Protokoll der Sitzung vom 27.02.2018

Die Vorschläge der Opposition beinhalten grundsätzlich nur Kritikpunkte. Ich habe nicht einen einzigen Ansatz gefunden, wie man diese zusätzlichen Aufgaben steuern möchte. Populistisch mag es vielleicht taugen, gegen zusätzliche Stellen in der Verwaltung zu sein. Realistisch ist das meiner Meinung nach allerdings nicht. Wir sagen: Diese Stellen sind notwendig. Wir bereiten die Landesverwaltung so vor, dass sie die Herausforderungen in der Zukunft im Interesse der Familien und für eine gute Entwicklung unseres Landes meistern wird.

Zum „Selbstreinigungsantrag“ der FDP-Fraktion nur so viel: Es ist schon peinlich, dass Sie den Antrag nach den Einlassungen des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes und des Landesrechnungshofs im Haushaltsausschuss nicht zurückgezogen haben, sehr geehrter Herr Grascha.

(Wiard Siebels [SPD]: So ist es! - Christian Grascha [FDP]: Warum?)

Ich fasse zusammen, sehr geehrte Frau Präsidentin: Wir schaffen ab August 2018 die Kindergartengebühren ab. Wir stärken die Sicherheit im Land mit zusätzlicher Polizei und besserer Ausstattung. Wir statten die Infrastruktur im Straßen- und ÖPNV-Bereich besser aus. Wir leisten mehr Hochwasserschutz. Wir bereiten wichtige Grundla

gen für die Konzeptionierung der Digitalisierung und Globalisierung in Niedersachsen mit einem eigenen Europaministerium und einer Stabsstelle für Digitalisierung im Wirtschaftsministerium vor. Dafür benötigen wir ausreichend Personal. Deshalb ist dieser Nachtragshaushalt ein guter Nachtragshaushalt, dem Sie alle guten Herzens zustimmen können.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Danke, Frau Abgeordnete Heiligenstadt. - Jetzt erhält das Wort der Abgeordnete der FDP-Fraktion Christian Grascha.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Dieser Nachtragshaushalt, den wir heute in zweiter Beratung im Plenum behandeln, ist die Dokumentation des Fehlstarts dieser Großen Koalition in Niedersachsen.

Der Nachtragshaushalt ist eine parteipolitische Selbstbedienung und eine Hypothek für unsere Kinder und unsere Enkelkinder. Er ist deshalb eine Hypothek, weil Ihre Pläne, sehr geehrter Herr Finanzminister, ein Milliardenloch in der Zukunft reißen werden, und das trotz Steuereinnahmen auf Rekordniveau. Sie verweigern eine ordentliche Finanzplanung. Das ist juristisch zu kritisieren; vor allem ist es politisch zu kritisieren, weil Sie nicht die Antwort darauf geben, woher das Geld kommen soll.

Sie müssen diesem Hohen Haus die Antwort darauf geben, wie Sie das Milliardenloch in der Zukunft stopfen wollen und wie Sie - das ist die viel wichtigere Frage - darauf reagieren wollen, wenn die Wirtschaft irgendwann einmal nachlässt und die Konjunktur und die Steuereinnahmen zurückgehen werden. Sie müssen auch die Frage beantworten: Was machen Sie, wenn die Zinsen irgendwann wieder steigen? Wie ist dieser Haushalt darauf vorbereitet? - Unsere Antwort ist ganz klar: Der Haushalt ist darauf nicht vorbereitet.

(Beifall bei der FDP)

Dieser Nachtragshaushalt ist auch deshalb eine Hypothek, weil die Beitragsfreistellung bei den Kindergartenbeiträgen nur ein Platzhalter ist - ich wiederhole: ein Platzhalter, meine Damen und Herren. Das Königsrecht dieses Hohen Hauses wird von Ihnen missbraucht, indem Sie einen

Platzhalter beschließen. Das kann wirklich nicht Ihr Ernst sein.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, wir wissen schon heute, dass dieser Betrag nicht ausreichen wird. Deswegen wäre es notwendig, ein vernünftiges parlamentarisches Verfahren durchzuführen. Man hätte anderthalb Monate mehr Zeit gehabt, wenn wir erst im April den Nachtragshaushalt beschließen würden. Die Eilbedürftigkeit, die Sie vorschieben, ist selbst konstruiert. Die Eilbedürftigkeit ist offensichtlich die Angst davor, dass dieser Haushalt noch weiter aus den Fugen gerät, wenn er noch länger beraten wird und Ihre Kolleginnen und Kollegen noch mehr Zeit haben, neue Ausgabenwünsche zu entwickeln. Das kann doch nicht der Maßstab sein! Deswegen sollten Sie sich, sehr geehrter Herr Finanzminister, bei der Durchsetzungsstärke z. B. an Ihrem Amtsvorgänger Hartmut Möllring orientieren und sich an ihm ein Beispiel nehmen. Das wäre ihm nie passiert. Wenn es Ausgabenwünsche gegeben hätte, dann hätte er sie vom Tisch gewischt, aber nicht zulasten des parlamentarischen Verfahrens.

(Zustimmung bei der FDP)

Dieser Nachtragshaushalt ist auch deswegen eine Hypothek, weil Schuldenabbau überhaupt keine Rolle spielt. Schuldenabbau findet nicht statt und ist ein reines Lippenbekenntnis. Sobald die Zinsen steigen werden, fliegt Ihnen dieser Haushalt um die Ohren. Das wissen Sie ganz genau.

Sie haben eine Kleine Anfrage des Kollegen Wenzel in der Drucksache 18/319 beantwortet. Darin haben Sie aufgezeigt, wie sich die Leitzinsen im Moment weltweit darstellen. Bei der EZB haben wir einen Leitzins von 0 %, bei der FED beträgt er beispielsweise 1 % bis 1,5 %. Wenn wir das Zinsniveau der Europäischen Zentralbank nur auf das Niveau der US-amerikanischen Zentralbank anheben, dann reden wir über ein Haushaltsrisiko von bis zu 900 Millionen Euro. Wie Sie diesen Betrag im Haushalt einsparen oder darstellen wollen, ist mir schleierhaft. Da Sie das aber wissen, ist es keine Fahrlässigkeit, meine Damen und Herren, sondern Sie handeln hier vorsätzlich.

(Beifall bei der FDP)

Dabei ist klar: Schuldenabbau ist möglich. Die Zeit war noch nie so günstig wie jetzt aktuell, um Schulden abzubauen.

In der letzten Haushaltsdebatte haben wir von der SPD-Fraktion gehört: Die SPD will keinen Schuldenabbau. Die CDU kann offensichtlich nicht. Wir weisen mit unseren Prioritäten nach: Beides ist möglich: politische Prioritäten setzen und Investitionen in den Schuldenabbau leisten. Es ist unsere Pflicht, den Haushalt enkelfest aufzustellen.

(Beifall bei der FDP)

Deswegen schlagen wir vor, nach 800 Millionen Euro im Jahr 2017 nun 100 Millionen Euro in den Schuldenabbau zu investieren und das, obwohl wir die Kommunen bei der Beitragsfreistellung der Kindergartenbeiträge stärken und unterstützen, obwohl wir die Justiz mit 50 zusätzlichen Richterstellen und zusätzlichem Geld stärken und es nicht der Justiz überlassen, das aus dem eigenen Bereich heraus zu finanzieren. Wir schlagen das vor, obwohl wir 110 Millionen Euro in ganz konkrete Projekte der Digitalisierung, in den Breitbandausbau, in den Mobilfunk, in die Landwirtschaft und in die digitale Verwaltung investieren. Ganz konkrete Projekte in der Digitalisierung sind allemal besser als Geisterbürokratie in einem Ministerium. Die Mitarbeiter wissen nicht, was tatsächlich zu tun ist.

Wir machen Schuldenabbau und investieren in unsere Wahlversprechen, die wir hier entsprechend aufzeigen, bezüglich der kostenlosen Schülerbeförderung und der finanziellen Stärkung des Berufs des Lehrers.

Für uns geht es darum, wichtige Zukunftsinvestitionen mit Schuldenabbau zu kombinieren. Das ist kein Gegensatz; denn Schuldenabbau und Zukunftsinvestitionen gehören zusammen. Ihr Haushalt ist eine Hypothek für unsere Kinder und Enkelkinder, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Neben einer Hypothek ist dieser Haushalt allerdings auch ein Haushalt der parteipolitischen Selbstbedienung. Völlig ohne Not und vor allem ohne Notwendigkeit wird die Verwaltung mit 100 Stellen aufgebläht. Da sind jetzt natürlich eine Menge Häuptlinge und relativ wenige Indianer dabei. Die Häuptlinge werden natürlich auch besser besoldet. Deswegen wird sich der eine oder andere Parteifreund hier sicherlich freuen. Aber das ist nicht nur Geldverschwendung, sondern es ist auch so, dass sich die Landesregierung nicht an Recht und Gesetz hält. Die Hälfte dieser Stellen in den Ministerien ist nach dem Haushaltsentwurf rechtswidrig.

(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Das sieht der GBD aber anders!)

Die anderen Stellen sind zumindest politisch überflüssig. Dafür trägt dieser Finanzminister die Verantwortung.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege Grascha, lassen Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Thiele von der CDU-Fraktion zu?

Ja, sehr gern.

Frau Präsidentin, herzlichen Dank. - Herr Grascha, vielen Dank für die Möglichkeit, eine Frage zu stellen; denn das möchte ich bitte gleich klarstellen.

Der Vorsitzende des Finanzausschusses hat hier vorhin - ich setze meine Frage auf diese Vorbemerkung auf; haben Sie keine Sorge - den Bericht über die Beratungen verlesen und hat deutlich gemacht, dass der Landesrechnungshof an der Rechtmäßigkeit der Aufstellung des Haushaltsplanentwurfs keinen Zweifel gelassen hat und dass die Juristen des Niedersächsischen Landtages deutlich gemacht haben, dass die Forderungen, die Sie und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellen, jenseits jeglicher bisheriger Praxis sind.

Wie kommen Sie vor diesem Hintergrund zu der Unverschämtheit, hier zu behaupten, der Haushalt sei teilweise rechtswidrig aufgestellt worden?

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Gut, dass Sie zu der Frage gekommen sind, Herr Kollege Thiele. Das Wort „unverschämt“ sollten Sie bei einer Fragestellung bitte unterlassen.

Ich bedanke mich sehr für die Zwischenfrage, Herr Kollege Thiele, weil mir das die Gelegenheit gibt, mit zusätzlicher Redezeit das zu sagen, was ich ohnehin gesagt hätte.

Ich möchte an dieser Stelle einmal Ihre Kollegin aus der letzten Legislaturperiode, Frau RossLuttmann, zitieren, die bei der Einführung der Ämter für regionale Landesentwicklung in der Plenarsitzung am 11. Dezember 2013

Folgendes gesagt hat

(Glocke der Präsidentin)

- diesbezüglich würde ich Sie um Aufmerksamkeit bitten; es ist wirklich sehr interessant, auch für Sie -:

„Wenn man die zu erledigende Aufgabe identifiziert hat, ordnet man dieser das notwendige Personal zu. Aber genau das tun Sie nicht. Sie legen erst die Gehaltsstufe fest und suchen dann verzweifelt nach einer Aufgabe, die dieser Gehaltsstufe gerecht wird.“

Genauso ist es in diesem Fall auch.

(Widerspruch bei der CDU)

Die Kollegin Frau Ross-Luttmann hatte in der letzten Legislaturperiode eindeutig recht. An dieses Zitat sollten Sie sich entsprechend halten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung von Dragos Pancescu [GRÜNE])

Herr Grascha, kommen Sie bitte zum Schluss!

Es kann doch noch nicht vorbei sein!

Zumindest nach der Uhr ist es vorbei.