse. Erst vor sieben Wochen wurde hier die Notsituation festgestellt, mit der Sie eine Neuverschuldung von 1 Milliarde Euro begründet haben, obwohl heute eine halbe Milliarde zur Verfügung steht, um diese Neuverschuldung entsprechend zu reduzieren. Es ist also bei Weitem nicht notwendig gewesen, diese 1 Milliarde aufzunehmen. Dass Sie beim ersten Ernstfall die Schuldenbremse aushebeln, halten wir für verantwortungslos.

(Beifall bei der FDP)

Ich komme zum Schluss. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, es droht - das hat der Kollege Wenzel schon deutlich gemacht - mit der Steuerschätzung ein Steuerausfall in Milliardenhöhe. Es wäre angezeigt, jetzt Vorsorge dafür zu treffen und neue Prioritäten zu setzen. Sie bereiten mit diesem Sondervermögen aber eine historisch hohe und

maximale Neuverschuldung vor. In diesen Tagen, sehr geehrter Herr Finanzminister, ist der Weg vom selbsternannten Schuldenabbauminister zum Rekordschuldenminister sehr kurz.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei FDP und bei den GRÜ- NEN)

Danke, Herr Kollege Grascha. - In wenigen Sekunden erhält der Finanzminister Reinhold Hilbers das Wort.

(Eine Mitarbeiterin und ein Mitarbeiter der Landtagsverwaltung desinfizieren das Redepult)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir legen Ihnen heute den Jahresabschluss 2019 vor, der mit 1,43 Milliarden Euro abschließt. Das ist ein wahrlich gutes Ergebnis, das erreicht werden konnte, weil wir gut gewirtschaftet haben und weil die gute wirtschaftliche Entwicklung hohe Steuermehreinnahmen verursacht hat, worüber wir uns freuen können. Ich glaube, so ein Ergebnis werden wir in den nächsten Jahren nicht mehr vorlegen können. Umso mehr freuen wir uns, dass wir das heute tun können. Wir haben es jetzt mit schwierigen Zeiten zu tun. Deswegen ist die Art und Weise, wie wir die Mittel verwenden, den Umständen geschuldet. Diesen tragen wir dadurch Rechnung.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung schlägt Ihnen vor, den größten Teil des Überschusses, nämlich 880 Millionen Euro, unmittelbar zur Bewältigung der Corona-Pandemie zur Verfügung zu stellen. 400 Millionen Euro fließen zurück in das Sondervermögen der Hochschulmedizin, aus dem wir durch den ersten Nachtrag 400 Millionen entnommen haben; diese führen wir zurück. 480 Millionen Euro werden zukünftig im Rahmen des Sondervermögens verwandt, um die bestehenden und die neuen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Bewältigung der Pandemie finanzieren zu können.

Wir stecken Geld in den Wirtschaftsförderfonds. Ich glaube, es ist augenblicklich unstreitig, dass es wichtig ist, die Wirtschaft zu fördern. Nach der Bewältigung der gesundheitlichen Problematik wird es das ganze große Thema sein, dass wir unsere Wirtschaft adäquat unterstützen und fördern, dass

wir Maßnahmen initiieren, damit sie wieder Fuß fassen und gut vorankommen kann, sodass wir wieder zu einer Wachstumsstrategie kommen. Ich erinnere nur daran, dass 1 % Wachstum zwischen 300 und 400 Millionen Euro im Landeshaushalt ausmachen. Es ist also wesentlich besser, eine wachstumsorientierte Politik zu machen, als darauf zu verzichten. Deswegen sind wirtschaftsfördernde Maßnahmen das Gebot der Stunde.

Seit einigen Wochen hat uns die COVID-19Pandemie fest im Griff. Deswegen haben wir weitere Mehrbedarfe zu schultern. Wir haben mit dem ersten Nachtrag unsere Aufgaben in der Gesundheitsversorgung angehen und zur Stärkung des Gesundheitswesens sowie für Entschädigungsleistungen, die Unterstützung der niedersächsischen Wirtschaft, der Landwirtschaft und auch zum Erhalt von Bildungs-, Wissenschafts-, Sozial- und Kultureinrichtungen in unserem Land und für den Umwelt- und Naturschutz einiges aufwenden können.

Die Finanzierung ist durch Barmittel in Höhe von 1,4 Milliarden Euro und einen Bürgschaftsrahmen von 3 Milliarden Euro im Rahmen des Nachtragshaushalts, den wir vorgelegt haben, gesichert. Das mit dem Nachtragshaushalt vorgelegte Budget ist jedoch langsam, aber sicher reserviert bzw. ausgeschöpft. Es werden Mittel zur Finanzierung weiterer Anforderungen notwendig werden, insbesondere im Bereich des Infektionsschutzgesetzes und auch da, wo es um Schutzkleidung und Schutzeinrichtungen, medizinische Geräte und Ähnliches geht.

Deswegen nutzen wir jetzt die Gelegenheit, Mittel aus dem Jahresabschluss hierfür zu verwenden und zur Bekämpfung der Pandemie einzusetzen. Das machen wir mit einem Sondervermögen. Das Sondervermögen wird nicht etwa eingerichtet, um Intransparenz zu schaffen, sondern um Transparenz herzustellen. Es soll nämlich klar abgegrenzt werden, welche Themen unter die CoronaProblematik fallen und welche Instrumentarien wir dafür nutzen, um zielgerichtet, flexibel und effektiv helfen zu können.

Herr Kollege Grascha, Herr Kollege Wenzel, wir werden Ihnen zeigen, dass wir das sehr transparent machen. Wir werden in den Ausschusssitzungen darüber berichten, und Sie werden sehen, dass uns daran gelegen ist, die Themen transparent darzustellen und nicht etwa im allgemeinen Haushalt untergehen zu lassen. Das ist die Maßgabe für das Sondervermögen.