Protokoll der Sitzung vom 26.10.2005

Ich darf vielleicht einmal aus der Sendung „Westpol“ zitieren, in der Sie ein Live-Interview gegeben haben. Harald Brandt hatte Ihnen vorgehalten, besonders stark sei dieses Land von der CDU-Seite in dem neuen Bundeskabinett nicht vertreten. Sie haben geantwortet: „Warten wir mal ab! Morgen wird Angela Merkel die Namen aus dem CDU-Bereich bekannt geben. Sie werden sehen, dass die nordrhein-westfälische CDU sehr gut vertreten ist.“ Dann haben Sie noch gesagt, als er Norbert Röttgen als möglichen Kanzleramtsminister ansprach: „Jetzt wissen Sie vielleicht etwas, was ich noch gar nicht sagen darf.“ Dabei haben Sie viel sagend gelächelt.

Kann es sein, dass Sie gar nicht wussten, dass aus der CDU weder Herr Röttgen noch sonst jemand aus NRW ins Kabinett einziehen würde?

Herr Dr. Rüttgers.

Frau Präsidentin, ich kann nicht erkennen, dass die Zusatzfrage mit der vom Präsidium und von Ihnen zugelassenen Frage irgendeinen Zusammenhang hat. Die genehmigte Frage habe ich beantwortet, und ich beabsichtige nicht, diese Frage zu beantworten.

Okay. - Herr Remmel.

Dann versuche ich es einmal etwas anders. - Haben Sie an dem besagten Sonntag oder an dem Samstag die Interessen Nordrhein-Westfalens gegenüber der zukünftigen Bundeskanzlerin vertreten?

(Allgemeine Heiterkeit)

Herr Dr. Rüttgers.

Auch da gilt die Antwort, die ich zu der Nachfrage von Herrn Vesper gegeben habe.

Herr Dr. Vesper mit einer zweiten Nachfrage.

Herr Ministerpräsident, sind Sie eigentlich froh, dass neben Ulla Schmidt und Franz Müntefering auch Ihr Amtsvorgänger Peer Steinbrück im neuen Bundeskabinett vertreten ist?

Zu dieser Frage habe ich in Interviews Stellung genommen. Insofern ist meine Antwort bekannt.

(Zurufe von der CDU)

Es liegen keine weiteren Fragen vor.

(Zurufe - Johannes Remmel [GRÜNE] mel- det sich zu einer Zusatzfrage.)

- Doch, Herr Remmel.

Ich möchte gerne eine weitere Zusatzfrage stellen, weil die Frage,

wie die Interessen des Landes vertreten werden, nicht mit Gelächter beantwortet werden kann. Man muss sich, wenn man sich im politischen Geschäft auskennt, schon fragen - das ist auch eine Frage an den Ministerpräsidenten -, wie solche Interessensvertretungen - bestimmte Begehrlichkeiten betreffend, die in Berlin vertreten werden sollen, und die dann in SPD-geführten Ressorts nachgefragt werden - zukünftig aussehen.

In der Regel läuft es so, dass es zu entsprechenden Rückfragen im Land - wie seht ihr das vor Ort, ihr Sozialdemokraten? - kommt und möglicherweise eine entsprechende Antwort erwartet wird. Wäre es da nicht sinnvoller, sich direkt mit den Sozialdemokraten hier in Verbindung zu setzen?

Herr Dr. Rüttgers.

Die Zusammenarbeit läuft genauso, wie sie zum Beispiel gelaufen ist, wenn SPD-Kollegen mit Ministerien zu tun hatten, die von grünen Ministern in Berlin geführt wurden.

Als nächste Wortmeldung habe ich Herrn Stahl.

Herr Ministerpräsident, teilen Sie meine Ansicht, dass, weil Grüne aus Nordrhein-Westfalen nicht im Kabinett in Berlin unter Rot-Grün vertreten waren, die Identität der grünen Partei in Nordrhein-Westfalen nachhaltig gelitten hat?

Herr Dr. Rüttgers.

Der erste Teil ist ein Faktum. Das muss ich teilen, kann es auch nicht bestreiten.

Zum zweiten Teil kann ich Ihnen leider keine Antwort geben, weil ich sonst die Antworten, die ich eben Herrn Vesper und Herrn Remmel gegeben habe, konterkarieren würde.

(Lachen von Helmut Stahl [CDU])

Herr Remmel, eine dritte Nachfrage kann ich nicht zulassen. Sie haben die Anzahl Ihrer Fragen ausgeschöpft. Es gibt es keine weiteren Nachfragen.

Ich rufe nun die

Mündliche Anfrage 15

des Herrn Abgeordneten Römer von der Fraktion der SPD auf:

Bürokratische Hindernisse bei Existenzgründungen

Frau Wirtschaftsministerin Christa Thoben hat mehrfach angekündigt, dass mit den sogenannten Gründungsagenturen die Wirtschaftsförderung und die Existenzgründungsberatung bei den Kammern konzentriert werden sollen. In der Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Mittelstand und Energie hat sie dargelegt, dass mit den Gründungsagenturen insbesondere die „bürokratischen Hindernisse“ zur Existenzgründung beseitigt werden sollen.

Welche einzelnen „bürokratischen Hindernisse“, die bisher das Gründungsgeschehen behindert haben, sollen mit Hilfe der Gründungsagenturen beseitigt werden?

Ich bitte Herrn Minister Uhlenberg um Beantwortung.

Herr Abgeordneter Römer! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Namen von Frau Kollegin Thoben, die heute an der Sitzung leider nicht teilnehmen kann, möchte ich die Mündliche Anfrage folgendermaßen beantworten:

Die Klagen der Existenzgründer über die zahlreichen Vorschriften und zeitraubenden Wege zur Erlangung erforderlicher Genehmigungen und Eintragungen sind hinlänglich bekannt. Bereits die alte Landesregierung hat sich mit diesem Thema beschäftigt. Handelsregistereintragungen, erlaubnispflichtige Gewerbeanmeldungen, Anmeldungen bei den Berufsgenossenschaften und Sozialversicherungsträgern, den Agenturen für Arbeit und den Kammern, Anträge auf Nutzungsänderungen und Baugenehmigungen, das Ausfüllen von Formularen des Finanzamtes sind nur ein Ausschnitt der bürokratischen Hürden, mit denen sich ein Gründer zu Beginn seiner Tätigkeit herumschlagen muss.

Immer wieder kommt es dabei zu Fehlern, die negative Auswirkungen auf den Gründungserfolg haben. Die Landesregierung sieht hier erheblichen Handlungsbedarf und hat deshalb in der Regierungserklärung vom 13. Juli 2005 angekündigt, dass sie die Partner aus Kammern und Kommunen dafür gewinnen will, dass in allen Regionen des Landes zentrale Anlaufstellen eingerichtet werden, wo Gründer und Unternehmen bei der Erledigung unvermeidlicher Formalitäten unterstützt und gut informiert und beraten werden.

Grundsätzlich sollen diese Anlaufstellen, die sogenannten Gründungsagenturen, drei wesentliche Aufgaben erfüllen: erstens eine qualitativ gute Erstberatung für Gründerinnen und Gründer, zweitens eine Information und Beratung über alle erforderlichen Gründungsmodalitäten und drittens die Erledigung einer wachsenden Anzahl von Gründungsformalitäten direkt vor Ort.

Im Vordergrund stehen hier im ersten Schritt jene Formalitäten, die unmittelbar mit dem eigentlichen Gründungsvorgang verbunden sind, wie zum Beispiel die einfache Gewerbeanmeldung, das Ausfüllen der Formulare für das Finanzamt, für die Berufsgenossenschaft, für die Sozialversicherungsträger oder für die Agentur für Arbeit. Die Gründer werden dabei durch das Personal der Gründungsagenturen unterstützt.

Erlaubnispflichtige Gewerbeanmeldungen, Baugenehmigungen oder arbeitsrechtliche und umweltrechtliche Genehmigungen werden weiter durch die zuständigen Ämter und Behörden erteilt.

Die Industrie- und Handelskammern und Handwerkskammern des Landes haben diese Initiative aufgegriffen und in einem Gespräch mit Frau Ministerin Thoben am 8. September 2005 ihre Bereitschaft erklärt, solche Gründungsagenturen in ihren Institutionen einzurichten. In Kürze wird die Ministerin mit Vertretern der Wirtschaftsförderungseinrichtungen der Kommunen hierzu ebenfalls ein Gespräch führen.

Ein inhaltliches Konzept, in dem die Aufgaben und Standards dieser Agenturen detailliert beschrieben werden, wird gegenwärtig von Vertretern der Kammern, des Ministeriums für Wirtschaft, Mittelstand und Energie und des Statistischen Landesamtes erarbeitet. Dieses Konzept soll anschließend mit allen diskutiert werden, die an der praktischen Gründungsbetreuung mitwirken.

Bereits aus der Formulierung in der Regierungserklärung wird deutlich, dass die Gründungsagenturen kein closed Shop sein werden. Die Landesregierung ist sich selbstverständlich darüber bewusst, dass neben den Kammern insbesondere die Wirtschaftsförderungseinrichtungen und die Gewerbemelde- und Ordnungsämter der Kommunen, aber auch die Notare und Technologiezentren wichtige Partner bei der Unterstützung von Gründungen sind.

Die Landesregierung setzt darauf, dass es in den Regionen zu einer konstruktiven Zusammenarbeit bei der Erfüllung der Aufgaben der Gründungsagenturen kommt, wie es bereits im Rahmen des „Go! Gründungsnetzwerk NRW“ gelebte Praxis ist. Wie das im Einzelnen am besten organisiert

und umgesetzt werden kann, sollte jedoch in den Regionen selbst anhand der jeweiligen Gegebenheiten entschieden werden.

Von den Gründungsagenturen erwartet sich die Landesregierung eine weitere Verbesserung der Qualität der Gründungsberatung in NordrheinWestfalen. Eine Gründungsbetreuung aus einer Hand, von der betriebswirtschaftlichen Erstberatung bis hin zur Erledigung der meisten Gründungsformalitäten ist ein Meilenstein in Richtung eines gründungsfreundlichen Nordrhein-Westfalens. Diese anspruchsvolle Aufgabe erfordert die Zusammenarbeit und Mitwirkung vieler Einrichtungen und Behörden. Nutzen wird sie allen Gründern in Nordrhein-Westfalen.

Danke schön, Herr Minister Uhlenberg. - Herr Jäger hat sich für eine erste Frage gemeldet.

Herr Minister Uhlenberg, Sie haben gerade dargestellt, dass die Landesregierung einen erheblichen Handlungsbedarf sieht, bürokratische Hindernisse zu beseitigen, um zu einer höheren Qualität bei der Gründungsberatung zu kommen. Das von Ihnen vorgestellte Konzept betrifft auch die Stadt Duisburg. Dort gibt es eine Wirtschaftsförderungsgesellschaft, die im Rahmen eines PPP-Projektes zur Hälfte von Unternehmen und der Industrie- und Handelskammer finanziert wird.

Können Sie vielleicht einmal darlegen, wo der dringende Handlungsbedarf liegt und die notwendige Qualitätsverbesserung in Duisburg erforderlich ist?

Herr Minister.