So sind im Antrag der FDP u. a. Streichungen in den Bereichen Gebäudesanierung, Flottenerneuerung und Digitalisierung vorgesehen. Ein Beispiel: Sie wollen die Digitalisierung der Straßenbaubehörde streichen, sehr geehrter Herr Birkner und Herr Grascha.
Aber wenn wir in dieser Pandemie eines gelernt haben, dann ist es doch, dass wir mehr und nicht weniger Digitalisierung brauchen!
Ein weiteres Beispiel: Sie streichen die Erhöhung der Ansätze für die Schwangerschaftskonfliktberatung. Man mag sich möglicherweise fragen, was Corona mit Schwangerschaftskonfliktberatung zu tun habe. Aber im Ausschuss ist es ausdrücklich erwähnt worden, meine sehr verehrten Damen und Herren. Natürlich werden Frauen auch in CoronaPandemie-Zeiten schwanger und haben vielleicht eine Konfliktberatung nötig, wenn sie ungewollt schwanger sind. Und damit diese Beratung digital vorgenommen wird, brauchen wir erhöhte Ansätze.
Sie sanieren mit dieser Streichung nicht nur den Landeshaushalt nicht, sondern diese Streichung ist, gerichtet auf sozialpolitische Zwecke, auch noch beschämend.
Wenn es nach der FDP ginge, müssten wir unsere sämtlichen Rücklagen bereits jetzt einsetzen, ohne dass wir noch eine Risikovorsorge in unserer Rücklage hätten.
Schauen Sie einmal auf den Tagesordnungspunkt 7. Das ist ein Antrag zum Infektionsschutzgesetz. Die Kosten dafür betragen nach Aussagen von Herrn Bode 1 Milliarde Euro zusätzlich. Nach
groben Schätzungen des Wirtschaftsministeriums sind es aber 8 Milliarden Euro zusätzlich. Also, Ihr Haushaltsantrag für den zweiten Nachtragshaushalt ist schon mit dem heutigen Tagesordnungspunkt 7 wieder Makulatur.
Die Grünen sagen auf der anderen Seite: „Liebe Große Koalition, grundsätzlich unterstützen wir die eine oder andere Ausgabe ebenfalls, aber ihr gebt noch nicht genug Geld aus. Die Grünen schlagen daher vor, dass noch weitere Kreditaufnahmen getätigt werden sollen.“
Liebe Kollegin Hamburg, Ihre Argumentation in Bezug auf den Niedersachsenfonds finde ich sehr sympathisch und sehr charmant.
(Helge Limburg [GRÜNE]: Ah! - Chris- tian Meyer [GRÜNE]: Konnten Sie sich bei der CDU nicht durchsetzen!)
Allerdings wird in der Argumentation anders ein Schuh daraus. Der Kollege Wenzel hat eigentlich keine Haushaltsausschusssitzung ausgelassen, um zu sagen: Ein Sondervermögen - was nach der Landeshaushaltsordnung und unseren Haushaltsgesetzen möglich ist - sei, weil neben dem Haushalt und am Gesetzgeber vorbei, ein Schattenhaushalt.
Das war die Argumentation. Aber dann kann man doch nicht gleichzeitig einen Fonds vorschlagen, der sich noch weiter außerhalb des Haushalts befindet!
Der Antrag der AfD, meine sehr verehrten Damen und Herren, trieft nur vor ideologischen Streichungen. Alles, was Migrantinnen und Migranten, Genderaufgaben, Schwule, Lesben oder sogar Kinderbetreuung betrifft, sei zu streichen. - Ich befasse mich mit diesem Antrag nicht weiter, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Wie ist die Ausgangslage? - Wir haben die einen, die sagen: „Ihr nehmt viel zu wenig Kredite auf und müsst mehr, sogar außerhalb des Haushaltes. aufnehmen.“ Die anderen fordern, dass wir nicht so viele Kredite aufnehmen, sondern mehr streichen und mehr Rücklagen einsetzen müssten. Ich
denke, dass die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen einen sehr pragmatischen und ausgewogenen Weg gewählt haben, um den Auswirkungen der Corona-Pandemie in Niedersachsen angemessen, fristgemäß, schnellstmöglich und dennoch verfassungsgemäß begegnen zu können.
Wir scheinen sozusagen den goldenen Mittelweg zwischen diesen Kritikpunkten gefunden zu haben. Das beruhigt mich dann doch auch wieder.
Wir sind im Übrigen auch der Kritik derjenigen, die meinen, wir hätten der Regierung zu hohe Summen ohne Vorgabe zur Verfügung gestellt, entgegengetreten. Wir haben beim Sondervermögensgesetz den Gesetzeszweck konkretisiert und haben das Gesetz hinsichtlich der Verfügbarkeit zeitlich befristet. Insofern haben wir auch diese Kritikpunkte aufgenommen. Weiterhin haben wir versucht, die zeitliche Dimension der Folgen entsprechend zu begrenzen, was das Sondervermögen angeht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir machen jedoch nicht Schulden um der Schulden willen, sondern wir haben die Rekordwerte, die ich am Anfang erwähnt habe, in Bezug auf die Kreditaufnahmen und die Haushaltsdaten deshalb im Haushalt abgebildet, weil die Belastung unserer Bevölkerung und unserer Unternehmen Rekordwerte erreicht hat. Zu den einzelnen Maßnahmen im Bereich der Wirtschaft wird mein Kollege Frank Henning im Anschluss noch ausführen.
Lassen Sie mich noch ganz kurz etwas zu den Kommunen sagen. Mit diesem Nachtragshaushalt wird das Fundament dafür gelegt, dass wir gemeinsam mit dem Bund den Kommunen den Wegfall eines Teils ihrer Gewerbesteuereinnahmen ausgleichen können.
Außerdem werden wir für die Kommunen den kommunalen Finanzausgleich so aufstocken, dass er in etwa das Niveau des letzten Jahres erreicht. Das ist ein bisher nie dagewesenes Rekordniveau in Höhe von 4,65 Milliarden Euro.
Darüber hinaus stellen wir den Kommunen in Niedersachsen weitere 11 Millionen Euro für Systemadministratoren an Schulen zur Verfügung. Es ist klar, woher das kommt: Wir wollen noch mehr in die Digitalisierung an den Schulen investieren.
Außerdem werden wir 89 Millionen Euro pauschal für Corona-bedingte Mehrkosten in der kommunalen Ebene aufwenden.
In den Förderprogrammen und in den Investitionen der konjunkturellen Maßnahmen dieses Nachtragshaushalts sind ebenfalls noch weitere Möglichkeiten für Kommunen vorhanden, z. B. bei energetischer Gebäudesanierung oder im Bereich des Radwegebaus.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit leisten wir eine wichtige Unterstützung für unsere Kommunen und gleichzeitig eine wichtige konjunkturelle Anschubfinanzierung für Investitionen im kommunalen Bereich. Damit erhöhen wir die Unterstützung unserer Kommunen in Niedersachsen noch einmal um 1,1 Milliarden Euro gemeinsam mit dem Bund. Das ist eine noch nie dagewesene Finanzierung und Unterstützung unserer Kommunen in Niedersachsen. Damit wollen wir ihnen helfen, damit machen wir den Kommunen Mut; denn nach der Krise werden die Kommunen vor Ort weitere wichtige Aufgaben zu erledigen haben, z. B. den Klimaschutz.
Den Klimaschutz fordern wir im Übrigen nicht nur auf der kommunalen Ebene. Wir haben über 600 Millionen Euro für Maßnahmen in unterschiedlichen Ausprägungen ausgelegt. Damit lösen wir natürlich auch konjunkturelle Anreize aus; denn eines ist ganz klar: Wir müssen zwar jetzt in erster Linie die Aufgaben, die uns die Pandemie beschert, bewältigen und erledigen, aber wir haben ja weiterhin beispielsweise die Aufgaben aus dem Klimawandel zu bewerkstelligen. Und da ist es gut, wenn man beide Themenbereiche miteinander verknüpft: die Pandemiebewältigung und die Aufgaben des Klimawandel
Dass wir mit diesem pragmatischen, aber auch sehr konsequenten Vorgehen auf dem richtigen Weg sind, wird im Übrigen auch deutlich, wenn man sich einmal in anderen Bundesländern umschaut. In vielen Bundesländern sind die CoronaHilfen ebenfalls kreditfinanziert. Das ist schlicht und ergreifend auch gar nicht anders möglich. Auch der Bund hat neben den wichtigen Unternehmensförderungen und -unterstützungen zusätzliche Kreditaufnahmen beschlossen. Gleiches wird im Übrigen ja sogar auch auf der europäischen Ebene diskutiert, im Rahmen der Europäischen Union.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, nicht die einzelne Maßnahme, die hier möglicherweise noch sehr kleinkrämerisch von der Opposition aufgelistet werden wird, wird die Welt retten. Nur ein Bündel aller Maßnahmen gemeinsam in Kombination mit
dem Bund, der europäischen Ebene und den Anstrengungen unserer Kommunen werden dazu beitragen, dass wir diese Krise meistern können, ja, vielleicht sogar gestärkt aus der Krise hervorgehen können.
Daher gilt es, in enger Abstimmung mit den Bundesprogrammen und den Kommunen die Richtlinien nach Verabschiedung des Haushaltes hier dann bedarfsgerecht auf den Weg zu bringen. Wenn das Land die Kommunen jetzt in dieser Krise so nachhaltig unterstützt, dann helfen wir damit im Übrigen auch dabei, den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Niedersachsen zu stärken. Stärken wir unsere Kommunen, so stärken wir auch unser Land. Die Fläche wird noch stärker.
Ein anderer großer Bereich ist auch der Gesundheitssektor, den wir mit 620 Millionen Euro unterstützen. In diesem Bereich sind die Krankenhausinvestitionen zu nennen, aber natürlich auch weitere Schutzmaßnahmen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, alle in unserer Gesellschaft leisten momentan Enormes, und genau diese Bereiche sind ebenfalls stark von der Krise betroffen. Auch deshalb haben wir uns in einer weiteren Säule den Vereinen und anderen Institutionen und Gruppen der Kultur zugewandt und bringen auch hier wichtige Mittel und Förderprogramme auf den Weg. Das tun wir, so gut es geht. Wir werden nicht alles finanzieren können, das ist auch klar. Aber unsere Bürgerinnen und Bürger, unsere gesellschaftlichen Bereiche haken sich unter, unterstützen sich und sind solidarisch. Sie leisten gemeinsam Vielfältiges und sind unglaublich kreativ.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie uns deshalb abkehren von diesem Klein-Klein zwischen Opposition und Regierung, und lassen Sie uns stattdessen diesen zweiten Nachtragshaushalt gemeinsam tragen, so, wie wir es beim ersten gemacht haben!
Vielen Dank, Frau Kollegin. - Es folgt nun für die FDP-Fraktion der Vorsitzende Herr Dr. Birkner. Bitte!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Mai 2017 hat die damals rot-grüne Landesregierung eine Nachhaltigkeitsstrategie
„Nachhaltig ist Finanzpolitik, wenn sie dauerhaft tragfähig ist und keine zunehmende Einschnürung der zukünftigen Handlungsfähigkeit durch überproportional steigende Zinslasten zulässt.“
Meine Damen und Herren, mit diesem Nachtragshaushaltsentwurf verabschieden sich Stephan Weil und die jetzt rot-schwarze Landesregierung endgültig vom Prinzip der Nachhaltigkeit in der Finanzpolitik. Denn es werden hier Schulden in Höhe von rund 9 Milliarden Euro gemacht: mehr als notwendig - das muss man klar sagen - und zulasten künftiger Generationen.
Rund 1,2 Milliarden Euro werden hier aus Anlass der Corona-Pandemie einfach einmal mit aufgenommen, ohne dass sie tatsächlich einen konkreten Corona-Bezug haben. Und man täuscht über die Dimension für künftige Generationen, Herr Finanzminister, indem Sie suggerieren, man würde im Laufe von 25 Jahren - das sind dann im Schnitt 312 Millionen Euro - tatsächlich in die Tilgung investieren können. Das wird nicht gelingen.