Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie alle wissen aus den Beratungen im Fachausschuss, dass die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung für das deutsche Schienennetz der Bahn zwischen dem Bund und nicht den Ländern und der Deutschen
Bahn AG abgeschlossen wird. Natürlich müssen dabei die Interessen der Länder berücksichtigt werden. Dies ist auch geschehen.
Die Koalitionsfraktionen von CDU und FDP haben in allen Plenardebatten zu bahnpolitischen Themen immer wieder auf die Bedeutung der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung hingewiesen, auch für das Land Nordrhein-Westfalen. Wir haben immer wieder deutlich gemacht, dass für uns die Sicherheit und der Zustand der Schieneninfrastruktur oberste Priorität haben. Deshalb haben wir die Forderung der Bauindustrie aus Nordrhein-Westfalen unterstützt, neben den sanktionsbewehrten Kennziffern wie dem theoretischen Zeitverlust, über den der Kollege Becker eben gesprochen hat, auch das Lebensalter und den Zustand der Eisenbahninfrastruktur in die Vereinbarung aufzunehmen.
Weil diese Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung auch unsere Interessen betrifft, haben die Abstimmungen dazu – trotz keiner direkten Beteiligung – auch mit den Landesverkehrsministern stattgefunden. Das heißt, aufgrund der politischen Bemühungen der Bundesländer und nicht zuletzt von NordrheinWestfalen und unseres Verkehrsministers ist es erstens gelungen, eine jährlich garantierte Pauschale von 2,5 Milliarden € in Form von Zuschüssen und nicht von Darlehen durchzusetzen, im Übrigen eine Kritik des Bundesrechnungshofes, auf die Sie nicht eingegangen sind. Aber genau Zuschüsse zu gewähren, war die Forderung der Bundesländer, um eine Sicherheit für die Schieneninfrastruktur zu erreichen.
Zweitens gelang es, die zunächst vorgesehene 15jährige Laufzeit der Vereinbarung auf fünf Jahre zu begrenzen und eine Eignungsprüfung des Finanzierungsinstruments nach dieser Zeit sicherzustellen. Es ist also eine Evaluierung vorgesehen, um die Qualitätskriterien noch einmal zu überprüfen.
Drittens wird nach Ablauf eine Stärkung der Regulierungsbehörde geprüft. In diesem Zusammenhang ist die Bundesregierung am 7. November im Bundesrat aufgefordert worden, parallel zu der Vereinbarung gesetzliche Voraussetzungen für eine wirkungsvolle Anreizregulierung zu schaffen.
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass wichtige Interessen der Länder in die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung eingeflossen sind, dass sich in der Initiative der Länder eine Verbesserung widerspiegelt. Trotzdem ist Wachsamkeit angesagt. Letztendlich müssen wir bei der Umsetzung der Vereinbarung darauf achten, dass sie umfangreich eingehalten wird. Hierzu werden wir, wenn notwendig, parlamentarische Initiativen ergreifen.
Dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen können wir nichts abgewinnen. Wir könnten ihn eigentlich heute schon ablehnen, aber gegen eine Überweisung in den Verkehrsausschuss haben wir nichts einzuwenden. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben hier einen typischen GrünenAntrag vorliegen, der in einer gewissen Reihe mit anderen Anträgen zu sehen ist. Kollege Becker gibt mal wieder den Robin Hood der Uninformierten und landet als Don Quichotte.
Mehr oder weniger reißerische Überschriften – Hauptsache: sie sind fett genug gedruckt – kommen regelmäßig als Antrag auf uns nieder.
Heute kritisieren die Grünen, dass die LuFV nicht hinreichend sei, dass sie bestimmte Dinge nicht berücksichtige. Gestern Abend – darauf hat der Kollege Lorth hingewiesen – haben die Experten im Bundestag darüber beraten, heute weiß Herr Becker, was alles falsch ist. Ich finde das auch vor dem Hintergrund interessant, dass sich alle Experten einig waren, dass die LuFV prinzipiell das bessere Mittel ist. Es gibt eine erhebliche Detailkritik.
Man kann sich nicht immer die Zeugen aussuchen, die einem gerade in den Kram passen, Herr Becker, sondern man muss die Gesamtbewertung sehen.
Informieren Sie sich auf den Seiten des Bundestages, lesen Sie die Stellungnahmen. Dann werden Sie sehen, dass alle Experten dafür sind, die LuFV einzuführen.
Nein, gestatte ich nicht. – Ich vermute, Herr Becker, dass Sie, wenn der Bundestag keine LuFV vorgelegt hätte, den Antrag gestellt hätten, eine LuFV müsse jetzt auf jeden Fall sein. Damit hätten Sie auch recht gehabt.
Für diejenigen, die nicht so im Detail stecken, möchte ich erklären, was solch eine Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung ist: Der Bund ist nach Art. 87e Abs. 4 Grundgesetz zum Erhalt des Schienennetzes verpflichtet und beauftragt mit dieser Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung – etwas platt gesagt – die DB Netz AG, ein leistungsfähiges
Netz aufrechtzuerhalten. Es gibt bestimmte Parameter, auf die ich gar nicht eingehen will, die aber in ihrer Detailtreue wichtig sind, Herr Becker. Die Frage ist jedoch: Wollen wir wegen Details das Gesamtprojekt LuFV ablehnen? – Ich bin nicht dieser Meinung.
Immerhin geht es um einen Wiederbeschaffungswert von 180 Milliarden €. Das heißt, hätten wir das Netz der DB AG heute nicht, müssten wir 180 Milliarden € ausgeben, um ein solches Netz herzustellen. Da gehört es sich, dass man vernünftige vertragliche Grundlagen schafft, die die Qualität dieses so wertvollen Netzes aufrechterhalten.
Wir haben es in der Tat mit einer Systemumstellung zu tun; da haben Sie recht, Herr Becker. Früher gab es die Kontrolle der Einzelmaßnahmen auf die sparsame Verwendung der Mittel hin. Heute wird es eine In- und Outputkontrolle anhand dieser Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung geben.
Ich habe schon etwas zu Ihrer Quellenkritik gesagt. Sie müssen natürlich aufpassen, wen Sie sich zum Kronzeugen machen. In Ihrem Antrag sprechen Sie hauptsächlich von der Beurteilung des Bundesrechnungshofes. Und die ist interessengeleitet. Warum ist sie interessengeleitet? Weil er vorher mit dieser anderen Art der Prüfung ein viel höheres Eingriffsrecht hatte und viel mehr Aufträge usw. bekam. Jetzt gibt es einen qualitativen Unterschied in der Überprüfung.
Der Bundesrechnungshof geht dann auch ziemlich locker mit der Wahrheit um. Ich werde das einmal zitieren. Für mich als Steuerzahler war der Bundesrechnungshof eine Mischung zwischen Heiligem Stuhl und SPD-Parteivorsitzendem, also jemand mit hoher Autorität, mit hoher Glaubwürdigkeit.
Dann bin ich aber auf etwas aufmerksam gemacht worden. Ich zitiere einmal aus dem Bericht des Bundesrechnungshofes.
Ein vom Bund in Auftrag gegebenes Gutachten kommt zu dem Schluss, dass das Gesamtsignal Standardabweichung als Qualitätsparameter – gemeint ist die Qualität der Schienenwege – für die LuVF ungeeignet ist.
Das sagt der Bundesrechnungshof und bezieht sich auf ein anderes Gutachten. Tatsächlich steht in dem eigentlichen Bericht der Gutachter – das gehört ja auch zur Beurteilung der Qualität von Gutachten –, dass das Gesamtsignal Standardabweichung als alleiniger Qualitätsparameter im Moment zur Verfügung steht und der Bund gar keine andere Möglichkeit hat, als genau diesen Qualitätsparameter, den Sie auch in Ihrer Rede für falsch gehalten haben, zu nehmen. Das heißt, wenn man die LuVF will, muss man auch diesen Qualitätsparameter durchsetzen.
Ich möchte Ihnen noch einmal einen Kollegen vorführen, der in der 150. Sitzung des Deutschen Bundestages in der 16. Wahlperiode am 12. März 2008 den Verkehrsminister bzw. seinen Staatssekretär Folgendes gefragt hat:
Sehr geehrter Herr Staatssekretär, wenn ich mich richtig erinnere, bestand eigentlich sowohl im Ausschuss als auch im Unterausschuss Konsens darüber, dass wir völlig unabhängig vom Privatisierungsmodell eine Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung benötigen. Selbst wenn sich bei der Bahn überhaupt nichts ändert, wenn also jegliche Privatisierungsmodelle scheitern – das ist angesichts der momentanen Debattenlage durchaus möglich –, ist es dringend nötig – so ihr grüner Bundestagskollege –, eine LuVF abzuschließen.
Unterhalten Sie sich mit Dr. Anton Hofreiter. Er wird Ihnen sagen, dass das Ding auf die Beine gestellt werden muss, dass aber nichts in Stein gemeißelt ist, dass wir über die Bedingungen auch später reden können. Das werden wir auch tun. Da werden wir auch die Interessen NordrheinWestfalens alle zusammen einbringen. Dazu lade ich Sie ein.
Lassen Sie uns aber die LuVF erst einmal auf den Weg bringen, lassen Sie uns die LuVF als Qualitätsmittel erst einmal auf die Schienen setzen! – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Damen und Herren auf der Tribüne! Unabhängig von der Frage, wer den vorliegenden Antrag verfasst hat: Er passt gut in das übliche Strickmuster der grünen Anträge.
Bei diesen üblichen Strickmustern kann man drei Varianten unterscheiden: Entweder wird die Landesregierung zu etwas aufgefordert, was sie schon längst tut, oder die Landesregierung wird zu etwas aufgefordert, zu dem sie aus verfassungsrechtlichen
Gründen überhaupt keine Zuständigkeit besitzt, oder, lieber Herr Becker, Sie fordern die Landesregierung auf, irgendwelche unsinnigen und schwachsinnigen Dinge zu tun. Dieser Antrag – das ist die Krönung – beinhaltet alle drei Varianten.
Ich komme zur ersten: Auf über fünf Seiten zitieren Sie den Bericht des Bundesrechnungshofes, das Gutachten der TU Berlin und des IGES Instituts und den hessischen Landesverkehrsminister Rhiel. Dagegen, lieber Herr Becker, wird mit keinem Wort erwähnt, dass federführend vom Land NordrheinWestfalen bereits im Jahre 2007 ein Gutachten zu dem Gesetzentwurf in Auftrag gegeben wurde, das am Ende die Grundlage für alle Positionierungen der Bundesländer und für alle Beschlüsse der Bundesverkehrsministerkonferenz gewesen ist.
Diese Initiativen des Landes Nordrhein-Westfalen – noch einmal: federführend für alle Bundesländer – werden natürlich von den Grünen wie immer verschwiegen. Mein lieber Herr Becker, diese Argumentation ist unehrlich. Ihr Parteifreund, Herr Groth, würde es so ausdrücken: Diese Argumentation ist schäbig.
Völlig unerwähnt bleibt auch die Tatsache, dass es in Verhandlungen mit dem Bund zu Veränderungen gekommen ist. Zum Beispiel – das war ein wichtiger Erfolg – ist die Laufzeit von 15 auf fünf Jahre reduziert worden, damit notwendige Anpassungen schon in fünf Jahren erfolgen können und nicht erst in 15 Jahren.
Auch bei der Forderung nach einer stärkeren Regulierung der Trassen- und Stationspreise blenden die Grünen diese Initiative wieder völlig aus. Denn am 7. November 2008 hat der Bundesrat einen Beschluss gefasst, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, parallel zur LuFV die gesetzlichen Grundlagen für eine Anreizregulierung zu schaffen. Gerade mit dieser Forderung nach einer Anreizregulierung, Herr Becker, haben Sie recht. Nur: Die Bundesländer und auch Nordrhein-Westfalen haben längst gehandelt.