Wir erleben mit diesem Nachtragshaushalt die dokumentierte Zusammenarbeit einer Großen Koalition, die vor allen Dingen durch Geld zusammengehalten wird. Wahlkampfversprechen werden eingelöst, Parallelstrukturen werden geschaffen, und es gibt großzügige Tauschaktionen zwischen den Häusern, bei denen es überhaupt nicht um
fachliche Zuständigkeiten geht. Das hat Herr Birkner dankenswerterweise vorhin schon angesprochen. Das einzige Programm, nach dem getauscht wird, ist die Parteiprogrammatik. Das ist wirklich etwas, was wir damals nicht so gemacht haben. Es überrascht uns sehr, dass das so stattfindet.
Das ist genauso symptomatisch für diesen ersten Haushalt wie die getrennte Erstellung zweier politischer Listen. Das ist früher übrigens in Zusammenarbeit erledigt worden. Das machen Sie heute alles getrennt. Wenn das tatsächlich maßgeblich für Ihre Arbeit ist, die uns im Haushalt erwartet, dann wird das eine sehr teure Zweckgemeinschaft; das ist schon mal klar.
Wir können für Sie beide, für die SPD und für die CDU hier im Hause, nur hoffen, dass es keine Hochwasser gibt, die tatsächlich mal einen dringenden Nachtragshaushalt erfordern. Denn die Mittel haben Sie mit dem zweiten, dem dritten und dem vierten Nachtragshaushalt, die wahrscheinlich auch noch kommen werden, längst verpulvert.
(Beifall bei den GRÜNEN - Jens Na- cke [CDU]: Ja, der Verlust von Ein- fluss ist doch sehr schmerzlich! - Ge- genruf von Anja Piel [GRÜNE]: Oh, Herr Nacke! Das hätte ich bei Herrn Hilbers mal erleben sollen, ohne Er- klärungen für Stellen einen Haushalt zu machen!)
Vielen Dank, Frau Kollegin Piel. - Jetzt erteile ich das Wort für die SPD-Fraktion der Abgeordneten Frauke Heiligenstadt.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erste Vorbemerkung: Lassen Sie mich ganz kurz zu Beginn an dieser Stelle - weil sie möglicherweise sonst diese Rede gehalten hätte - noch einmal Genesungswünsche an unsere Fraktionsvorsitzende Johanne Modder senden, wie es Wiard Siebels vorhin auch gesagt hat.
Zweite Vorbemerkung: Ich möchte den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Finanzministeriums, aber auch den Beauftragten für die Haushalte in den anderen Ressorts und allen, die entsprechend mitgearbeitet haben, ganz herzlich für die Vorlage des Haushaltsentwurfs der Landesregierung und für die gute Unterstützung während der Beratungen des Gesetzentwurfs und des Haushaltsbegleitgesetzes danken. Ich denke, damit konnten wir eine sehr gute Beratung vornehmen. Ein herzliches Dankeschön dafür!
Meine Damen und Herren, im Mittelpunkt des Haushalts steht die Einführung der Beitragsfreiheit für das erste und zweite Kindergartenjahr bereits ab dem 1. August 2018. Außerdem stellen wir 750 zusätzliche Stellen für die Polizei und weitere knapp 1 000 Stellen für Lehrkräfte an den niedersächsischen Schulen zur Verfügung. Allein diese zusätzlichen Stellen machen später mindestens 80 Millionen Euro jährlich für den Landeshaushalt aus.
Für den Krippenausbau finanzieren wir 5 000 zusätzliche Plätze mit insgesamt 60 Millionen Euro. Wir investieren also in das wichtigste, was wir haben: in unsere Kinder, in die Bildung und Ausbildung unserer Kinder. Damit kommen wir dem Ziel näher, dass der Bildungserfolg nicht länger vom Geldbeutel der Eltern abhängig sein darf.
Für das Jahr 2018 setzen wir also für weitere politische Schwerpunkte gut 205 Millionen Euro zusätzlich in den Etat ein, und zwar im Bildungsbereich und auch im Bereich der Polizei. Damit stärken wir Niedersachsen als Bildungsland, und damit stärken wir die innere Sicherheit in Niedersachsen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
So beginnt jede Haushaltsrede. Lassen Sie mich aber den Nachtragshaushalt und die entsprechenden Ergänzungen einmal aus einer etwas anderen Perspektive betrachten: Wie sieht der Nachtragshaushalt aus der Perspektive der Bürgerinnen und Bürger aus? Was bedeutet er ganz konkret für sie?
Stellen Sie sich einmal eine Familie mit zwei Kindern vor: Die Eltern sind beide berufstätig. Die Familie wohnt im ländlichen Raum, vielleicht in einem Dorf am Rande einer Kleinstadt. Das ältere Kind ist in der Grundschule und das jüngere Kind in der Krippe.
Für diese Familie ändert sich ab dem 1. August 2018 in Niedersachsen eine ganze Menge, und zwar eine ganze Menge zum Positiven. Die Familie wird ab August 2018 keine Kindergartenbeiträge mehr finanzieren müssen.
Gehen wir mal von 160 Euro Beitrag im Monat aus. Ich weiß, dass es deutlich höhere Beiträge gibt. Es gibt aber auch Kommunen, die gar keine Beiträge erheben. Das macht bei 160 Euro Monatsbeitrag 1 920 Euro weniger an Kosten im Jahr für diese Familie aus. Wir entlasten Familien damit ganz deutlich, meine sehr verehrten Damen und Herren.
In der Grundschule des älteren Kindes kann mit den entfristeten 1 000 Lehrerstellen nun eine weitere Lehrkraft eingestellt werden. Damit stabilisiert sich die Situation an der Schule, die im Übrigen schon seit einigen Jahren Ganztagsschule ist. Das ist wichtig für diese Familie, wenn beide Eltern berufstätig sind. Wir stärken und fördern Familien mit diesem Haushalt, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Darüber hinaus gibt es bald ein Schulsanierungsprogramm. Einen Gesetzentwurf dafür hat das Kabinett bereits beschlossen. Im kommenden Investitionsprogramm können nach dem KIP-IIProgramm entsprechend notwendige Sanierungen an Grundschulen und an anderen Schulen besser und schneller vorgenommen werden. Dann fühlen sich nicht nur die Kinder und die Lehrkräfte, sondern auch die Eltern an der Schule wohler.
Hinzu kommen weitere pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Inklusion und eine Verbesserung der Gesamtausstattung mit Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern. Meine Damen und Herren, wir stärken das Bildungsland Niedersachsen mit diesem Nachtragshaushalt.
Die Schulleiterin des ältesten Kindes dieser Familie hat neulich in der Schule berichtet, dass die Kolleginnen und Kollegen Schulleiter zukünftig A 13 statt A 12+Z bekommen.
Davon hat zwar grundsätzlich die Familie nichts, aber mit den zusätzlichen Studienmöglichkeiten für weitere Lehramtsbewerber wird die Attraktivität für zukünftige Lehrkräfte gesteigert. Auch das ist gut für die Familie. Wir stärken die Nachwuchsförderung für das Lehramt.
Da wir mit fast 220 Millionen Euro den kommunalen Finanzausgleich und damit für die Kommunen nicht nur zeitlich vorziehen, sondern auch mit deutlich höheren Beträgen stärken, ist die Kommune, in der diese Familie wohnt, nun in der Lage, auch noch den sanierungsbedürftigen Spielplatz zu reparieren. Das freut natürlich die Kinder. Wir stärken nicht nur die Kommunen; wir stärken auch das Umfeld für Familien in Niedersachsen.
Im Kindergarten des jüngsten Kindes wird mit weiteren zusätzlichen Stunden eine Fachkraft beschäftigt, die die Sprachförderung noch intensivieren kann. Wir stärken damit die frühkindliche Bildung.
Diese Familie denkt natürlich auch an die Zukunft. Deshalb begrüßt sie die im Nachtragshaushalt zusätzlich bereitgestellten Mittel für studentischen Wohnungsbau. Wir stärken damit die Situation für Studierende.
Falls die Kinder nicht studieren wollen, freuen sich die Eltern natürlich darüber, dass die Kinder, wenn sie vielleicht ein Handwerk erlernen, später auch einmal den Meistertitel ohne zusätzliche Gebühren erlangen können. Meine Damen und Herren, wir stärken nicht nur die berufliche Bildung, sondern auch die Perspektive junger Menschen in diesem Land.
Das Haus der Familie liegt in der Nähe eines vom Hochwasser des letzten Sommers betroffenen Gebietes. Deshalb ist für diese Familie die Aufstockung der Hochwasserschutzmittel für das Binnenland ganz entscheidend. Daher stärken wir das Umfeld für Familien.
Vielleicht hat die Familie ihre Familienplanung noch nicht abgeschlossen. Sollte ein drittes Kind in der Familie geboren werden, wird sie sich sicherlich über die weiteren 5 000 zusätzlichen Krippen
Die Mutter muss täglich in das benachbarte Oberzentrum pendeln. Durch die Erhöhung der Mittel für die Finanzierung im Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz können wir die Straßen besser ausbauen und den ÖPNV im ländlichen Raum stärken. Wir stärken den ländlichen Raum und die Familien, die in diesem ländlichen Raum wohnen.
Der Familienvater ist in der Freizeit bei der Feuerwehr tätig. Er freut sich darüber, dass nun mehr Lehrgangsplätze in der NABK in Scheuen angeboten werden können. Das klappt dank des aufgestockten Ansatzes für die Belange der Feuerwehren in einer Größenordnung von 2,5 Millionen Euro. Wir stärken die ehrenamtliche Arbeit und zugleich die Feuerwehren in Niedersachsen.
Vielleicht ist es nicht schlecht, diesen Perspektivwechsel vorzunehmen. Ich bin davon überzeugt: Meine Beispiele haben ausreichend deutlich gemacht, dass dieser Nachtragshaushalt der neuen Koalition von SPD und CDU in Niedersachsen ein sehr familienfreundlicher Nachtragshaushalt ist. Er stärkt und unterstützt unsere Familien und leistet einen wichtigen Beitrag für unsere Gesellschaft. Er ist ein Haushalt, der die Kommunen und die Sicherheit im Lande stärkt und die notwendigen Weichen für wichtige Zukunftsaufgaben stellt.
Im Übrigen finde ich es nicht ganz in Ordnung, dass in einigen Änderungsanträgen der Oppositionsfraktionen - zumindest bei den Grünen habe ich das gesehen - die Polizeistellen, die wir um 500 Stellen bei der Polizei und um 250 Stellen bei den Verwaltungsmitarbeitern aufstocken wollen, jeweils reduziert worden sind. Wenn die Grünen kein zusätzliches Personal für die Polizei haben wollen, sondern dafür lieber die Weidetierhaltungsprämie einführen wollen, ist das meines Erachtens ein Gegeneinander-Ausspielen unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen in Niedersachsen.
Was macht die Opposition? - Sie sucht sich einen Punkt heraus, den sie populistisch ausschlachten kann: die Schaffung zusätzlicher Stellen in Ministerien. Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, Sie haben keine Vorschläge auf den Tisch gelegt, wie Sie die zusätzlichen Aufgaben der Sprachförderung in den Schulen und Kindertagesstätten steuern wollen.
Sie haben ebenfalls keine seriös finanzierten und umsetzbaren Vorschläge auf den Tisch gelegt, wie die Digitalisierung in Niedersachsen ausgebaut und für die Zukunft positiv genutzt werden kann. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass für Sie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ministerien nur Beschäftigte zweiter Klasse sind.
Ich sage ganz deutlich: Wenn wir mehr Lehrkräfte, mehr Polizeibeamte einstellen, wenn wir Integration und Sprachförderung sowie Digitalisierung in Niedersachsen mit notwendigen Weichenstellungen vornehmen wollen, dann ist es notwendig, ebenfalls in den Verwaltungen und damit auch in den Ministerien zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzustellen. Denn wir können zusätzliche Aufgaben doch nicht immer auf dem Rücken des vorhandenen Personals erledigen lassen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ministerien leisten hervorragende und fachlich qualifizierte Arbeit. Sie gehen jetzt schon häufig an ihre Leistungsgrenze. Ich danke allen für die hervorragende Arbeit in Niedersachsen und sage: Wir müssen dieselbe Wertigkeit, die wir für zusätzliche Lehrerstellen und Polizeistellen anlegen, auch bei Verwaltungsmitarbeitern zugrundlegen.