Protokoll der Sitzung vom 05.04.2006

Nächste Frage: Welche weiteren Fördermaßnahmen der NRW-Bank, die sie aus eigenen Mitteln und Erträgen vorgesehen hatte zu finanzieren,

sollen gekürzt werden, um durch die NRW-Bank Mittel zur Kofinanzierung der EU-Ziel-2-Gelder zur Verfügung zu stellen? – Eine Einbringung von weiteren Kofinanzierungsmitteln seitens der NRW-Bank in der jetzigen Förderperiode erfolgt nicht. Insofern erfolgen bei anderen Aktivitäten der NRW-Bank auch keine Kürzungen.

Nächste Frage: Wie hoch wird die Deckungslücke der noch einzuwerbenden Finanzierungsmittel zur Kofinanzierung der EU-Strukturmittel zum Stichtag 30. April 2006 sein? – Die Landesregierung geht davon aus, dass die im Haushalt 2006 in Form von Baransätzen und Verpflichtungsermächtigungen veranschlagten Mittel zusammen mit den übrigen öffentlichen Mitteln ausreichen, um die für neue Bewilligungen im Bereich von Efre noch verfügbaren Mittel in Höhe von 130 Millionen € vollständig kofinanzieren zu können. Die Landesregierung hat die entsprechenden Maßnahmen eingeleitet, um weitere Kofinanzierungsmittel einzuwerben. Insofern erübrigt sich der Antrag der SPD an die Landesregierung.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Frau Ministerin Thoben. – Für die SPD spricht Kollege Töns.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, lassen Sie mich gleich zu Anfang sagen: Wenn Sie gelesen und dem Abgeordneten Eiskirch zugehört hätten, hätten Sie vielleicht auch verstanden, worum es geht. Auch die Kollegen von der regierungstragenden Koalition haben manchmal am Thema vorbei geredet.

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Wir sprechen über 2006 und nicht 2007, Herr Brockes. Auch Sie werden das noch verstehen.

Ich will an dieser Stelle der Debatte noch einmal den Verlauf der Diskussion in Erinnerung rufen. Das Thema ist nicht neu, Herr Brockes. Seit Beginn der Legislaturperiode ist die Ziel-2-Kofinanzierung hier im Parlament diskutiert worden. Meine Damen und Herren von der Landesregierung, wir haben Sie in den vergangenen Monaten immer wieder gefragt: Wie ist es um die Kofinanzierung im Haushalt 2006 bestellt? Können Sie diese Mittel sicherstellen? Ich erinnere mich noch sehr gut an die Aussage von Herrn Minister Breuer zu diesem Thema, man solle sich keine Sorgen machen, aber man wolle auch dem Haushalt nicht vorgreifen.

Nun liegt der Haushaltsplanentwurf vor, und wir müssen feststellen: Sie kürzen in erheblichem Maße.

(Beifall von der SPD)

Nun besteht laut Landesregierung die Möglichkeit, Drittmittel einzuwerben. Das haben Sie eben auch gesagt. Aber nun frage ich Sie, Frau Thoben: Vor welchem Hintergrund soll das denn noch in diesem Jahr geschehen, vor allem in der Kürze der Zeit? Wer soll denn die Drittmittel einbringen? Die Kommunen im Ruhrgebiet vielleicht? Die meisten Städte im Ruhrgebiet haben keinen genehmigten Haushalt und sind somit HSK-Gemeinden.

Die Bezirksregierungen würden diesen finanziellen Einstieg der Kommunen auch nicht genehmigen. Insbesondere gilt das, wenn man weiß, dass selbst Ganztagshauptschulen in HSK-Gemeinden von Bezirksregierungen nicht genehmigt werden. Das Schlagwort ist hier: freiwillige Leistungen. Aber vielleicht haben Sie davon noch nicht gehört. Auch da können Sie noch etwas lernen.

Eine weitere Möglichkeit der Drittmittel könnten PPP-Modelle sein. Die Möglichkeit besteht – das gebe ich zu –, aber nur in der Theorie, Frau Thoben. Gründe sind:

Erstens. Private Akteure, die in solche Modelle im Ruhrgebiet einsteigen könnten, sind nicht so zahlreich.

Zweitens. Das EU-Parlament – auch hier können Sie noch etwas lernen, Frau Thoben – hat das Einbringen von Drittmitteln auf PPP-Basis für die Förderperiode 2007 bis 2013 ausgeschlossen. Dann stellen sich doch mehrere Fragen. Wenn Sie für 2007 bis 2013 die NRW-Bank ins Spiel bringen – für 2006 nicht; das scheint Herr Brockes anders gesehen zu haben –, stelle ich Ihnen die Frage: Ist denn mit der EU-Kommission rückgekoppelt, dass das nicht unter PPP fällt? Diese Frage muss beantwortet werden, wenn man damit umgeht.

Es ist auch noch festzustellen: Sie können nicht sagen, wie Sie in diesem Jahr die Lücke schließen. Die Lücke macht ungefähr 10 Millionen € aus – das haben Sie eben gesagt –, die von Privaten 2006 als Drittmittel eingebracht werden sollen. Sie sagen nicht, wie Sie diese Lücke schließen. Sie wissen nicht, mit wem Sie gesprochen haben. Sie können diese Fragen nicht beantworten.

Das ist schon ein Stück aus dem Tollhaus. Ich sage Ihnen ganz offen und ehrlich, Sie haben kein

Konzept und noch viel schlimmer: Sie haben keine Ahnung von europäischer Förderpolitik.

(Widerspruch von der CDU)

Das ist nicht nur aus unserer Sicht eine vollkommen falsche Politik; das ist schlichtweg Dilettantismus, Frau Thoben.

Herr Kollege Töns, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Kuschke?

Bitte, Herr Kuschke.

Herr Kollege Töns, Frau Thoben hat gerade, obwohl Sie gar keinen Bart hat, eine ganze Menge Schaum geschlagen. Sind Sie mit mir der Meinung, dass sie noch im Rahmen der Haushaltsberatungen aufgefordert werden sollte, die Positionen, die sie vorgetragen hat, konkret mit Zahlen zu belegen?

(Beifall von der SPD – Lachen von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kuschke, für diese Frage. Genau das würde auch ich von der Ministerin verlangen, und das tun wir heute.

Kommen wir noch einmal auf den letzten Punkt zurück. Diesen Hang zum Dilettantismus haben sie schon früher gezeigt, als Sie beim damaligen KVR gescheitert sind. So wird deutlich, Frau Thoben: Sie kennen das Ruhrgebiet und die Menschen nicht. Sie haben anlässlich eines Besuches der Redaktion der „WAZ“ – Herr Eiskirch hat schon darauf hingewiesen – am 18. März gesagt:

„Besinnt euch auf eure Kräfte, die ihr habt. Man kann nicht darauf warten, dass alles Gute von oben kommt, sondern anpacken müsst ihr.“

Wenn eine Region weiß anzupacken oder, wie man bei uns sagt, zu malochen, ist es das Ruhrgebiet. Das gilt ebenso für die Oberbürgermeister und Wirtschaftsförderer.

(Beifall von der SPD)

Hier wird seit Jahren mit viel Einsatz und Kreativität an dem erfolgreichen Strukturwandel gearbeitet. Sonst wäre es kaum möglich, dass zum Beispiel die Stadt Gelsenkirchen zu den unternehmerfreundlichsten Städten in Nordrhein-Westfalen gezählt wird und die dortige Wertschöpfung über dem Landesdurchschnitt liegt. All das ist Ihnen wahrscheinlich unbekannt.

Ein Beispiel: Um Unternehmen anzusiedeln und Arbeitsplätze zu schaffen, brauchen Sie ausreichend Flächen. Diese Flächen sind im Ruhrgebiet, insbesondere im nördlichen Ruhrgebiet, nicht so einfach zu erstellen. Hier müssen alte Industriebrachen aufgearbeitet werden. Das ist teuer und schwierig. Im Ruhrgebiet haben die Menschen die Hände nicht in den Schoß gelegt, wie Sie uns weismachen wollen.

(Beifall von der SPD)

Eine Ausnahme aus dem Ruhrgebiet möchte ich allerdings auch erwähnen. Es gab in Gelsenkirchen einen Oberbürgermeister Ihrer Partei, der die größte Bauruine im Ruhrgebiet zu verantworten hat und jetzt Bauminister ist. Das ist ein Treppenwitz.

(Beifall von der SPD)

Dieser OB hat immer lauthals nach Hilfen aus Düsseldorf gerufen. Eigene Kreativität war da Fehlanzeige.

So ist auch Ihre Politik angelegt. Sie haben kein Konzept und, noch viel schlimmer, keine Ahnung. Ich wiederhole mich hier gerne. Das ist mit Dilettantismus gemeint. Ich möchte am Ende Herrn Eric Dufeil zitieren, der in der Anhörung des Hauptausschusses gesagt hat – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin –: Eine Rückgabe von EUFördermitteln ist eine Bankrotterklärung der regionalen Strukturpolitik. – Das haben Sie selbst zu verantworten.

(Beifall von der SPD)

Danke schön, Herr Töns. – Für die CDU spricht nun Frau Keller.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Töns, das, was Sie hier abgeliefert haben, ist eine Unverschämtheit.

(Beifall von der CDU)

Es ist unglaublich, dass Sie hier heute Abend noch solch einen Beitrag liefern.

Herr Kuschke, Sie waren früher Minister für Europaangelegenheiten. Sie können doch nicht ernsthaft solch einen Antrag stellen und gleichzeitig der Ministerin Arroganz vorwerfen. Dann stellt sich Herr Töns hierhin. Was war das denn für ein Beitrag? Das war doch wohl Oberarroganz.

(Beifall von der CDU)

Die Ministerin hat Ihnen in aller Deutlichkeit gesagt, wie die Finanzierung in den einzelnen Pro

jekten aussehen wird. Warten Sie es doch erst einmal ab.

(Zuruf von Markus Töns [SPD])

Im Dezember letzten Jahres haben Sie bereits einen Antrag zur Interreg eingebracht. Auch das war alles dummes Zeug, was hier zutage getreten ist. Nichts konnten Sie wirklich begründen.

Ich denke, dass wir, was europäische Themen betrifft, bisher immer auf Konsens aus waren. Was soll plötzlich diese riesige Aufgeregtheit? Wir hatten erst im Februar eine Anhörung zu den EUStrukturfördermitteln. Sie haben doch gesehen, dass das, was für die Zukunft geplant ist, von unserer Seite aus Hand und Fuß hat.

(Zuruf von der SPD)