Protokoll der Sitzung vom 06.05.2009

Ich rufe auf die

Mündliche Anfrage 288

der Abgeordneten Andrea Asch von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern für islamischen Religionsunterricht in Münster

An der Universität Münster soll ein zweiter Lehrstuhl zur Ausbildung islamischer Religionslehrerinnen und -lehrer eingerichtet werden. In der Landesregierung bestehen nach Presseberichten unterschiedliche Auffassungen darüber, ob bei der Besetzung die islamischen Verbände einbezogen werden sollen oder nicht.

Wie ist der aktuelle Sachstand bei der Besetzung des Lehrstuhls in Münster?

Diese Frage stammt ebenfalls aus der letzten Fragestunde. Ich bitte auch hier Minister Pinkwart um Beantwortung.

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Frau Asch! Meine Damen und Herren! Ja, an der Universität Münster soll eine weitere Professur zur Ausbildung von Islamkundelehrerinnen und -lehrern eingerichtet werden. Das Berufungsverfahren auf diese Professur läuft an der Universität Münster planmäßig.

Auf die ausgeschriebene Stelle haben sich fünf Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beworben. Die Probevorträge fanden am 22. und 23. April dieses Jahres statt. Sobald das Verfahren abgeschlossen ist, wird sich die Landesregierung im Austausch mit den im Koordinierungsrat mitwirkenden islamischen Verbänden darum bemühen, eine möglichst breite Akzeptanz der Lehrerausbildung für Islamkunde an der Universität Münster für die angesprochene Professur herbeizuführen.

Im Übrigen verweise ich auf die Beantwortung der Mündlichen Anfragen der Abgeordneten Frau Hendricks vom 17. September 2008 und der Abgeordneten Frau Dr. Boos vom 22. Oktober 2008.

Geplant ist, die Professur zum Wintersemester 2009/2010 zu besetzen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Frau Asch, bitte.

Danke, Herr Professor Pinkwart. Gibt es in der Landesregierung einen Konsens darüber, den Koordinierungsrat der Muslime in das Besetzungsverfahren einzubeziehen? Sie haben eben von einem „Austausch“ gesprochen.

Ich stelle meine Frage vor dem Hintergrund, dass der CDU-Fraktionsvorsitzende Stahl im letzten Jahr erklärt hat, dass er es als einen Kotau vor den islamischen Verbänden empfände, wenn diese in das Besetzungsverfahren einbezogen würden.

Herr Minister, bitte.

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Frau Asch! Sie können davon ausgehen, dass ich die Antworten, die ich Ihnen hier gebe, innerhalb der Landesregierung abgestimmt habe.

Frau Dr. Seidl.

Frau Präsidentin! Herr Minister! Laut „Münsterscher Zeitung“ vom 5. März 2009 drohen 22 von 31 Studierende damit, ihre Ausbildung zum islamischen Religionslehrer zu beenden und sich zu exmatrikulieren. Sie verlangen eine organisatorische Trennung zwischen der Lehrerausbildung und Prof. Kalisch, weil dieser die Existenz Mohammeds als historische Person bestreitet.

Die Prorektorin Marianne Ravenstein hat einen Antwortbrief angekündigt. Meine Frage: Welche inhaltliche Antwort erhalten die Studierenden? Ist zu befürchten, dass die Ausbildung islamischer Religionslehrer in Nordrhein-Westfalen aufgrund von Boykotten oder Exmatrikulationen vollständig zum Erliegen kommt?

Bitte schön, Herr Minister.

Ganz herzlichen Dank, Frau Präsidentin. – Sehr verehrte Frau Seidl, bei früherer Gelegenheit hatte ich Ihnen sowohl hier als auch im Ausschuss bereits dargestellt, wie die Hochschule in Münster mit der Ausbildung der Islamkundelehrerinnen und -lehrer verfahren will und verfährt. Ich habe keine Veranlassung, Ihnen Änderungen an den hierzu vorgenommenen Feststellungen vorzutragen.

Frau Beer.

Diese Antwort war nicht sehr erschöpfend. Darin haben Sie eigentlich gar nichts zu dem gesagt, was die Kollegin gefragt hat. Ich würde aber gerne noch einmal nachlegen. Vielleicht bekommen wir da eine exaktere Auskunft.

Nach einem Bericht der „Rheinischen Post“ vom 24. April 2009 muss sich der jetzige Lehrstuhlinhaber Prof. Kalisch verstecken. Ist dieser Bericht zutreffend? Gibt es auch vergleichbare Vorgänge, zum Beispiel an der Universität Osnabrück? Ist Ihnen das bekannt?

Bitte schön, Herr Minister.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr verehrte Frau Beer, auch hierzu hatte ich bereits Gelegenheit, Ihnen eine Mitteilung zu machen. Die persönliche Unversehrtheit der Amtswahrnehmung von Herrn Prof. Kalisch ist in der Verantwortung der Universität Münster gewährleistet. Die Bezüge, die Sie zu Osnabrück herstellen, kann ich hier nicht kommentieren.

Frau Asch.

Danke schön, Frau Präsidentin.

(Vorsitz: Vizepräsident Edgar Moron)

Herr Prof. Pinkwart, können Sie uns sagen, in welcher Form und zu welchem Zeitpunkt der Koordinierungsrat der Muslime in das Besetzungsverfahren einbezogen werden soll? Diese Frage stelle ich auch vor dem Hintergrund, dass die „Neue Ruhr Zeitung“ am 25. April 2009 berichtet hat, der Sprecher der DITIB in Köln, Herr Alboga, habe erklärt, sie seien nicht um Rat gebeten wurden; bis jetzt hätten auch keine Gespräche stattgefunden.

Bitte, Herr Minister.

Ganz herzlichen Dank, Herr Präsident. – Sehr verehrte Frau Asch, es wäre auch seltsam, wenn das bereits der Fall gewesen wäre. Wie ich Ihnen eben deutlich gemacht habe, läuft nämlich zunächst das Verfahren an der Universität Münster. Sobald es abgeschlossen ist, werden wir tätig. Ich werde Sie dann gerne auch zeitnah über das weitere Vorgehen informieren.

Nächste Fragestellerin ist Frau Düker.

Danke. – Lassen Sie mich an die Frage der Kollegin Asch anschließen. Sie haben gerade gesagt, dass Sie sich bemühen, Akzeptanz herbeizuführen. Das ist ja hinreichend unkonkret. Die Akzeptanz gegenüber Herrn Kalisch ist faktisch nicht vorhanden; die Verbände lehnen ihn ab. Wie gehen Sie denn damit um, dass es diese Akzeptanz nicht gibt?

Bitte, Herr Minister.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr verehrte

Frau Abgeordnete, auch dazu habe ich Ihnen bereits Auskunft geben können. Es handelt sich hier um eine Entscheidung, die die Universität Münster getroffen hat. Diese Entscheidung wird von uns absolut mitgetragen und auch vertreten. Hierzu gibt es von mir auch keine zusätzlichen Erklärungsnotwendigkeiten.

Frau Asch, Sie haben jetzt das Wort zu Ihrer dritten und letzten Frage. Bitte schön.

Danke. – Herr Professor Pinkwart, anders als bei den christlichen Kirchen gibt es bis jetzt kein formales Verfahren zur Einbeziehung der muslimischen Verbände. Die Verbände haben auch nicht die Möglichkeit der formalen Ablehnung einer Besetzung. Wie beurteilen Sie als zuständiger Minister diese Ungleichbehandlung des Christentums und des Islams vor dem Hintergrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Grundgesetzes? Anders gefragt: Müsste nicht in Zukunft ein solches Verfahren entwickelt werden, um sicherzustellen, dass die verschiedenen Religionsgemeinschaften gemäß dem Gleichheitsgrundsatz auch gleich behandelt werden? Ich erinnere daran, dass die christlichen Kirchen ihr berühmtes Nihil obstat erteilen müssen, also gegen die Besetzung von theologischen Lehrstühlen ihr Veto einlegen können.

Herr Minister.

Herr Präsident! Sehr verehrte Frau Asch, faktisch ist gegenwärtig keine gleiche Rechtsposition vorhanden, weil wir es bekanntermaßen noch nicht mit Religionsgemeinschaften zu tun haben. Deswegen kann auch kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz bestehen.

Da es aber, wie Sie wissen, das politische Ziel dieser Landesregierung ist, auch beim islamischen Religionsunterricht in Zukunft zu einer Bekenntnisorientierung zu gelangen, ist es sicherlich sachgerecht – so hatte ich mich bislang auch eingelassen –, dass man versucht – obwohl hier keine Rechtsposition besteht, die ein mit den christlichen Kirchen vergleichbares Verfahren nahelegen würde, wie Sie es angesprochen haben –, sich in eine gesprächsähnliche Abstimmung hineinzubegeben, wenn man am langen Ende will, dass die dort ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrer Akzeptanz bei den Eltern finden, damit sie ihre Kinder auch in einen staatlichen Religionsunterricht entsenden.

Vielen Dank. – Frau Kollegin Hendricks von der SPD. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Pinkwart, Sie haben gerade darauf hingewiesen, dass es politisches Ziel der Landesregierung ist, eine Bekenntnisorientierung in den Schulen für Kinder mit islamischem Hintergrund sicherzustellen. Jetzt lautet meine Frage: Wird es in NordrheinWestfalen islamischen Religionsunterricht geben – und wenn ja, in welchem Umfang?

Bitte, Herr Minister.

Wir sind als Landesregierung bemüht, dieses Ziel umzusetzen. Sie wissen, dass diese Umsetzung nirgendwo in Deutschland einfach ist. Dass wir als Landesregierung bei unseren Integrationsbemühungen in den letzten Jahren deutliche Fortschritte gemacht haben – und weiter machen wollen –, werden Sie uns aber sicherlich attestieren können. Wir sind bemüht, hier weitere Wege zu beschreiten, um diesem Ziel schrittweise – anders wird man es nicht erreichen können – näherzukommen.

Vielen Dank, Herr Minister. – Frau Kollegin Seidl mit ihrer zweiten und damit letzten Frage.

Vielen Dank. – Herr Minister, anknüpfend an die Frage von Frau Hendricks würde ich gerne wissen, welche Ausbildungskapazitäten in Nordrhein-Westfalen notwendig sind, um ein flächendeckendes Angebot von islamischem Religionsunterricht einzurichten.

Bitte, Herr Minister.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr verehrte Frau Seidl, die zweite Professur in Münster, über deren Besetzungsverfahren ich Ihnen eben Auskunft gegeben habe, hatten wir bereits zu einem Zeitpunkt geplant, zu dem die Fragen, die sich um Prof. Kalisch ranken, noch gar nicht Gegenstand der Erörterung waren – wissend, dass einerseits mit Blick auf den künftigen Bedarf an den Schulen und andererseits mit Blick auf das öffentliche Interesse an diesen Themenstellungen Verbreiterungen notwendig sind; denn es ist damals das Anliegen aus der Öffentlichkeit an uns herangetragen worden, mehr wissenschaftliche Stimmen auf diesem Gebiet verfügbar zu haben, um zu diesem wichtigen Thema qualifiziert Auskunft erhalten zu können. Das beides hat uns veranlasst, eine zusätzliche Professur einzurichten. Die Hochschule setzt das jetzt um.

Das Verfahren gestaltete sich für die Hochschule auch aufgrund der Bewerberlage nicht einfach. Die wenigen, die auf diesem Gebiet wissenschaftlich ausgewiesen sind, sind auch sehr umworben. Umso mehr freue ich mich, dass dieses Verfahren offensichtlich zu einem guten Ergebnis geführt werden kann. So zeichnet es sich jedenfalls ab.