Auch das zeigt, dass die bloße Kenntnis von möglicherweise gewaltbereiten Personen zwar eine wichtige Sache ist, aber natürlich nicht ausreicht, um dann erfolgreich Terror zu verhindern.
Wir sehen uns in der Notwendigkeit, über die Altersgrenze für die Speicherung personenbezogener Daten auch gesetzgeberisch nachzudenken und da etwas zu ändern – allerdings nur, wenn wir gleichzeitig über Löschfristen und Anhaltspunkte reden.
Darüber hinaus sollten wir uns – auch bezogen auf die Änderung des Bundesverfassungsschutzgesetzes – überlegen, ob es da nicht zusätzlich notwendige Anpassungsmöglichkeiten und -notwendigkeiten gibt.
Ferner ist es – auch das will ich zum Abschluss meiner Wortmeldung ganz deutlich machen – sicherlich richtig, vernünftig und für einen wehrhaften Rechtsstaat auch eine Pflicht, repressiv und beobachtend tätig zu sein.
Nur, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sehen gerade bei immer mehr jungen Menschen, die sich in zunehmend schnellerer Zeit radikalisieren, auch eine
Notwendigkeit, das, was wir hier als Koalitionsfraktionen und Regierung eingeleitet haben – nämlich präventive Maßnahmen –, verstärkt zum Einsatz zu bringen. Das ist der einzig wirksame, nachhaltige Schutz davor, junge Menschen in den Sog von Hass, Terror und Gewalt kommen zu lassen.
Das heißt, Salafismusprävention ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wer die Gesellschaft wirkungsvoll davor schützen will, dass Kinder und junge Menschen in diesen Sog geraten, der muss an der Stelle ein besonderes Augenmerk darauf richten. Das eine ist notwendig. Wir werden das mittragen und auch an der einen oder anderen Stelle verstärken. Das andere ist aber umso mehr geboten, je mehr wir die Feststellung treffen, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir es da mit Tätern zu tun haben, die von der Altersgruppe und der Sozialstruktur her eher auch als Opfer zu betrachten sind.
Insoweit bitte ich darum, dass wir uns auf der einen Seite gemeinsam über die Möglichkeiten von Beobachtung und Repression, auf der anderen Seite allerdings auch über verstärkte Prävention unterhalten. – Ich bedanke mich herzlich.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind erschüttert über den Anschlag auf den Sikh-Tempel in Essen. Dieser Anschlag zeigt noch einmal auf sehr erschreckende Weise, dass Jugendliche hier in Nordrhein-Westfalen in der Lage sind, Anschläge zu planen, Bomben zu basteln und auch tatsächlich Anschläge durchzuführen. Dazu gehört ja einiges. Es ist offensichtlich hier passiert.
Dieser Anschlag auf den Sikh-Tempel war ein Anschlag auf die Religionsfreiheit und damit auf ein zentrales Grund- und Menschenrecht hier in Deutschland.
Das ist eine erschreckende Erkenntnis, die uns wachrütteln und auch dazu führen muss, unsere Anstrengungen, die wir ja ohnehin schon vornehmen, weiter zu intensivieren.
Dazu will ich noch einmal, Herr Sieveke – weil Sie hier immer von Nordrhein-Westfalen und den Zahlen sprechen –, das unterstützen, was der Kollege Körfges gerade schon sagte.
Ja, wir haben hier eine besorgniserregende Entwicklung, gerade was die Radikalisierung von Jugendlichen angeht – insbesondere auch von jungen
Frauen bzw. Mädchen –, die in die salafistische Szene gehen und zum Teil auch Ausreisen planen und durchführen. Das ist aber eine bundesweite und europaweite Entwicklung. Das nicht zu betrachten, ist, ehrlich gesagt, Herr Sieveke, schon ziemlich verkürzt und auch unterkomplex.
Wir sollten aber, wenn wir über die Radikalisierung von Minderjährigen sprechen, gerade zum Bereich Verfassungsschutzgesetzänderungen – die ja nicht nur auf salafistische Jugendliche zutreffen würden, sondern auch auf viele andere Phänomenbereiche – auch feststellen, dass wir eine Radikalisierung nicht nur im Salafismus wahrnehmen, sondern bei Jugendlichen zum Beispiel auch im Rechtsextremismus. Wir haben also eine besorgniserregende Entwicklung in beiden Phänomenbereichen.
Deshalb sage ich auch: Es ist folgerichtig, darüber nachzudenken, ob wir diese Regelungen im Verfassungsschutzgesetz NRW anpassen und die Alterssenkung auf 14 Jahre vornehmen sollen, weil der Bund und alle anderen Länder außer NRW und Mecklenburg-Vorpommern bereits unter strengen Voraussetzungen erlauben, dass personenbezogene Daten von Minderjährigen gespeichert werden dürfen.
Da Nordrhein-Westfalen im Verfassungsschutzverbund auf diese Daten bereits zugreifen darf, ist es aus meiner Sicht folgerichtig, darüber nachzudenken. Die Landesregierung hat ja bereits einen Gesetzentwurf angekündigt, um das durchzuführen. Dafür brauchen wir also nicht den CDU-Antrag.
Für uns ist aber klar – da will ich mich an das anschließen, was Herr Körfges gesagt hat –, dass wir das nur unter engen Voraussetzungen, auch was die Löschfristen angeht, machen können.
Sie wollen nach Ihrem Gesetzentwurf – wenn ich den richtig gelesen habe; er lehnt sich ja an die Regelungen im Entwurf des Bundesverfassungsschutzgesetzes an – auch eine Speicherung von Daten für unter 14-Jährige, also für Kinder, zulassen.
Wir Grüne werden das nicht mittragen, sondern wir sprechen uns ganz klar dafür aus, dass, wenn bei der Speicherung eine Altersabsenkung erfolgt, dann eben nur ab 14 Jahren und nicht darunter.
Ich will noch einen anderen Aspekt in die Debatte bringen. Der Verfassungsschutz bezeichnet sich ja selbst auch immer als Frühwarnsystem. Ich habe gerade noch einmal auf der Seite vom Bundesinnenministerium nachgeschaut. Auch da wird der Verfassungsschutz als Frühwarnsystem betitelt und beschrieben.
dass wir hier die Jugendhilfe, die Jugendarbeit, die Schulen und die Eltern brauchen. Die müssen wir in diesem Themenfeld stärken, für die brauchen wir Ansprechpartner, für die brauchen wir Fachkräfte, die informiert sind, die helfen können.
Deshalb ist es richtig und auch wichtig, dass wir hier in Nordrhein-Westfalen mit dem Programm „Wegweiser“ schon ein Netzwerk an Ansprechpartnern haben, wenn Jugendliche sich radikalisieren und sich das Umfeld an Fachkräfte wenden will. Deshalb ist „Wegweiser“ ein richtiger Ansatz, den wir hier in Nordrhein-Westfalen schon ausgebaut haben.
Daher ist es auch richtig, dass wir schon vor einem Jahr über ein Handlungskonzept der Landesregierung diskutiert haben, dass wir ein integriertes, ein vernetztes Handlungskonzept aller Bereiche brauchen, um eben diesen Aspekt der Prävention, der Stärkung der Jugendarbeit, der Schulen voranzutreiben. Dieses Handlungskonzept brauchen wir – das haben wir hier explizit eingebracht –, und zwar nicht nur im Bereich der Prävention, sondern zum Beispiel auch im Bereich der Forschung, um an die Ursachen heranzukommen.
Vielen Dank, Frau Schäffer, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Sie haben eben in Ihren Ausführungen gesagt: Die Landesregierung hat ein Gesetz angekündigt, und deswegen bedarf es nicht eines Antrags der CDU. – Nehmen Sie zur Kenntnis, dass die CDU einen Gesetzentwurf vorgestellt hat, der schon vorliegt, und die Landesregierung danach etwas ankündigt? Nehmen Sie das einfach zur Kenntnis?
Im Übrigen ist es so, dass wir, wenn wir über den Verfassungsschutz und über mögliche Änderungen reden, auch noch einmal überlegen sollten, in welchen anderen Punkten Änderungen beim Verfassungsschutzgesetz notwendig wären. Es gibt verschiedene Urteile, zum Beispiel zur Anti-Terror-Datei, zum Ramelow-Urteil. Das sind Punkte, die wir in unser Verfassungsschutzgesetz auch noch einbauen müssten. Die haben Sie in Ihrem Entwurf gar nicht berücksichtigt.
Ihr Entwurf – das habe ich hier gerade noch einmal gesagt – geht außerdem viel weiter als das, was wir wollen. Sie wollen eine Speicherung auch für unter 14-Jährige ermöglichen. Da sage ich ganz klar, auch im Interesse von Kindern und Jugendlichen: Um deren besonderem Schutz Rechnung zu tragen, werden wir das so nicht mittragen.
Wir brauchen einen eigenen Gesetzentwurf, um diese Altersabsenkung vorzunehmen. Wir werden Ihren Entwurf natürlich auch im Innenausschuss beraten, aber wie gesagt, im Detail sind wir da unterschiedlicher Meinung. Insofern ist Ihr Gesetzentwurf nicht so, dass wir ihn mittragen könnten.
Ich will noch etwas zum Thema Prävention sagen, weil ich es wirklich wichtig finde. Wenn wir darüber reden, wie wir wirksam salafistischen Zulauf und auch das Ausreisen von Menschen im Salafismus nach Syrien und in andere Länder unterbinden wollen, dann brauchen wir eine Doppelstrategie aus Repression auf der einen Seite und aus Prävention auf der anderen Seite. Allein mit der Möglichkeit, dass man Daten über 14- und 15-Jährige speichern kann, werden sie zum Beispiel keine Ausreisen verhindern können, sondern da brauchen wir eine Doppelstrategie.
Daran arbeiten wir. Ich lade ganz herzlich die Opposition dazu ein, mit uns gemeinsam daran zu arbeiten. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist jetzt schon mehrfach gesagt worden, und es ist richtig: Der Anschlag auf den Sikh-Tempel in Essen am 16. April 2016 hat uns alle erschüttert. Die beiden Tatverdächtigen sind zudem erst 16 Jahre alt. Wir stehen hier ganz offensichtlich vor dem Problem, dass radikalisierte Täter immer jünger werden oder