Protokoll der Sitzung vom 15.09.2020

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen - und wir haben das schon mehrfach betont -, dass Niedersachsen - und das ist ausdrücklich das Verdienst des früheren CDU-Ministerpräsidenten Ernst Albrecht und der schwarz-gelben Koalition - eine lange Tradition hat, als Land mit der Aufnahme von Menschen, die in Not sind, voranzugehen. Ich darf an die Aufnahme der Boatpeople erinnern.

An diese Tradition sollen und wollen wir auch heute anknüpfen, und darum halten wir diesen Entschließungsantrag und diese Rückenstärkung für den Kurs des Ministerpräsidenten und auch des Innenministers für notwendig, damit diese Koalition am Freitag sich auch mit einer Stimme für die Aufnahme von Geflüchteten aussprechen kann.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Limburg. - Der Antrag, auf den Sie abheben, hat die Drucksachennummer 18/7437. Ich nehme an, er liegt zumindest den Fraktionsführungen vor.

(Wiard Siebels [SPD]: Er ist per E-Mail herumgegangen, Herr Präsi- dent!)

- Alles klar.

Dann darf ich Herrn Nacke das Wort zur Geschäftsordnung erteilen.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die schrecklichen Bilder, die uns aus Griechenland, von Lesbos, erreicht haben, haben natürlich eine intensive politische Debatte im ganzen Land ausgelöst.

Ich gebe zu, dass es uns an dieser Stelle etwas überrascht hat - - -

(Zuruf aus dem hinteren Teil des Ple- narsaals: Wir verstehen hier kein Wort!)

- Dann sage ich es etwas lauter.

Ich verwies gerade, Herr Kollege, auf die schrecklichen Bilder, die uns aus Griechenland und von Lesbos erreichen und die uns alle zu einer intensiven politischen Debatte angehalten haben: Wie geht man mit Menschen um, die derartiges erleiden?

Ich gebe aber auch zu, dass es uns überrascht hat, dass keine Fraktion im Niedersächsischen Landtag die Gelegenheit genutzt hat, dieses Thema auf diese Tagesordnung zu setzen.

Vor diesem Hintergrund überrascht es ein wenig, Herr Kollege Limburg, jetzt mit einem Antrag um die Ecke zu kommen. Der Kollege hat mir gerade noch kurz zugeflüstert, dass er verschickt worden sei. Ich kenne ihn nicht; erreicht hat er mich auch noch nicht. Ich bitte tatsächlich um Nachsicht, dass ich nicht jede Sekunde auf E-Mails von Ihnen warte.

Ich hätte mich gefreut, wenn Sie zumindest der üblichen Praxis in diesem Haus Folge geleistet hätten und in der Mittagspause kurz auf mich zugekommen wären, um dieses Anliegen an mich heranzutragen.

Unter diesen Umständen können wir es im Moment nicht beurteilen. Deswegen muss ich für den jetzigen Zeitpunkt diesen Antrag ablehnen. Ich schlage Ihnen vor, dass Sie der Präsidentin empfehlen, noch heute den Ältestenrat zusammenzurufen, damit wir über ein vernünftiges Verfahren beraten können.

So gehen wir hier üblicherweise nicht miteinander um. Wenn Sie dies zur politischen Stimmungsmache nutzen wollen, dann stehen wir dafür jedenfalls nicht zur Verfügung.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Nacke. - Mir liegen Wortmeldungen zur Geschäftsordnung von Herrn Grascha und Herrn Siebels vor. Der Antragsteller selber möchte auch noch einmal sprechen. Wollen Sie beide anderen Redner abwarten?

(Zurufe von Helge Limburg [GRÜNE] und Klaus Wichmann [AfD])

- Sie auch, Herr Wichmann, selbstverständlich.

Dann nehmen wir erst die drei Kollegen. Herr Grascha macht den Anfang.

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Fraktion unterstützt den Antrag des Kollegen Limburg von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, und zwar aus folgendem Grund:

Es handelt sich um ein ordnungsgemäßes Verfahren. Die Fraktion hat einen Antrag eingebracht. Herr Kollege Nacke, dieser Antrag ist über die Drucksachenstelle per E-Mail verschickt worden. Ich habe diese E-Mail in der Mittagspause wahrgenommen. So digital sind wir da bei uns.

(Zurufe von der CDU)

Es handelt sich natürlich um ein in der Geschäftsordnung vorgesehenes Verfahren, wenn eine Fraktion einen Antrag stellt und dann eine Ergänzung der Tagesordnung vorschlägt.

Natürlich haben auch uns in den letzten Tagen die Bilder von Lesbos sehr erschrocken. Sie sind Teil der tagesaktuellen Debatte.

Herr Kollege Nacke, Ihre Behauptung, Lesbos sei hier nicht zum Thema gemacht worden, ist insofern falsch, als die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in

der Befragung des Ministerpräsidenten die erwähnte Frage gestellt hat.

Diese Frage konnte nicht beantwortet werden. Der Ministerpräsident hat darauf verwiesen, dass es noch eine Meinungsbildung innerhalb der Landesregierung gibt. Diese Meinungsbildung sollte deswegen möglichst bis morgen Abend abgeschlossen sein.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Bis dahin sollte in diesem Hause zumindest eine Unterrichtung oder eben eine Beratung über den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stattfinden.

Ich will hier ganz deutlich sagen: Unabhängig davon, dass wir in der Sache nach Prüfung des Antrages anderer Auffassung sind - - - Wir sind eher der Auffassung, dass wir Soforthilfe leisten müssen, den Kindern, den kranken und den alten Menschen, die dort insbesondere in Not sind. Da finde ich eine Debatte über Zahlen wirklich eher peinlich, unabhängig davon, ob wir da über 1 000 oder 1 500 reden.

(Zustimmung bei der FDP)

Es geht hier darum, den hilfsbedürftigen Menschen tatsächlich zu helfen und diese in Griechenland zu evakuieren.

Ansonsten streben wir eben eine europäische Lösung an, und an der muss nun zügig gearbeitet werden.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Grascha. - Jetzt ist Herr Siebels dran. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Limburg, Ihr Antrag überrascht doch ein bisschen.

Es ist korrekt, was Herr Grascha sagt: Die Vorlage ist uns zugegangen. Auf meinem Handy kann ich sehen: Um 12.43 Uhr ist die Vorlage zugestellt worden. Das dürfte für alle anderen Mitglieder des Hauses in ähnlicher Weise gelten.

Aber trotzdem konnte ich natürlich nicht ahnen - jedenfalls grundsätzlich nicht -, dass es dazu gleich einen GO-Antrag geben wird.

Ich glaube, dass es angesichts dieser Thematik angemessen wäre, an dieser Stelle keine Profilierung zu betreiben. Ich glaube, dass es vielmehr angemessen und korrekt wäre, wenn sich das Haus in einem vernünftigen Rahmen mit der Thematik befassen könnte.

Deswegen will ich mich den Worten von Herrn Nacke inhaltlich anschließen. Ich glaube, dass es richtig wäre, zu versuchen, übereinzukommen, wie wir in einem vernünftigen Verfahren über dieses wichtige Thema reden können. Ich will das auch nicht mit Vorwürfen verbinden, dass Sie das möglicherweise im Rahmen von Aktuellen Stunden und anderen Geschäftsordnungsinstrumenten hier

hätten thematisieren können. Ich glaube vielmehr, es müsste ein angemessenes, vernünftiges Verfahren gewählt werden. Wenn wir in dieser Situation spontan gefragt würden, ob das jetzt schnell in die Tagesordnung eingeschoben werden kann, würde ich das gerade für nicht angemessen halten.

Sie berufen sich natürlich auf die Geschäftsordnung. Auch Herr Grascha hat das getan. Ja, korrekt: Natürlich dürfen Sie solche Anträge stellen. Aber ich verweise darauf, dass § 66 unserer Geschäftsordnung ganz eindeutig regelt: Wenn eine Fraktion dem Ansinnen widerspricht, einen zusätzlichen Punkt auf die Tagesordnung zu nehmen, dann findet das nicht statt.

Lassen Sie uns vernünftig zusammenkommen und darüber ins Gespräch kommen, wie wir diese Thematik hier in einer vernünftigen Atmosphäre behandeln können! Denn es eint mindestens vier Fraktionen dieses Hauses, dass uns alle diese Bilder nicht unberührt lassen. Es ist angemessen, dass sich der Niedersächsische Landtag grundsätzlich mit dieser Frage befasst - aber in einem vernünftigen Ablauf. Das wäre meine herzliche Bitte an Sie.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Herr Kollege Siebels. - Für die AfDFraktion ist jetzt Herr Wichmann dran, zur Geschäftsordnung zu sprechen. Bitte!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn Herr Nacke recht hat, hat er einfach recht. Vor vier Tagen - wenn ich das richtig mitver