Es ist eben nicht erklärt worden, warum der 15. Juli der Tag der abschließenden Haushaltsberatung sein muss. Wir wären bereit, auch in der Sommerpause zu tagen. Natürlich ist das für uns alle mit Belastungen, Unannehmlichkeiten und Beeinträchtigungen verbunden. Aber diese Corona-Krise betrifft viel mehr als die Befindlichkeit von irgendwelchen Abgeordneten oder parlamentarische Abläufe. Da muss auch ein Parlament zeigen, dass es in der Lage ist, intensiv und ordnungsgemäß zu beraten. Das haben Sie diesem Haus nicht ermöglicht.
Aus meiner Sicht war das völlig überflüssig und unnötig, weil es am Ergebnis wahrscheinlich nichts geändert hätte, wie man ehrlicherweise sagen muss. Denn Sie prägen eine Regierungsform, in
der Sie sagen: Wenn das einmal innerhalb der Koalition abgestimmt ist, dann ziehen wir das so durch - ohne Rücksicht auf Verluste. Dann brauchen wir auch auf die Oppositionsfraktionen keine Rücksicht mehr zu nehmen. - Sie haben aber immer noch nicht begriffen, dass Sie dabei nicht uns ignorieren, sondern das Parlament insgesamt. Damit beschädigen Sie am Ende die Institution Parlament. Damit tun Sie der Demokratie keinen Gefallen.
Schließlich gehen Sie auch darüber hinweg, was Ihnen der Landesrechnungshof ins Stammbuch geschrieben hat: kein ausreichender Grund für Sondervermögen; Scheintransparenz bei Sondervermögen, und die Haushaltsgrundsätze der Einheit und Vollständigkeit, Jährlichkeit und Klarheit werden verletzt. - Das hört sich erst mal einfach an, aber das sind Haushaltsgrundsätze, die nicht im Sinne von „Regel und Ausnahme“ zu verstehen sind nach dem Motto: Davon können wir mal eine Ausnahme machen. - Das sind vielmehr Grundsätze, die einzuhalten sind. Aber auch das ignorieren Sie.
Warum eigentlich? Warum sagen Sie nicht, weshalb diese Grundsätze nicht eingehalten werden können? Warum können wir nicht in einem ordnungsgemäßen Haushaltsaufstellungsverfahren
und in einem normalen parlamentarischen Verfahren über diese Dinge sprechen, insbesondere über diejenigen, die keinen Corona-Bezug haben? Auch hier geht es offensichtlich eher aus parteipolitischen Gründen darum, vor der Sommerpause 2020 Ruhe herzustellen, um sich dann auf die nächste Zeit vorbereiten zu können.
Wir fordern die Einbringung aller vorhandenen Mittel und Möglichkeiten, also Rücklagen und Überschuss. Es ist doch eine Selbstverständlichkeit, dass man in Krisensituationen das nutzt und einbringt, was man hat. Das würden Sie privat doch, hoffentlich, auch so machen, bevor Sie bei der Bank einen Kredit aufnehmen.
Auch die Aufgabenkritik muss vernünftig vorangebracht werden. Das haben Sie nie ernst genommen und werden es wahrscheinlich auch künftig nicht ernst nehmen. Wir warten eigentlich auf die Haushaltssperre, die immer noch nicht gekommen ist. Obwohl man knapp 9 Milliarden Euro aufnimmt, scheint das kein Thema bei Ihnen zu sein.
Wir erwarten zudem eine politische Schwerpunktsetzung. Wir erwarten, dass endlich Politik gemacht wird und nicht die Differenzen zwischen Ihnen mit dem Geld der Steuerzahler zugeschüttet werden, damit wir endlich wissen, wer für was steht.
Ich kann Ihnen sagen, wofür wir stehen: Wir werden unsere Schwerpunkte weiterhin auf Bildung, Digitalisierung und den starken Rechtsstaat setzen und uns dementsprechend in die Haushaltsberatungen einbringen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die bangen Blicke vieler Menschen richteten sich in den vergangenen Tagen auf alkoholisierte Mitbürgerinnen und Mitbürger, die am Ballermann Party feierten, als gebe es kein COVID-19-Virus. Virologen, Mediziner und Ökonomen warnen auch vor diesem Hintergrund vor den Konsequenzen einer möglichen zweiten Infektionswelle in Deutschland.
Allein dieser Hinweis macht deutlich, dass auch heute - mehr als ein halbes Jahr nach Beginn dieser Pandemie - nichts selbstverständlich und nichts planbar ist. Leider gilt das auch für die öffentlichen Haushalte.
So sehr wir uns die „alte“ Normalität zurückwünschen: In dieser weltweiten Corona-Krise ist es nicht möglich, verlässlich auch nur für den nächsten Monat zu planen. Deshalb geht es, Herr Birkner, beim besten Willen nicht um Wahlkampf. Wir konzentrieren uns auf das, was die Bevölkerung
von ihrem gewählten Parlament und ihrer Regierung in dieser Lage zuallererst erwarten darf: Wir helfen den Menschen, diese Krise mit vereinten Kräften zu meistern.
Meine Damen, meine Herren, unbestreitbar befindet sich unser Land in einer außergewöhnlichen Notsituation, die sich der Kontrolle durch den Staat entzieht und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigt.
Vor diesem Hintergrund mussten und müssen alle staatlichen Ebenen zugleich - jeder in seiner Verantwortung, aber alle eng aufeinander abgestimmt - ständig neu abwägen und entscheiden, was zum Schutz der Gesundheit der Menschen nötig und was zum Schutz der Sozialstrukturen sowie der Unternehmen und Arbeitsplätze in unserem Land möglich ist.
Für die CDU-Fraktion möchte ich all denen, die in dieser Krise Verantwortung übernehmen, und den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf allen Ebenen der Verwaltung sowie der überwältigenden Mehrheit der besonnen handelnden Menschen in Niedersachsen von Herzen danken, dass wir diese Herausforderung bis hierher wirklich gut und mit Augenmaß gemeinsam meistern konnten.
Meine Damen, meine Herren, dieser zweite Nachtragshaushalt, über den wir heute abschließend beraten und entscheiden, gibt der Landesregierung die Möglichkeit, in kurzer Zeit eng verzahnt mit den Maßnahmen des Bundes Instrumente zu entwickeln, mit denen wir erstens die Verfolgung von Infektionsketten und den Schutz der Gesundheit der Menschen weiterhin sicherstellen, zweitens die dringend notwendige Leistungsfähigkeit des Staates und seiner Verwaltungsstrukturen sicherstellen, drittens gefährdete gesellschaftliche Strukturen stabilisieren und den Zusammenhalt in Niedersachsen stärken und viertens gemeinsam mit dem Bund die schwer getroffenen Strukturen unserer Wirtschaft stabilisieren.
Um mit Wirtschaftsminister Dr. Althusmann zu sprechen: Auf den Wumms des Bundes folgt ein Rumms des Landes!
Meine Damen, meine Herren, diesen Rumms für Wirtschaft und Arbeitsplätze wird meine Kollegin Mareike Wulf gleich näher erläutern. Darum möch
te ich anhand der kommunalen Säule des Maßnahmenpaketes aufzeigen, wie wir mit diesem niedersächsischen Kraftpaket die Krise bewältigen werden.
Unsere Kommunen tragen einen großen Teil der Last dieser Krise. Sie sind verantwortlich für die Gesundheitsversorgung vor Ort, die Durchsetzung der Infektionsschutzmaßnahmen, die Rückkehr der Kitas in den Regelbetrieb, die Umsetzung des Digitalpaktes Schule, den ÖPNV, den schnellen Ausbau der digitalen Infrastruktur sowie die Investitionen, Auftragsvergaben und einen relevanten Teil der wirtschaftlichen Tätigkeiten in unseren Städten und Gemeinden.
Deshalb sagen wir unseren Kommunen in ganz besonderer Weise Dank - insbesondere für ihr engagiertes und zupackendes Krisenmanagement der vergangenen Wochen und Monate.
Meine Damen, meine Herren, es ist dringend erforderlich, jetzt unsere Kommunen zu stärken. Dazu haben Finanzminister Hilbers und die Landesregierung ein insgesamt 1,5 Milliarden Euro starkes kommunales Kraftpaket entwickelt, das Frauke Heiligenstadt schon im Detail erläutert hat. Hinzu kommen weitere knapp 2,5 Milliarden Euro des Bundes in der Zeit der mittelfristigen Finanzplanung. Dieses kommunale Kraftpaket von insgesamt knapp 4 Milliarden Euro wird wesentlich dazu beitragen, der Krise schnell und effektiv entgegenzuwirken, die Strukturen vor Ort zu stärken und Arbeitsplätze zu sichern.
Meine Damen, meine Herren, Bund, Land, Kommunen und die Niedersachsen werden die COVID19-Krise gemeinsam meistern. Unsere Landkreise, Städte und Gemeinden haben dabei eine Schlüsselrolle. Daher ist es gut und richtig, sie jetzt zu stärken und zu unterstützen.
Meine Damen, meine Herren, es ist kritisiert worden, dass wir dieses Kraftpaket für die Kommunen, den Rumms für die Wirtschaft, das Schutzschild für das Gesundheitssystem, die Stärkung unserer Gesellschaftsstrukturen sowie die Stabilisierung der Leistungsfähigkeit des Landes innerhalb von nur knapp drei Wochen beraten und beschließen.
Ich gebe an einer Stelle denjenigen, die das thematisieren, ausdrücklich recht, Herr Birkner: Parlamentarisch war diese Haushaltsberatung sehr anspruchsvoll.
Sie war auf das Notwendige begrenzt. Und ja: Sie war für alle Beteiligten sehr anstrengend. Aber das können die Menschen von uns - von ihrem Parlament - in einer solchen Krise auch erwarten; denn es geht hier um nicht weniger als darum, auf Basis der Haushaltsbeschlüsse des Bundes aus dem Juni die Landesregierung schnellstmöglich handlungsfähig werden zu lassen, damit sie mit ihren Maßnahmen - insbesondere der Wirtschaftsminister, der Umweltminister und diejenigen, deren Maßnahmenpakete in die Wirtschaft hineinwirken -
(Christian Grascha [FDP]: So wichtig kann das den Ministern nicht gewe- sen sein! Wo waren sie denn?)
sodass mit den Milliarden, die wir jetzt in die Wirtschaft hineingeben, kein Effekt mehr erreicht wird.
Darum ist es richtig, dass wir das so schnell und kurzfristig gemacht haben. Darum ist es notwendig, dass wir das jetzt machen und nicht in vier, sechs, acht oder zehn Wochen, wie die FDP sich das vielleicht wünscht.
Daher haben wir diesen Nachtragshaushalt im Rahmen der Regeln der Geschäftsordnung schnell und zugleich gründlich, präzise und in großer Verantwortung für das Land und vor unserer Verfassung beraten. Das ist gelungen, meine Damen, meine Herren.