Ich finde, Frau Pieper-von Heiden, angesichts dessen reicht es nicht – das wurde auch bei der Anhörung über die Frauenquote mehrmals gesagt –, mantraartig immer wieder herunterzubeten, man müsse einfach nur die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern, dann würden die gut ausgebildeten Frauen schon alleine in die Chefetagen aufsteigen.
Natürlich müssen Beruf und Familie vereinbar sein. Das ist völlig klar. Aber ich finde – erstens –, Männer müssen endlich einmal ihrer Pflicht nachkommen und auch Verantwortung in der Familie tragen, und – zweitens – wenn es allein das Problem wäre, Beruf und Familie nicht vereinbaren zu können, frage ich: Wo sind denn die kinderlosen Frauen? Jedenfalls sind sie nicht in den Führungsetagen.
Sie haben es gerade schon gesagt: Wir haben gut ausgebildete Frauen. Mittlerweile haben wir auch einige weibliche Vorbilder in Führungspositionen von Wirtschaft, Verwaltung und Politik. Trotzdem kommen wir nicht voran.
Meine Damen und Herren von CDU und FDP, Sie müssen endlich eingestehen, dass wir, wenn wir männliche Seilschaften, die immer wieder Männer fördern und bevorzugen, durchbrechen wollen, das nicht durch gut gemeinte Preise oder MentoringProgramme erreichen, sondern wir brauchen gesetzlich vorgegebene und kontrollierte Regelungen mit entsprechenden Sanktionsmöglichkeiten.
Natürlich, Frau Milz, Sie haben recht: Der öffentliche Dienst muss als gutes Beispiel vorangehen. Ich würde gerne hinzufügen: Auch die Parteien müssen mit gutem Beispiel vorangehen. Die CDU hat ganz offensichtlich kein Mentoring-Programm, bräuchte aber angesichts des hohen Männeranteils der CDUFraktion hier im Landtag meiner Ansicht nach eines. Ich habe heute beispielhaft eine Broschüre über den Regionalrat in Münster und die Fraktionen dort mit
gebracht. In der CDU-Fraktion gibt es acht Plätze mit acht Männern. Übrigens sieht es in der FDPFraktion nicht anders aus: zwei Plätze, zwei Männer!
Von daher sollten Sie vielleicht wirklich einmal darüber nachdenken, ob Sie auf dem nächsten CDUParteitag einen entsprechenden Antrag zur Einführung eines Mentoring-Programms einreichen und ein solches Programm einführen.
Natürlich machen Mentoring-Programme für Parteien Sinn. Sie machen – sie hatten es gerade selber erwähnt – auch Sinn für die Begleitung des Übergangs von der Schule in den Beruf. Aber für den öffentlichen Dienst haben wir eigentlich ein sehr gutes und anderes Instrument, nämlich das Landesgleichstellungsgesetz. Ich kann mir sehr gut vorstellen, wie Sie auf die Idee gekommen sind, dieses Mentoring-Programm zu fordern; denn das Mentoring wird im zweiten Bericht zur Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes in der Landesverwaltung als ein mögliches Instrument der Personalentwicklung und der Frauenförderung genannt. Allerdings: Der Bericht ist aus dem Jahr 2008! Ich finde es schon peinlich, Frau Milz, dass Sie erst nach drei Jahren auf die Idee kommen, einen Antrag auf Einführung eines Mentoring-Programmes zu stellen.
Ich muss ganz ehrlich sagen: Es ist wirklich ein schlechter Versuch, von der eigentlichen Debatte abzulenken. Ich glaube, der Punkt „Mentoring“ steht auf Seite 8. Sie müssen also einfach ein bisschen weiterlesen. Dann kommen Sie zu ganz vielen Beispielen, bei denen das LGG eben nicht eingehalten wird, beispielsweise bei der Aufstellung und Umsetzung von Frauenförderplänen oder bei der Besetzung von Gremien.
Es wundert mich schon, dass Sie das Thema „Frauenförderung im öffentlichen Dienst“ jetzt für sich entdeckt haben. Das Thema wurde 2007 in diesem Hause schon einmal nämlich anhand eines grünen Antrages zur Einhaltung des LGG im Bereich der Gremienbesetzung diskutiert. Sie haben diesen Antrag damals abgelehnt.
Wir als rot-grüne Fraktion meinen, wir brauchen klare Vorgaben und insbesondere Sanktionsmöglichkeiten. Denn ohne Sanktionen – das haben die letzten zehn Jahre gezeigt – werden sich die Betroffenen nicht immer an das Gesetz halten. Lassen Sie uns deshalb endlich gemeinsam im Sinne der Frauen und im Sinne des Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes handeln und das LGG stärken. – Danke.
Frau Präsidentin! Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Schäffer, bei Maybrit Illner war eine 23-jährige Grüne, die dort verkündete, ohne Quote wäre sie nicht da. Ich kann nur sagen, da hat sie recht. Bei Johannes B. Kerner waren verschiedene Frauen, unter anderem Frau Prof. Höhler. Da wurde sehr deutlich, dass Sie den Realitäten im Grunde genommen hinterherhinken und im Prinzip eine große Mehrheit schon gar keine Quote mehr will.
Das ist mit Blick auf den Antrag der CDU aber zunächst gar nicht das Thema. Es geht vielmehr um das Mentoring-Programm.
Die FDP hat grundsätzlich Sympathie für MentoringProgramme. Das wissen Sie auch, Frau Milz; das können Sie auch unserem Entschließungsantrag entnehmen. Allerdings sehen wir die Handlungsnotwendigkeit nicht primär im öffentlichen Dienst. Hier ist schon vieles zum Thema „Gleichstellung“ gesetzlich geregelt. Insbesondere sind Teilzeitregelungen in Behörden gang und gäbe und in der Belegschaft umfänglicher akzeptiert als in anderen Bereichen der Wirtschaft. Wenn man hier etwas tun möchte – es gibt sicherlich noch Verbesserungsbedarf; das schließe ich gar nicht aus –, müsste es unseres Erachtens darum gehen, eventuelle Vollzugsdefizite und Hemmnisse aufzudecken und zu beheben.
Aber wir Liberalen haben, wie gesagt, an der Stelle eine etwas andere Prioritätensetzung und möchten das Thema „Frauenförderung“ umfassender behandeln. Wir halten es für dringlicher und insgesamt zielführender, sich mit Mentoring-Programmen stärker auf die freie Wirtschaft zu konzentrieren. Denn dort gilt es Unterstützungsmaßnahmen zu schaffen, ohne in Tarifrechte oder die Vertragsfreiheit einzugreifen.
In diesem Sinne geht auch die Absicht der Landesregierung, im Bundesrat ein Gesetz zur Einführung einer Frauenquote auf den Weg zu bringen, in eine völlig falsche Richtung. Mal ganz abgesehen davon, dass eine solche Quote den Führungsfrauen mehr schadet als nützt, wie die letzten Berichterstattungen und Fernsehsendungen es noch mal sehr deutlich gemacht haben, haben Sie hier wohl auch einen entscheidenden Punkt vergessen, auch wenn Sie mir jetzt zurufen werden, dass Sie eine Härtefallklausel eingefügt haben. Aber was nützt Ihnen eine Quote, wenn Sie nicht genügend Frauen im Mittelbau finden, die überhaupt in die Aufsichtsräte aufrücken können? Was nützt Ihnen diese Härtefallklausel, wenn diese in bestimmten Bereichen mehr Regel als Ausnahme wäre?
Gut, Ihnen passiert dann nicht das Gleiche wie den Norwegern, dass nämlich rund 300 Aufsichtsratsmandate auf nur 70 Frauen aufgeteilt. Die Unternehmen, die diese 70 Frauen dann nicht mehr bedienen konnten, haben gezwungenermaßen die Rechtsform gewechselt. Es gibt sie nicht mehr. Die
Norweger sind zumindest ein wenig zurückgerudert, was die Sanktionen angeht. Das müssen Sie auch mal bedenken.
So ist die Lage. Das verzerrt ein bisschen auch die Statistik, was Norwegen betrifft. Das zeigt aber doch ein viel wesentlicheres Problem: Es fehlt nicht erst an Frauen in den Aufsichtsräten. Vielmehr sollen Aufsichtsräte den operativen Unternehmensteil kontrollieren können, was voraussetzt, dass die Mitglieder der Aufsichtsräte wissen, was im operativen Geschäft passiert. Sie müssen also im operativen Topmanagement zu Hause sein. Was aber passiert, wenn Aufsichtsräte nicht im Geringsten verstehen was im operativen Geschäft vorgeht,
und Entscheidungen im Prinzip nur abnicken? Was dann passiert, das konnten wir in den letzten Jahren an der ein oder anderen Stelle – im Übrigen ohne Geschlechtsbezug – sehen.
Wenn Sie sich mal die Zahlen im operativen Topmanagement anschauen, stellen Sie fest, dass es bereits dort oft an Frauen fehlt – zumal der Frauenanteil bei den abhängig Beschäftigten mit leitender Tätigkeit im Jahr 2007 insgesamt bei 33,3 % lag und damit schon hier ausbaufähig erscheint. Das heißt aber doch nichts anderes, als dass wir die Frauen irgendwo zwischen Schul- bzw. Studienabschluss und einem möglichen Aufstieg in die oberen Managementetagen verlieren.
Meine Damen und Herren, gerade deshalb müssen wir die Bedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern. Wir müssen Unterstützungsmöglichkeiten bieten, wo der Einstieg in die Topmanagementetagen gelingen soll. Da helfen keine Quoten und auch keine einzelnen kleinen neuen Projekte. Auch müssen wir das Rad nicht neu erfinden. Wir haben bereits gute und funktionierende Mentoring- und Unterstützungsprogramme. Wir haben aber leider keines für den angesprochenen Problemkreis, das Frauen auf dem Weg ins operative Topmanagement effektiv unterstützt. Hier sollten die bestehenden Programme auf ihre Ausbaufähigkeit hin untersucht werden, um auch Frauen, die bereits im Bereich des mittleren Managements tätig sind, offensiver als bisher anzusprechen, zu unterstützen und zum weiteren Aufstieg sowie zur beruflichen Selbstständigkeit zu ermutigen.
Mit unserem Entschließungsantrag möchte Ihnen die FDP-Landtagsfraktion das Angebot machen, über die angesprochenen Schlüsselstellen nachzudenken – darauf kommt es an – und dort die entscheidenden Schalter umzulegen. Wir freuen uns deshalb auf eine spannende Diskussion im Ausschuss. Ich hoffe auf die gute Einsicht bei dem ein oder anderen, dass eine Quote uns nicht weiterbringt. – Danke.
Vielen Dank, Frau Pieper-von Heiden. – Für die Fraktion Die Linke spricht Frau Abgeordnete Beuermann.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir Linken wollen den Frauenanteil in Führungspositionen des Landes Nordrhein-Westfalen erhöhen. Das haben wir bei verschiedenen Gelegenheiten auch in diesem Haus sehr deutlich gemacht. Die Kommission des Ersten Gleichstellungsberichts von 2011 sagt – mit Ihrer Erlaubnis zitiere ich –: In Deutschland fehlt ein gemeinsames gleichstellungspolitisches Leitbild, und man kann erkennen, dass gleichstellungspolitische Initiativen zusammenhanglos nebeneinandergestellt werden. – Genau das tut der vorliegende Antrag. Und genau darin hat die antragstellende Fraktion auch mit ihren früheren Anträgen gesündigt.
Der heute vorgelegte Entschließungsantrag der FDP zielt wieder in die gleiche Richtung. Die wichtigsten Entscheidungen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft werden nach wie vor in aller Regel von Männern getroffen – man sehe sich auch die Verteilung der männlichen Kollegen in diesem Hause an –, auch im öffentlichen Dienst und trotz eines Landesgleichstellungsgesetzes. Darum, meine Damen und Herren, besteht in der Tat Handlungsbedarf.
Der vorliegende Antrag will – Zitat – den „Frauenanteil in Führungspositionen des Landes NordrheinWestfalen erhöhen“, und zwar durch die Einführung von Mentoring-Programmen. – Gestatten Sie mir bitte diese Bemerkung: Da fallen mir Quacksalber ein, die eine Blinddarmentzündung mithilfe von Pflastern zu heilen versprechen.
Frauen sind in Führungspositionen, bei Beförderungen oder bei der Besetzung von Gremien auf Landesebene nach wie vor unterrepräsentiert. Das besagt der Zweite Bericht zur Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes. Was aber ist die zentrale Aussage dieses Berichts? Darüber müssen wir diskutieren. Im Berichtszeitraum war eine Steigerung des Frauenanteils um 1,5 Prozentpunkte zu verzeichnen. Neueinstellungen sind ein wirksames Instrument, um mehr Frauen in führende Positionen zu bringen.
Aber das Personaleinsatzmanagement in Nordrhein-Westfalen – Ihnen allen als PEM bekannt – hatte vorgesehen, bis zum Ende der vergangenen Legislaturperiode insgesamt 10.000 kw-Stellen abzubauen. Das PEM schreibt grundsätzlich die Besetzung mit Beschäftigten aus dem Bereich – jetzt kommt es – schon vorhandener Stellen vor. Somit konnten in der Vergangenheit gar keine wesentlichen Steigerungen des Gesamtfrauenanteils in
Führungspositionen über Neueinstellungen erreicht werden. Bei Stelleninhaberinnen allerdings hätte durch Höhergruppierungen und Beförderungen eine erhebliche Steigerung des Frauenanteils in Führungspositionen erreicht werden können.
„Nach wie vor profitieren Frauen anteilmäßig weit weniger von Beförderungen/Höhergruppierungen/Höherreihungen, als es ihrem Anteil an der Gesamtbeschäftigtenzahl entspräche.“
„Überall da, wo sich Handlungsbedarf durch geschlechtsspezifische Schieflagen in der Beförderungsstatistik zeigt, müssen die Gründe dafür genau analysiert werden.“
„Beurteilungsverfahren sind nicht per se geschlechtsneutral, sie bergen systemimmanente Benachteiligungsrisiken.“
Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP, wollen das Problem nur verschieben. Frauen im öffentlichen Dienst sind bereits hochqualifiziert, motiviert und engagiert. Mentoring-Programme oder sogenannte Akzeptanzinitiativen brauchen sie nicht. Diese hinterfragen auch nicht bereits bestehende Hierarchien, sondern bauen vielmehr darauf auf. Das haben wir Frauen in den letzten zehn Jahren zum Teil am eigenen Leibe erfahren müssen.
Laut Bericht gilt es vielmehr, Strukturen wie das auch in diesem Hause durchaus vorhandene Old Boys Network aufzubrechen und die Inanspruchnahme von Teilzeit und Beurlaubung zuzulassen, ohne dass es zu einem Karriereknick bei Frauen oder Männern kommt.
Die konsequente Anwendung des Landesgleichstellungsgesetzes, also eine konsequente Personalpolitik im öffentlichen Dienst des Landes NRW, erlaubt schon hier und heute wirksame Maßnahmen der Frauenförderung.