Protokoll der Sitzung vom 02.02.2006

(Beifall von der SPD)

Wie kommt es überhaupt zu dieser Beratung? Es kommt zu dieser Beratung, nachdem Ihr Verkehrsminister, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, dem Projekt eine Absage erteilt hat – eine Absage, die er übrigens in der vergangenen Woche im Verkehrsausschuss wiederholt hat – und nicht die Zusage einer Prüfung von Alternativen zum Eisernen Rhein gemacht hat mit der Möglichkeit, den Eisernen Rhein hinterher auch auf der historischen Trasse zu verwirklichen. Nein, Herr Wittke hat vor Ort sogar gesagt: Der Eiserne Rhein ist tot.

Mit anderen Worten: Was Sie in Wahrheit bezwecken – die Kombination, in der die Regierung hier vertreten ist, nämlich mit Frau Thoben, Herrn Breuer und Herrn Wittke, verrät das auch –, ist der Versuch, Ihren Verkehrsminister wieder einzufangen.

Gewandt an Sie als Landesregierung und an Sie als Regierungsfraktionen sage ich Ihnen nur: So werden Sie das Projekt nicht durchsetzen. Und an den Verkehrsminister habe ich einen persönlichen Rat: Herr Wittke, hören Sie auf die Kollegen in Ihren Reihen, die inzwischen schon so laut, dass wir es hören können, sagen: Oli, erst denken, dann reden. – Herzlichen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Horstmann. – Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Dr. Droste das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr ExMinister und Abgeordneter Horstmann, ich will gerne bei Ihrem letzten gut gemeinten Hinweis an Herrn Minister Wittke anschließen. „Erst denken, dann reden“, haben Sie gesagt. Wenn Sie heute Morgen oder vielleicht auch gestern nachgedacht hätten, dann hätten Sie sich klugerweise zu diesem Tagesordnungspunkt überhaupt nicht gemeldet. Damit hätten Sie unter Beweis gestellt, dass Sie nachgedacht haben.

(Beifall von der CDU)

Ich will Ihnen direkt sagen, warum: Sie rekurrieren hier auf ein Datum im Mai, an dem sich die Koordinaten für diese Strecke völlig verändert haben; deshalb gelte es jetzt, mit großem Aktionismus ans Werk zu gehen. Damit soll übertüncht werden, dass Sie diese Geschichte mehr oder minder nicht verfolgt oder, wie man so schön sagt, verpennt haben.

Warum Sie das verpennt haben, können wir an einem einzigen Punkt deutlich machen: Seit 1991 ist diese Strecke stillgelegt. Eine der größten Schwierigkeiten – der Kollege von den Grünen hat doch eben darauf hingewiesen –, wieder zur Neubelebung dieser Trasse zu kommen, ist, dass Anwohner mit erheblichem Lärm zu rechnen haben. Der Lärmschutz ist eine der größten Schwierigkeiten.

An dieser Stelle frage ich Sie: Diese Strecke wurde 1991 stillgelegt. Was hat man denn in Ihrer Regierungszeit vonseiten der Regierung von RotGrün getan, um diese Trasse im Auge zu behal

ten, und zwar auch mit Blick auf Anwohner, die sich in den letzten Jahren dort angesiedelt haben und die heute hohen Anspruch auf Lärmschutz haben? Was hat man dafür getan, diese Trasse so freizuhalten, dass sie dann, wenn die Koordinaten sich ändern, wie es geschehen ist, auch wirklich nutzbar ist? – Bei diesen Fragen wird mehr oder minder deutlich, dass Sie in der Sache nicht redlich argumentieren, Herr Horstmann. Ich hätte mir eine andere Einlassung gewünscht.

(Beifall von der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, es besteht Konsens darüber, dass die Reaktivierung des Eisernen Rheins, so wie sie heute im Antrag der SPD gefordert wird, eine Möglichkeit der Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur ist.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Horstmann?

Ja, gerne.

Bitte sehr.

Herr Kollege Droste, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass die Siedlungsentwicklung in den Kommunen längs des Eisernen Rheins immer noch eine Angelegenheit der kommunalen Planungshoheit ist?

Das mag sein. Aber Sie wollen doch wohl nicht sagen, dass die überregionale Planung hier …

(Unruhe)

Wären Sie denn auch bereit, auf die Frage zu antworten, ob Sie etwas getan haben, um die kommunale Bauleitplanung in irgendeiner Weise in dieser Frage zu beeinflussen?

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Jäger?

Also bekommt Herr Jäger auch noch das Wort. Bitte schön.

Herr Droste, habe ich es aufgrund Ihrer Einlassung richtig verstanden, dass eine Fortführung des Eisernen Rheins auf der his

torischen Trasse für Sie nicht mehr infrage kommt?

Das habe ich nicht gesagt. Sie müssen genau zuhören. Ich habe gesagt: Es ist eine Möglichkeit, um diese wichtige Strukturmaßnahme herbeizuführen – eine Möglichkeit. Vor dem Hintergrund des zunehmenden Gütertransports auf der Strecke, den diese Trasse ja aufnehmen soll, ist aber doch sehr sorgfältig abzuwägen, ob es weitere Möglichkeiten gibt, die anwohnerfreundlich sind und die vor allen Dingen auch dauerhaft, und zwar unter dem Gesichtspunkt einer Kosten-Nutzen-Analyse, für uns verkehrstechnisch als besser erscheinen.

Dabei darf der Blick nicht nur auf die zukünftige Entwicklung Nordrhein-Westfalens gerichtet werden. Vielmehr sind auch die weitere wirtschaftliche Entwicklung der anderen Bundesländer und vor allem auch die wirtschaftliche Entwicklung in Osteuropa ein maßgebliches Kriterium für die Anforderungen, die an eine solche Schienenverbindung zu stellen sind. Gerade in Osteuropa wird das Ansteigen des Warenverkehrs deutlich spürbar. Bei dieser Entwicklung wird NordrheinWestfalen in seiner Funktion als Transitland eine immer wichtigere Rolle spielen.

Bei der Planung einer möglichen Trasse muss deshalb langfristig von einem Wachstum des Wirtschaftsstandortes Nordrhein-Westfalen ausgegangen werden, verbunden mit einer starken Beanspruchung dieser Bahn- und Transitstrecke. Wir müssen uns also fragen: Wie kann das Ziel einer bestmöglichen und langfristig für den Güterverkehr nutzbaren Bahntrasse erreicht werden? Die Antwort darauf kann nur lauten: Es muss – ich wiederhole mich – eine Kosten-Nutzen-Analyse durchgeführt werden, die anschließend den weiteren Erwägungen zugrunde gelegt wird.

All diesen Überlegungen stellen Sie, verehrte Damen und Herren der Sozialdemokratie, als einzig denkbare Möglichkeit eine Bahntrasse von 1879 gegenüber, die zur Hälfte eingleisig und zum derzeitigen Zeitpunkt zum großen Teil auch nicht elektrifiziert ist. Wenn Sie mit der gebotenen Ernsthaftigkeit darüber nachdenken, müssen Sie doch wohl zu dem Schluss kommen, dass das nicht die einzige Lösung dieses Infrastrukturproblems sein kann.

Allein der enorme Aufwand, der nötig wäre, um eine leistungsfähige Verbindung zu schaffen, verpflichtet dazu, sich zunächst alle Alternativen anzuschauen. Es kann nicht darum gehen, romantischen Vorstellungen nachzueifern. Auch wenn die Wiederbelebung dieser historischen Trasse ohne

Frage großen Charme hätte, müssen wir uns trotzdem den Realitäten stellen und darüber nachdenken, wie der Effizienz Rechnung getragen wird. Das heißt in erster Linie: Gegenüberstellung von Kosten und Nutzen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in diesem Sinne bitte ich Sie, noch einmal über das nachzudenken, was Sie heute hier beantragt haben, und freue mich auf die Diskussion im Ausschuss. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Droste. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich Herr Keymis gemeldet. Bitte schön.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte am Schluss der Debatte noch einmal sagen, dass ich es für wenig fruchtbar halte, diese Art von Schaukämpfen weiterzuführen. Ich sage das ganz deutlich.

(Zurufe von der CDU)

Die Debatte ist wichtig. Es in der Sache richtig, Schritte nach vorne zu machen, aber unredlich – egal von wem –, die niederländische und die belgische Seite bei dieser Debatte außen vor zu lassen; denn es kommt entscheidend darauf an, ob und zu welchen Lösungen die Partner westlich von Nordrhein-Westfalen bereit sind. Deswegen macht es wenig Sinn, in der Art, wie Sie das hier vorgeführt haben, zu verfahren. Ich finde es richtig, dass man weiterhin Rücksicht auf den Schutz von Anwohnerinnen und Anwohnern nimmt, wie wir es immer gefordert haben. Das gilt aber für jede Trassenüberlegung, nicht nur für die historische.

Insofern hoffe ich, dass wir uns aus diesem Landtag heraus gemeinsam dafür stark machen, dass das ein Projekt im Rahmen der transeuropäischen Netze bleibt, dass wir möglichst zügig die Anbindung an Antwerpen bekommen. So habe ich den Minister im Prinzip auch verstanden, wobei ich nicht in allen Punkten und schon gar nicht in denen, die sich auf den Lärmschutz beziehen, einer Meinung mit ihm bin, wenn er es einseitig macht, wie er es an der Stelle leider tut. Gleichwohl bin ich der Meinung, wir sollten uns gemeinsam für diese Lösung stark machen.

Herr Rasche, es macht auch keinen Sinn, uns vorzuhalten, wir hätten in den Jahren politisch nichts getan, um dann am Ende aufzuzählen, was

in den Jahren alles passiert ist, in denen Rot und Grün auch dieses Projekt bearbeitet haben.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Ich möchte noch einmal deutlich sagen: Ich finde es völlig uninteressant, von dieser Warte aus zu diskutieren. Ich hoffe sehr, dass wir gemeinsam die nordrhein-westfälischen Interessen im Auge haben und uns nicht in der Weise verklemmen, wie Sie das leider zum Teil eben vorgeführt haben. Das nützt uns und Nordrhein-Westfalen nichts. – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Keymis. – Für einen Kurzbeitrag hat noch einmal Herr Rasche das Wort. Bitte schön.

Herr Keymis, ich habe in der Tat einiges aufgezählt, was in Bezug auf den Eisernen Rhein passiert ist, allerdings nur in Europa. Aus Nordrhein-Westfalen habe ich nichts aufgezählt, das konnte ich auch nicht; denn hier ist nichts passiert.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Das passiert doch nicht von allein!)

Herr Dr. Horstmann, Ihre Bemühungen, die schlechte Verkehrspolitik der SPD in Nordrhein-Westfalen auch in den 90er-Jahren ausgerechnet und ausschließlich Helmut Kohl anzuhängen, ist – das tut mir Leid – wirklich ein Stück weit jämmerlich.

(Beifall von der FDP – Sören Link [SPD]: Sie können jetzt alles besser machen!)

Meine Damen und Herren, die Prüfung der verschiedenen Trassen, die Herr Minister Wittke angesprochen hat, ist ergebnisoffen. Sie beinhaltet auch die historische Trasse.

(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Michael Vesper)