Protokoll der Sitzung vom 01.07.2020

(Heiterkeit bei den GRÜNEN)

Als diese Ankündigung vorlag, kam offenbar hektische Panik auf. Ganz schnell sollte eine Entwicklung wie in Bayern verhindert werden. Nun musste ein Plan, ein Weg, ein niedersächsischer Weg oder ein Ausweg her. Laut HAZ bot die GroKo den Umweltverbänden Geld an, um ein demokratisches

Volksbegehren zu verhindern. Finanzminister Hilbers redete hier im Landtag auf eine Frage des Kollegen Stefan Wenzel von 120 Millionen Euro, die irgendwo im Haushalt wären, um ein Volksbegehren zu verhindern. So steht es jedenfalls im Protokoll.

Herr Hilbers, ich habe in den Haushalten nachgeschaut. Ich habe die Summe immer noch nicht gefunden, weder in diesem Haushalt noch sonst wo. Da ist also nichts beschlossen. Vielleicht können Sie ja einmal erklären, wo dieses Geld denn versteckt sein soll.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bislang ist es nur eine Ankündigung.

Genauso gibt es - vielleicht wissen ja die CDU und die SPD mehr - weder einen Gesetzentwurf für ein neues Naturschutzgesetz noch für ein Wassergesetz noch für ein Waldgesetz. Grüne und FDP haben Sie auch gar nicht eingeladen, um einen überparteilichen Konsens zu erzielen. Vor zwei Jahren haben wir hier gemeinsam einen Antrag zum Bienensterben verabschiedet und uns als Grüne da auch bewegt haben. Aber hier passiert nichts.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Was sagen wir nun zum „Niedersächsischen Weg“?

„Die Vereinbarung ist noch nicht der große Wurf für Natur- und Artenschutz. Aber sie ist ein erster Erfolg für die mehr als 100 Unterstützerverbände des Volksbegehrens Artenvielfalt. Anscheinend hat die Landesregierung aus Bayern gelernt und wartet nicht erst die Unterschriftensammlung ab, bevor es zu Gesprächen kommt. Schon unmittelbar nach Einleitung des Volksbegehrens bei der Landeswahlleiterin bewegt sich die Große Koalition und kündigt konkrete Gesetzesveränderungen … sowie einige finanzielle Zusagen an. Das ist überfällig angesichts des großen Verlusts biologischer Vielfalt insbesondere in der Landwirtschaft.

In den anstehenden Gesetzes- und Haushaltsberatungen im Landtag kommt es nun darauf an, dass die wesentlichen Punkte des Volksbegehrens auch in den Gesetzestext einfließen und nicht von der CDUFraktion … aufgeweicht werden. Hier ist vieles in der Absichtserklärung noch sehr vage …“

Das gilt z. B. beim notwendigen Verbot von Pestiziden; da wollen Sie nur eine Absichtserklärung. Auch der Schutz von Alleebäumen fehlt völlig, obwohl der Heimatbund am Freitag letzter Woche dem Ministerpräsidenten noch einmal gesagt hat, wie wichtig der Schutz der Alleen ist. Und da geht es nicht um Landwirtschaft; für die Alleebäume sind die Straßenbaubehörden zuständig. In Bayern ist das geschützt. In Niedersachsen: Fehlanzeige.

Deshalb brauchen wir dort weiter diesen Druck. Wir hoffen, dass es bald zu guten Gesetzen kommt.

Dass sich die SPD jetzt darüber beschwert, dass die Umweltverbände BUND und NABU das Volksbegehren weitermachen, wundert mich schon sehr. Denn als der „Niedersächsische Weg“ vorgestellt worden ist, hat Herr Berger in der HAZ berichtet:

„,Ohne die Ankündigung dieses Volksbegehrens wären wir heute nicht so weit gekommen‘, sagt der NABU-Landesvorsitzende Holger Buschmann. Das neue Abkommen sei erst ein ,Start-, aber noch kein Endpunkt‘.“

Daher war Ihnen das doch ganz klar.

Herr Dammann-Tamke fordert im Rundblick, in die Präambel solle der Verzicht auf ein Volksbegehren hineingeschrieben werden. - Im „Niedersächsischen Weg“ finde ich keine Präambel.

Es ist das ganz demokratische Recht - es steht in unserer Verfassung -, Volksbegehren zu machen. Das können Verbände tun. Das können Parteien tun. Ich kann mich noch daran erinnern, dass Frau Heiligenstadt und Frau Korter das Volksbegehren für gute Schulen in Niedersachsen unterstützt haben.

(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Da hatte man aber keine Vereinbarung unter- schrieben! - Wiard Siebels [SPD]: Das ist der Unterschied!)

Wie gesagt, tut die SPD in Bayern es auch. Insofern schlage ich Ihnen zum Schluss vor: Wenn Sie das Volksbegehren verhindern wollen, lernen Sie von Bayern! Machen Sie es wie Herr Söder!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Übernehmen Sie den Gesetzentwurf des Volksbegehrens! Wir können ihn hier gemeinsam beschließen. Ansonsten müssen die Niedersächsinnen und Niedersachsen demokratisch entscheiden.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN - Wiard Siebels [SPD]: Wahlkampf! - Weiterer Zuruf von der SPD: Wahl- kampf pur!)

Vielen Dank. - Nun folgt die AfD-Fraktion. Das Wort hat Herr Abgeordneter Wirtz. Bitte!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe SPD, Sie nennen es den „Niedersächsischen Weg“ und feiern sich als die ultimativen Umwelt- und Naturschützer. Herr Bosse formulierte hier von der einmaligen Allianz, die Sie geschlossen haben - ganz pressewirksam. Und: Vor allen Dingen pressewirksam, noch lange nicht umweltschutzwirksam wurde das Abkommen auf einer grünen Wiese unterschrieben. Nur falls Sie Schwierigkeiten mit der Farbe Grün haben: Die nutzen Sie selber ganz gern.

(Wiard Siebels [SPD]: Die Wiese war vorher schon grün!)

Aber so ganz einmalig ist es ja nun offensichtlich nicht. Denn Sie beschweren sich hier und zeigen sich enttäuscht über einen Ihrer Alliierten. Der NABU macht nicht mit. Ganz im Gegenteil: Er spielt sein eigenes Spiel.

Das ist verständlich. Wir haben hier gerade die Brandrede des Kollegen Meyer gehört. Wir finden das auch gut. Volksbegehren, Volksentscheide und Volksinitiativen sind das, was auch wir wollen. Sie sind das basisdemokratische Element, das wir viel mehr haben wollen.

Hier ist es aber natürlich nicht ganz so einfach, sondern schon ein bisschen vielschichtig. Man muss fragen: Was ist eigentlich bei Ihnen mit Ihrem Alliierten schiefgelaufen? Denn der NABU und andere Umweltverbände sind ja nun lange Zeit - sagen wir es einmal neutral und diplomatisch - Partner Ihrer Regierungsarbeit und Ihrer Fraktionen. Was sie in den Ortsgruppen und in den Kreisverbänden machen, tun sie nämlich auf der Basis dessen, was Sie hier beschließen und womit Sie sich schmücken. Die Fußarbeit in den Gummistiefeln übernehmen die Naturschutzverbände, wenn Sie sie lange genug bei Laune halten können.

Das hat in diesem Fall offensichtlich nicht geklappt. Insofern müsste das, was Sie hier betreiben, eigentlich nicht „Aktuelle Stunde“, sondern „Appellstunde“ heißen. Ihnen ist ein Partner davongelau

fen. Ihnen schwimmen die Felle weg. Denn eines ist im Gegensatz zu dem einen oder anderen Volksbegehren oder der einen oder anderen Volksinitiative abzusehen: Dieses Begehren könnte erfolgreich sein. Es könnte genug Unterschriften erreichen. Artenschutz und Bienen ziehen immer. Das wird erfolgreich.

Herr Grupe hat sich sogar als Parlamentarier hier dazu verstiegen, eine demokratische Volksentscheidung als Keule zu bezeichnen. Das ist eine fantastische Einstellung dazu, was wir von unserem Volk halten, wenn es mal ein Begehren äußert.

Aber man muss hier auch klar sagen: Der NABU und die anderen, z. B. die Grünen, die da mit steuern, haben natürlich ihre eigenen Interessen. Das sollte Sie überhaupt nicht überraschen.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Ein Volksbegehren ist kein Steuern! Da widersprechen Sie sich doch selber!)

Es ist eine Lobbygruppe, die Sie da beschäftigen. Diese Lobbygruppe setzt knallhart ihre Lobbyinteressen durch. Das macht der NABU. Da brauchen Sie Herrn Buschmann gar nicht zu schelten. Er tut das, was er tun muss. Das finde ich in der Hinsicht bewundernswert.

Er fährt nämlich zweigleisig. Sie unterschätzen da nicht die Grünen, Sie haben den NABU unterschätzt. Er setzt jetzt auf das, was seinen Interessen bzw. den Interessen seines Verbandes am meisten bringen wird. Das kann unter Umständen auch das Volksbegehren sein. So läuft Demokratie. Eventuell müssen Sie sich dann an diesen Mehrheitsentscheid halten.

Was sind das für Interessen? Kann es vielleicht sein, dass Sie da einfach zu spät geschaltet haben? Kann es sein, dass Sie, weil die Pressekonferenz von BUND und NABU schon im Februar war, gemerkt haben, wir müssen jetzt nachlegen, wir müssen mit der Bauernschaft, den Bauernverbänden unbedingt irgendetwas aus dem Hut zaubern?

Kann es nicht ganz profan sein - die nächstliegende Erklärung ist meistens auch die richtige -, dass Sie einfach zu wenig geboten haben? Denn diese Lobbyverbände arbeiten ja nicht gratis. Es geht nicht darum, dass sie besser Spenden einsammeln,

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Die sind doch nicht käuflich! Die haben Inhalte, für die sie stehen!)

sondern es geht tatsächlich um erreichte Fördergelder, um die Töpfe, die eben einer nicht gefunden hat.

Aber es geht dabei natürlich auch um viel Geld, das diese Verbände erhalten. Es geht z. B. darum, in den nächsten fünf Jahren 15 weitere Gebietsbetreuungen, also Einrichtungen wie Ökologische Stationen, zu installieren. Und wer sitzt dann da? - Leute vom NABU, die aufpassen, dass alles seine Richtigkeit hat.

Natürlich kann man dagegen Sturm laufen, natürlich kann man dann dagegen sein. Aber am Ende stellt sich vielleicht heraus, dass Sie nur zu wenig geboten haben, um diesen Verband, diesen Alliierten, bei Laune zu halten.

Jetzt muss auch ich ein bisschen literarisch werden: Da haben Sie wohl Geister gerufen, die Sie nicht mehr loswerden. - Der Zauberlehrling ist vielleicht mal etwas anderes als Harry Potter und Michael Ende.

Ehe wir hier das Niveau aber zu weit steigern, muss ich Ihnen zu dieser Art von Appell, die Sie da ausgerichtet haben, sagen: Vielleicht werden Sie sich noch einig. Uns freut das ein bisschen, weil Gerüchte aufgekommen sind, wir hätten Gespräche mit dem NABU verweigert. Das haben wir nicht getan. Der NABU hat uns gar nicht erst gefragt, weil wir die AfD sind und man mit der ja nichts macht. Aber trotzdem kann ich die Bürger, die an Artenschutz interessiert sind, nur ermuntern, wenn sie sich dafür entscheiden wollen, dieses Volksbegehren zu unterstützen. Wir finden es auch so weit in Ordnung.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Sie finden es in Ordnung! Immerhin!)

Und danke sehr dafür!

(Beifall bei der AfD - Christian Meyer [GRÜNE]: Das war mal wieder eine seiner Reden nach dem Motto: Ich habe jetzt fünf Minuten Zeit, dann sa- ge ich mal irgendwas!)

Vielen Dank. - Für die CDU-Fraktion hat das Wort Herr Abgeordneter Dammann-Tamke. Bitte!

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin der SPD-Fraktion und ganz besonders ihrer Fraktionsvorsitzenden Johanne Modder unendlich dankbar, dass sie dieses Thema auf die Tagesordnung und in die Öffentlichkeit geholt hat.

Warum bin ich ihr so dankbar? - Weil es sich insbesondere ein politischer Gegner bei diesem Thema relativ einfach macht. Denn sobald jemand aus der CDU-Fraktion des Niedersächsischen Landtags spricht, heißt es sofort reflexartig: Jetzt kommt die Agrarlobby der CDU-Fraktion!

(Zuruf von Miriam Staudte [GRÜNE])