Protokoll der Sitzung vom 28.02.2018

Das klingt erst einmal juristisch verlockend, ist meines Erachtens aber sehr schwierig. Wir kennen rechtlich zwar die Zweckveranlasser-Situation: Wenn im Rahmen einer Zweckveranlassung ein solcher Polizeieinsatz durchgeführt wird, könnten danach durchaus Kosten getragen werden. Dass man das aber alleine der DFL zurechnet, halte ich, gemessen am Beispiel von Hannover, schon für sehr schwierig. Dabei muss man nur an die Situation am Hannoveraner Hauptbahnhof an jedem Samstagmorgen denken. Da reisen Fans von Ost nach West durch. Hannover ist ja immer sozusagen der Umsteigeplatz für viele Fans. Das ist dann zwar eher ein Thema für die Bundespolizei, dennoch macht es sichtbar, welche Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden müssen, um unterschiedliche rivalisierende Fangruppen auseinanderzuhalten, und welche Kosten dabei entstehen.

Frau Kreiser hat ja schon die richtige Frage gestellt: Welche Kreise soll das noch ziehen? Welche Volksfeste - wie z. B. das Oktoberfest - und sonstigen Veranstaltungen - wie z. B. Konzerte - sollen dann eventuell noch belastet werden? Wir hatten hier in Niedersachsen ja beispielsweise auch die Diskussion um Demonstrationen rund um den Castor. Da habe ich aus anderen Ecken auch andere Töne gehört. Insofern sind wir da, glaube ich, relativ einig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meines Erachtens darf es auch nicht dazu kommen, dass die Polizei bei ihren Einsätzen sozusagen als privater Sicherheitsdienstleister wahrgenommen wird. Dann hätten wir natürlich eine Diskussion, dass die DFL bzw. andere, wenn es um die Gebührenbescheide geht, darüber mitreden, wie der Einsatz zu verlaufen habe, weil sie dann vielleicht plötzlich die Kosten senken und Kritik anbringen wollen. Das kann es nicht sein, meine Damen und Herren.

Es ist jetzt aber - deshalb bin ich für dieses Urteil auch sehr dankbar - eine sehr gute Diskussion angestoßen worden. Da ist richtig Druck auf dem Kessel, was die DFL angeht. Der Kollege Oetjen hat ja schon die Fanprojekte angesprochen. Da muss natürlich auch finanziell mehr kommen. Ich glaube aber, dass die Fanszene da insgesamt noch einmal in die Diskussion gehen muss. Wir haben verschiedene Möglichkeiten, wie wir echte Fans von den Gewalttäter-Fans trennen können. Es darf da meines Erachtens aber nicht die Verhältnismäßigkeit in Frage gestellt werden. Beispielsweise darf es nicht zu pauschalen Stadionverboten kommen.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

Die haben in der Fanszene immer wieder für Unmut gesorgt. Ich erinnere mich an ein Spiel gegen Dortmund, wo eine ganze Tribüne bestraft worden und leer geblieben ist, meine sehr geehrten Damen und Herren. Auch das kann es meines Erachtens nicht sein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Oetjen hat schon ein sehr gutes Szenario skizziert. Der Hamburger SV hatte ja sozusagen eine Ansage gemacht: Wir mischen Bremen mal auf! Das hat der Präsident bei seiner Neuwahl sogar noch gesagt.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Das hat nicht geklappt!)

- Das hat im Ergebnis nicht geklappt, jedenfalls was das Spielerische angeht.

Das würde tatsächlich dazu führen, dass man als Gast vor Ort Krawall macht, um dem Heimverein zu schaden. Das würde im Ergebnis dazu führen, dass beispielsweise Gästefans nicht mehr zugelassen werden. Auch das wäre sehr schädlich für den Fußball, aber auch für die Fankultur in unserem Land.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich komme zu meinem letzten Thema. Dabei geht es um die Praxis beim Spiel von Hannover gegen Braunschweig in Braunschweig. Leider hatten wir das aber auch in Hannover. Ich war, ehrlich gesagt, sehr unzufrieden damit - das gilt auch für viele andere Menschen in der Fanszene -, dass viele Fans hier in die Busse gesetzt und nach Braunschweig gefahren wurden. Sie konnten sich beispielsweise nicht in der Stadt aufhalten bzw. frei bewegen. Das erfüllt sicherheitspolitisch gesehen vielleicht den Zweck. Ich glaube aber, dass das, wenn es um Fankultur bzw. echte Fans geht, nicht das Maß der Dinge sein kann. Darüber muss es meines Erachtens auch innerhalb der Fankultur bzw. der Fanszene eine intensive Auseinandersetzung mit Gewalttätern geben.

Auf gar keinen Fall, Herr Schünemann, darf es aber um intelligente Videoüberwachung gehen. Sie reden hier von Kollektivstrafen. So etwas darf es nicht geben. Eine intelligente Videoüberwachung wird ja zumindest auf der Grundlage eines Generalverdachts vorgenommen. Sie stellt eine kollektive Bestrafung, zumindest eine kollektive Verdachtssituation gegenüber allen Fans dar, die dann ja insgesamt überwacht werden.

(Widerspruch bei der CDU - Glocke der Präsidentin)

- Natürlich! Auch wir beide würden bei einer intelligenten Videoüberwachung, wenn wir mit Gewalttätern da durchmarschieren, ohne zu wissen, wer neben uns steht, aufgezeichnet und kontrolliert.

(Beifall bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, kann meines Erachtens nicht das Maß der Dinge sein.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Onay. - Für die Landesregierung hat nun Herr Innenminister Pistorius das Wort. Bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Ahrends, das Oberverwaltungsgericht Bremen und nicht das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat in dem Rechtsstreit zwischen der Freien und Hansestadt Bremen

und der Deutschen Fußball Liga über die Kostentragungspflicht für Hochrisikospiele am 21. Februar im Sinne Bremens entschieden und das vorinstanzliche Urteil aufgehoben. Damit erklärte es die Gebührenbescheide für sogenannte Rot- und Hochrisikospiele für rechtmäßig.

Als Begründung - das ist in der Tat der Schlüsselgrund - wurde u. a. das besondere Interesse des Veranstalters an einer störungsfreien Durchführung herangezogen, um einen entsprechenden wirtschaftlichen Nutzen aus dieser Veranstaltung zu ziehen. Daraus ergebe sich eine besondere Verantwortlichkeit, die zusätzliche Polizeikräfte erfordere. Eine weitergehende Analyse des Urteils - das sei gleich auch gesagt - muss noch zurückstehen, bis uns die schriftliche Urteilsbegründung vorliegt.

Meine Damen und Herren, ich sage aber sehr deutlich: Die Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum - darüber reden wir hier im Wesentlichen - ist Kernaufgabe des Staates und muss es bleiben. Somit ist es eine ureigene Aufgabe der Polizei, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Wir wissen sehr gut: Die Mehrzahl der Probleme entstehen - von Pyrotechnik abgesehen - schon lange nicht mehr im Stadion, sondern auf den Reisewegen zu und von den Spielen und somit im öffentlichen Raum. Es sind auch nicht die Vereine, sondern gewaltbereite Anhänger, die Probleme machen und Kosten verursachen.

Meine Damen und Herren, die Herstellung öffentlicher Sicherheit und Ordnung darf nicht davon abhängig sein, wer dafür bezahlt bzw. wer es sich etwa leisten kann, dafür zu bezahlen. Es könnte aber auch sein, dass es sich jemand nicht leisten kann. Dann könnte die Gewährleistung von Sicherheit im Umfeld einer Veranstaltung womöglich nicht erreicht werden. Das darf dabei nicht herauskommen.

(Beifall bei der SPD)

Ich will das Beispiel der Spiele in der dritten und vierten Liga heranziehen. Das gilt aber auch für einige finanzschwache Vereine aus der zweiten Liga. Was ist denn die Konsequenz, wenn jemand am Ende nicht bezahlen kann oder in der Tat die Gebührenbescheide herunterhandelt oder den ermittelten Polizeieinsatzkräftebedarf bezweifelt und vor Gericht anficht? Gehen wir dann hin und sagen: „Wir untersagen die Veranstaltung, weil ihr nicht für den Polizeieinsatz bezahlt“? Meine Da

men und Herren, allein an dem Beispiel wird deutlich: Das wird und darf so nicht funktionieren. Das Vorgehen gegen Gewalt darf - da hat Herr Grindel recht - weder kommerzialisiert noch privatisiert werden.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, noch etwas sollte in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben. Das wollen natürlich diejenigen nicht hören, die gerne populistisch argumentieren und davon sprechen, dass die Steuerzahler das jetzt alles bezahlen müssen. Erstens zahlen die Steuerzahler, also wir alle, jeden Polizeieinsatz - bei jeder Demo, bei jeder Gegendemo und bei jedem Rockkonzert, ob in Wacken oder anderswo. Jeder Polizeieinsatz wird vom Steuerzahler bezahlt. Das ist in unserem System so angelegt und auch richtig, und dabei soll es bleiben.

Insofern ist aber auch der Hinweis richtig: Steuerzahler sind nicht nur wir, die vielen Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland, sondern auch die Fußballclubs. Ich will noch einmal die Zahlen nennen: Allein die 36 Vereine der 1. und 2. Bundesliga kommen auf ein Steuervolumen in Höhe von fast 1,2 Milliarden Euro im Jahr. Die DFL kommt noch obendrauf und die Vereine der anderen Ligen ebenfalls.

Ich sage sehr deutlich: Im Rahmen der Innenministerkonferenz und mit den anderen Ländern werden wir uns in den kommenden Monaten darüber abstimmen, wie wir in der Sache weiter verfahren. Eines steht jedenfalls fest: Einen niedersächsischen Alleingang wird es schon aus rechtlichen Gründen, aber auch aus Gründen der politischen Überzeugung heraus mit mir nicht geben. Meine Damen und Herren, Ziel muss es sein - ich glaube, darüber sind wir uns einig -, die Einsatzstunden herunterzufahren, um an dieser Stelle das Kostenproblem anzugehen. Dazu gehören Fanprojekte, dazu gehört die Unterstützung durch die Vereine und der Vereine. Darauf gehe ich gleich noch ein.

Was nicht hilfreich ist, meine Damen und Herren, sind Beiträge wie der vom Vorsitzenden einer mittelgroßen Polizeigewerkschaft, der davon spricht, dass Millionäre in kurzen Hosen über den Rasen laufen, während gleichzeitig kein Geld für Einsatzkräfte vorhanden ist. Das ist populistischer Unfug, der nicht zu einer Versachlichung der Debatte beiträgt.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Noch ein Wort zu den Fanprojekten: Lieber Herr Oetjen, ich bin Ihnen sehr dankbar dafür. In der Tat hätte ich mir auch gewünscht, dass die Termine schneller zustande kommen. Aber Sie wissen, in den ersten 100 Tagen war viel zu tun.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Im einen Ministerium so, im anderen so!)

Die Terminvorbereitung läuft auf Hochtouren. Ich selbst werde an allen sechs Veranstaltungen an den sechs Standorten teilnehmen, weil es meine Initiative ist, weil ich den Dialog will.

Übrigens, Herr Oetjen: Ihre Bemerkung hätten Sie sich sparen können. Sie kennen mich. Ich rede beileibe nicht nur mit denen, die mir nach dem Mund reden - davon gibt es auch gar nicht so viele; das ist jobimmanent -, sondern ich rede gerade auch mit denjenigen, die kritisch dazu stehen - ob es die Fanprojekte sind oder Fangruppierungen wie Unsere Kurve. Mit all denen habe ich auch schon bei mir im Ministerium geredet - übrigens ohne Presse -, um diese Fankongresse vorzubereiten. Sie können sich also entspannt zurücklehnen. Bei mir ist das alles in guten Händen. Wir werden diese Gespräche jetzt im ersten Halbjahr führen.

Meine Damen und Herren, wesentlich wird sein, wie das Bundesverwaltungsgericht am Ende entscheiden wird. Die DFL legt Revision ein. Das steht fest. Mit einer Entscheidung kann man frühestens in 15 Monaten rechnen. Bis dahin - das sage ich an die Adresse aller hier im Haus - wird die aktuelle Position der Landesregierung, die in der Koalitionsvereinbarung bekräftigt wurde und aussagt, dass Polizeieinsätze bei Sportveranstaltungen nicht in Rechnung zu stellen sind, in Niedersachsen bestehen bleiben.

Somit, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU als Antragsteller, steht es in unserem Bundesland noch 0 : 0. Wir sind allerdings noch in der ersten Halbzeit.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. - Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Ich schließe die Beratung zum Antrag der CDU-Fraktion für die Aktuelle Stunde und eröffne die Besprechung zu dem Punkt

c) Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts: Landesregierung muss jetzt handeln für saubere und gesunde Luft in unseren Städten - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 18/397

Ich erteile der Frau Fraktionsvorsitzenden Piel das Wort. Bitte, Frau Kollegin!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit gestern haben wir den Salat. Nach dem gestrigen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts wissen wir: Es wird Fahrverbote geben und geben können. Ganz ehrlich: Ich finde das richtig ärgerlich.

Ich finde es deshalb ärgerlich, weil die Politik versäumt hat zu handeln. Die EU hat die Grenzwerte für die Belastung durch Stickoxide und Feinstaub in den Städten schließlich nicht zum Spaß festgelegt. Es ist die verdammte Pflicht der Bundesregierung und der Landesregierung, Maßnahmen zu entwickeln, um die Grenzwerte möglichst schnell einzuhalten. Es geht um die Gesundheit der Menschen, die wir hier im Parlament vertreten. Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht auf saubere Luft.